Des Tischlers Frau / Akt 1 Szenen 1-4

1. Szene

Lenz, ein Mann mittleren Alters, der sich aber verhält, als wäre er älter, steht am linken Rand der Bühne Er ist blind und trägt einen altmodischen Anzug. Neben ihm befinden sich zwei einfache, aber kunstvoll gefertigte Stühle. Der Mann richtet sich ans Publikum.

Lenz: Ich werde Ihnen eine Geschichte erzählen. Wenn ich fertig bin, werden Sie fragen, ob diese Geschichte tatsächlich stattgefunden hat, und ich werde mein bestes tun, um diese Frage zu beantworten. Ich werde mein bestes tun, muss aber zugeben, dass dies nicht mein Fachgebiet ist. In meiner Tasche ist eine Uhr, ein feines Stück. Ich ziehe sie jeden Tag auf. Aber das Zifferblatt ist mit einem glatten Glas bedeckt, und so kann ich die Zeiger darunter nie berühren. An meiner Wand hängt ein Kalender. Das vorderste Blatt wechselt jeden Monat, jedoch fühlt sich das Papier immer gleich an, und wenn ich hinhöre, gibt es kein Geräusch von sich.
Die Geschichte beginnt mit zwei alten Männern in einer Werkstatt. Sehen Sie sie?

Die komplette Bühne wird nun beleuchtet, aber nicht zu stark. Zwei Männer sind zu sehen, einer alt, einer jünger. Der ältere schleift an einem Stuhl. Der andere sitzt auf einem Stuhl.

Lenz: Es ist Abend. Die beiden haben fast den ganzen Tag miteinander verbracht. Er setzt sich. So ist’s angenehmer, aber wenn Sie nicht möchten, brauchen Sie sich nicht...

Alfons: Ich gehe jetzt nach Hause.

Alfred: Wie geht’s deiner Frau?

Alfons: Gut. Es geht ihr gut. Die beiden Jungs sind starke Kerle, aber nachts dreht sie sich im Bett und jammert. Ihre Knöchel wären schwach, sie würden sie sich verstauchen, wenn sie von der Bordsteinkante abrutschten. Aber ihr geht es gut. Ich gehe jetzt, Alfred. Sing mir doch noch eins deiner Lieder.

Alfred: Mein Freund, ich bin müde.

Alfons: Sing ein Lied. Dann können wir alle zu Bett gehen.

Alfred singt das Lied eines Mönches.

Alfons als das Lied endet: Das wäre vielleicht ein besseres Leben für dich gewesen.

Alfred: Für dich vielleicht, für mich nicht.

Alfons: Der Orden der Franziskaner. Abgeschieden von der Welt. An einem fernen Ort. Die Luft schwer an Feuchtigkeit, das Land mit Grün gekrönt. Nebenan ein Stall voller Heu.

Alfred: Dein Kopf ist voll Heu. Das war kein ferner Ort, mein Lieber. Ich bin da gewesen, und ich sage dir, das hier ist der ferne Ort.

Alfons: Trotzdem muss es ein besseres Leben sein als das eines Zimmermanns.

Alfred: Das sagt der Richtige, Steinmetz. Was könnte besser sein, als das Leben eines Zimmermanns? Außerdem bin ich gar kein Zimmermann.

Alfons: Du bist ein Zimmermann.

Alfred: Ich bin ein Tischler.

Alfons: Oh. Wer sagt, ein Zimmermann könne keinen Tisch aus Holz bauen?

Alfred: Wie viele Jahre bist du jetzt schon auf dieser Erde?

Alfons: He?

Alfred: Ein Tischler kann einen Tisch aus allem möglichen bauen, wenn er das Talent dazu hat.

Alfons: Und worin liegt da der Unterschied?

Alfred: Willst du das wirklich wissen?

Alfons: Ja, will ich.

Alfred: Bist du dir da sicher?

Alfons: Beim heiligen Sidonius, was soll...

Alfred unterbricht ihn: Schrei nicht, du verschreckst meine Hasen. Nimmt eine Tüte mit trockenem Toastbrot, bricht einige Stücke ab und streut sie auf den Boden. Früher war das hier wie Kuchen für uns.

Alfons: Ich weiß.

Alfred: Jetzt verfüttern wir es an die Hasen. Eins kannte ich einen Tischler, der hatte für einen blinden Passagier auf einem Schiff eine Kiste gebaut. In ihr war Platz für eine Person, und man konnte sie nur von innen öffnen. Sie hing an einem der Rettungsboote und sah so aus, als gehöre sie dort hin. Er hatte sie für einen Freund gebaut, der aus Deutschland fort wollte. Ein Zimmermann hätte sie auch bauen können, aber etwas hätte er nicht gekonnt: In eine der Seiten, dort, wo der Kopf des Mannes liegen sollte, war das Relief einer Frau geschnitzt, der zukünftigen Frau des Mannes, die bereits im Ausland war. Diese Kiste war die Arbeit eines Tischlers, obwohl sie nie benutzt wurde. Der Freund hatte plötzlich keinen Grund mehr, das Land zu verlassen...

Alfons: Gute Nacht, Alfred.

Alfred: Gute Nacht, Alfons.

Alfons: Diese Geschichte hast du mir noch nie erzählt.

Alfred: Warum sollte ich dir eine Geschichte mehr als einmal erzählen?

