Die Geschichte vom Pfarrer, der den Glauben verlor

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ridding

Mitglied
Die Geschichte vom Pfarrer, der den Glauben verlor

Es war einmal ein Pfarrer, der tat immer treu und brav seinen Dienst in seiner kleinen Provinzgemeinde, hielt des Sonntags den Gottesdienst, taufte die Kinder, vermählte die Paare und sprach das Vaterunser am Grab der Verstorbenen. Und weil er eine mitfühlende Seele war und das ganze Elend, die Armut und das Leid ringsherum sah, so betete er auch immer fleißig für seine Schäfchen. Doch mit der Zeit fiel ihm auf, dass sein Beten nie etwas nützte. Die Kranken wurden nicht gesund, die Armen nicht reicher, die Geizigen nicht weichherziger und die Welt im Großen und Ganzen blieb so ungerecht und unvollkommen wie sie war. Da begann er zunächst an der Gnade Gottes zu zweifeln, dann an dessen Allmacht und schließlich kam er zu dem Ergebnis, dass Gott gar nicht existiere. Und als er merkte, dass Gott ihm auch nicht fehlte, gab er schließlich das Grübeln und Zweifeln über dessen Existenz gänzlich auf. Aber da er nichts anderes als seinen Pfarrerberuf gelernt hatte und er auch sehr gerne im Pfarrhaus mit dem schönen Garten wohnte, konnte er sich nicht dazu entschließen, seine Stellung aufzugeben. Also stellte er sich weiterhin sonntags auf die Kanzel und predigte vom Reich Gottes, taufte die Kinder im Namen des Herrn, an den er nicht mehr glaubte, ermahnte die Hochzeitspaare, ein gottgefälliges Leben zu führen und versprach den Hingeschiedenen am Grab ihre Auferstehung. Und da er nicht gestorben ist, macht er das noch heute in seinem kleinen Dorf.
 
K

Kasper Grimm

Gast
Tja, Herr Ridding, was bleibt Herrn Pfaff im Arge-Zeitalter = argen Zeitalter auch anderes übrig! Er wäre ja schön blöd, wenn er seine Heuchelei aufgäbe - tun's etwa die Politiker oder die Manager oder Promis, die ja auch bloß zum Wohle der Menschen - LÜGEN?!
LG Bitter-Grimm
 
B

bluefin

Gast
...als er dann doch gestorben war, trauerte die gemeinde um ihn. er hatte ihre kinder getauft, ihre ehen geschlossen, ihre kranken und alten besucht, die toten beerdigt und sich um den kindergarten gekümmert, die renovierung der alten kirche gegen eine knauserige verwaltung durchgesetzt und den posaunenchor am leben gehalten.

wer nicht mehr aus und ein wusste mit sich, konnte zu ihm kommen und bekam nicht nur laue sprüche und eine tasse kaffee, sondern manchen guten rat, jedenfalls aber trost. und geschichten vorgelesen - manchmal ein paar zeilen aus mark twains "huckleberry finn", von dem zu hören war, dass er deswegen von gott abgefallen sei, weil ihm dieser trotz allen betens keinen neuen angelhaken vom himmel herunter geworfen hatte.

der pfarrer klappte das buch zu und sagte, hauptproblem hucks sei gewesen, dass ihn niemand lieb gehabt hätte, und dass dessen vater oder die tante es versäumt hätten, ihn mal in den arm zu nehmen oder ihm die angel zu reparieren. er selber, sagte der pfarrer, wär früher auch einer wie huck gewesen, bis er gelernt hätte, dass das, was man vielleicht unter "gott" verstehen könnte, kein versandhandelsgeschäft sei, wie viele annähmen, sondern eine einrichtung, die einem dabei hilft, zu ertragen, dass fast die ganze welt nichts sei als ein solches.

dann sagte er noch, dass es egal sei, ob im vatikan lügner und betrüger, geldgier, völlerei und hurenböcke hausten - das sei normal, denn es seien menschen. die kirche selber aber, egal welche, sei über derlei erhaben. mit der ginge es nur dann bergab, sagte er, wenn ihr dogma zu stinken beginnen würde. nur das wär wirklich schlimm.

er ist jetzt schon ziemlich lange tot, aber seine gemeinde hat ihn noch nicht vergessen.

*​

der pfarrer, @ridding, den du uns da zeichnest, ist fantasie. realiter heißt er pater anselm bilgeri, hat seine kutte längst an den nagel gehängt und verdient einen haufen geld als unternehmensberater.

tipp: leg dich nicht mit den religionen eo ipso an - da gibts keine blumentöpfe zu gewinnen. führ lieber eine persöliche fehde - da bestünde eher ein gewisse aussicht auf erfolg, vorausgesetzt allerdings, du bist eine spur flinker, stärker oder gescheiter als dein gegner. und, vor allem: es gibt immer ein ergebnis am ende des spiels. nur mut!

