Der fremde Stern

mikhan

Mitglied
Der fremde Stern
An diesem unendlich langen Tag, der nur von künstlichen Schlafphasen unterbrochen worden war, ist meine lange Reise endlich zu Ende. Meine Raumkapsel taucht in den, von dichten Gaswolken umgebenen, Planeten ein.
Schon seit langem besteht keine Verbindung mehr zu meinem Heimatplaneten, und es ist mir nicht einaml mehr möglich, mich auch nur an ihn zu erinnern. All meine Erinnerungen sind bei meiner Reise durch die Unendlichkeit von einem unsagbaren Nichts verschlungen worden. Sie sind bedeutungslos geworden.
Mit einem dampfenden Zischen landet die Raumkapsel auf der Planetenoberfläche und fährt ihre metallene Treppe aus. Neugierig steige ich hinab.
Es ist sehr still hier, iregendwie vermisse ich das monotone Geräusch des Düsenantriebs der Raumkapsel, welches mich auf meiner Reise begleitet hatte. Auch meine Schritte verursachen nicht das geringste Geräusch, lautlos gleite ich auf der Ebene entlang, die sich vor meiner Raumkapsel erstreckt. Auf meinem Radargerät verfolge ich meine Bewegungen und prüfe die Position der Kapsel. Ohne zu zögern dringe ich weiter in die gräulich-braune Steinwüste vor, am Horizont ragen einige spitze Berge empor. Am Himmel über mir tummeln sich Wolken in den wundersamsten Farben.
Ganz besonders seltsam verhält sich aber das Licht auf diesem Stern, mal ist es stockfinster, dann wieder werde ich von einem grellen Weiss geblendet. Es scheint hier keine Tageszeiten zu geben.
Inmitten der Einöde steht eine Allee von schiefen Bäumen. Sie sind auf eine merkwürdige Weise schief, alle Bäume stehen in demselben Winkel zum Erdboden. Es ist diese geometrische Genauigkeit, die mich irritiert. Die Stämme der Bäume sind weiss und ihre Blätter leuchten in einem unheimlichen Blauton. Obwohl der Wind durch die Baumkronen weht, ist kein Ton zu hören. Offensichtlich existieren auf diesem Planeten keine Geräusche. Ich versuche etwas laut auszurufen, um meine Vermutung zu widerlegen, doch kein Wort verlässt meine Lippen.
Angsterfüllt mache ich kehrt, verlasse die Allee der blauen Bäume. Ein Schatten legt sich über die Ebene. Reflexartig schaue ich zum Himmel hinauf, wo sich ein schwarzes Wolkenknäuel versammelt hat, ein schwarzer Schmutzfleck im ansonsten farbenfrohen Wolkenmeer. Gelbe Blitze zucken darin. Kleine klebrige Tropfen einer grünlich schimmernden Flüssigkeit prasseln auf mich hinab. Ich stapfe durch eine wabernde Masse grünen Schleims.
Ich bin daher forh, als ich die Kapsel endlich wieder erreicht habe und meine Kleider wechseln kann. Der Computer bereitet mir eine kleine Mahlzeit zu. Er stellt sie künstlich her, selbst Trinkwasser kann er so erzeugen. Sonst kann er nichts. Flach an die Wand gepresst, wie er ist, nimmt er kaum Raum ein. Auch sonst ist die Kapsel fast leer. Die Schlafkammer, ein Waschbecken, die Vakuumtoilette, ein Stuhl, davor das Steuerpult, von einigen Monitoren überragt. In diesem Raum habe ich zwanzig Jahre meines Lebens verbracht.
Nun habe ich ein neues Zuhause gefunden, auf diesem fremden Stern. Ich kann nicht sagen, daß ich glücklich wäre, jedenfalls ist meine Reise hier zu Ende. Draussen tobt ein stiller Sturm.
 

Zefira

Mitglied
Das hat was...

... Atmosphäre, Bildhaftigkeit und ein Ende, das dem Leser zu knabbern gibt.
Die Sprache würde ich aber noch schleifen. Besonders am Anfang wirkt einiges etwas unbeholfen. Die Raumkapsel taucht z.B. doch wohl nicht in den Planeten ein, sondern in die Wolken. Ausdrücke wie "unsagbares Nichts" würde ich überhaupt vermeiden, was unsagbar ist, sollte man gar nicht erst zu sagen versuchen... einfach "durch das Nichts" ist ohnehin stärker. Auch die Zeiten stimmen manchmal nicht so recht. Wenn Du im Präsens schreibst (übrigens eine gute Entscheidung, finde ich) solltest Du Vergangenes vielleicht besser im Perfekt schildern, also nicht "...der nur von künstlichen Schlafphasen unterbrochen worden war", sondern "unterbrochen war". Und nicht "...welches mich auf meiner Reise begleitet hatte", sondern "begleitet hat". "Ein schwarzes Wolkenknäuel" und "ein schwarzer Schmutzfleck" kurz hintereinander ist einmal Schwarz zuviel.
Das sind nur sprachliche Feinheiten; ansonsten - der Text hat was! Gefällt mir!
Zefira
 



 
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