Alfons zuckt mit den Schultern und geht. Alfred geht zu seinem Bett, einer einfachen Holzpritsche ohne Matratze. Er zieht das Laken beiseite, darunter liegen Wäschestücke von Frauen. Er nimmt einige in die Hand, betrachtet sie im Licht, reibt sie an seiner Wange, dann legt er sie zurück. Das Licht geht aus.


2. Szene

Lenz: Guten Morgen.

Stärkere Beleuchtung. Alfred kippt sein Bett ruckartig zur Seite, Decke und Wäsche verschwinden dahinter. Das Bett ist nun eine Ladentheke, Alfred nimmt aus einer Kiste Werkzeuge und legt sie aus. Man hört das Klingeln einer Ladentür und eine Frau betritt die Bühne. Sie ist Mitte fünfzig. Unter dem Arm trägt sie einige Papierrollen in unterschiedlichen Größen, in der anderen Hand ein verschnürtes Päckchen.

Alfred: Ja bitte?

Marie: Guten Morgen.

Alfred: Was kann ich für sie tun?

Marie: Sie sind Zimmermann, richtig?

Alfred: Äh... ja sicher.

Marie: Ich möchte, dass sie etwas für mich bauen. Hier, ich habe Zeichnungen.

Alfred: Zeigen sie doch mal her.

Während Alfred die verschiedenen Papiere ausrollt, tritt Alfons ein.

Alfons: Guten Morgen.

Alfred: Jetzt nicht, ich habe Kundschaft.

Alfons setzt sich auf einen Stuhl.

Alfred: Also: Woher kommen diese Pläne?

Marie: Ich habe sie selbst entworfen.

Alfred: Ein Musikinstrument, ja?

Marie: Korrekt.

Alfred: Stimmen die Proportionen?

Marie: Ja.

Alfred: Aber was ist hiermit? Sehen sie, der Rand und der Körper sind sehr klein im Vergleich zum Hals.

Marie: Weil ich nur sehr wenig Material zum Bespannen habe.

Sie reicht ihm das Päckchen.

Alfred: Ich verstehe. Aber hierfür brauchen sie einen Lautenisten.

Alfons: Lautenisten?

Alfred: Sei still, alter Narr. Meine Dame, was sie brauchen, ist ein Lautenbauer und keinen Zimmermann.

Marie: Ein Zimmermann ist völlig in Ordnung.

Alfred: Selbstverständlich.

Alfons: Aber Alfred, willst du ihr nicht erklären, dass du gar kein...

Alfred: Ruhe, Alfons!

Alfons: Wissen sie, Madame, eigentlich ist er gar kein Zimmermann, sondern ein Tisch...

Alfred: Bitte, beachten sie ihn nicht. Er ist ein Steinmetz und macht Grabsteine, und genauso sieht es mit seinem Geist aus.

Marie: Können sie mir einen Preis nennen?

Alfred: Nun, lassen sie mich überlegen. Sie haben noch nichts über das Holz gesagt, dass ich verwenden soll.

Marie schaut ihn fragend an.

Alfred: Na ja, es gibt unterschiedliche Sorten mit unterschiedlichen Qualitäten.

Marie: Davon verstehe ich nichts.

Alfred: In Ordnung. Ich werde ein paar Informationen einholen und ihnen dann wegen der Kosten Bescheid geben. Gewöhnlich verlange ich vernünftige Preise.

Marie: Vielen Dank.

Alfred: Möchten sie vielleicht noch eine Tasse Kaffee?

Marie: Danke, nein. Auf Wiedersehen.

Alfons begleitet sie zur Tür und hält sie ihr auf: Auf Wiedersehen, die Dame.

Alfred: Von so etwas habe ich doch keine Ahnung.

Er geht zurück zur Theke und betrachtet die Aufzeichnungen.

Alfons: Wie? Willst du etwa sagen, der große Tischler kann einem Stück Holz nicht das Singen beibringen?

Alfred: Aber das ist ein ganz anderes Handwerk.

Alfons: Warum hast du dann nicht nein gesagt?

Alfred abgelenkt: Was?

Alfons: Warum hast du der Frau nicht nein gesagt?

Alfred: Weil ich Dinge baue. Sag, was willst du eigentlich hier, so früh am Morgen?

Alfons: Mein Haus ist voll mit Steinen, und ich kann sie nicht mehr sehen. Ich habe ein Schild an die Tür gehangen: 'Bitte kommen Sie morgen wieder.'

Alfred: Mein Freund, die Toten können nicht bis morgen warten.

Alfons: Ach, den Toten ist es egal. Es sind die Lebenden, die alles sofort wollen. Ich wünschte, ich wäre ein Mönch.

Alfred studiert wieder die Papiere: Ich kann hier Hand nicht von Fuß unterschieden. Ich weiß nicht, wie das Ding klingen wird, welches Holz ich verwenden soll, aber es sieht wunderschön aus.

Lenz noch immer am Rand sitzend: Beschreib mir das Instrument!

Alfred: Lenz? Wie lange sitzt du denn schon da? Zu Alfons: Hast du ihn mitgebracht?

Alfons schüttelt den Kopf.

Lenz: Du solltest nachts deine Tür abschließen, Alfred.

Alfred flucht.

Lenz: Es soll ein Instrument mit Seiten werden, richtig?

Alfred: Richtig.

Lenz: In Ordnung, weiter.

Alfred: Es gibt einen langen Hohlraum, der gleichzeitig als Hals dient.