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Hallo ridding,

ich habe ein paar Schönheitskorrekturen. Es sind aber keine Fehler, sondern eher Geschmackssachen. Um es klar zu sagen: der Text ist fehlerfrei.

Die Geschichte vom Pfarrer, der den Glauben verlor

Es war einmal ein Pfarrer, der tat immer treu und brav seinen Dienst in seiner kleinen Provinzgemeinde, hielt des Sonntags den Gottesdienst, taufte die Kinder, vermählte die Paare und sprach das Vaterunser am Grab der Verstorbenen.[strike] Und [/strike]weil er eine mitfühlende Seele war und das ganze Elend, die Armut und das Leid ringsherum sah, so betete er auch immer fleißig für seine Schäfchen. [strike]Doch [/strike]mit der Zeit fiel ihm auf, dass sein Beten nie etwas nützte. Die Kranken wurden nicht gesund, die Armen nicht reicher, die Geizigen nicht weichherziger[red](,)[/red] und die Welt im Großen und Ganzen blieb so ungerecht und unvollkommen wie sie war.[blue] Er begann [/blue]zunächst an der Gnade Gottes zu zweifeln, dann an dessen Allmacht und schließlich kam er zu dem Ergebnis, dass Gott gar nicht existiere. [strike]Und[/strike] als er merkte, dass Gott ihm auch nicht fehlte, gab er schließlich das Grübeln und Zweifeln über dessen Existenz gänzlich auf. [strike]Aber[/strike] da er nichts anderes als seinen Pfarrerberuf gelernt hatte und [strike]er[/strike] auch sehr gerne im Pfarrhaus mit dem schönen Garten wohnte, konnte er sich nicht dazu entschließen, seine Stellung aufzugeben. Also stellte er sich weiterhin sonntags auf die Kanzel und predigte vom Reich Gottes, taufte die Kinder im Namen des Herrn, an den er nicht mehr glaubte, ermahnte die Hochzeitspaare, ein gottgefälliges Leben zu führen und versprach den Hingeschiedenen am Grab ihre Auferstehung. Und da er nicht gestorben ist, macht er das noch heute in seinem kleinen Dorf.
 

ridding

Mitglied
@bluefin
Der von dir beschriebene Typus des ehrenwerten alten Pfarrers ist ja durchaus nicht ausgestorben, es gibt ihn ja heute noch zuhauf, vor allem in der Provinz, aber sicher auch in Großstädten. Das weiß ich durchaus zu respektieren.
Außerdem: Wer bin ich, dass ich mich mit „den Religionen“ anlegen wollte. Da aber die Vertreter der unterschiedlichsten Religionen häufig nicht gerade zimperlich mit Nicht- oder Andersgläubigen oder auch nur kontroversen Meinungen umzugehen pflegen (ganz aktuelles, wenn auch relativ harmloses Beispiel: Meisners Tirade gegen Merkel, die ja nur ein paar Selbstverständlichkeiten formuliert hat), sollte die eine oder andere satirische Spitze in die Gegenrichtung wohl auch bisweilen gestattet sein. Zum von dir angeführten „modernen Gegenmodell“: Das ist nun mal nicht das, was mein armer kleiner Provinzpfarrer sich trotz Internet und 983 Fernsehprogrammen wünscht, er möchte nun mal lieber in seinem Provinzpfarrhaus mit dem hübschen Gärtchen bleiben statt in Talkshows aufzutreten.

@Tigerauge
Was du angeführt hast, sind in der Tat eher Geschmackssachen. Da der Tonfall insgesamt eher der eines Märchens ist, finde ich auch die von dir als „überflüssig“ markierten Konjunktionen bzw. Adverbien passend, da sie den Text klanglich näher an etwas mündlich Erzähltes heranrücken. Nach dem von dir ebenfalls als „zu viel“ angesehenem Komma folgt ein vollständiger Hauptsatz. Nach alter Rechtschreibung ist es also an dieser Stelle verbindlich, nach der neuen optional. Aufgrund des „konservativen“ Duktus des Textes bevorzuge ich die „alte“ Interpunktion.

