Der Wetterkröterich

He de Be

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Da bin ich, alle Wetter! Darf ich mich vorstellen: Wetterkröterich, le crapo dü metéo. Ich bin jetzt hier fürs Wettern zuständig, da Kröte im Hexenkessel gelandet ist. Damit will jemand Kröten machen, dass ich nicht lache! Hoffentlich geht es ihr nicht wie den Fröschen, die man ohne Kopf, Rumpf und Vorderbeine in der Tiefkühltruhe findet. So werden die dann zu Kröten gemacht, Frechheit!

Nun, eigentlich soll man sie ja verdienen, die Kröten .. wenn man jedoch schon so weit ist, dass man das kann, ist klar, dass man sie nicht verdient (hat), und sowieso haben die meisten sie geerbt, gefunden, gewonnen oder geschenkt bekommen, oder auch nur sich zusammengeraubt, gestohlen und erschwindelt, und sei es mit Werbung. Was ist die ganze verdammte Publicity anderes als Schwindelei, trickreiches schöne-Geschichten-erzählen, um sich damit die Krötenströme ins eigene Täscherl zu lenken ... und wie auch nicht, was aber mit denjenigen, die weder dies noch das können, was mit all denen, die sich einfach gar nichts "verdient" haben, weil nirgendwo gedient, und wenn, dann ohne, dass man dies als Dienst-leistung angesehen hätte und mit Gegenleistung also Geld belohnte? Als Liebesdienst womöglich, der völlig unentgeltlich sein und bleiben soll. Wer bitte hat uns diesen Schmarren beigebracht?! Die Kröten bei uns im Haus, die nie, niemals nach Geld gefragt hätten für einen Dienst, und denen es strengstens untersagt war, das zu tun?

Egal. Ich lange schon wieder in diesen großen Topf unendlicher Verwirrung. Wie schaffen es die anderen nur, bei klarem Verstand zu bleiben? Weil sie ihn einfach ausschalten und andere für sich denken lassen, nicht nur dienen? Weil sie es geschafft haben, sich an dieser oder jener Person festzuhalten, der Mutter vielleicht, die das Allerwichtigste in deinen ersten Jahren ist, oder was? Was, wenn es mal die Mutter mal der Vater und dann auch wieder mal eine andere Person ist? Zu viel, um sich daran noch festhalten zu können, denn der eine erzählt dir Hü, die andere dann Hott, und sowieso herrschen andauernd Riesenmissverständnisse, weshalb dann bald gar nicht mehr miteinander geredet wird und so die Missverhältnisse nur noch gravierender werden. Oder haben sie eben nur mit dir nicht geredet? Wie ist es, wenn sie alle stumm werden, sobald du den Raum betrittst? Dann bist du entweder der König oder das Gegenteil von einem solchen? Was aber ist das Gegenteil des Königs? Der böse König? Die Königin? Der personifizierte Fluch? Irgend so etwas war ich wohl mal in diesem Märchen.

Bei uns hier hat man damit nichts am Hut. Hier hat man François Hollande zum Präsidenten, der sich normal nennt, das muss man sich mal vorstellen. Wie kann man von einem Präsidenten als dem Normalen reden, ohne dabei nicht mehr aus noch ein zu wissen, ob man denn nun lachen soll darüber oder es für gut befinden, dass endlich einmal ein Präsident sich selber als normal bezeichnet und gerade darauf stolz ist, nicht wie die früheren Präsidenten und sonstige Gockel und Möchtegerns auf allen möglichen Möchtegerngroßkram und darunter vor allem aufs Irresein, was? Denn was ist sonst das Pendant zu dem Markenzeichen "Normal"? Un-normal? Abnorm? Außergewöhnlich? Ich weiß es nicht, und sowieso weiß das wie so vieles sonst auch niemand sonst mehr, denn all diese Bezeichnungen sind mindestens so unbeständig wie das Wetter und legen sich allenfalls je nachdem so oder so fest.

Dabei ist das Wetter heutzutage noch eines der Dinge, die uns beinahe am Beständigsten vorkommen. Viel schlimmer ist es inzwischen mit allem Möglichen anderen: Den Beziehungen, den Moden, den Sprachen, den Haarfarben: Alles wechselt sich jetzt andauernd ab, schneller als Geld von einer Hand in die andere wechselt, muss man inzwischen sein Handy schon wieder wechseln, ein neues Programm runterladen, neue Nachbarn begrüßen, von einem Programm zum anderen zappen und klicken.

Zum Verrücktwerden, das alles, und mitten drin ein ganz Normaler. Das ist so gut wie ein kleines gallisches Dorf inmitten der römischen Besatzung oder wie die Resistance, denn da war es ja auch schon so: Die anderen waren verrückt (geworden), in diesem Fall vor allem die Deutschen, hier aber, in Frankreich, hier waren einige dann doch bei Verstand geblieben. So sehen es viele Franzosen, auch solche, die sich gar nichts dabei denken, jetzt einem Normalen hinterherzulaufen wie weiland andere einem Verrückten, oder macht es inhaltlich einen Unterschied, ob man nun einem solchen oder wolchen hinterher rennt? Nicht, wenn man rennt. Und bei der Wahl waren sie wieder einmal gerannt. Hinterher jammern sie dann. Das ist gut. Hinterher denken sie nämlich, dass sie sich verrannt hatten, und dass man sie auch nur wieder mit falschen Versprechungen auf eine falsche Fährte gelockt hatte; wie aber endlich einmal nicht wieder nur auf Versprechen hereinfallen und wie endlich wieder klar sehen, die Zügel selber in die Hand nehmen können, wenigstens die fürs eigene innere Pferd, wie, bitte?! Wo doch auch das sich den äußeren Bedingungen so gut es kann anpassen muss. Und kann es, dann aber hallo!

