Die Überraschung

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Estrella

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„Fertig”, rief Tim erleichtert und klappte sein Rechenheft zu. „Darf ich jetzt nach draußen zum Spielen?”
“Hast du deinen Schulranzen für morgen schon gepackt?“, fragte Mama.
„Mach ich heute abend“, rasch wollte Tim sich an seiner Mutter vorbei zur Haustür heraus mogeln. Doch Mama schien auch hinten Augen zu haben.
„Halt, hier geblieben, erst machst du, was ich dir gesagt habe.“ Schnell stopfte Tim die noch auf dem Küchentisch liegenden Bücher und sein Schreibmäppchen in die Schultasche, und stellte diese in den Flur unter die Garderobe. So wollte Mama es haben.
„Tschüüss, bis nachher“, Tim schlug die Haustür hinter sich zu.
„Sei bitte pünktlich um sechs zum Abendessen zurück und geh nicht zu nah an das Haus der alten Hilda heran“, rief seine Mutter ihm noch durch das offene Küchenfenster hinterher. „Du weißt, dass die nicht ganz richtig im Kopf ist.“
Ja, ja, dachte Tim, während er sich auf den Weg zu Martin machte. Martin war sein bester Freund und wie Tim acht Jahre alt. Die beiden waren schon seit dem Kindergarten unzertrennlich. Sie waren sogar Blutsbrüder. Doch das wusste Mama nicht, weil sie sonst bestimmt sehr böse geworden wäre. Nicht auszudenken, wenn sie gesehen hätte, wie er und Martin sich jeder am Arm ein Stück Haut mit einem Küchenmesser eingeritzt und die beiden Schnittstellen dann aneinandergepresst hatten. Genauso wie Winnetoo und Old Shatterhand.
Martin stand schon an der Einfahrt und wartete auf seinen Freund. Sie hatten heute nämlich etwas Aufregendes vor. Trotz Mamas Verbot wollten sie sich zum Haus der verrückten Hilda schleichen und heimlich durch ein Fenster schauen.
„Warum denken eigentlich immer alle Erwachsenen, dass die Hilda verrückt ist?“, überlegte Tim, während sie langsam die Strasse hinuntergingen.
„Ich weiß auch nicht“, Martin kickte einen Stein quer über den Weg.
„Meine Mutter sagt, in ihrem Haus würden komische Sachen geschehen.“
„Meinst du, es ist gefährlich, was wir vorhaben?“ fragend blickte Tim seinen Freund von der Seite an.
„Ach Quatsch, was soll denn schon passieren?“
Hildas Haus lag am Waldrand neben einem kleinen Weiher. Es war gelb angestrichen und hatte grüne Fensterläden. Aus dem Schornstein stieg eine weiße Rauchfahne empor. Lautlos, wie die Indianer schlichen die beiden Jungen auf das Haus zu und hockten sich schließlich unter eines der Fenster.
Vorsichtig schoben sie ihre Köpfe über den Rand des Fensterbretts und warfen einen Blick ins Innere des Hauses. An der linken Wand stand ein Schaukelstuhl, daneben ein Regal mit vielen kleinen braunen Fläschchen. In der gegenüberliegenden Ecke befand sich ein Kamin, in dem ein lustiges Feuer flackerte. Über dem Feuer schwang ein Kessel, aus dem es qualmte. Vor dem Kamin stand ein Sofa mit einem kleinen Tisch. Unter der Decke konnten Tim und Martin Holzbalken erkennen, an denen kleine grüne Sträußchen hingen.
„Das sieht ja aus wie in einem Hexenhäuschen“, flüsterte Martin. „Siehst du die alte Hilda?“ Tim schüttelte verneinend den Kopf.
„Was habt ihr denn hier zu suchen?“, erklang auf einmal eine laute Stimme hinter ihnen. Die beiden Jungen erschraken furchtbar und drehten sich um. Da stand sie vor ihnen, die alte Hilda, und schaute sie böse an. Ihr graues Haar war zu einem Knoten aufgesteckt und sie trug ein blaukariertes Kleid.
„Äh, ich...,äh wir haben ga gar nichts... “, stotterte Tim.
„Wir haben nichts Böses gemacht, wir wollten nur mal gucken, wie es in deinem Haus aussieht“, beendete Martin den Satz und stellte sich tapfer vor seinen Freund.
„Genau, was hast du denn da alles für komische Sachen in dem Zimmer?“, fragte Tim, der nun auch seinen Mut zurückgewonnen hatte und Martin beiseite schob.
Die verrückte Hilda sah auf einmal gar nicht mehr so furchterregend aus, ja, da war sogar ein kleines Lächeln in ihrem Gesicht zu sehen.
„Und warum schleicht ihr dann hier draußen herum? Habt ihr nicht gelernt, wie man an einer Haustür anklopft? Na ja, dann kommt mal mit, ich habe gerade frische Kekse gebacken.“ Tim und Martin schauten sich ratlos an, folgten aber dann Hilda in ihr Haus.