Gruß, ridding
 
B

bluefin

Gast
den "kleinen, armen" und scheinbar beschränkten provinzpfarrer hat's nie gegeben - ohne ein gewisses maß an bildung wird man kein solcher.

du behauptest in deiner geschichte, der pfarrer handelte gegen seine eigene überzeugung. mag sein, dass es in der tat so einen gibt - in der regel stehen die typen aber ziemlich fest auf dem boden ihres glaubens. wenn sie ihn verlieren, machen sie nicht weiter. ihnen zu unterstellen, sie heuchelten wegen der günstigen wohnung im pfarrhaus, ist ziemlich billig.

tipp: diskutier mal mit einem "dorfpfarrer". da kommst du mit deinen ansichten nicht besonders weit. die sagen dir glatt, dass sie jeden tag aufs neue zweifeln müssen, stecken so manchen meisner oder mixa in die tasche und, vor allem: sie sind ziemlich belesen. die ollen romane von mark twain kennen sie auswendig: huck finn zitieren zu können ist nicht unbedingt ein zeichen der postmoderne. ich glaube, da verwexelst du was.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

ridding

Mitglied
@bluefin
Ich weiß wirklich nicht, wo du bei mir herausliest, dass ich behaupte oder auch nur annehme oder unterstelle, das Zitieren von Mark Twain sei ein Zeichen der Postmoderne.
Ebensowenig empfinde ich die Behauptung als zulässig, ich würde in der Geschichte einen „Regelfall“ behandeln. Wo du allerdings recht hast: Der Zweifel gehört zum Glauben schon beinahe per Definition dazu, denn sonst würde er ja nicht Glauben heißen, sondern Wissen. Und eine Geschichte zu schreiben, in der der Zweifel mal einen etwas anderen Weg geht als den üblichen, ist ja nicht nur legitim, sondern auch durchaus interessant.
Im Übrigen würde ich mal den Tipp wagen, dass ich schon mit mehr Dorfpfarrern diskutiert habe, als du in deinem Leben gesehen hast.
Freundliche Grüße aus der Provinz, ridding
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Ich meinte, dass das Komma bei Dir im Text fehlt(es ist aber nicht so entscheidend).

Im letzten Satz finde ich das „Und da...“ ganz ok. Hier kann man sich in der Pointe etwas gehen lassen. Ansonsten hören sich einige Stellen an, als wenn ein Vorschüler sie geschrieben hat.
Wenn Du nicht poetisch schreiben willst, was hat der Text denn sonst noch zu bieten?
 
B

bluefin

Gast
so, wie sichs liest, ridding, ist dein text die nüchterne darstellung eines sachverhaltes, der als pars pro toto stehen könnte. etwas märchenhaftes oder gar besonderes fällt mir nicht auf.

ich habe dich auf den umstand hingewiesen, dass es zu keiner zeit die sog. "amren dorfpfarrer" gegeben hat. die hatten immer schon wesentlich mehr drauf als die meisten "dörfler". insoweit geht dein text von falschen voraussetzungen aus.

das mit "modern" stammt von dir. lies noch mal nach: der antagonist, von dem ich berichtet hab, ist schon tot.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

atoun

Mitglied
hallo ridding,

ein vorschlag: mach einfach "[blue]Pfarrer L." [/blue]daraus und schon dürfte die diskussion im sande verlaufen sein.

wieder ein sehr guter text übrigens!



hallo tigerauge,
der text hat vor allem metaphorischen inhalt zu bieten und fällt damit in die kategorie: sehr wertvoll.
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Hallo atoun,

wenn Du den Text für sehr wertvoll hälst, solltest Du ridding eine gute Wertung geben.
Ich persönlich enthalte mich von einem Urteil, weil ich den Text stellenweise für nicht so geglückt halte.
Dass der Text inhaltlich nichts zu bieten hat, war sicherlich übertrieben. Einen metaphorischen Inhalt vermag ich jedoch nicht zu erkennen.

