Ich sah den Menschen nicht in die Augen und lief an ihnen vorbei. Ein Pfeiffen sprühte durch die Wagons und bereitete auf die Zuganfahrt vor. Ihr weißer Morgenmantel schwebte zartluftig über meine grauen Lieder. Der Koffer drückte am Armgelenk. Der Kopf drückte auf das Herz. Mein Rücken sah ihr lange nach. „Wohin gehst du?“ Ihre Stimme schallte mir gedanklich verschollen durch das geschlossene Abteil.
Die Menschen bemengten sich aneinander. Krallende Äste und ergraute Häuserfronten flogen an der matten Scheibe vorbei. Der Regen schoss auf das Zugdach und trommelte einen nassschwitzigen Hauch in meinen ertrockneten Hals. Den Koffer plazierte ich unter meinen Sitz. Die Mitreisenden blickten in ihre überdruckten Zeitungen. Nur wenn Neueingestiegene ihre schweren Taschen über den glatten Boden stoßen, sahen sie für einen kurzen Moment auf und verloren sich wieder im Nichts. „Sag mir doch, wohin du gehst?“ Die Sonne sah scheu aus den schweren Wolken, wie sie mir ihren zärtlichen Abschiedskuss an die Wange schmiegte und eine Träne dem Erdreich verlor. In ihrem Gesicht lag der Schmerz der Welt. Die Gesichter der Mitreisenden waren blaukaltig. Sie schoben ihre Krägen bis an das Kinn. Ich fühlte ihre weiche Hand, die mich berührte, die mir gut zusprach, als meine Gedanken längst woanders waren, in der Weite. Meine Hand tänzelte leichwolkig über meine nassen Augen. Die Sonne brach sich in ihr und funkelte in langen Strichen durch das Zugabteil. Wo bin ich hier? Wer sind diese Personen neben mir? Überall standen Menschen und griffen nach allem Haltversprechendem. In stotternder Geschwindigkeit bahnte sich das schwarzfleckge Transportmittel durch die hügelige Landschaft. Bin ich alleine? Kennt mich jemand? In der Menge, die Leere. In der Nähe, die Weite. Zerschnittene Echofetzen zogen an meinem Bewußtsein vorüber. „Ich liebe dich.“ Ihr Blick trauerte. Ihre Einsamkeit trauerte. Die Menschen ziehen weg und sehen nicht zurück. Ich drehte mich um und sah nur den vergilbten Kaugummi im dunklen Polster. „Ich komme bald wieder.“ Nach der Flut, die Ebbe. Nach dem Tag, die Nacht. Waren die Menschen an mir uninteressiert oder ich an ihnen? Keiner sprach mit mir. Niemand blickte auf, gab ein Lächeln in den Raum. Ich auch nicht.
Die Autos und Häuser krochen an mir vorüber, ohne Spuren zu hinterlassen. Nur ein Aufblinzeln, ein kleiner Windhauch. Ich war einmal und werde sein. Der Photoapperat des Lebens schießt die Momente, aber ich schaue nicht hin. Ihren Blicken wich ich aus, dann wenn es ernst werden könnte, dann wenn man sich für einander verpflichtet fühlt, sich nahe kommt. „Liebst du mich auch?“ Ich sah auf den Boden. Dreck, Staub und das schuhrillengeformte Naß spiegelten sich im Neonlicht. „Bist du glücklich?“ Mein Blick schwebte durch das Fenster in die Weite. Woher komme ich? Wohin gehe ich? Meine beiden Hände glichen sich wie Zwillinge. Diese fest an das Fenster gesaugt, sah ich, mit der Nasenspitze hindurch auf das Glas gedrückt, die im Wind geneigten Gräser. Über Felder schwebend, wie ein Engel. Der Wind im Nacken, die Hoffnung im Auge. Bin ich frei? Der Zug lenkte sich eingleisig über die Schienen. Ein Ziel. Ein Weg. Die letzte Umarmung von ihr fühlte ich an meinem Rücken. Jeder Finger, jede Berührung hatte einen eigenen Platz, für immer. „Sind sie traurig, junger Mann?“ Eine ältere Dame sah mich an. Ich hatte sie garnicht bemerkt, obwohl sie mir gegenüber sass. Ihre besorgten Augenränder ruhten weich in meinem Blick. „Nein, ich bin nur müde.“ Augen und Kopf von ihr streckten sich kurz in die Höhe, so als genüge ihr die Antwort. Nach einem hilfsbereiten Auflächeln senkte sich ihr Kopf wieder in die Tiefe. Bin ich traurig? Worüber? „Warum liebst du mich einfach nicht?“ Tränen rutschten ihrer roten Wangen hinunter. Nachdem ich damals am Ende der Rutsche hinfiel, weinte ich, niemand war da, mich zu trösten. Jeder ihrer Schmerzenstropfen fiel in die Leere. Ich blieb stumm.