Lenz: Der Resonanzkörper.

Alfred: Wie auch immer. Und es ist geschwungen.

Lenz: Symmetrisch?

Alfred: Nein. Na ja, ja, aber auch nein. Verdammt, warum musstest du blind werden?

Lenz: Ich fürchte, ich musste es einfach, mein Freund.

Alfred: Da ist noch etwas, wie soll ich es dir nur... mein Gott, warum muss ich Sachen erklären, statt sie mit meinen Händen zu bauen? Ach, ich würde ein Modell bauen und es sorgfältig schleifen, damit du es fühlen könntest. Aber dafür müsste ich erst mit einem Experten über das Holz reden, dass ich verwenden soll, und in solchen Dingen bist du der Experte. Und um mit dir zu reden, muss ich das Ding mit dem Mund statt mit den Händen bauen. Erst am Ende kannst du es fühlen, und dann wirst du sagen ‚Ah, so sollte es also aussehen’.

Lenz: Schon gut, dann beschreibe eben die Frau.

Alfred: Die Frau?

Lenz: Ja.

Alfred: Warum im Himmel musst du wissen, wie die...

Alfons: Sie ist sehr zierlich.

Alfred: Das ist sie, aber warum...

Alfons: Trug ein buntes Kleid. Und an ihrem Kragen steckte eine kleine Brosche aus Gold.

Alfred: Stimmt nicht!

Alfons: Stimmt wohl. Hübsche Schuhe. Einen Wollschal. Schwarze Augen, wie Kohlen.

Alfred: Alfons ist ein wahrer Dichter. Ich arbeite mit meinen Händen, aber er...

Lenz: Nun gut, für den geschwungenen Resonanzkörper empfehle ich dir Kastanie. Das Instrument ist eher klein, oder?

Alfred: Richtig.

Lenz: Kastanie wird dem ganzen etwas Gewicht verleihen. Für den Griffbereich solltest Du Elfenbein nehmen, das macht es leichter für die...

Alfred: Elfenbein?

Lenz: Nun, du kannst auch eine Schinkenbüchse verwenden, wenn du willst.

Alfred: Nein, nein. Schon gut.

Lenz: Gut. Ich werde versuchen, ein paar Wirbel aus Elfenbein für dich aufzutreiben.

Alfons: Und was ist mit dem Topf?

Lenz: Was sagst du da? Mit dem Topf? Mit welchen Topf?

Alfred: Da ist ein Topf mit dran, etwa so groß wie ein Tamburin.

Lenz: Wo?

Alfred: Am Körper. Der Körper ist nur zur Hälfte da, der Rest ist ein Topf, über den eine Haut gespannt wird.

Lenz: Und warum hast du das nicht gleich gesagt? Nun gut, dafür nimmst du Ahornstreifen, weichst sie ein und leimst sie zu einem Stück zusammen. Dafür brauchst du eine Form, die alles mit Klammern zusammenhält, bis es getrocknet ist. Das wird am schwierigsten.

Alfred runzelt die Stirn.

Lenz: Und dann müssen wir uns noch Gedanken über die Bespannung machen.

Alfred: Was soll damit sein?

Lenz: Na ja, was willst du verwenden? Wahrscheinlich keinen deiner preisgekrönten Karnickel, oder?

Alfons: Die Haut haben wir doch schon. Die Dame hat sie mitgebracht.

Lenz: Zeig her.

Alfred geht und holt das Päckchen. Er knotet die Schnur auf and entfaltet den Inhalt etwas, holt ihn aber nicht heraus, sondern reicht alles an Lenz weiter.

Alfred: Sieht eher nach einem Hautfetzen aus, wenn ihr mich fragt.

Lenz greift in das Päckchen und befühlt es mit den Händen.

Lenz: Jesus, Maria und Josef!

Alfred: Was zum Himmel ist los?

Lenz: Schaut euch das hier doch mal an!

Alfred und Alfons betrachten eingehend die Haut in Lenz’ Händen. Dann sehen sie sich gegenseitig an.

Lenz: So Alfred, jetzt beschreibe mir noch einmal die Frau. Ganz genau.


3. Szene

Alfons ist gegangen. Lenz sitzt noch immer an seinem Platz. Alfred geht zur Theke, an der Marie auf ihn wartet. Er zeigt ihr das Instrument.

Marie: Es ist noch nicht fertig.

Alfred: Ja. Die Bespannung fehlt noch.

Er zieht das Päckchen unter den Ladentheke hervor. Es ist wieder verschnürt.

Alfred: Das hier. Das ist eine Brust, nicht wahr? Für... wie nennt man das gleich? Ach ja, für ein Transplantat. Es ist die Haut für das Brusttransplantat einer Frau.

Marie schweigt. Er zeigt beharrlich auf das Päckchen und öffnet es.

Alfred: Sehen sie! Hier ist die Farbe der Brustwarze.

Marie schweigt weiter.

Alfred: Verdammt noch mal, sehen sie doch!

Marie: Ja, ich weiß. Sie nuschelt beschämt etwas. Um ehrlich zu sein...

Alfred: Werte Frau! Erzählen sie mir jetzt nichts. Ich sage, das hier gehört ihnen. Habe ich Recht?

Marie: Ja.

Alfred: Woher haben sie das hier?

Marie: Der Arzt hat es mir gegeben.

Alfred: Warum?

Marie: Weil ich ihn darum gebeten habe.