Viele Grüß,
und weiter viel Spaß @ all in der LL,
tigerauge
 

ridding

Mitglied
@bluefin
Natürlich hat es den zumindest materiell gesehen „armen Dorfpfarrer“ gegeben, was sich allein daran ablesen lässt, dass er früher häufig Teile seines „Gehalts“ in Form von Naturalien durch die Dorfbewohner bekam, was in armen Gegenden und schlechten Jahren durchaus schon mal dürftig ausfallen konnte.
Sowohl die Einleitungs- als auch der Schlusssatz weisen darauf weisen darauf hin, dass ich mich an eine Märchenform anlehne.
In deiner ersten Anmerkung hast du zwei Antagonisten angeführt, der zweite, Anselm Bilgri, lässt sich a) zeitlich durchaus der Postmoderne zuordnen und ist b) meines Wissens auch nicht tot.
Insgesamt arbeitest du, zumindest bei der Behandlung dieses Textes, weitgehend nach der Methode: Zuerst unterstelle oder projiziere ich mal etwas, was in dem Text überhaupt nicht drinsteht, und dann baue ich meine „Kritik“ darauf auf.
1. Dass die kleine Geschichte nach dem Prinzip „pars pro toto“ vorgeht, ist blanker Unsinn. Ebensogut könnte man „Hänsel und Gretel“ unterstellen, dass dort behauptet wird, alle Holzfäller würden ihre Kinder im Wald aussetzen. (Wenn auch diese Methode früher von armen Menschen sicher häufiger angewandt wurde, als wir uns heute vorstellen mögen.)
2. Dass ich behaupte, dass die „armen Dorfpfarrer“ heute oder früher ungebildet oder gar „dumm“ waren, lässt sich aus dem Text ebenso wenig ableiten, in dieser Geschichte wird bei diesem Pfarrer lediglich ein gehöriges Maß an Opportunismus zugeschrieben. Dass du deshalb meinst, nun eine Lanze für alle „armen Dorfpfarrer“ brechen zu müssen, entspringt offenbar einer romantischen Verklärung dieses Berufsstandes, die sich vermutlich am ehesten aus deiner sozialen Ferne zu diesem erklären lässt. Es gibt unter Dorfpfarrern ebenso wie unter den Angehörigen aller anderen Berufe nun einmal auch Arschlöcher und Opportunisten.

Deine Art der "Kritik", bluefin, ist ja ganz amüsant, wenn man sie erst mal durchschaut hat, wird aber einem Text nicht so richtig gerecht, wie ich finde.

@atoun
Vielen Dank für deine aufmunternden Worte, kann man nach so zähen Ringkämpfen mit bluefin durchaus gebrauchen. „Pfarrer L.“ möchte ich ihn aber nicht nennen, weil dies zum einen wohl kaum gewisse Diskussionen verhindert, und zum anderen möchte ich den Herrn L. beruflich nicht so festlegen, vielleicht gibt es ja später mal noch das eine oder andere über ihn zu berichten.

Gruß, ridding
 

ridding

Mitglied
Die Geschichte vom Pfarrer, der den Glauben verlor

Es war einmal ein Pfarrer, der tat immer treu und brav seinen Dienst in seiner kleinen Provinzgemeinde, hielt des Sonntags den Gottesdienst, taufte die Kinder, vermählte die Paare und sprach das Vaterunser am Grab der Verstorbenen. Und weil er eine mitfühlende Seele war und das ganze Elend, die Armut und das Leid ringsherum sah, so betete er auch immer fleißig für seine Schäfchen. Doch mit der Zeit fiel ihm auf, dass sein Beten nie etwas nützte. Die Kranken wurden nicht gesund, die Armen nicht reicher, die Geizigen nicht weichherziger, und die Welt im Großen und Ganzen blieb so ungerecht und unvollkommen wie sie war. Da begann er zunächst an der Gnade Gottes zu zweifeln, dann an dessen Allmacht und schließlich kam er zu dem Ergebnis, dass Gott gar nicht existiere. Und als er merkte, dass Gott ihm auch nicht fehlte, gab er schließlich das Grübeln und Zweifeln über dessen Existenz gänzlich auf. Aber da er nichts anderes als seinen Pfarrerberuf gelernt hatte und er auch sehr gerne im Pfarrhaus mit dem schönen Garten wohnte, konnte er sich nicht dazu entschließen, seine Stellung aufzugeben. Also stellte er sich weiterhin sonntags auf die Kanzel und predigte vom Reich Gottes, taufte die Kinder im Namen des Herrn, an den er nicht mehr glaubte, ermahnte die Hochzeitspaare, ein gottgefälliges Leben zu führen und versprach den Hingeschiedenen am Grab ihre Auferstehung. Und da er nicht gestorben ist, macht er das noch heute in seinem kleinen Dorf.
 
S

suzah

Gast
die geschichte vom pfarrer

hallo ridding,

bluefin hat bereits sehr richtige anmerkungen gemacht, den kommentaren muss ich nichts hinzufügen.

lg suzah
 

Retep

Mitglied
Hallo ridding,

an deinem Text interessiert mich nicht die Kommaregelung. Ob es ärmere und reichere Pfarrer oder Pater, gebildete und weniger gebildete gegeben hat und gibt, scheint mir hier unwichtig. (Es hat sie natürlich gegeben und gibt sie.)

Ich kann dir nur bestätigen, was du selber auch weißt, dein Text bezieht sich auf "Realitäten".
Und das gilt nicht nur bei den Hochwürden. Wenn du in der Uni arbeitest, reißt du besser die Klappe gegen Kirche und Gott nicht auf. (Wenn du weiter kommen willst!)

