Die Märchen erzählt

5,00 Stern(e) 1 Stimme

Walther

Mitglied
Die Märchen erzählt


Es spinnen sich Geschichten,
Sagenhafte,
Wie feine Fäden durch die Atemluft
Umgarnen Rosen,

Und falterbesetzen Flieder,
Verbinden den Buchsbaum
Mit schlingendem Blauregen
Sogar Tomaten

Hängen in den feinen Saiten
In denen
Ein Windspiel säuselt
Vom verklingenden Sommer

Elfengleich tanzen sie
Auf den Spitzen
Des duftenden Strauchs,
Und Augen, staunend,

Erblicken alles und
Sehen nichts.
Überwältigendes und
Und Unglaubliches

Will sich dartun,
Ein Märchen erzählen
Von der unberührten,
Unverführbaren

Natur der Dinge,
Vom Wesenhaften des Seienden,
Dem offensichtlichen Traum,
Als schon eine Wolke die Sonne durchzieht.
 

La Noche

Mitglied
Hallo Walther,

Das gefällt mir außerordentlich gut. Diese magische Atmosphäre eines zeitlosen Sommers mit seinen Geheimnissen, Wesen, Geschichten ... Verträumt und faszinierend zugleich.

LG,
La Noche
 

Walther

Mitglied
Hallo La Noche,
danke für Deinen lobenden Eintrag.
Wobei das Schöne nur Augenblicke schimmert - bis die Wolke die Sonne durchzieht. :)
Liebe Grüße W.
 

nisavi

Mitglied
hallo walther,

um ehrlich zu sein: zunächst wars mir zu viel. zu viel elfen, blüten,rosen flieder und gesäusel.

ich brauchte eine weile, um mich einzulassen auf das bild.
wenn man deinen text aber dann mit flüsterstimme spricht, hat er einen sehr eigenen zauber.

"unglaubliches will sich dartun" - mein lieblingsvers. ("dartun" habe ich noch nie gehört oder gelesen.)

lg
n
 

Walther

Mitglied
Hallo nisavi,

danke für Deinen Eintrag.

Ja, in der Tat, man könnte an den Elfen verzweifeln. Aber ist es das, wovon der Text erzählt?

Zuerst einmal ist es eine Naturerfahrung, ähnlich auch das Sonett "Ein blauer Tag" http://www.leselupe.de/lw/titel-Ein blauer Tag-83676.htm, das so recht keinen Anklang finden will (oder doch, jedenfalls ist es starker Tobak). Aus der Naturerfahrung kommt die Reflektion, sozusagen das Bild- und Reizgewitter in den Hirnzellen, und schon:
... Überwältigendes und
Und Unglaubliches

Will sich dartun,...
Das ist es: Die Natur überwältigt, und wer einmal am früheren Morgen durch einen verwunschen Rosengarten geht, durch ein liebevoll vernachlässigstes Pflanzenchaos, der spürt die Spinnenfäden, und er sieht natürlich die Falter (Elfenbilder) auf den Spitzen der (Fliederblüten). Ich habe ein solches Wunderwerk aus menschlichem Gestaltungswillen und Wildwuchs, wie es nur eine wunderbare Frau, die total von ihren Lebenspflichten eingesogen und eigentlich überfordert ist, zu Wege bringt. Er erkennt die wunderbare Vernetzung, das Verwobensein, er kann die Klänge aus dem Äther vergangener Zeit und anderer Wirklichkeiten hören.

Was heißt: Wo ist dann das, was wir draus machen, aus diesem Überfluß an Schönheit und Glück? Im nächsten Wolkenschatten werden wir es, und ein wenig von unserer Welt, ermessen. Vielleicht. Vielleicht aber sehen wir auch nur den Schatten, der sich über das Schöne wirft, und vielleicht sind wir es sogar, der Schatten, der sich hier wirft.

Lieber Gruß W.
 



 
Oben Unten