Im Inneren roch es wirklich nach Keksen und den Jungen lief schon das Wasser im Mund zusammen. Während Hilda in der kleinen Küche verschwand, schauten sie sich im Zimmer um. Besonders interessant fanden sie all die braunen Fläschchen und Töpfchen, die sie schon von draußen gesehen hatten. Sie waren mit weißen Etiketten versehen, auf denen fremdartige Schriftzeichen standen.
Hilda kam mit einem Tablett zurück und stellte eine Schale mit Schokoladenplätzchen und drei Gläser Limonade auf den Tisch.
„Greift nur zu“, forderte sie die Jungen auf. Währen sie Kekse aßen und Limonade tranken, stellten sie Hilda viele Fragen, die diese bereitwillig beantwortete. Die kleinen grünen Sträußchen unter der Decke waren zum Beispiel Kräuter, die Hilda dazu verwendete, um Medizin herzustellen, die sie dann in den braunen Fläschchen aufbewahrte. Tim und Martin konnten überhaupt nicht verstehen, warum alle die alte Hilda mieden, denn verrückt war sie bestimmt nicht.
Sie verbrachten einen vergnüglichen Nachmittag in Hildas Haus, und als die Jungen schließlich gehen wollten, da nahm Hilda eines der kleinen Fläschchen aus dem Regal und schüttete eine grünliche Flüssigkeit in die Gläser der beiden.
„Trinkt das“, sagte sie, „dann werdet ihr morgen früh eine Überraschung erleben.“ Die Jungen, abendteuerlustig wie sie waren, konnten der Versuchung nicht widerstehen und leerten ihre Gläser in einem Zug. Es schmeckte ein bisschen wie Honig.
„Bitte, bitte sag uns doch, was es für eine Überraschung ist“, bettelte Tim, doch Hilda sagte, sie würde nichts verraten, sie würden es schon bald am nächsten Morgen merken.“
Die beiden Jungen verabschiedeten sich und versprachen bald wiederzukommen.