Alfred: Aber wofür?

Marie: Damit ich es zu einem Zimmermann bringen konnte.

Alfred: Also gut. Seufzt. Machen sie damit, was sie wollen. Aber sie können nicht von mir erwarten, dass ich... Pause. Sie wollen also, dass ich... Deutet auf das Instrument.

Marie: Genau.

Alfred: Wissen sie... Schluckt. Es gibt bessere Materialien. Die besser fürs... Wetter geeignet sind. Zum Beispiel: Wenn die Luft sehr trocken ist, ist eine künstliche Bespannung... dehnbarer. Murmelt. Verdammt. Also gut. Ich werde tun, was sie verlangen. In Ordnung. Ich werde es fertig bauen.

Pause. Marie wendet sich zum Gehen.

Marie: Ich werde morgen wiederkommen.

Alfred. Nein! Bleiben sie doch. Es ist besser, wenn sie dabei sind, wenn ich... wenn ich anfange. Bitte. Ich mache ihnen eine Tasse Kaffee. Ich habe verschiedene Bohnensorten.

Marie nickt: In Ordnung.

Alfred: Wunderbar. Kommen sie. Er gestikuliert. Kommen sie wieder herein. Erst werde ich die Hasen füttern. Dann zeige ich ihnen, was ich mit dem Stückchen... mit dem Stückchen... kommen sie, kommen sie. Es ist lange her, seit ich so etwas zu Gesicht bekommen habe. Das hier ist natürlich etwas anderes. Na ja, nicht ganz anders natürlich. Eine Brustwarze ist eine Brustwarze, eine Brust ist eine Brust. Aber sie dürfen nicht denken, dass... ich bin ein anständiger Mann, müssen sie wissen...

Das Licht über Alfred und Marie geht aus, und Lenz richtet sich von seinem Platz aus an das Publikum.

Lenz: Können Sie Alfred bei der Arbeit zusehen?

Das Publikum sieht nichts.

Lenz: Die Frau betrachtet seine Hände. Die beiden reden nicht miteinander, nur ihre Hände sprechen. Alfreds Hände sprechen: seine Finger, seine Handrücken, Hautfalten über alten Knochen. Sie schaut weg, die Arbeit ist getan, sie verlässt den Laden. Die Türklingel ertönt. Und Alfred ist wieder allein. Die Nacht wird für Alfred zu meiner Uhr, nur hat jetzt jemand das Glas entfernt und die Zeiger messerscharf geschliffen. Sie schneiden in die Knöchel seiner Finger, lassen Schmerzen durch seinen Arm schießen. Nacht für Nacht für Nacht, sieben Nächte in Folge, aber Alfred träumt nur von der Frau. Bevor er jedoch völlig in seinen Träumen versinkt, werden seine Freunde ihn wieder besuchen.


4. Szene

Alfred sitzt im Nachthemd auf seinem Bett, die Frauenwäsche ist verschwunden. Lenz und Alfons kommen auf ihn zu, Alfred sieht zu ihnen auf.

Alfred: Ach! Was belästigt ihr mich schon wieder, so früh am Morgen?

Lenz: Alfons hat ein Schild an seine Tür gehängt: ‚Bitte gehen Sie noch einmal zurück und schauen nach, ob sie wirklich tot sind. Kommen Sie erst morgen wieder. Viel Glück, Alfons der Steinmetz.’

Alfred: Meine Herren. Dreht euch um, bitte!

Lenz nachdem sich beide umdrehen: Alfred will nicht, dass wir ihn nackt sehen. Er will nicht, dass wir sein Junggesellenbett sehen. Er will es selbst tagsüber nicht sehen, also lässt er es verschwinden, wuchtet es zur Theke um, was ihn jedes Mal viel Kraft kostet. Dann nimmt er die Laken und stopft sie in eine Kiste. Jetzt sucht er nach seiner Hose. Oh, er hat sie gefunden...

Alfred greift nach seiner Hose.

Lenz: Jetzt zieht er sie an. Linkes Bein, rechtes Bein. Das Bett ist verschwunden, Alfred ist bereit für den Tag.

Alfons: Genau, warum machst du das eigentlich, Alfred?

Alfred. Sei still.

Lenz: Er wird nur dann ein Bett bauen, wenn es ein Bett ist für die Frau, die er gefunden hat. Stimmt doch, Alfred?

Alfred flucht.

Lenz: Ach ja, Alfred, ist eigentlich die Frau mit... der edlen Goldbrosche mal wieder vor...

Alfred: Das geht dich nichts an.

Lenz: Also nicht.

Alfons: Wisst ihr, ich habe letztens von ihr geträumt.

Alfred: Du hast von ihr geträumt?

Alfons: Ja, sie war...

Alfred: Du liegst neben deiner Ehefrau im Bett und träumst unanständig von einer unschuldigen...

Alfons: Alfred! So war das nicht.

Alfred: Dann erzähl doch mal von deinem Traum.

Alfons: Das wollte ich doch, Jesus. Ich träumte, dass sie zu mir kam und wollte, dass ich ihr ein weiteres Instrument baute.

Alfred: Himmel noch mal.

Alfons: Ich war mit ihr auf der Straße vor ihrem Haus, und sie sagte...

Alfred: Woher wusstest du, wo sie wohnt?

