Der gelbe Saft

4,00 Stern(e) 1 Stimme

Janosch

Mitglied
Die Trauerweide runzelt ihre tief gefurchte Stirn.
Aus bröckeliger Rinde quillt, als ward sie arg geschändet,
Der gelbe Saft. Sie wirkt so schwach, wie etwas, das verendet:
Es tritt aus ihrem spröden Bauch, wie Eiter aus dem Hirn.

Verkrümmte Wurzeln ragen aus der Erde wie Gebeine,
Wie Knochenfinger, knorrig, die den Friedhofsflur gesprengt.
Die kahle Krone sich im kühlen Abendlüftchen senkt.
In ihren Ästen, die wie Speere sprießen, sitzt alleine

Ein kleines Mädchen, schniefend, das dort eben noch nicht war.
Sie sitzt ganz still. Nur ihre Beinchen baumeln leicht im Wind.
Die Hände ruhen warm im Schoß. Der gelbe Saft gerinnt
Auf ihrer Stirn. Sie blutet aus dem Ohr. Verklebt das Haar.
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Hi Janosch,

Sehr starke Bilder hast Du hier in Szene gesetzt, wie ich finde.
Und diese Bilder gefallen mir sehr gut und ich finde auch nichts Verbesserungswürdiges an Deinem Text. Du hast wirklich ein Gespür "for the dark side of life"!!

VG Thomas
 

Janosch

Mitglied
hallo Sta.tor,
das freut mich, dass dir die bilder gefallen. mich schüttelts beim schreiben selbst ein wenig und die bilder fließen besser mit der entsprechenden horrormusik ala "art zoyd" oder "univers zero" im ohr. das ist inspirierend, nur leider auch ein wenig schmerzhaft. aber das muss es ja fast sein, wenn man solche sachen zu papier bringt. ;-) vielen dank.
gruß Janosch
 



 
Oben Unten