Die Mathematiker

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Wünstler

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Die Mathematiker

Ich muss es Ihnen berichten. Ich kann nicht anders. Ich habe etwas entdeckt. Etwas ...
Sie werden mir sicherlich nicht glauben, aber ich kann es beweisen. Natürlich denke ich manchmal auch, dass ich fantasiere, aber wenn ich die Einzelheiten addiere, komme ich zu dem einzig logischen Schluss.

Es fing schon in der Schulzeit an. Mit Mathe hatte ich wie Millionen anderer Schüler meine Schwierigkeiten. Jetzt werden Sie sagen, nur deswegen behaupte ich so was.
Aber hatten Sie nicht auch das Gefühl, dass man das Thema doch hätte leichter lehren können und vielleicht dann auch lernen.

Als Beispiele füge ich nur an, dass kaum strukturiert unterrichtet wurde. Der Satz des Pythagoras als Spezialfall des Kosinussatzes hätte erwähnt werden müssen. Die Ableitung der Kreisfläche und des Kugelvolumens nach dem Radius ergeben den Kreisumfang und die Kugeloberfläche. Das hätte ich doch irgendwann hören müssen. (Gilt auch beim Torus!) Und um noch ein letztes Beispiel von grundsätzlich verfehltem Lehrstoff zu bringen: Die Geradengleichung und der Dreisatz sind doch ein und dasselbe. In diesem Zusammenhang steckt natürlich auch die Prozentrechnung. Der Strahlensatz? Der doch auch!

Mathematik ist doch eine reine Hilfswissenschaft.
Das hatte schon Alfred Nobel erkannt. Für Mathematik gibt es keinen Nobelpreis. Um ihn dafür zu diskreditieren, behaupten doch einige (Ich vermute: Mathematiker), seine Frau hätte was mit einem Mathematiker gehabt. Welch abwegiger Gedanke. Einen Mathematiker als Liebhaber! Das klingt doch einfach unglaublich.

Mathematiker gehen aber noch weiter. Und sie sind gerissen. Um Ihre „Wissenschaft“ zu erhöhen, benutzen sie die Legendenbildung, dass die großen Mathematiker schon in frühester Jugend genial waren. So wird von Gauß erzählt, dass er als Schüler die Zahlen von 1 bis 100 addieren sollte und dabei seine berühmte Summenformel entdeckte.
Mit Kästchen in Reihen, die man diagonal aneinander legt, sieht man ohne Probleme, dass sich ein halbes Quadrat und eine Zickzacklinie füllt. (Dazu benötigt man nur 3 Kästchen.) So kann jeder dumme Schüler sofort die berühmte Summenformel entdecken. Und wahrscheinlich noch weitere. (z. B.: 1+3=4)
Von Gauß wird dann sogar noch berichtet, dass er Aufzeichnungen hinterlassen hat, die die Mathematik von heute revolutionieren würden. Seine Notizen seien aber leider verschwunden.

Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch die vielfach behauptete Meinung sehen, dass mathematische und musikalische Fähigkeiten meist zusammen gehören.
Irgendwie sollen wir armen Geister wohl diese mathematischen Genies nur bewundern. Gauß & Co in einem Atemzug mit Mozart und Beethoven.

Auch unsere politische Führungselite wird vorgeführt.
Einem unserer hessischen Minister wurde von diesem Gießener Mathematikprofessor, der mit seinen Exponaten des Mathematikums durch die Lande zieht (Mathematik gehört nicht ins Museum!) bei einer Ausstellungseröffnung im Rheingau die Frage gestellt, wie der Satz des Pythagoras lautet. Leider konnte unser vielbeschäftigter Minister diese Frage nicht spontan beantworten, was eine schlechte Presse zur Folge hatte.

Nach diesen vielen Beispielen (Und wenn ich genauer recherchieren würde, werde ich bestimmt noch mehr finden.) werden Sie mir sicher nun auch zustimmen.

Es muss sich um eine Verschwörung handeln, die Verschwörung der Mathematiker.
 
Hier stimme ich unbedingt zu:

Aber hatten Sie nicht auch das Gefühl, dass man das Thema doch hätte leichter lehren können und vielleicht dann auch lernen.
Hier, hingegen, widerspreche ich:
Mathematik ist reine Hilfswissenschaft.

Man kann das so sehen.Ja, in der Astrophysik ist sie Hilfswissenschaft, in der Buchführung auch, aber sie ist auch Kunst an sich, nur natürlich nicht in der Schule.

Ach so, Die Versicherungsmathematiker sind übrigens sehr nett. Klar, es geht nur um Statistik. Dennoch.
Geht ja auch in der Quantenphysik nur um Statistik.



Meine "neun" muss ich erst durch niedrigere Bewertungen, was ich nicht tun werde.

Die 9 ist! eine 9 ganz egal, was die leselupische Arithmetik daraus macht.


cheers
serge
 
Der Tag der Abrechnung - einfühlsam und klug inszeniert.

Hier kommt ein Karton:
Ich muss es Ihnen berichten. Ich kann nicht anders. Ich habe etwas entdeckt. Etwas ...
Wir sitzen alle in einem Boot, nämlich in diesem:
Mit Mathe hatte ich wie Millionen anderer Schüler meine Schwierigkeiten. Jetzt werden Sie sagen, nur deswegen behaupte ich so was. Aber hatten Sie nicht auch das Gefühl, dass man das Thema doch hätte leichter lehren können und vielleicht dann auch lernen.
q.e.d.
Mathematik ist doch eine reine Hilfswissenschaft. Das hatte schon Alfred Nobel erkannt. Für Mathematik gibt es keinen Nobelpreis
Sell.sell.sell. Die wollen auch nur verkaufen.
sie sind gerissen. Um Ihre „Wissenschaft“ zu erhöhen, benutzen sie die Legendenbildung
Boing!
Mathematik gehört nicht ins Museum
werden Sie mir sicher nun auch zustimmen.
Wünstler for president.

Liebe Grüße. Rhondaly.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
In der Tat, ich kann Dir nur zustimmen. Der Text wäre als Satire vollkommend überzeugend, wenn er nur aus Zahlen bestünde. Nun, das geht nicht.
Mein Verhältnis zur Mathematik ist entspannt. Es reichen die vier Grundrechenarten, um durch's tägliche Leben zu kommen und das Wissen, wie viele Zentimeter ein Dezimeter hat, um einem Schulkind zu helfen.
;-)
LG Doc
 
U

USch

Gast
Hallo Wünstler,
hat mir gut gefallen. Ein kluger Text. Nun weiß ich endlich, was schief gelaufen ist im Gymnasium. Habe dort nie begriffen, wozu Mathe praktisch gut sein soll, obwohl es eines meiner besten Fächer war. Erst später als Ingenieur und Betriebswirt sah ich das - Mathematik als sinnvolle Hilfswissenschaft für praktische Lösungen.
Doch die Banker haben´s mit ihren Modellen überzogen und die Finanzkrise befeuert - mit ihren Wahrscheinlichkeitsrechnungen der ominösen Anlagepapiere, die sie kreiert haben.
LG USch
 

Wünstler

Mitglied
Liebe Leser,

ich glaube, ich habe da zu viele Vorurteile bedient,
hatte den Text aber auch in Humor und Satire eingeordnet.

Meiner Meinung nach ist Mathematik sehr wichtig und könnte, wenn weniger abstrakt, verständlicher gelehrt werden. Dann würde vielleicht auch der Begriff der höheren Mathematik nicht mehr gebraucht werden müssen.

Man könnte sicherlich mehr, schneller und besser Mathe lehren.

Euer Wünstler
 



 
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