Alfons: Wusste ich nicht, nur im Traum. Sie forderte mich auf, mein Ohr auf den Boden zu legen und fragte mich, ob ich hören konnte, wie der Zug durch den Zement kam. Ich verneinte. Sie sagte, sie könne es und forderte mich auf, ihr ein zweites Instrument zu bauen, eins aus Zement, damit sie es spielen konnte und den Zug nicht hören musste. Ist das nicht verrückt? Ich sagte ihr, ich würde es nicht aus Zement bauen, sondern aus Marmor, Marmor sei ein viel besserer Material...

Alfred: Das ist es, da bin ich sicher.

Alfons: Sage ich ja.

Lenz: Was du da berichtest, mein Freund, ist nicht der Traum eines jungen Mannes.

Alfred: Nein, ist es nicht.

Alfons: Ist es wirklich nicht, oder?

Lenz: Meine Herren. Wir müssen wieder anfangen, die Träume junger Männer zu träumen!

Lenz zieht eine Mundharmonika hervor und spielt ein schwungvolles Volkslied. Alfred und Alfons fallen ein und beginnen zu tanzen. Sie hören die Klingel nicht, und plötzlich steht Marie vor ihnen, diesmal ohne Perücke und auf einen Stock gestützt. Ihr Haar ist dünn und grau. Sie sieht wesentlich älter aus, obwohl seit ihrem letzten Besuch kaum Zeit vergangen ist. Wieder trägt sie mehrere Rollen Papier und ein verschnürtes Päckchen.

Lenz: Alfons!

Alfons: Ja, ja, schon gut. Bis später, Alfred.

Er führt Lenz weg und geht ab, Lenz nimmt seinen Platz am Bühnenrand ein. Alfred geht stumm hinter die Ladentheke, Marie reicht ihm die Rollen. Schweigsam studiert Alfred die Zeichnungen und schaut nur ab und an zu Marie auf.

Alfred: Ein zweites?

Marie. Ja.

Alfred: In Ordnung.

Marie: In zwei Tagen.

Alfred: Sie kommen in zwei Tagen wieder?

Marie: Ja.

Alfred: Also gut.

Sie wenden sich vom Publikum ab.

Lenz: Zwei Tage. Arbeitet Alfred in den zwei Tagen, oder träumt er? Er arbeitet, schläft, arbeitet wieder, arbeitet noch mehr und fällt dann ins Bett und träumt. Fragen Sie sich auch, was er wohl träumt?

Marie und Alfred drehen sich zueinander um und tanzen.

Lenz: Sehen Sie das?

Marie und Alfred wenden sich wieder ab.

Lenz: Dann wacht er auf, und sie ist wieder da.

Alfred dreht sich zu Marie und reicht ihr einen offenen Karton.

Alfred: Diese hier ist besser beworden.

Marie: Tatsächlich?

Alfred: Sie klingt besser. Ich habe einiges anders gemacht.

Marie: Dabei weiß ich gar nicht, wie man sie spielt.

Sie zieht ihren Geldbeutel heraus, um zu bezahlen.

Alfred: Dann müssen sie es lernen. Sie sind einzigartig, nicht wahr? Natürlich sind sie das!

Marie bezahlt, Alfred versucht, sich zu beruhigen.

Alfred: Singen sie manchmal?

Marie: Nein.

Alfred: Nie?

Marie: Ich singe in der Kirche.

Alfred: Aha. Für jedes der beiden Instrumente müssen sie ein Stück lernen, das müssen sie einfach.

Marie: Aber ich weiß doch nicht, wie man sie spielt.

Sie wendet sich zum Gehen.

Alfred: Ich sehe, da wartet jemand auf sie.

Marie: Wie bitte?

Alfred: Da wartet jemand, auf dem Rücksitz ihres Taxis.

Marie: Das ist mein Sohn.

Alfred: Ah, ihr Sohn. Haben sie viele Kinder?

Marie: Neun.

Alfred: Das sind viele. Neun Kinder. Und einen Mann?

Marie: Auf Wiedersehen.

Alfred: Auf Wiedersehen.

Sie geht. Alfred setzt sich auf einen Stuhl und starrt vor sich hin. Alfons kommt herein. Er geht auf Alfred zu und schaut ihn an. Alfred bemerkt ihn nicht.

Lenz: Nun komme ich zum Ende meiner Geschichte.

Er steht auf und geht zu den beiden anderen.

Alfons zu Lenz: So sitzt er jetzt schon seit Tagen da.

Er wedelt mit der Hand vor Alfreds Gesicht.

Alfred: Lass mich allein!

Lenz: Alfons, du musst das verstehen, Alfred ist verliebt.

Alfons: Vielleicht will ich auch verliebt sein, hast du daran schon mal gedacht?

Lenz: Ich dachte, du willst ein Mönch sein.

Alfons: Ich will auch ein Mönch sein. Aber erst will ich verliebt sein, als junger Mann, und dann Mönch, als alter Mann.

Lenz: Alfons der Verliebte.

Alfons: Jawohl, verdammt noch mal! Das kann doch sein. Ich könnte auch darüber Lieder singen. Und die Träume von jungen Männern träumen. Das sollte ihn doch für eine Minute von seinem Stuhl holen.

Alfred: Welcher Tag ist heute?

Lenz: Es ist Samstag.

Alfred springt auf: Ich muss gehen. Wo ist mein Fahrrad? Kann einer von euch meine Hasen füttern?

Lenz: Kann ich machen.

Alfons: Wo willst du hin?

Alfred geht ab.

