Die Reise

Raniero

Textablader
Reise

Unterwegs mit dem Intercity, freitags nachmittags, in ein langes Wochenende, in die schöne Schweiz. Den Rhein entlang, eine der schönsten Streckenführungen auf der Schiene, wie es von den Besuchern dieser Region immer wieder gern erwähnt wird.
Weiter durchs schwäbische Ländle bis in die leichten sanften Ansteigungen des Schwarzwaldes.
Ich betrete in diesem Augenblick den gepflegten Speisewagen, neudeutsch Zugrestaurant; mangels anderer Sitzgelegenheit finde ich Platz an einem leeren Vierertisch.
Nachdem ich die Bestellung für Speise und Trank an den freundlichen Kellner weitergegeben habe, betreten drei Männer mittleren Alters suchend, mehr oder weniger geräuschvoll, den Speisewagen.
Sie fragen mich höflich und munter, ob die drei Plätze am Tisch frei seien.
Ich bejahe, die drei nehmen vergnügt Platz; offensichtlich Montagearbeiter, die sich auf das freie Wochenende freuen.
Beim zwangsläufigen näheren Hinhören bleibt nicht verborgen, dass die drei Männer drei verschiedenen Nationen angehören.
Österreich ist vertreten durch einen laut fröhlichen, etwas rundlichen Zeitgenossen mit jovialem Tonfall, die Schweiz, unverkennbar durch den Gruezi-Dialekt des hageren Mannes mir vis-a-vis. Die Landeszugehörigkeit des dritten Tischgenossen stellt sich, obwohl er bis jetzt kaum gesprochen hat, hingegen durch das laut polternde Ansprechen des Österreichers - „Na, Luigi, wie ham mers?“ - als italienisch heraus. Auch hebt er sich vom Aussehen her durch seine tiefschwarzen Haare und den durchgebräunten Teint von den beiden anderen ab; offensichtlich Meridionale.
Wir nähern uns der Grenze zur Schweiz.
Beim letzen Aufenthalt des Zuges vor der Schweizer Grenze steigen auch die unvermeidlichen Grenzkontrolleure zu und beginnen unverzüglich mit ihrer Arbeit. An unserem Tisch angekommen, mustern uns die Grenzkontrolleure kurz, sie winken ab, als wir unsere Dokumente vorweisen wollen, nur Luigi, der Italiener muss volle Einsicht in seinen Reisepass gewähren.
Ich möchte protestieren, lautstark, jedoch ich protestiere nicht; ich möchte ja problemlos in die schöne Schweiz einreisen.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
ja,

was soll man dazu sagen? nachbarn halt. auf die muss man aufpassen, die wissen immer fast so viel, wie wir selber . . .
hätteste auch bei humor und satire einstellen können.
lg
 

Raniero

Textablader
Tja, als bittere Realsatire.
Diese Begebenheit ist schon einige Jährchen her, doch sie steht mir noch genau vor'm Auge.
Ähnliches, nur eine Tonart tiefer noch, habe ich ebenfalls an der Schweizer Grenze erlebt.
Bei Gelegenheit werde ich mal darüber berichten.


Gruß Raniero
 



 
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