Tim ging an diesem Abend sogar freiwillig schlafen, seine Mutter brauchte ihn nicht wie sonst, zigmal aufzufordern. Er wollte einfach nur ganz schnell einschlafen, damit die Nacht vorüberging und er die Überraschung sehen würde. Am nächsten Morgen wachte Tim schon auf, bevor seiner Mutter in sein Zimmer kam, um ihn für die Schule zu wecken. Neugierig schaute er sich um, aber alles schien wie immer zu sein. Die Möbel und Spielsachen standen an ihrem gewohnten Platz und es war auch kein Paket zu sehen. Enttäuscht stieg Tim aus dem Bett. Mhm, vielleicht würde die Überraschung ja nachher mit der Post kommen.
Er ging über den Flur in Richtung Badezimmer, dabei streifte er die große Pflanze, die an der Wand stand.
„Aua, pass doch auf, du hast mir wehgetan“, ertönte es. Tim hielt an, die Stimme kam aus der Richtung, in der die Pflanze stand. Verdutzt schüttelte er den Kopf. Er musste sich wohl verhört haben.
„Du brauchst gar nicht so dumm zu schauen“, sagte die Stimme, „ich habe dich gemeint.“ Jetzt war Tim vollends verwirrt. Er stellte sich vor die Pflanze und fragte: „Hast du mit mir geredet?“
„Na klar, oder siehst du hier sonst noch irgendjemanden? Du hast mir meine Blätter umgeknickt, entschuldige dich gefälligst.“
„Tut mir leid“, Tim streichelte vorsichtig über die Pflanze, „soll nicht wieder vorkommen.“
„Tim, Frühstück ist fertig“, ertönte Mamas Stimme von unten.
„Ich muss mich beeilen, ich unterhalte mich später noch mal mit dir.“ Tim flitzte ins Badezimmer und erledigte Zähneputzen und Katzenwäsche im Schnelldurchlauf. Als er fertig angezogen die Treppe hinunterkam, wurde er von der Seite angesprochen: „Hey du“, sagte die große Palme, die im Flur stand,
„kannst du deiner Mutter nicht mal sagen, dass mir mein Topf zu eng ist, meine Wurzeln sind eingequetscht und tun mir schon richtig weh.“
„Klar, mach ich. Also, der Topf ist aber wirklich viel zu klein für dich.“
„Und wir haben Durst, wir sind schon seit Tagen nicht mehr gegossen worden“,
riefen die Birkenfeige und ein paar kleinere Pflanzen. „Schau nur, wie unsere Blätter traurig nach unten hängen.“
„Und ich brauche neue Erde,“ brummte der mächtige gelbe Kaktus, sodass seine stacheligen, fleischigen Blätter vibrierten..
„Keine Sorge“, versprach Tim, „ich kümmere mich darum.“ Während des Frühstücks erzählte er seiner Mutter, um was die Pflanzen ihn gebeten hatten. Natürlich verriet er nicht, dass sie es ihm persönlich gesagt hatten.
Auf seinem Schulweg vernahm er überall um sich herum ein Gewisper und Geflüster. Es waren aber so viele verschiedene Stimmen auf einmal, dass er sie nicht im Einzelnen verstehen konnte.
Tim war schon sehr gespannt, was Martin ihm berichten würde. Dieser kam ihm aufgeregt auf dem Schulhof entgegengelaufen. Auch er hatte sich zu Hause bereits mit sämtlichen Pflanzen unterhalten.
„Stell dir vor, sogar der alte Birnenbaum in unserem Garten hat mir viel Spaß in der Schule gewünscht“, lachte er.
Das war ja eine tolle Überraschung, die ihnen die alte Hilda da bereitet hatte.
„Vielleicht hat sie ja auch einen Trank, damit wir uns mit den Tieren unterhalten können“, überlegte Martin. Auf jeden Fall beschlossen die beiden Jungen, ihr Geheimnis niemandem zu verraten.