Ein blaugekleideter Mann stand wartend vor mir. Seine zornige Stimme sprach irgendetwas. Ich hörte ihm nicht zu. Das Licht drehte sich im Kreis. Ich drehte mich im Licht. Wartete er oder wartete ich? Worauf warte ich? „Fahrscheinkontrolle. Haben Sie ein Fahrschein?“ Ich zeigte ihm ein druckerschwärzeverschmutztes Papier, das ihn zum Weitergehen veranlasste. Die Menschen bleiben nur solange wie nötig. Ich liebe dich doch auch; ich verlasse dich, weil ich dich liebe, dachte ich. Der Koffer ging mit mir weg. Die Tür schloss sich knarrend. Sie wird mich vergessen. Ich werde sie vergessen. Ich werde alles vergessen. Der Zug des Lebens fährt immer weiter, ohne Halt. Man sieht aus dem Fenster und blickt in seine ungelebten Träume. Das Kind weint, der Erwachsene ist starr. Ich kann nicht weinen. Ich kann nicht loslassen. Ich kann nicht lieben.
Der drückende Bremsmechanismus des Zuges glitt kreischend auf das funkensprühende Gleis. Einem verwilderten Ameisenhaufen gleichend, kreisten die Mitmenschen durch die Gänge. Ihren Gesichtern entstieg ein Dunst des Glückes, ein wohlriechender Duft des Auferwachens. Arme spannten sich in luftenge Höhe, Beine klappten sich gähnend auf. Die Fahrt war beedet, das Fundament des Ziels weitete sich durch die Fensterfront.Türen öffneten, Körper trafen sich freudig umarmend, Willkommenstränen flossen. Der Zug war leer. Meine Beine wippten asynchron zum Pochen des Herzens, tiefe Rillen gruben sich durch meine Hand. Ich will zurück.
Die Menschen bemengten sich aneinander. Krallende Äste und ergraute Häuserfronten flogen an der matten Scheibe vorbei. Der Regen schoss auf das Zugdach und trommelte einen nassschwitzigen Hauch in meinen ertrockneten Hals. Den Koffer plazierte ich unter meinen Sitz. Die Mitreisenden blickten in ihre überdruckten Zeitungen. Nur wenn Neueingestiegene ihre schweren Taschen über den glatten Boden stoßen, sahen sie für einen kurzen Moment auf und verloren sich wieder im Nichts. „Sag mir doch, wohin du gehst?“ Die Sonne sah scheu aus den schweren Wolken, wie sie mir ihren zärtlichen Abschiedskuss an die Wange schmiegte und eine Träne dem Erdreich verlor. In ihrem Gesicht lag der Schmerz der Welt. Die Gesichter der Mitreisenden waren blaukaltig. Sie schoben ihre Krägen bis an das Kinn. Ich fühlte ihre weiche Hand, die mich berührte, die mir gut zusprach, als meine Gedanken längst woanders waren, in der Weite. Meine Hand tänzelte leichwolkig über meine nassen Augen. Die Sonne brach sich in ihr und funkelte in langen Strichen durch das Zugabteil. Wo bin ich hier? Wer sind diese Personen neben mir? Überall standen Menschen und griffen nach allem Haltversprechendem. In stotternder Geschwindigkeit bahnte sich das schwarzfleckge Transportmittel durch die hügelige Landschaft. Bin ich alleine? Kennt mich jemand? In der Menge, die Leere. In der Nähe, die Weite. Zerschnittene Echofetzen zogen an meinem Bewußtsein vorüber. „Ich liebe dich.“ Ihr Blick trauerte. Ihre Einsamkeit trauerte. Die Menschen ziehen weg und sehen nicht zurück. Ich drehte mich um und sah nur den vergilbten Kaugummi im dunklen Polster. „Ich komme bald wieder.“ Nach der Flut, die Ebbe. Nach dem Tag, die Nacht. Waren die Menschen an mir uninteressiert oder ich an ihnen? Keiner sprach mit mir. Niemand blickte auf, gab ein Lächeln in den Raum. Ich auch nicht.
