Die Leberkäs-Semmel (gelöscht)

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ofterdingen, was willst Du mit diesem Text sagen? Kapier ich nicht.
Die Stelle
Ich kenne hier in der Nähe ein Lokal, wo wir was Leckeren essen und unsere Angelegenheit besprechen können.“
könntest Du so verbessern:

Ich kenne hier in der Nähe ein Lokal, in dem wir etwas Leckeres essen und unsere Angelegenheit besprechen können.

Ansonsten ratlos, Doc
 
U

USch

Gast
Hallo Ofterdingen,
schöne kleine Szene.

Das ist zwar nett gemeint, mein lieber Wrobel, vielen Dank“, sagte er, „aber ein bisschen stillos. Ich kenne hier in der Nähe ein Lokal, wo wir was [red]Leckeren [/red]essen und unsere Angelegenheit besprechen können.“
Du meinst wahrscheinlich Leckeres oder Leckereres?
LG USch
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo eenemenetekel, Doc und USch,

Danke für eure Kommentare. Hat mich gefreut. Die Stelle mit "Leckeren" statt Leckeres war ein Flüchtigkeitsfehler, den ich bereits korrigiert habe.

"Ofterdingen, was willst Du mit diesem Text sagen? Kapier ich nicht. ... Ansonsten ratlos, Doc"

Tja, was will uns der Dichter damit sagen?

Na gut, ich hole als erstes mal philosophisch weit aus und sage: In dieser unserer modernen Gesellschaft zählt für Viele nur das Äußere, die Verpackung, und nicht der Inhalt. Statt über eine Ware wie eine Leberkäs-Semmel in der Faltschachtel könnte man genauso gut über ein Party-Girl in einer Disco-Auftakelung oder über einen hochgeschätzten absoluten Niemand am Steuer eines Ferrari schreiben.

Zweite mögliche Deutung: Es geht um das große Problem, dass die Deutschen zur Zeit zusammen mit den Engländern die schwergewichtigsten Menschen in Europa sind. Der Junge musste z.B. fassungslos miterleben, wie sein einstmals gut aussehender Vater in wenigen Jahren dank etlicher Leberkäs-Semmeln sich in einen horrormäßigen Fleischberg verwandelt hat. Auch viele seiner Klassenkameraden sind so übergewichtig, dass sie nur noch mit Mühe die nächste Treppe hoch kommen. Er selber will nicht dick werden und wirft deshalb den fetten Leberkäs samt Semmel weg, behält bloß die Faltschachtel.

Eine Variation: Vielleicht gefällt ihm diese Schachtel ja, weil ein Landschaftsbild des berühmten bayerischen Malers Anton Bierbichler daraufgedruckt ist, und so würde die kleine Szene einen Triumph der Ästethik über den schnöden Konsum und das Große Fressen feiern und die Leser dazu ermuntern, das Schöne anderen Dingen vorzuziehen, die bloß dick machen.

Eine weitere Deutung wäre, dass die Geschichte zeigen will, wie unberechenbar die heutigen Jugendlichen sind. Da gibt man ihnen was Gutes, und was tun sie? Schmeißen es einfach weg. Wer mehr darüber wissen will, schlage einfach mal bei Freud nach. Dort wird er eine Menge zielführende Hinweise finden.

Vielleicht möchte ja der Text schlicht darauf hinweisen, dass der Jugendliche wie viele andere seines Alters stinkfaul und gewissenlos ist und das Brot einfach in die Gosse wirft statt es ins nahe Pfarrhaus zu tragen, wo zur Zeit Lebensmittel für Obdachlose gesammelt werden.

Die vorerst letzte Erklärung: Dir begegnet tatsächlich so ein Jugendlicher und du bist über seine Aktion so von den Socken, dass du beschließt, das unbedingt aufzuschreiben, auch, um zu sehen, was andere dazu meinen und wie sie die Sache beurteilen und deuten.

Man mag mir vorwerfen, dass ich alle möglichen hilfreichen Handreichungen nicht gegeben habe, aber ich denke, damit kann der kleine Text leben. Er will aus sich selbst wirken, in seiner Kürze verblüffen, die Phantasie anregen, ohne dem Leser irgendetwas einzubläuen oder vorzukauen.
 

Ofterdingen

Mitglied
Also gut: Für alle, denen die bisherige Geschichte zu offen und erklärungsbedürftig erschien, hier eine neue Version:


DIE FALTSCHACHTEL

Als Wrobel im Biergarten ankam, war der sehr voll. Nur an einem Tisch schien es noch einen Platz zu geben. Er fragte: „Ist hier noch frei?“ und man antwortete ihm: „Ja, aber du musst uns eine gute Geschichte erzählen. Wenn sie uns nicht gefällt, bist du ganz schnell wieder weg.“ Der das sagte, zwinkerte den anderen zu und Wrobel ahnte, dass sie ihn wahrscheinlich nicht nur wegjagen, sondern ihm außerdem einen üblen Streich spielen würden. Er ließ sich jedoch nicht abschrecken, setzte sich und begann:

„Gestern Abend um 7 war ich mit Pfeufer verabredet, in seinem Büro. Pfeufer, dachte ich, ist ein vielbeschäftigter Mensch, einer, der vermutlich nie eine Pause macht und deswegen jetzt bestimmt hungrig ist. Ich kaufte für ihn eine Semmel mit warmem Leberkäs, die man mir in einer bunt bedruckten Faltschachtel aus dünner Pappe mitgab.