Am Abend waren Tims Eltern auf einer Geburtstagsfeier in der Nachbarschaft eingeladen. Da die Feier nur ein paar Häuser weiter stattfand, sollte Tim zum ersten Mal alleine zu Hause bleiben. Mama hatte ihm die Telefonnummer der Nachbarn auf einen Zettel geschrieben und ihm eine besonders lange Gutenachtgeschichte vorgelesen. Doch Tim konnte nicht einschlafen, viel zu aufregend war der Tag gewesen. Als er aus der Schule gekommen war, hatten sich die Palme und die anderen Pflanzen überschwänglich bei ihm bedankt.
Die Palme stand stolz in einem neuen größeren Topf, der Kaktus hatte frische Erde bekommen und die anderen Pflanzen reckten ihre Blätter wieder gestärkt in die Höhe. Tim hatte sich dann noch draußen das Leid der Efeupflanze angehört, die sich über die vielen Schnecken beschwert hatte, die ihre Blätter anknabberten. Er hatte sich einen Eimer geschnappt und die kleinen Übeltäter abgelesen.
Irgendwann musste er dann wohl doch eingeschlafen sein. Er erwachte erst wieder, als er Durst hatte. Verschlafen rieb Tim sich die Augen und zog seine Pantoffeln an. Er ging die Treppe hinunter in die Küche und trank ein Glas Limonade. Plötzlich hörte er ein merkwürdiges Geräusch. Es schien aus dem Wohnzimmer zu kommen. Ob Mama und Papa schon zurückgekommen waren? Vorsichtig öffnete der die Tür – und erschrak ganz furchtbar. Da war ein Mann mit einer Taschenlampe und einem großen Rucksack, in den er irgendetwas aus der Wohnzimmerschublade hineinlegte. Das war bestimmt ein Einbrecher. Was sollte Tim jetzt bloß machen? Durch die viele Kohlensäure der Limonade, die jetzt in seinem Bauch war, entfuhr ihm ein Rülpser. Der Mann drehte sich sofort um und starrte Tim grimmig an. Dieser machte kehrt und lief in den Flur.
„Bleib sofort stehen“, befahl der Einbrecher, während er Tim folgte. Und dann geschah etwas, was Tim sein Leben lang nicht mehr vergessen würde. Als der Mann an der Palme vorbei lief, versetzte diese ihm mit einem ihrer langen spitzen Wedel einen Schlag in den Rücken, sodass er nach vorne fiel und dabei mit seinem Gesicht in dem Kaktus landete. Der hieb ihm seine stacheligen Ohren in die Seite. Der Mann schrie vor Schmerz, rappelte sich auf und versuchte durch die Haustür zu fliehen. Doch nun kam der Efeu, der neben dem Eingang an einem Spalier an der Hauswand wuchs, zum Einsatz. Er wickelte blitzschnell seine langen Ranken um die Beine des Einbrechers, so dass dieser stolperte, der Länge nach hinschlug und schließlich bewegungslos liegen blieb.
Da jubelte Tim, und mit ihm alle Pflanzen. Sie wackelten mit ihren Zweigen, dass die Blätter nur so raschelten. In dem Moment kamen Tims Eltern nach Hause. Mama schlug die Hände über dem Kopf zusammen, und nahm Tim erst mal ganz fest in die Arme. Papa rief sofort die Polizei an, die kurze Zeit später mit lauter Sirene angebraust kam. Die Beamten legten dem Einbrecher, der mittlerweile wieder aufgewacht war, Handschellen an und nahmen ihn mit auf die Polizeiwache.
Tja, und Tim? Er war der Held. Alle Nachbarn und Freunde wollten am nächsten Tag ganz genau wissen, was passiert war, und sogar ein Reporter der örtlichen Zeitung kam vorbei. Er machte ein Foto von Tim und stellte ihm jede Menge Fragen. Und nur Tim und Martin wussten, wem Tim in Wirklichkeit den ganzen Ruhm zu verdanken hatte. Er bedankte sich noch mal bei allen Pflanzen und versprach ihnen, immer gut für sie zu sorgen.
 
Hallo, Estrella!

Deine Geschichte gefällt mir leider nicht ganz so gut, was ich gern näher erläute.

Zum einen ist es die Grundidee, die mich irgendwie nicht packt. Es ist eine Variation von einer Geschichte, die man sehr häufig liest, aber ich sehe nicht wirklich neue Elemente, Überraschungen oder auch eine wirkliche Spannung.
Gut gehalten hast du dich an den Aufbau einer Geschichte. Ich weiß nicht, ob das bewusst oder unbewusst war, aber du hast eine Einleitung, einen Hauptteil, eine Folge und ein damit verbundenes Finale - daraus lässt sich sehr viel machen, doch trotz der Länge der Geschichte (also gemessen an einer Kindergeschichte) baut sich eben nichts auf, man kann nicht eintauchen in die Geschichte.

Einige weitere konkrete Anmerkungen:

„Mach ich heute abend“, rasch wollte Tim sich an seiner Mutter vorbei zur Haustür heraus mogeln.
Besser: ..., wollte er sich rasch an seiner Mutter vorbei mogeln.

