Die Aktion

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Berichte aus einer kleinen Stadt.
Es könnte auch deine sein.

Die Aktion („Nein zum Schwein!“)

Er hatte die Aktion penibel geplant.
Jede Einzelheit hatte er durchgespielt, sich mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, bewaffnet.

Oft kamen ihm aber Gedanken, ob es richtig sei, so vorzugehen.
Vielleicht war seine Sichtweise falsch oder zumindest zu streng.
Alles ist interpretierbar.
Bewahrer der christlich-abendländischen Kultur müssten doch wissen, was in bestimmten Zeiten des Jahres in unserem Kulturkreis erlaubt und was verboten ist. Jedoch eine Tradition kann unter Umständen eine Ausnahme rechtfertigen.
Es muss doch auch Befreiungen geben.

Aber das war sein Vorsatz für dieses Jahr.
Am Aschermittwoch sollte es los gehen. Er hatte von der Werbung gelernt.
Zuerst schrieb er mit Wachsmalstiften auf Plakate nur:
„Kein Fastenbrechen“
Später ergänzte er:
„Kein Fastenbrechen der X-Städter“
Und zuletzt vollendete er es noch:
„Kein Fastenbrechen der X-Städter Partei der Christen“

So konnte man das „Partei der Christen“ irrtümlich fast als Unterschrift verstehen, weil er es etwas absetzte.
Das war der erste Teil, der anonyme. Den konnte er in aller Stille und Heimlichkeit ausführen.

Der schwierigste war der 2. Part, aber auch der wichtigste seiner Aktion. Nur dort konnte er sehen, wie sie reagieren. Jene Politiker bei ihrem Schlachtfest während der Fastenzeit, das schon so viele Jahre wie eine feststehende Einrichtung gefeiert wurde.
Er hatte ja die Vermutung, dass die Weihnachtsfeiern, Ferien, der Jahreswechsel und später dann die Karnevalssitzungen es nicht zuließen, in einer anderen Zeit ein Schlachtfest zu organisieren.

Mit Handzetteln, auf denen „Kein Fastenbrechen der X-Städter Partei der Christen - Nein zum Schwein!“ stand, machte er sich auf.
Er hatte geplant, die Zettel am Eingang zu verteilen. Doch die ankommenden Gäste, die heißhungrig auf Fleisch zum Buffet strömten, verweigerten die Annahme und ließen ihn links stehen. Das hätte er doch voraussehen können. Er nahm ja auch nie Werbung an.

Da es eine Parteiveranstaltung war und man hoffte, neue Mitglieder zu gewinnen, war am Eingang ein Mitglied postiert, das die Ankommenden gleich ansprach. So auch ihn:
Er sei Türke und seit dem Ausspruch von Bundespräsident Wulff, dass der Islam ein Teil Deutschlands sei, dabei.
Er war sehr redselig und eigentlich nett, doch konnte er ihn nach seiner missglückten Aktion nicht zum Reinkommen animieren.
Am Ende versuchte er ihn noch einzuladen, am nächsten Freitag, das sei doch ein Feiertag, mit seiner Familie und einigen Parteifreunden die Grillsaison zu eröffnen. Das würden sie immer so machen. Es gäbe auch Schweinenackensteaks. Er sei nicht so ein strenggläubiger Moslem.
 



 
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