Die Stunde des Herrn?

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Es war einmal vor etwa 2000 Jahren, da lebte ein Mann,
der den Gläubigen Nächstenliebe und Vernunft lehren
wollte. Er meinte, man solle nur rufen, und die Menschen
würden kommen und sich dem Gottesreich anschließen.
Freiwillig.
Irgendwie hatte das jemand falsch verstanden und tötete
für jenen Mann mehrere Tausend Andersgläubige. Aber gut,
kann ja mal passieren. Inzwischen hat sich in den Köpfen
so mancher Theologen sowieso ein anderes Gottesbild eingeprägt.

Das merkt man auch im Religionsunterricht:

Der Lehrer betritt selbstbewusst die Klasse. Sein Grinsen
drückt tiefe Freundlichkeit und Verständnis aus, während seine wohlausgesuchten Kleidungsstücke einen guten Geschmack
vermitteln wollen.

"In der heutigen Stunde wollen wir das Thema der Gottesfrage behandeln. Zunächst einmal: Was versprecht ihr euch von Gott?"
Aus dem Wirrwar an Gerede in der Klasse waren Dinge wie "Geld", "Pool" und "Fortsetzung zu Braindead" zu hören.
Der Lehrer wirkte unzufrieden.
"Nein, ich meine, wenn ihr zu Gott betet, was erwartet ihr dann von ihm?"
"Geld", "Pool", "Fortsetzung zu Braindead."
"ES REICHT!"
Die Klasse verstummte.
"Aber,..."
"RUHE! Das sind natürlich völlig unrealistische Vorstellungen."
"Was, Sie meinen Peter Jackson wird keinen Nachfolger zu
Braindead drehen?"
"NEIN, VERFLUCHT! Oh, Herr, bitte vergieb mir!
"Ja klar, kein Problem."
"Was ist kein Problem, Michael?"
"Ich vergebe Ihnen."
"Aber du bist nicht Gott."
"Achso."
"Ja."
"Ok."
"Also, um meine Frage zu beantworten..."
"Herr Schmidt?"
"Ja?"
"Warum beantworten Sie ihre eigene Frage?"
"WEIL IHR OFFENBAR NUR UNSINN IM KOPF HABT!"
"Achso, ok."
"Gut. Wir erwarten von ihm die Erlösung im Gottesreich."
"Nein."
"Was nein, Michael?"
"Ich will keine Erlösung im Gottesreich."
"Wieso nicht?"
"Weil ich eine Fortsetzung zu..."
"HALT DEINEN MUND!
Also, wenn wir sterben und wenn wir gute Christen waren,
dann kommen wir in den Himmel, so wie Jesus es gesagt hat.
Und was ist der Himmel, Michael?"
"Da wohnt Gott."
"Sehr gut. So ist es."
In der Klasse machte sich Gekicher bemerkbar. Herr Schmidt wirkte ein wenig verunsichert.
"Herr Schmidt?"
"Ja, Michael?"
"Und wo ist der Himmel?"
"Na, da oben. Aber wir können ihn natürlich nicht sehen."
"Nein, natürlich nicht..."
Das Gekicher kehrte zurück.
"Herr Schmidt, und was macht Gott da oben? Sitzt der oder steht der irgendwo drauf?"
"Na, was weiß ich. Der sitzt."
"Wo sitzt er?"
"Auf einem Stuhl. Wo sonst?"
"Ist der Stuhl von Ikea?"
"DU MACHST DICH WOHL ÜBER MICH LUSTIG?"
Das Gekicher übergab das Staffelholz an regelrechtes Gelächter.
"Herr Schmidt?"
"Was?"
"Sind Sie da sicher?"
"Womit?"
"Dass Gott mit schwedischen Bedienungsanleitungen zurecht kommt?"
Jetzt besuchte eine rote Färbung die wütenden Wangen
des Lehrers.
"Was fällt dir eigentlich ein? Zehn Seiten, wenn du noch einmal die Allmacht des Herrn ein Frage stellst! Also, zurück zum Thema: Was kriegen
wir noch von Gott?"
"Einen Stuhl?"
"Wieso einen Stuhl?"
"Achso, ich dachte nur, er hätte vielleicht gleich eine
Sammelbestellung gemacht."
Die Schüler konnten sich vor Lachen nicht mehr halten.
"Nein, zurück zum Thema: Du kannst ihm auch deine Sorgen erzählen."
"Ich kann alle meine Sorgen auch meiner Freundin erzählen."
"Die wird dir aber keinen Trost spenden."
"Echt? Und Gott wird mir Trost spenden?"
"Ja."
"Inwiefern?"
"Er erhört dein Gebet."
"Und?
"Und dann spendet er dir Trost."
"Na, dann.
"Herr Schmidt, wenn Gott so nett ist, warum sterben dann so
viele Menschen in Kriegen und an Morden?"
"Weil sie sich von Gott abgewandt haben."
"Und was ist mit Juden und Muslimen?"
"Na, die haben sich auch von Gott abgewandt."
"Meine Freundin ist Jüdin. Muss sie jetzt sterben?"
"Ich befürchte schon."
"Herr Schmidt?"
"Ja?"
"Sie sind ein Vollidiot!"
"So das reicht! Du schreibst 10 Seiten darüber, warum du
hier in meinem Unterricht bist und ich glaube, ich muss
mal mit deinen Eltern reden!"
"Wie gut, dass unser Schicksal nicht von Göttern
abhängt, die sowas wie Sie in die Welt setzen!"

