Die Sensation

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Patrick

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Lange bevor es in den Regalen stand, machte es die Runde in zahlreichen Fachzeitschriften. Kurz danach waren die Illustrierten sämtlicher Zielgruppen voll davon. Und auf die Boulevardpresse folgten die überregionalen und die regionalen Blätter, die nicht weniger als eine handvoll Berichte darüber abdruckten.

"Die Sensation" titelte eines der vielen Blätter. Und es war schon die zehnte oder hunderte, so schien es mir, die in den folgenden Spalten mit Worten wie Revolution, Errungenschaft oder zukunftsweisend nicht gerade bescheiden beschrieben wurde. Ich hätte dem Bericht in dieser Ausgabe sicher keine Beachtung geschenkt, doch die Bedeutungslosigkeit eines Artikels aus dem Lokalteil langweilte mich dermaßen, dass ich mich geradezu hingerissen fühlte zu einer Sensationsmeldung.

Doch dieser Artikel war auf den ersten Blick nicht bedeutender. Er las sich wie der Abdruck einer Marketingabteilung. Ich suchte gleich zwei Mal nach dem Wort "ANZEIGE", das üblicherweise über solchen Artikeln steht. Rechts unten dokumentierte ein Bild die Sensation. Eine gut gebräunte Herrenhand mit akkurat geschnittenen Fingernägeln präsentierte sie. Und sie präsentierte ihrerseits auf ihrem kleinen Bildschirm eine Naturszene: Ein alter Baum in unberührter Landschaft. Tautropfen. Nebelschwaden. Sonnenstrahlen. Die kleineren Symbole darüber und darunter nahm ich nur schemenhaft wahr.

Ich wurde unruhig.

Unbeachtet ließ ich die letzten Zeilen liegen und verließ meinen Platz am Tisch.

Ich öffne die Fenster, atme tief ein. Mich lockt es nach draußen. Ich enteile dem Wochenendverkehr, den hupenden Autofahrern, den bummelnden Scharen, den Warteschlangen. Ich höre jemanden laut über die Hitze klagen, ein zweiter stimmt wehleidig und ein wenig leiser ein. Ich enteile der Hitze. Ich enteile dem Trubel.

Ich gehe in den Wald. Gehe ruhiger und langsamer. Ich lausche den Vögeln und dem Wind. Ich rieche den Duft der Bäume.

Sensationell.
 



 
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