„Sei bitte pünktlich um sechs zum Abendessen zurück und geh nicht zu nah an das Haus der alten Hilda heran“, rief seine Mutter ihm noch durch das offene Küchenfenster hinterher. „Du weißt, dass die nicht ganz richtig im Kopf ist.“
Hm, mal ganz ernsthaft: Kennst du eine Mutter, die das je zu ihrem Kind gesagt hätte?
Wäre es eine Geschichte, die in einem Dorf spielt vor längerer Zeit, würde es jemand anderes sagen etc., dann mag das plausibel sein, aber so wirkte es zumindest auf mich sehr unglaubwürdig.

Sie waren sogar Blutsbrüder. Doch das wusste Mama nicht, weil sie sonst bestimmt sehr böse geworden wäre. Nicht auszudenken, wenn sie gesehen hätte, wie er und Martin sich jeder am Arm ein Stück Haut mit einem Küchenmesser eingeritzt und die beiden Schnittstellen dann aneinandergepresst hatten. Genauso wie Winnetoo und Old Shatterhand.
Diese Stelle halte ich für ein wenig bedenklich. Man kann sicherlich darüber streiten, aber ich würde den Mittelteil auslassen, also etwas wie "Sie waren sogar Blutsbrüder, genau so wie Winneto[blue]u[/blue] und Old Shatterhand" oder ähnlich.
Ich habe jetzt ehrlich gesagt nicht im Kopf, wie Karl May das gelöst hat, aber ich bin der Meinung, dass man mit der Beschreibung gefährlicher Dinge behutsam sein muss. Da dies keine Abenteuergeschichte ist, die in einem fernen Land spielt, in einer anderen Zeit usw. oder eben ein Film, sondern eine Geschichte, sehe ich hier schon die Gefahr, dass man versuchen könnte, es nachzuahmen. Davon ausgehend, dass Geschichten mit 8-jährigen Protagonisten Leser haben, die oft jünger als acht Jahre sind, aber nur selten älter, halte ich es ebenso nicht für so gut.

Ihr graues Haar war zu einem Knoten aufgesteckt und sie trug ein blaukariertes Kleid.
Die Erwähnung des blaukarierten Kleides finde ich etwas unpassend an dieser Stelle. Zum einen passt etwas blau kariertes nicht zur Situation (ich meine damit, dass blau kariert eher lustig als bedrohlich wirkt), zum nächsten entspricht das schwerlich der möglichen Wahrnehmung in diesem Augenblick und ist daher ein Zuviel für den Leser. Das mit den Haaren hingegen ist ok, denn am Kopf dürfte auch der generelle Blick liegen in der Situation.

„Und warum schleicht ihr dann hier draußen herum? Habt ihr nicht gelernt, wie man an einer Haustür anklopft? Na ja, dann kommt mal mit, ich habe gerade frische Kekse gebacken.“ Tim und Martin schauten sich ratlos an, folgten aber dann Hilda in ihr Haus.
Gut angefangen, leider schwach aufgehört.
Ich bin der Meinung, dass Kindergeschichten im besonderen zwei Funktionen haben: etwas lehren und die Phantasie anregen.
Jedes Kind lernt noch oder gerade heute, dass man nicht mit fremden Leuten mitgeht (oder in deren Haus) und in dieser Geschichte wird es trotzdem gemacht, zudem noch trotz des ausdrücklichen Verbotes der Mutter - und belohnt wird es im weiteren Verlauf auch noch.
Fasst man die Aussage grob zusammen, heißt sie: Höre nicht auf deine Mutter und geh zu Fremden ins Haus, trinke etwas Unbekanntes, das man dir dort anbietet und du wirst ein bisschen berühmt. - Siehst du, worauf ich hinaus will?

Die kleinen grünen Sträußchen unter der Decke waren zum Beispiel Kräuter, die Hilda dazu verwendete, um Medizin herzustellen, die sie dann in den braunen Fläschchen aufbewahrte.
Diese Stelle finde ich inhaltlich sehr gelungen und hätte mir gewünscht, sie wäre umfangreicher, was die Erzählung zu Pflanzen und ihren Möglichkeiten betrifft.