`Das ist ja wirklich nett gemeint, mein lieber Wrobel, vielen Dank´, sagte Pfeufer, `aber ein bisschen stillos. Ich kenne hier in der Nähe ein gutes griechisches Lokal. Gehen wir! Da können wir was Leckeres essen und unsere Angelegenheit in Ruhe besprechen.“

Als wir das Haus verließen, regnete es. Ich spannte meinen Schirm auf und da sah ich einen Jungen, der auf mich zukam.

`Hey, warte mal!´ sagte ich und hielt ihm mein Päckchen hin. Er stutzte, dann griff er danach, klappte den Deckel hoch und nahm die Leberkäs-Semmel heraus. Er roch noch nicht einmal daran, sondern warf sie gleich in eine Pfütze, faltete die Schachtel sorgfältig zusammen, steckte sie in seine Jackentasche und wandte sich zum Gehen.

`He, hallo!´ rief ich.

`Keine Zeit!´ sagte er, und das konnte sich auf mich beziehen oder auf alles mögliche Andere in dieser Welt.“

„War´s das schon?“ fragte ein Grobgesichtiger mit einer zinnoberroten großporigen Nase.

„So schlecht war die Geschichte nicht“, meinte ein etwa Fünfzigjähriger, der eine Lodenjacke trug. „Sie sagt mir was. Ist doch typisch für unsere Welt, wo bloß das Äußere zählt, die Verpackung. Wrobel hätte genauso gut von einem Partygirl erzählen können, das sich discomäßig auftakelt oder von einem Deppen, vor dem alle buckeln, nur weil er in einem Ferrari daherkommt.“

„Na ja, das ist ein bisschen weit hergeholt“, meinte eine Dame in mittlerem Alter, die unter dem Kinn etwas füllig war. „Könnte sein, dass ich den Jungen kenne. War das in der Konradinstraße und hat der dunkle Haare und ein Muttermal neben dem linken Ohr?“

„Stimmt alles“, antwortete Wrobel. „Ja, neben dem linken Ohr. Sieht aus wie eine kleine Erdbeere.“

„Dann ist er das. Noch vor ein paar Jahren war sein Vater ein schöner Mann, dann hat sich der Bub mit ansehen müssen, wie der Papa fett und hässlich geworden ist wegen den vielen Leberkäs-Semmeln, die er gegessen hat, und der Bub hat sich halt gesagt: Sowas passiert mir nicht. Keine Leberkäs-Semmeln mehr!“

„Wahrscheinlich hat er sich auch umgeschaut in seiner Klasse“, meinte ein sich wichtig gebender Herr hinter seiner dicken Brille. „Wenn ich mir die jungen Leute in meiner Nachbarschaft anschaue: Die sind oft so dick, dass sie kaum mehr die Treppe raufkommen.“

„Nicht nur die Jungen“, meinte ein Herr mit Schnauzbart. „Ich habe in der Zeitung gelesen, dass wir Deutschen, also alle, Alte und Junge, die dicksten Menschen von Europa sind, zusammen mit den Engländern.“

„Das mag alles sein“, meinte eine schlanke ältere Dame mit einem noch immer sehr schönen Gesicht, „aber ich glaube, für den Bub ging es nicht bloß um das Dickwerden. Warum hat er denn die Schachtel mit? Na? Ich weiß, dass auf vielen solchen Schachteln Bilder von Xaver Bierbichler drauf gedruckt sind, dem berühmten Landschaftsmaler. Also behaupte ich mal einfach, dass ihm das Bild gefallen hat, dass es hier um Ästhetik gegen Konsumgeilheit ging und dass der Bub auch uns etwas zu sagen hat: Dass uns das Schöne mehr wert sein muss als die Fressgier.“

„Ihre Meinung in allen Ehren, Frau Liebhart“, warf ein Herr mit grauen Haaren und einem rot-weiß karierten Hemd ein, „aber wenn das in der Konradinstraße war, dann zeigt uns die Geschichte, wie stinkfaul und gewissenlos die heutigen Jugendlichen sind, denn nur ein paar Schritte entfernt ist das Pfarrhaus, und da sammeln sie Essen für Obdachlose, und der Saukerl schmeißt einfach das Brot weg.“

Plötzlich zuckte Wrobel zusammen, weil er spürte, wie ihm mehrere Nachbarn auf den Rücken schlugen. Er machte sich auf alles mögliche Unangenehme gefasst, doch dann sagte einer: „Wrobel, kannst sitzen bleiben, deine Geschichte passt und wir schütten dir auch kein Bier den Nacken runter, verstanden?“
 

Val Sidal

Mitglied
Ofterdingen,

gut gemacht, das mit dem leserwünsche erfüllen, echt -- aber, die zweite variante finde ich lehrreich, wenn man ein unterscheidungsmerkmal von texten veranschaulichen möchte, nämlich den unterschied zwischen einem "inspirierten" und einem "gut gemachten" text.

wie gesagt: gut gemacht.
 