Alfons: Alfred geht nie irgendwo hin. Wo geht er hin?

Lenz: Ach, er ist verliebt. Lass ihn gehen. Schaut her, Hasen! Heute speist ihr mit uns.

Er verstreut das Brot. Plötzlich dreht er sich um und konzentriert sich stark auf etwas. Alfons kann nicht herausfinden, was Lenz macht und wendet sich ab.

Alfons: Wenn ich doch nur fortgehen könnte, ein Mönch würde, einen Eid schwüre zu schweigen, müsste ich nicht mehr damit leben, ignoriert zu werden. Ich müsste es nicht mehr ertragen, das Ziel von Frotzeleien zu sein, und könnte jedes Mal, wenn ich...

Lenz: Shhhh. Shhhh.

Alfons: Oh wunderbar, jetzt heuchelt er nicht mal mehr Interesse vor, nicht mal für einen kleinen...

Lenz: Sei still. Ich versuche, zuzuhören.

Alfons: Mir scheint es eher, als versuchtest du, nicht zuzuhören.

Lenz: Alfons, du bekommst später meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

Alfons: Ich will aber, dass du jetzt mit mir redest.

Lenz hebt die Hand und legt den Kopf schief.

Alfons: Was hörst du denn da?

Lenz: Alfred.

Alfons: Alfred ist nicht da! Ich bin da, Alfred nicht!

Lenz: Nein, Alfred ist auf der Straße, den Berg hoch, auf seinem Fahrrad. Er hält es gut in Schuss, es gibt kein einziges Quietschen von sich.

Alfons: Du kannst ihn hören?

Lenz: Pssst. Er ist am Ende der Straße. Biegt nach Westen. Was ist im Westen?

Alfons: Wie, was ist im Westen?

Lenz: Was ist im Westen.

Alfons: Hmm... der Supermarkt.

Lenz: Nein, nicht der Supermarkt.

Alfons: Warum nicht der Supermarkt.

Lenz: Weil er gerade am Supermarkt vorbeigefahren ist.

Alfons: Oh.

Lenz: Jetzt ist er auf der Poststraße. Ein Auto fährt an ihm vorbei, es ist schwer, ihn zu... Moment, er biegt ab.

Alfons: In welche Richtung?

Es wird immer schwieriger für Lenz, Alfred zu verfolgen. Sein Gesicht ist vor Anstrengung verzerrt. Das von Alfons auch.

Lenz: Nach Norden.

Alfons: Nach Norden.

Lenz: Ich weiß, wo er hin will.

Beide: Zur Kirche.

Lenz: Er geht zur Kirche. Er ist schon da. Sie hat bereits angefangen.

Alfons: Findet denn heute überhaupt...

Lenz: Die Samstagabendmesse. Er macht die Tür auf. Sie quietscht. Ziemlich alte Scharniere, ich weiß, ob ich ihn noch hören kann, wenn die... oh!

Alfons: Was denn?

Lenz: Die Kirchentür ist aus irgendeinem Grund offen geblieben.

Alfons: Haben wir ein Glück!

Lenz: Weiter. Da ist sie. Sie flüstern mit jemandem. Es ist ihr Mann, der wohl ein Buch auf dem Schoß liegen hat und während der Messe darin liest. Bei dem Stöhnen, dass er jetzt von sich gibt, würde ich vermuten, dass es sich um einen eher schweren philosophischen Schinken handelt, der sich mit der Existenz unseres heiligen Herrgottes auseinander setzt, aber diese Vermutung können wir nicht bestätigen, nein, es sei denn, er murmelt das ein oder andere Wort daraus. Sie fordert ihn auf, das Buch wegzulegen. Jetzt steht sie auf. Ich kann ihren Stock hören, tock, tock, tock, auf dem Pinienfußboden. Sie geht nach vorne, und reiht sich in den Chor ein. Sie stimmen ein Lied an. Alfred ist ganz in ihrer Nähe, jetzt steht er praktisch hinter ihr. Er sammelt seinen Atem, und sagt...

Alfons: Was sagt er denn? Pause. Was sagt er? Pause. Was sagt er?

Lenz: Nichts. Er hat nichts gesagt. Alles, was aus seinem Mund kam, war ein Seufzen.

Alfons: Oh.

Lenz: Ja. Aber nächste Woche... ich bin mir sicher, wenn eine Woche vorbei ginge, liefe alles anders ab. Er wüsste, was er sagen soll, wenn er eine Woche Zeit hätte, sich etwas zu überlegen. Wo er doch jetzt weiß, dass es schwer ist, in diesem Moment etwas zu sagen.

Alfons: Bis dahin könnte sie tot sein. Wir könnten alle tot sein.

Lenz: Ich sage, wir sollten es versuchen. Was meinst du, Alfons? Sollen wir eine Woche überspringen?

Alfons: Was?

Lenz: Es ist machbar.

Alfons: Glaubst du so etwas wirklich?

Lenz: Natürlich. Er würde in der Zwischenzeit eh nur in seinem Stuhl sitzen, nichts sagen, nichts sehen, nichts machen. Willst du das sehen?

Alfons: Nein.

Lenz: Ich auch nicht. Also?

Alfons: Eine Woche?

Lenz: Eine Woche.

Lenz steht auf, zieht an Alfons, der ebenfalls aufsteht.

Alfons: Was ist jetzt?

Lenz: Sie ist wieder in der Kirche.