Gruß

Retep
 
B

bluefin

Gast
hallo, hallo, @retep: hier geht's definitiv nicht gegen gott, sondern nur um einen "armen" dorfpfarrer x, der um der mietfreiheit und der versorgung willen weiter predigte, obwohl er vom glauben gekommen war.

da, wie uns @ridding nun mitteilt, dieser pfarrer keine regelmäßigen bezüge von seiner diözese bekam, sondern - wie weiland in der urgeminde oder ein tibetischer möch - auf die sach- und lebensmittelspenden der leute angewiesen war, deren seelen er besorgte, wird sein impetus nun einsichtig: um nicht dem hungertod anheimzufallen, seelsorgte er in gottes namen weiter - so wie anselm bilgeri und ein paar hundert andere, zu profanen beratern und therapeuten mutierte ordensbrüder oder geistliche halt auch.

daran ist nichts verwerfliches. leuten das evangelium zu predigen und sie weiter durchs leben zu begleiten, auch wenn man selbst den glauben an gott verloren hat, zeigt vielleicht eher größe statt kleinmut. es wurde hier ja niemand geschädigt - auch die kirche nicht, denn sie bezahlte kein gehalt. und die leute waren's zufrieden.

offensichtlich also doch ein märchen, ein gut endendes?

im übrigen stehen wir hier vor der interessanten frage, ob es denn verwerflich sei, kinder zu taufen, ehen zu schließen, tote zu beerdigen und hilflosen ratschläge zu geben, wenn man selber zum zweifler geworden ist. wie kontrolliert der bischof seine pfarrer? woher weiß das oberhaupt, dass in seinen sprengeln die weihrauchfässchen wirklich nur dann geschwenkt werden, wenn die rechte inbrunst herrscht?

in einer halbwegs vernünftigen gemeinde hat ein pfarrer mindestens ebensoviel anrecht auf zweifel an gott wie ein kind an der zuneigung seiner eltern. das ist so selbstverständlich und sicher wie das amen in der kirche.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
S

suzah

Gast
die geschicte vom pfarrer

hallo ridding,

deine letzte antwort ist zwar an bluefin gerichtet und geht mich so gesehen nichts an.
ich weiß nicht, ob ihr jetzt tatsächlich die gleiche meinung über die geschichte habt, ich verstehe es unterschiedlich. ich bin nicht kirchlich gebunden, denke aber trotzdem, dass dein pfarrer etwas zu einfach gestrickt ist und unverdient ein etwas negatives bild abgibt.
natürlich unterliegen auch pfarrer und pastoren(nordd.) den genannten zweifeln. früher auf spenden angewiesen, heute wegen stelleneinsparungen etc schlecht bezahlt oder zwei zusammengelegte gemeinden sehr arbeitsaufwändig zu betreuen, handeln doch die meisten trotz allem sozusagen im sinne christlicher nächstenliebe und denken nicht nur an sich.

lg suzah
 

ridding

Mitglied
Hallo Suzah,

meine letzte Replik an bluefin hatte eher ironischen Charakter.
Wie ich schon mehrfach betont habe, liegt es mir fern, mit dieser kleinen Geschichte alle Pfarrer in einen Topf zu werfen.
Hätte ich etwas ähnliches über Lehrer geschrieben, bei denen ja ein vergleichbarer Vorgang, nämlich mit großen Idealen in den Beruf zu starten und dann nach wenigen Jahren am "burn-out-Syndrom" zu leiden und dann doch (nicht zuletzt aus materiellen Gründen) weiterzumachen, ja allseit bekannt ist, würde sich wohl niemand drüber aufregen - vielleicht auch deshalb, weil dies tausendfach vorkommt und schon hundertfach beschrieben wurde. Verarbeitet man ein ähnliches Phänomen aber in einer Geschichte über den Pferrer-Beruf, wo es ja auch vorkommt, ist offenbar doch so mancher pikiert.
Warum eigentlich?

Gruß, ridding
 
B

bluefin

Gast
"die lehrer", @ridding, gibt's nicht. auch nicht "die frauen", "die pfarrer", "die schwarzen", "die weißen", "die araber", "die juden" und so weiter und so fort.

wir menschen unterscheiden uns vom vieh u. a. durch unseren individualismus. es wird zwar immer wieder versucht, uns den auszutreiben, aber er wird bestehen bleiben, solange es uns gibt. einrichtungen wie die "lelu" helfen dabei, ihn zu verteidigen.

mach mit!

liebe grüße aus münchen

bluefin
 



 
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