Michael verließ den Klassenraum und beschwerte sich beim
Direktor. Dieser setzte noch 10 Seiten drauf. Mit einem
letzten Blick auf das Kreuz im Rektorbüro, entschied er
sich, einen riesigen rosa Schwamm anzubeten, der die
bösen Seelen einsaugt und auf dem die guten Seelen in
Frieden leben dürfen.

Darauf erreichte eine mysteriöse Stimme das Ohr von Dieter Schmidt:
"Dieter?"
"Oh, du bist mir endlich wieder erschienen. Ja, was möchtest du wissen, mein Herr?"
"Meinst du die Sammelbestellung der Stühle von Ikea war ein Fehler?"
 

Inu

Mitglied
Hallo seltsamer Attraktor

An den Pointen musst Du aber noch gewaltig arbeiten... so is das nix. Es soll doch eine Satire werden!

Als große Pluspunkte halte ich Dir die fast perfekte Beherrschung der deutschen Rechtschreibregeln und Dein jugendliches Alter ( + daraus resultierender Freude am wilden Fabulieren ) zugute. Ich schätze Dich auf dreizehn, vierzehn. Also ran ans Überarbeiten und denk bei jedem Satz, den Du schreibst: "Was will ich damit sagen?"

Das wird schon!

Liebe Grüße
Inu
 

Inu

Mitglied
Ich bins nochmal.

Nachdem ich jetzt auch Dein anderes Werk: 'Auszug aus Ägypten' gelesen habe, muss ich meine Schätzung über Dein Alter doch revidieren. So ganz jung scheinst Du nämlich nicht mehr zu sein. Und Deinen 'Auszug aus Ägypten' finde ich als Story total banal, aber (einziger Lichtblick!) gekonnt in fehlerfreiem Deutsch geschrieben.

Inu
 
Hallo,
danke für deine Kritik, Inu. Ich habe die Satire auch schon auf anderen Seiten veröffentlicht und dort sind die Pointen unterschiedlich gut angekommen. Einige finden sie sehr geglückt und sehr witzig, anderen gefällt nur die Einleitung und das Ende, andere werfen mir Intoleranz gegenüber Religionen vor oder können überhaupt nichts mit meiner Satire anfangen. Mir persönlich gefällt sie in dieser wohl finalen Version ziemlich gut, aber wenn du noch einen ganz speziellen Verbesserungsvorschlag zu einer bestimmten Pointe oder einer bestimmten Stelle in meiner Satire hast, bin ich durchaus willens, sie noch zu verbessern. So auf Anhieb wüsste ich aber leider nicht, was genau ich da jetzt noch verändern sollte.
Sicher ist "Auszug aus Ägypten- die wahre Geschichte" inhaltlich eher belanglos. Andererseits ist es wohl auch eher eine Parodie als eine Satire und dient in erster Linie dem Zweck, zu unterhalten und zum Lachen zu animieren. Und ich hoffe, dass sie als Unterhaltung auch einige Anhänger finden wird.
Das ursprüngliche Konzept für "Die Stunde des Herrn" habe ich tatsächlich schon vor einigen Jahren entworfen, wahrscheinlich hieltest du mich deshalb für so jung. Tatsächlich bin ich jetzt 20 Jahre alt.
 

gareth

Mitglied
Hallo seltsamer attraktor,

ich habe deine andere Geschichte noch nicht gelesen. Diese hier gefällt mir streckenweise, besonders in den spontanen Dialogen. Aber sie hat auch ganz ausgeprägte Schwächen. Dass die Pointen unterschiedlich gut ankommen ist üblich. Empfehlen kann ich Dir dazu nur, nicht ausschließlich auf die positiven Äußerungen zu hören, man glaubt nämlich gar nicht, über was die Leute alles lachen. Nimm sie als Nahrung für die Seele, und dann lies die negativen Kommentare und versuche, ihnen etwas abzugewinnen. Meist sind sie wertvoller.

Ich will ein paar Beispiele geben für Sachen die mir gut gefallen haben und für einige, die ich schwach finde.