Das war der Grund, warum vor dreißg Jahren zwei französische Philosophen den Schizo als den eigentlich Normalen angepriesen hatten. Wie kann einer "normal" bleiben in einer Welt, in der es nur noch drunter geht und drüber? Was soll da so etwas wie Mittelmaßgetue, die Forderung, doch bitte Ruhe zu bewahren und Haltung oder so etwas Ähnliches, das wäre doch, als sollte man stehen bleiben, wenn rundum alles brennt oder zusammen bricht, oder hinter einem der hungrige Löwe angerannt kommt, die große Welle anrollt. Wieso soll es dann besser sein, stehen zu bleiben als wegzulaufen? Das kommt doch immer nur darauf an. Mit einer ordentlichen Waffe in der Hand und außerdem in der Lage, diese dann auch zu handhaben, kannst du den Löwen kommen lassen, genauso gut wie mit einer ordentlichen Portion Todesmut, was aber, wenn man dich nur mit Todeswut vorfindet, mit der ach-ist-mir-doch-egal-ob-mich-der-Löwe-fressen-kommt-Haltung, die meistens doch nichts weiter ist als Koketterie, denn ehrlich, wirklich mal ehrlich: Die meisten flunkern sich und anderen diese Haltung auch nur vor. Aufgegeben haben bevor man überhaupt angefangen hat, es zu versuchen, ist auch nichts weiter als zuviel auf alles andere zu vertrauen als sich selbst.

Alles in allem war auch die letzte Wahl wieder nur der Versuch, das ewig Alte wenigstens neu anzustreichen. Wir Kröten, die wir alt aussehen, sogar als Familie, sehen uns selbst weder als alt an noch sehen wir alt aus. Wir haben nur einiges mehr an Verlusten zu verkraften, und wir haben es verkraftet, bis jetzt und bis hierher, das ist dann aber auch alles. Wir sind deshalb natürlich nicht so fröhlich wie andere, die nie nichts zu erleiden gehabt hatten, so viel ist wahr. Aber sind wir deshalb verrückt? Oder normal? Pfffft. Blödsinn, das alles. Gib gar nichts, wirklich gar nichts auf Urteile.

Kant hatte noch gemeint, dass manche nur Geschmacksurteile seien, aber das war auch schon ein Fehlurteil, denn es folgte wie so viele dem Geschmacksurteil von Platon, dass nun einmal die Augen das Schönste im Kopf seien und der Sehsinn der größte aller Sinne, weil die Augen nämlich den entscheidenden Vorteil verschafften. Dass somit auch Gesehenes höher zu bewerten sei als nur Geschehenes oder gar nur Gerochenes oder nur Gehörtes. Pffft. Stimmt alles gar nicht. War auch nur ein weiterer Irrer, dieser Platon. Hatte natürlich noch keinen Beinamen, damals brauchten sie die noch nicht, am wenigsten die Philosophen. Denn davon gab es nicht so viele. Anders war das bei den Alexanders. Davon gab und gibt es irre viele, alle andauernd aufs Erobern aus. Nicht anders als die François' hier in Frankreich, neuerdings nur noch Franck gerufen, das klang vor ein paar Jahren hipper, manchmal auch François le Français. Sarkozy hatte sich keinen Beinamen gegeben. Er hatte dem Peuple dann auch mehr Angst eingejagt als dieser "Normale". Obwohl wir all dies nun wirklich nicht beurteilen können.

Verzwickt, verwickelt und verflixt. Gar nicht einfach, wie ja auch gar nichts einfach war in meinem Krötenleben, sondern einfach nur kompliziert.

Muss ich es mir einfach nur einfach machen wie die Philosophen? Muss ich wissen, dass ich nichts weiß? Ich wusste ja auch noch nie nichts, ich weiß ja, dass ich nichts weiß. Das ist doch auch des Philosophen Elend. Die anderen wissen, dass sie wissen. Sie sind sich sicher, meistens sogar "absolut sicher" und scheren sich erst gar nicht darum, ob das denn auch so ist und überhaupt der Fall sein kann, der Philosoph aber macht alle Welt unsicher mit seiner ewigen Suche nach Sicherheit, die ihm am Ende nur noch eines als absolut sicher aufweist: Die Un-sicherheit.

Deshalb war auch der erste Spekulant ein Philosoph, was sonst. Deshalb halten sie sich an allem Möglichen möglichst fest, sie suchen Halt im Unhaltbaren, in fixen Ideen, Drogen, egal wie, nur finden sie ihn nie, nirgends. Allenfalls Aufenthalt. Nicht nur kein Ort nirgends, nein, auch kein Halt. Ort ist auch nur eine andere Art, sich Halt zu suchen. Zuletzt laufen sie dann dahin, wo man ihnen erzählt, dass sie nur hier und jetzt, im Hier und Jetzt Halt finden können, nicht einmal für fünf Minuten, nein, nur für den Augenblick, wenn sie den und sonst nichts, gar nichts weiter anerkennen, dann wissen sie, dass sie nur den halten wollen, festhalten, weil sie den so schön finden und sonst gar nichts. Was aber, wenn davon der eine dann doch noch schöner ist als der andere?!

Gibt es dann dafür Kröten?
 



 
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