Der besondere Knopf

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Es war einmal ein Knopf. Nicht so ein gewöhnlicher Knopf, wie er sich an jeder gewöhnlichen Bettwäsche, oder an jedem gewöhnlichen Männerhemd findet. Nein, es war ein ganz besonderer Knopf und was zudem ganz besonders war, war, dass er wusste, dass er ganz besonders war. Deshalb war es ihm wichtig, den Kopf stets etwas höher als all die anderen Knöpfe um ihn herum zu tragen. So bestand er stets drauf, einen besonders langen "Hals" zu kriegen. Dies erreichte er dadurch, indem er zwischen sich und den Stoff an den er genäht wurde, möglichst viel Abstand brachte. Er plusterte sich auf so stark er konnte, während die Nadel durch seine Löcher stiess und ihn für eine gewisse Zeit mit dem Stoff, der ihm zugedacht war, zwangsverheiratete.

Auch er war langsam ins Alter gekommen, was seiner Besonderheit jedoch keinen Abbruch tat. Nach wie vor glänzte er am Schönsten von all den Knöpfen, mit denen er je in einer Reihe gedient hatte. Nach wie vor wurde er erst vom Kleidungsstück, welches an ihm hing, getrennt, bevor es in die Altkleidersammlung gebracht wurde. Die anderen Knöpfe aber blieben dran. Einmal, daran erinnerte er sich noch wie wenn es gestern gewesen wäre, wurde er an seiner Jacke, an die er genäht worden war und die ein feiner Herr nun trug, Zeuge davon, was mit denjenigen Knöpfen geschehen konnte, die eben ein normales und kein besonderes Dasein fristen mussten. Hoch oben auf einem Berg von Holz konnte er sie sehen, diejenigen seiner Art, die eben nicht besonders waren. Sie hielten die Stoffhülle, die um eine Puppe aus Stroh gelegt war. Und erst wurde er eifersüchtig, dass nicht er es war, der hoch oben, weit über den Köpfen des Volks thronte, doch als er das ganze Schauspiel betrachten konnte, da der feine Herr sich nicht abwandte und seine Sicht dadurch, dass er in seinem Knopfloch gefangen war und nicht vom Saum des Kragens verdeckt werden konnte, frei war, begriff er rasch, welchem Ende die nicht so besonderen Knöpfe entgegensahen.

Das Volk johlte und er betrachtete mit Schrecken wie die lodernden Flammen immer höher schlugen, um schliesslich an der Puppe zu lecken. Er hörte die gewöhnlichen Knöpfe erschrocken aufschreien, als sie von der Hitze erfasst wurden. Und er fühlte sich noch besonderer als je zuvor. Ihm konnte so etwas nicht zustossen, denn er, er war eben etwas ganz Besonderes. Die Jahre vergingen und er wechselte von einem Knopfloch zum anderen und irgendwie schaffte er es immer, der oberste aus einer Reihe von Knöpfen zu bleiben. Und da er so sehr von sich selbst eingenommen war, bekam er gar nicht mit, dass auch sein Glanz langsam immer weniger wurde. Es kam der Tag an dem ihn wiedermal die Schere von seinem gewohnten Ort trennte und er war schon voller Vorfreude auf sein neues Zuhause. Sicher würde er wiederum der Oberste sein, wie es sich für besondere Knöpfe eben gehörte. Er staunte nicht schlecht, als er sich in einem Haufen mit den anderen, den gewöhnlichen Knöpfen, wiederfand und entsetzt sah er zu, wie der Schneider den edlen Stoff, der ihm zugedacht gewesen wäre, mit einem Stoffband, versehen mit metallenen Zacken, verband. Erst begriff er nicht was da vor sich ging, aber als er die gewöhnlichen Knöpfe tuscheln hörte, dämmerte es ihm allmählich. Eine neue Ära hatte begonnen und auch er, der ganz besondere Knopf, musste dem Neuen weichen. Und plötzlich merkte er, dass er so besonders gar nicht war. Und er tauchte unter in die Masse der ganz gewöhnlichen Knöpfe.

Und noch heute, wenn ich ab und zu meine Schachtel mit all den Knöpfen hervorziehe, glaube ich hin und wieder eine leise Stimme zu hören, die all den gewöhnlichen Knöpfen von all den Erlebnissen als besonderer Knopf erzählt. Und dann bin ich immer wieder beeindruckt, wie still der Inhalt meiner Schachtel liegt und gebannt lauscht.
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Claudia,

Auch Knöpfe haben ihre Lebensgeschichte ( da bin ich mir sicher)! Ich liebe solche Stories...

“””Der Knopf plusterte sich auf, während die Nadel durch seine Löcher stiess und ihn für eine gewisse Zeit mit dem Stoff, der ihm zugedacht war, zwangsverheiratete.”””

“””Die Jahre vergingen und er wechselte von einem Knopfloch zum anderen...”

Einmalige Sätze!

Sicherlich hast Du denselben Spass während des Schreibens verspürt, wie ich, beim Lesen!
Für mich war´s nur ein bisschen zu kurz...Der Knopf hätte bestimmt noch so einiges auf´m Kasten gehabt....
Mit liebem Gruss!
Ji
 
Hallo Ji

Ich freue mich, dass es Dir Spass gemacht hat meine Geschichte zu lesen. Vielen Dank für Dein Feedback.

Ja, es macht mir Spass solche Geschichten zu schreiben und scheinbar belanglosen, alltäglichen Dingen "Leben" einzuhauchen, sie "erleben" zu lassen.

Ich hätte da schon noch ein paar Ideen für weitere Erlebnisse des besonderen Knopfes :)

Deine Zeilen machen mir Mut auf mehr :)

Lieber Gruss

Claudia
 



 
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