Die Autos und Häuser krochen an mir vorüber, ohne Spuren zu hinterlassen. Nur ein Aufblinzeln, ein kleiner Windhauch. Ich war einmal und werde sein. Der Photoapperat des Lebens schießt die Momente, aber ich schaue nicht hin. Ihren Blicken wich ich aus, dann wenn es ernst werden könnte, dann wenn man sich für einander verpflichtet fühlt, sich nahe kommt. „Liebst du mich auch?“ Ich sah auf den Boden. Dreck, Staub und das schuhrillengeformte Naß spiegelten sich im Neonlicht. „Bist du glücklich?“ Mein Blick schwebte durch das Fenster in die Weite. Woher komme ich? Wohin gehe ich? Meine beiden Hände glichen sich wie Zwillinge. Diese fest an das Fenster gesaugt, sah ich, mit der Nasenspitze hindurch auf das Glas gedrückt, die im Wind geneigten Gräser. Über Felder schwebend, wie ein Engel. Der Wind im Nacken, die Hoffnung im Auge. Bin ich frei? Der Zug lenkte sich eingleisig über die Schienen. Ein Ziel. Ein Weg. Die letzte Umarmung von ihr fühlte ich an meinem Rücken. Jeder Finger, jede Berührung hatte einen eigenen Platz, für immer. „Sind sie traurig, junger Mann?“ Eine ältere Dame sah mich an. Ich hatte sie garnicht bemerkt, obwohl sie mir gegenüber sass. Ihre besorgten Augenränder ruhten weich in meinem Blick. „Nein, ich bin nur müde.“ Augen und Kopf von ihr streckten sich kurz in die Höhe, so als genüge ihr die Antwort. Nach einem hilfsbereiten Auflächeln senkte sich ihr Kopf wieder in die Tiefe. Bin ich traurig? Worüber? „Warum liebst du mich einfach nicht?“ Tränen rutschten ihrer roten Wangen hinunter. Nachdem ich damals am Ende der Rutsche hinfiel, weinte ich, niemand war da, mich zu trösten. Jeder ihrer Schmerzenstropfen fiel in die Leere. Ich blieb stumm.
Ein blaugekleideter Mann stand wartend vor mir. Seine zornige Stimme sprach irgendetwas. Ich hörte ihm nicht zu. Das Licht drehte sich im Kreis. Ich drehte mich im Licht. Wartete er oder wartete ich? Worauf warte ich? „Fahrscheinkontrolle. Haben Sie ein Fahrschein?“ Ich zeigte ihm ein druckerschwärzeverschmutztes Papier, das ihn zum Weitergehen veranlasste. Die Menschen bleiben nur solange wie nötig. Ich liebe dich doch auch; ich verlasse dich, weil ich dich liebe, dachte ich. Der Koffer ging mit mir weg. Die Tür schloss sich knarrend. Sie wird mich vergessen. Ich werde sie vergessen. Ich werde alles vergessen. Der Zug des Lebens fährt immer weiter, ohne Halt. Man sieht aus dem Fenster und blickt in seine ungelebten Träume. Das Kind weint, der Erwachsene ist starr. Ich kann nicht weinen. Ich kann nicht loslassen. Ich kann nicht lieben.
Der drückende Bremsmechanismus des Zuges glitt kreischend auf das funkensprühende Gleis. Einem verwilderten Ameisenhaufen gleichend, kreisten die Mitmenschen durch die Gänge. Ihren Gesichtern entstieg ein Dunst des Glückes, ein wohlriechender Duft des Auferwachens. Arme spannten sich in luftenge Höhe, Beine klappten sich gähnend auf. Die Fahrt war beedet, das Fundament des Ziels weitete sich durch die Fensterfront.Türen öffneten, Körper trafen sich freudig umarmend, Willkommenstränen flossen. Der Zug war leer. Meine Beine wippten asynchron zum Pochen des Herzens, tiefe Rillen gruben sich durch meine Hand. Ich will zurück.