Marie kommt auf die Bühne.

Alfons: Und Alfred?

Alfred taucht hinter Marie auf.

Lenz: Er steht hinter ihr. Versucht, nicht mit den Zähnen zu klappern. Sie singt zusammen mit dem Chor, siehst du?

Alfons: Ja ja, sehe ich.

Marie beginnt, einen Choral zu singen.

Lenz: Alfred sammelt wieder seinen Atem.

Alfons: Sagt er etwas?

Lenz: Diesmal muss er einfach etwas sagen.

Alfons: Sag etwas, Alfred.

Lenz: Er atmet noch mal tief ein, und...

Alfred unterbricht Lenz und beginnt zu sprechen. Er spricht zu Marie, als könnte ihn außer ihr niemand hören.

Alfred: Ich sage dir, ich kenne die Form deiner Brust so gut wie dein Mann am Abend eurer Hochzeit. Ich halte deinen Körper so zart in der Hand wie deine Mutter am Tag deiner Geburt. Ich kenne deine Haut. Deine Brustwarzen haben die Farbe von Milchkaffee. Ich wette, du warst dir sicher, dies nie wieder von einem anderen Mann zu hören. Und noch etwas: deine Augen haben die Farbe von schwarzem Kaffee, dein Haar die des feinsten Tabaks in meinem Beutel. Deine Haut ist cremig, dunkler an den Händen, und deine Brustwarze hat die Farbe von Milchkaffee, wo du doch bei Gott geglaubt hast, Worte wie diese nie wieder von einem anderen Mann zu hören, bei Gott. Die Musik, die deine Brüste machen, wenn ich mit der Hand über sie fahre, ist der Seufzer auf deinen Lippen, wenn der Mann, der dich liebt, obwohl er nicht dein Mann ist, dich berührt und dann nie wieder berührt.

Alfred schweigt, Marie unterbricht den Choral. Alfred verschwindet. Marie dreht sich nach der Stimme um, aber da ist niemand mehr. Sie geht auf ihrem Stock gebeugt von der Bühne. Lenz und Alfons sind währenddessen zu den beiden Stühlen am Bühnenrand gegangen und haben sich gesetzt.

Lenz: Bleib bei mir sitzen, Alfons, und hör gut zu. Schließlich wirst du diese Geschichte übernehmen müssen, sobald ich mit ihr fertig bin.

Alfons: Ich?

Lenz: Ja. Du kannst Teil von ihr sein wann immer und wo immer du willst.

Alfons: Ganz so, wie ich es will?

Lenz: Hör jetzt genau zu. Ich habe keine Zeit, dir die Kunst des Geschichtenerzählens beizubringen. Aber ich bin mir sicher, dass du es gut machen wirst, wenn du jetzt genau aufpasst.

Alfons: Ich passe auf.

Lenz: Zwei Tage sind vergangen.

Alfons: Zwei Tage.

Lenz: Vielleicht drei.

Alfons: Drei Tage.

Lenz: Alfred ist wieder in seinem Laden.

Alfred ist wieder in seinem Laden.

Alfons: Ist er? Wir sind in seinem Laden. Oder sind wir das nicht?

Lenz: Alfons, bitte, pass einfach auf! Er ist wieder in seinem Laden und versucht, die Stühle fertig zu stellen, auf denen wir immer gesessen haben.

Alfred: Verdammt, die Dinger sehen schon ziemlich gebraucht aus.

Lenz: Dann kommt die Frau.

Marie betritt die Bühne.

Lenz: Sie trägt ein Bild und sonst nichts.

Marie gibt Alfred das Bild: Vielen Dank... für... ihre.... Hilfe.

Lenz: Dann dreht sie sich um und geht wieder. Marie geht ab. Alfons ist sprachlos. Er schafft es kaum, auf Wiedersehen zu sagen.

Alfons: Auf Wiedersehen.

Lenz: Und sie sieht ihn an, vom Taxi aus, nachdem es bereits losgefahren ist. Durch die Heckscheibe sieht sie ihn an, wie er hinter seiner Theke steht. Was sie wohl denkt? Selbst ich vermag nicht, das zu sagen. Und sieh ihn mit dem Bild! Er beginnt wie in Trance zu arbeiten, und das Instrument formt sich in seinen Händen, besteht aus nur einem Stück, ohne Kanten, mit einem einzigen geraden Schwung. Dann schläft er stehend ein. Unser Freund Alfred ist furchtbar müde in den Knochen geworden. Wenn er aufwacht, werden wir beide da sein und das Geräusch eines Taxis hören, dass gerade wegfährt. Darin wird der selbe Junge wie damals sitzen. Bist du bereit?

Alfons nickt, beide gehen auf Alfred zu, der aufwacht und noch immer das neue Instrument in den Händen hält. Alfons geht zur Seite, man hört zweimal die Türklingel, er trägt einen Karton in den Laden.

Alfons: Es sind die anderen beiden.

Alfred: Aber warum hat sie sie zurück gebracht?

Alfons: Nicht sie. Ihr Sohn. Er reicht Alfred seine Mütze.

Lenz: Hast du dein Fahrrad wieder geölt, Alfred?

Alfred nickt und geht los.

Alfons: Weißt du, wohin du gehen musst?

Alfred bleibt stehen: Nein, weiß ich nicht.

Alfons: Sie wohnt im letzten Haus in der Kirchgasse.

Alfred sieht ihn an.