Lars Neumann

Mitglied
Nicht schlecht, deine Geschichte, nur ein bisserl aufgeblasen, fast voluminös. Wirklich schade ist nur, dass nicht die Leberkässemmel wichtig ist, sondern wer seinen Senf dazu gibt.
 

Ofterdingen

Mitglied
Lieber Dominik Klama,

Realistische Darstellung ist etwas Schönes, doch ich finde, man braucht sie nicht zu übertreiben. Nicht alles, was einer schreibt, muss unbedingt Punkt für Punkt mit der Oberfläche der Welt oder irgendwelcher Aktenlage übereinstimmen. Natürlich habe ich den "Bierbichler" frei erfunden, aus Lust am witzigen Kontrast zwischen dem "berühmten Landschaftsmaler" und dem Namen, der eher an einen Herrgottschnitzer oder Postkartenmaler denken lässt. Übrigens nannte ich ihn zuerst nicht - wie du behauptest - Alois, sondern Anton, und diesen Namen verwarf ich dann, weil er doch zu blöd klang, nämlich nach einem Tiroler Dorfdeppen, und so ersetzte ich ihn durch "Xaver", was sich bodenständig bayerisch anhört.


Hallo Lars Neumann,

Danke für die Rückmeldung und das verhaltene Lob. Da wir schon bei Namen sind: Wenn du, ein Lars Neumann, "ein bisserl" schreibst, hört sich das für mich so an, als würde ein Norddeutscher seine Kutterscholle mit Weißwurstsenf servieren.


Grüße aus München,

Ofterdingen
 

Lars Neumann

Mitglied
Kutterscholle

Hallo Ofterdingen!
Wie ein Name doch täuschen kann. *I hob gmoant, s' war auf da Leselupn ned grad guad gschead Boarisch zum schreibm. Nachad vastead des koana. Fois des ned a so o'kumma is, wias gmoand war, duad ma des sakrisch leid :)


Schöne Grüße aus der Hallertau,

Lars Neumann


*
Ich meinte, es wäre auf der Leselupe nicht gerade gut Bayerisch zu schreiben. Dann würde es keiner verstehen. Falls das nicht so angekommen ist, wie es gemeint war, tut mir das unheimlich leid.
 

HelenaSofie

Mitglied
Hallo Ofterdingen,

mir gefällt die Geschichte, vor allem die zweite Version.
Ich könnte sie mir auch in Humor und Satire vorstellen. Die Leberkäs-Semmel als Überschrift finde ich interessanter als Faltschachtel.

Liebe Grüße
HelenaSofie
 
K

Kara

Gast
Die Leberkäs-Semmel

Ja, er kann sitzen bleiben, der Wrobel - ich spendiere ihm ein
Bier! frdl. Güße
Kara
 
D

Dominik Klama

Gast
Nebenbei, Ofterdingen:
"Kutterschaufel" ist eines dieser Wörter, an denen man den Schwaben erkennt, nicht den Münchner.
 

Ofterdingen

Mitglied
Und überhaupt, Dominik Klama,

wäre es vielleicht allmählich an der Zeit, zum Optiker zu gehen und dir eine brauchbare Brille anmessen zu lassen. Du liest "Alois", wo "Anton" steht, und "Kutterschaufel" statt "Kutterscholle". Ich will nicht behaupten, dass da ein wirklich großer Unterschied besteht, denn beide sind flach, doch kann man die Scholle essen und die Schaufel nicht. So ein bisschen könnte man schon auf solche Feinheiten achten, meinst du nicht?
 

Ofterdingen

Mitglied
Ach, und noch etwas, Dominik Klama,

nicht einmal das Wort "Kutter" ist ein und dasselbe: Im einen Fall kommt es vom englischen "cut" und bezeichnet ein Fischereifahrzeug, das sich seinen Weg durch die Wellen `schneidet´ und so z.B. frisch gefangene Schollen zum Kunden bringt, und das andere "Kutter" ist ein oberdeutsches Dialektwort, das `Kehricht´ bedeutet, d.h. das, was man entfernt, wenn man den Boden fegt.

Gut, wenn man das weiß, sonst denkt man womöglich, die Kutterschaufel sei ein Bordwerkzeug, mit dem Fischer ihren Fang in Kisten werfen, und die Kutterscholle sei ein Plattfisch, der auf dem Küchenboden in den Dreck gefallen ist. Also, kauf dir endlich eine neue Brille, dann ersparst du dir meine schnöselige Besserwisserei.
 
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