Erst die schwächeren

Irgendwie hatte das jemand falsch verstanden und tötete
für jenen Mann mehrere Tausend Andersgläubige. Aber gut, kann ja mal passieren

(Die ganze Einleitung, von -es war einmal- bis -eingeprägt- ist vollkommen entbehrlich und Sätze wie: -aber gut, kann ja mal passieren-, sind es in ganz besonderer Weise)

"Sind Sie da sicher?" "Womit?" "Dass Gott mit schwedischen Bedienungsanleitungen zurecht kommt?"
(schwach, weil jedes Kind weiß, dass Gott definitionsgemäß jede, aber auch jede Sprache beherrscht :eek:))

Darauf erreichte eine mysteriöse Stimme das Ohr von Dieter Schmidt: "Dieter?" "Oh, du bist mir endlich wieder erschienen. Ja, was möchtest du wissen, mein Herr?"
"Meinst du die Sammelbestellung der Stühle von Ikea war ein Fehler?"

(Auch der Schlussabsatz ist völlig überflüssig. Du willst da noch eins draufsetzen, was aber gar nicht nötig ist)

jetzt die besseren

"RUHE! Das sind natürlich völlig unrealistische Vorstellungen." "Was, Sie meinen Peter Jackson wird keinen Nachfolger zu Braindead drehen?"
(das ist eine angemessene Reaktion auf die gestellte Frage nach der Erwartung)

"Und wo ist der Himmel?" "Na, da oben. Aber wir können ihn natürlich nicht sehen." "Nein, natürlich nicht..."
(das -natürlich nicht- ist cool und sitzt perfekt an dieser Stelle)

"NEIN, VERFLUCHT! Oh, Herr, bitte vergi(e)b mir!
"Ja klar, kein Problem."
"Was ist kein Problem, Michael?"
"Ich vergebe Ihnen."
"Aber du bist nicht Gott."
"Achso."
"Ja"
"Ok."
(wirkt ein bisschen künstlich erzeugt, ist aber als Dialog gelungen und witzig)

...entschied er sich, einen riesigen rosa Schwamm anzubeten, der die bösen Seelen einsaugt und auf dem die guten Seelen in Frieden leben dürfen. Den gab es wenigstens wirklich...
(des Schlusssatzes -den gab es...- hätte es nicht bedurft. Besonders auch deshalb, weil es zwar anbetungswürdige Schwämme gibt, nicht aber einen solchen)

unsicher bin ich mir bei der folgenden Stelle:

"Weil sie sich von Gott abgewandt haben."
"Und was ist mit Juden und Muslimen?"
"Na, die haben sich auch von Gott abgewandt."
"Meine Freundin ist Jüdin. Muss sie jetzt sterben?"
"Ich befürchte schon."


weil die möglicher Weise eine wörtliche Widergabe sein könnte :eek:)

Deine Antwort an Inu mit der finalen Version kann ich gut nachvollziehen, verweise dich aber noch einmal an die distanzierte Lektüre kritischer Kommentare. Sie helfen einem weiter.

Das glaubt
gareth
 
Hallo,
danke für deine Kritik, gareth. Ich nehme negative Kritik durchaus ernst, allerdings weiß ich nicht, warum ich positive Kritik nur als Seelennahrung verwenden sollte. Das wäre ja so, als sei die Meinung, von Leuten, die meine Geschichte mögen, weniger wert.
Ein wichtiger Punkt ist hier, dass die Befürworter meiner Satire ebenfalls ganz spezielle Stellen angegeben haben, die ihnen gefallen haben. Und das sind nun einmal viele von denen, die du für sehr unpassend hieltest. Letztlich liegt es dann an mir, das Beste aus allen Informationen zu machen. Nun zu deiner Kritik:

Du meinst: "Aber gut, kann ja mal passieren." sei höchst entbehrlich. Nimm das doch nicht so wörtlich. Es ist eine schwarzhumorige, ironische Äußerung. Ich lasse sie mal für die Leute stehen, denen nur Einleitung und Schluss gefallen haben. Und so furchtbar ist das ja wohl auch nicht.

Klar beherrscht Gott laut dieser anderen abergläubischen Ansicht alle Sprachen. Michael macht sich hier über das naiv-dümmliche Gottesbild von Herrn Schmidt lustig. Und schwedische Bedienungsanleitungen von Idea sind wohl auch für Schweden so eine Sache für sich... Geschmackssache. Wenn es noch jemand ankreidet, werde ich es löschen oder verändern.

Naja, ein anderer Leser meinte, dass gerade dieser Schlusssatz die Geschichte noch rettet. Insofern werde ich ihn doch lieber mal stehen lassen.

"Den gab es wenigsten wirklich..." habe ich gelöscht. Hier bin ich mit dir einer Meinung.

Hoffentlich kam mein Kommentar nicht alzu ignorant rüber, aber ich muss nun einmal abwägen. Trotzdem nochmal vielen Dank für deine Kritik.

Freundliche Grüße,
Seltsamer Attraktor
 



 
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