Die Frau seines Lebens

Die Frau seines Lebens

Am liebsten hätte er sie in Stücke gerissen. Er hasste ihre Art, die ganze scheinheilige Palette, wie sie kaum eine andere Frau hätte besser gebrauchen können. Doch was sie auch versuchte, er hatte sie durchschaut. Im Laufe der Jahre kannte er jede ihrer Waffen und es gab kaum eine Klinge, die nicht die Schärfe einer frisch geschliffenen Schweineaxt erreicht hatte, mit der sie ihn dann und wann kitzelte.
Und wenn sie sich wieder einmal in eine prickere Situation hineinschaukelte, ihn dann mit ihrer engelsgleichen Miene ansah, als wäre alles gut und als ob nichts besser sein könnte, war er selten weit davon gewesen, ihr eine runterzuhauen, ihr die Zähne aus ihrem zarten, jung gebliebenen Gesicht zu schlagen und sie dermaßen zu vermöbeln, dass sie nie wieder so ein herrlich unschuldig wirkendes Lächeln auf ihrem Gesicht würde zaubern können. Nur ein Wort hätte manchmal genügt und ihr Gesicht wäre einem Helloweenkürbiskopf gleichgekommen. Und obwohl sie die Gefahr kannte, jonglierte sie für gewöhnlich gerne mit heißen Kohlen in den Händen.

Gewiss hatte sie auch ihre Reize. Wie ein Aal konnte sie sich an ihn anschmiegen und ihren Busen so lange an seinem Körper reiben, bis er ihre Brustwarzen durch das Nachthemd hindurchspürte. Wenn er die Augen schloss und die Welt um sich vergaß, sich ganz auf sie konzentrierte, hatte er dass Gefühl, als wären ihre Hände an jeder Stelle seines Körpers gleichzeitig. Oh ja, sie konnte ihn richtig heiß machen und wenn sie es wollte, hatte er keine Chance etwas dagegen zu tun.

Er hasste sie nicht nur für ihre Rollen, in die sie gelegentlich so elegant hineinschlüpfte, wie sie es in eines ihrer dünnen Abendkleider schaffte, nein; er hasste sie vor allem, weil sie ständig Macht über Menschen hatte. Nicht etwa eine mit Gewalt, wie sie es ein Mann zu pflegen ausübt, wenn die Frau nicht gehorsam ist, sondern, die viel kräftiger und ja, eine, die um Tonnen effizienter war.

Wer mit ihr ins Gespräch kam, hing bereits mit einem Bein in der Schlinge und mit jedem weiteren Satz zog sie diese langsam enger. Ihre Stärke lag in ihrer Geduld und in ihrer Ausdauer. Sie konnte stundenlang einen ansehen ohne ein Wort zu sagen und dennoch hätte sie jeder Mann liebend gern auf das Bett gelegt und es ihr besorgt. Aber sie war nicht die Frau, die sich einfach flach legen ließ, und dabei glücklich war, wenn der Mann wie ein Esel zum Orgasmus kam. Nein. Sie schlüpfte perfekt in die Rollen. Bei jedem Rodeo hätte sie den ersten Preis gewonnen, denn ihre Art zu reiten machte jedes Fohlen zum Hengst.

Es war weder ihr Intellekt, noch ihre Schönheit, nicht die Art, wie sie einen ansah und auch nicht die Worte, die sie gebrauchte. Es war ihr voller runder Mund, ihre weichen rosa Lippen, die in Zeichensprache den Männern sagten: Egal wie andere Frauen zu dir waren, ich bin besser. Meine Lippen könnten dir den besten Orgasmus deines Lebens besorgen.
Und verdammt, sie hatte Recht. Gerade er wusste es am Besten und wenn es nicht die reine Wahrheit gewesen wäre, hätte er den Schmerz vielleicht verkraft und sich von ihr losreißen können.

Sie waren nun bereits seit 2 Stunden auf dieser belanglosen Dinnerparty und seit einer viertel Stunde sah er ihr von weitem zu, wie sie sich mit einem Mann im schwarzen Smoking, einer Rolexuhr und furchtbar teuren Diamantenringen, die er an beiden speckigen Ringfingern trug, unterhielt. Er fuchtelte provokant mit seinen Händen vor ihrem Gesicht herum und so kam wohl kein Gast drum herum, das von den Kronleuchtern reflektierte Licht an den Diamanten zu sehen. Dieser Mann machte ihn nervös.
Sie drehte sich um, als ahnte sie bereits, dass sie beobachtet wurde und schenkte ihm ein lächeln zu, dass jeden Mann schwach werden lies. Ihre Lippen schienen zu sagen: Nimm mich. Hier und jetzt, vor allen Leuten. Und er stand nur da und wusste, dass sie ihr Spiel so lange mit ihm trieb, bis sie ihn am Abend so weit hatte. Sie würde die Schlinge noch enger ziehen, mit jedem Mal, die er nicht widerstehen konnte, so lange, bis sie ihm eines Tages keine Luft mehr zum Atmen lies.
So oft wollte er sie verlassen, sie aufgeben und einen neuen Weg einschlagen, aber sie war wie eine Droge, wenn man einmal auf den Geschmack kommt, kann man nicht mehr die Finger von lassen. Er wusste, dass sie Gift für ihn war und sie gab ihm wieder und wieder die Injektion. Gift ist eine Frage der Dosis und wenn er einmal mit ihr aussetzen sollte, würde sie auf ihn warten um ihm dann den Rest zu geben. Sie war geduldig und brachte alles was sie begonnen hatte auch zu Ende.
 



 
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