Alfons: Ich weiß es aus meinem Traum.

Alfred: Adieu.

Er geht ab. Die beiden warten, Lenz versucht, ihn zu hören.

Lenz: Das ist eine ganz schön große Familie, die sie da hat.

Nach einem Moment der Stille kommt Alfred zurück.

Lenz: Alfred, was ist passiert?

Alfred: Sie ist tot.

Lenz: Ja.

Alfons macht ein Kreuzzeichen.

Alfred: Ich ging hin. Ich klopfte. Keine Antwort, ich klopfte wieder. Immer noch nichts, also nahm ich die Mütze ab und ging hinein. Das Haus war voller Leute, die sich umarmten und weinten. Dürfte ich dort überhaupt eintreten? Aber es schien, als ob mich niemand bemerkte. Ich ging ein paar Stufen hoch, an den ganzen Leuten vorbei, und auf einmal bin ich in einem Raum mit einem Bett, an dem eine Schwester steht und ein kleines Mädchen sitzt. Sie liegt in dem Bett, und ist Schwester will gerade...

Mit seiner Hand gestikuliert Alfred das Schließen der Augen der Toten. Das Licht fällt auf sein Bett, man sieht jetzt Marie darin liegen. Er geht zu ihr herüber und streicht noch einmal über ihre Augen. Dann greift er unter das Bett, zieht das neue Instrument hervor und legt es ihr in den Arm. Es passt perfekt an ihren schlanken Körper. Dann tritt er vom Bett weg.

Alfred: Dann ging ich zur Vordertür hinaus und stieg auf mein Fahrrad. Jetzt sahen mich alle, all die Leute. Er lacht. Für einen Moment habe ich sie aus ihren Tränen und ihrer Trauer heraus gerissen. Dann bin ich losgefahren. Das Instrument Er deutet darauf. ist nicht zum Spielen gedacht. Warum sollte sie sich ein Instrument ausgedacht haben, dass sie sowieso nicht spielen konnte? Es soll sollte einfach ein zweiter Körper sein, mit einem Kopf und einem Arm, der neben ihrem Körper ruht, sobald sie so da liegt. Es wurde mit meinen Händen gemacht, ja, es ist mein Arm, der nach harter Arbeit jetzt neben ihr liegt, dort in ihrem Bett.

Lenz: Also hast du sie geheiratet.

Alfred: Mein Freund, ich bin nicht ihr Mann.

Das Licht geht aus, einzig Lenz wird beleuchtet, der sich ans Publikum wendet.

Lenz: Und jetzt vergeht natürlich etwas Zeit, eine Menge Zeit. Wir könnten unsere Finger in diese Zeit graben, um sie gut in den Griff zu bekommen, wäre sie aus Holz oder Stein. Und mit dieser Zeit, und mit Marie, gehe ich jetzt.

Schwarz.
 

blaustrumpf

Mitglied
Hallo, The Girl Who...

Ja, so verrätselt in die Leere gehend stelle ich mir modernde Schauspiele vor. Aber dass in diesen vier Szenen nicht einmal geflucht oder wenigstens vom Ficken geredet wird, lässt mich stutzen. Vielleicht wäre es einfacher, wenn du eine kleine Handreichung zum Stück liefertest. Es einfach so zu lesen, ohne etwas über den Inhalt, die Rollen oder die Autorin zu wissen, das macht mir einfach keinen Spaß.

Und wenn es mir keinen Spaß macht, dann fällt mir zu schnell ein, dass jede Minute online nicht nur Geld kostet, sondern auch von meiner Zeit abgeht, wenn du verstehst was ich meine. Ich bin da sicher nicht maßgeblich, aber wenn es klarer würde, was und wohin du mit deinem Stück willst, hätte vermutlich nicht nur ich es erheblich einfacher. Und das Stück mit denen, die es lesen, auch.

Schöne Grüße von blaustrumpf
 
Guten Abend, blaustrumpf.

Um ehrlich zu sein, werde ich aus Deinem Posting nicht ganz schlau. Meinst Du mit 'kleine Handreichung' etwa ein Expose, das dem Stück vorangeht? Ich habe mich vor dem Posten hier ein bisschen umgesehen und festgestellt, dass es nicht üblich ist, Exposes zum Stück zu posten. Kann ich aber machen, wenn's gewünscht wird. Selbstverständlich kann ich an den Anfang noch einmal eine Übersicht der Namen der Personen im Stück reineditieren, ich hielt das für überflüssig, da alle vier Personen des ersten Akts innerhalb von zwei Manuskriptseiten auftauchen. Und was meinst Du mit damit, etwas über die Autorin erfahren zu wollen. Ich habe hier noch an keinem Beginn eines Stück, eines Prosatexts oder eines Gedichts Infos zu den geweiligen Autoren gesehen, warum also hier?

Auch aus diesem Satz

"Aber dass in diesen vier Szenen nicht einmal geflucht oder wenigstens vom Ficken geredet wird, lässt mich stutzen."

werde ich nicht ganz schlau. Geflucht wird, den Personen entsprechend, das ein oder andere Mal, gefickt nicht, weil's die Handlung nicht voranbringt. Ist das ein Problem?

Sorry, aber ich weiß mit Deinem Posting wirklich nur wenig anzufangen, obwohl es sicherlich nett gemeint ist. Kannst ja vielleicht nochmal näher draufeingehen.

Grüße,
S
 



 
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