Die Schlafwandler

Die Schlafwandler


Die Tochter meiner Freundin kommt zu Besuch
und bringt ihre Clique mit,
5 Mann hoch, Durchschnittsalter 15.
Sie verbreiten eine Wolke aus Lärm,
Albernheit und Ausländerhass,
120 dezibel.
Sie wirken wie Ziegen,
die nach allen Seiten treten,
um dem Schlachtermesser zu entgehen.
Sie rücken eng zusammen.
Ihr Bund macht ihnen Mut.
Sie wollen nicht glauben,
dass er je zerbricht,
aber die Angst
steht ihnen ins Gesicht geschrieben.
Noch wollen sie nicht wissen,
was sie fühlen, und ihre Ansichten
haben sie von den falschen Leuten geklaut.
Ich weiß nicht, was schlimmer ist:
Eines Tages aufzuwachen,
und die eigene Lebenslüge zu erkennen,
oder nie Illusionen gehabt zu haben.
Also sitz ich rum und höre zu.
Daniel erzählt von seinen Zukunftsplänen.
Er will zur höheren Handelsschule
und dann den Fahrradhandel seines Vaters übernehmen.
"Ist doch ganz gut!" sagt er,
aber an seinem verlegenen Lächeln
erkenne ich, dass es nicht stimmt.
Er weiß, dass ihn sein Schicksal festhält,
wie die Spange seine Zähne,
und je mehr er lacht,
desto besser sieht man sie.
Irgendwann wird es mir zu laut.
Ich gehe nach oben
und schalte den Fernseher ein.
Bruce Willis radiert eine Kleinstadt aus,
ballert beidhändig auf alles,
was sich bewegt.
Auch ein Fluchtversuch.
 



 
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