Tim ging an diesem Abend sogar freiwillig schlafen,...
Ebenfalls sehr lebendig beschrieben und sehr nachfühlbar, gefällt mir sehr gut.

...„Und ich brauche neue Erde,“ brummte der mächtige gelbe Kaktus, sodass seine stacheligen, fleischigen Blätter vibrierten..
Auch die Begegnngen mit den Pflanzen fand ich sehr schön zu lesen, im besonderen die hier zitierte Stelle :)

Natürlich verriet er nicht, dass sie es ihm persönlich gesagt hatten.
Das ist wieder eine der Stellen, die ich nicht richtig glauben kann und ich kann mir vorstellen, dass sie genau darum auch so kurz ausgefallen ist, weil du sie in längerer Form nicht gut hättest plausibel machen können.
Mal abgesehen davon, dass es sicher 8-jährige gibt, die nicht darüber nachdenken, ob sie besser sagen sollten, dass die Pflanzen sprechen oder nicht ist die Frage trotzdem im Raum, wie die Mutter reagiert.
Hat er sich schon immer für die Pflanzen interessiert? Dann wäre ihm all das auch vorher schon von allein aufgefallen.
Wenn er sich nie dafür interessiert hat, müsste die Mutter misstrauisch werden und sich wundern, Fragen stellen (wie Mütter so sind), zumal er dieses Thema auch noch früh am Morgen anspricht, wo man nicht unbedingt sofort an Pflanzen denkt.

Auf seinem Schulweg vernahm er überall um sich herum ein Gewisper und Geflüster. Es waren aber so viele verschiedene Stimmen auf einmal, dass er sie nicht im Einzelnen verstehen konnte.
Konnte er denn einige verstehen? Welche Pflanzen liegen alle auf dem Schulweg? Macht ihm das alles überhaupt keine Angst? Oder geht er hier und da nicht neugierig heran, um etwas zu verstehen, trödelt herum, kommt zu spät...?

„Stell dir vor, sogar der alte Birnenbaum in unserem Garten hat mir viel Spaß in der Schule gewünscht“, lachte er.
Jeder Schulhof verfügt über Pflanzen. Manchmal nur kleine Grasflecken, manchmal eine Umzäunung aus Hecken oder Bäumen, manchmal ein ganzer Schulgarten - hört man die nicht oder sind sie nicht da? Wie weit reichen die Stimmen? Wie menschliche oder sind sie lauter (denn Bäume sind ja auch größer) oder leiser (weil..?)?
Natürlich kann man hier viel beschreiben und weit ausholen, aber zumindest ein Satz wie "Sie erzählten sich aufgeregt die Geschichten, die sie auf dem Schulweg erlebt hatten und bedauerten schließlich, dass man vor einigen Wochen erst die Bäume, die den Schulhof umgeben hatten, abgeholzt hatte / der Gärtner (oder Hausmeister oder sonstwer) der Schule immer so fleißig war" - etwas in der Art halt.

„Vielleicht hat sie ja auch einen Trank, damit wir uns mit den Tieren unterhalten können“, überlegte Martin.
Eine wirklich gute Idee, die aber bedingen würde, dass die Geschichte eine sehr viel längere wäre. Außerdem würden die Jungs wohl gleich nach der Schule zumindest kurz zu ihr laufen, um sich zu bedanken, nach einem anderen Trank zu fragen oder so.

Die Palme stand stolz in einem neuen größeren Topf, der Kaktus hatte frische Erde bekommen und die anderen Pflanzen reckten ihre Blätter wieder gestärkt in die Höhe. Tim hatte sich dann noch draußen das Leid der Efeupflanze angehört, die sich über die vielen Schnecken beschwert hatte, die ihre Blätter anknabberten. Er hatte sich einen Eimer geschnappt und die kleinen Übeltäter abgelesen.
Irgendwann musste er dann wohl doch eingeschlafen sein.
Der Übergang zum letzten Satz ist nicht gerade gut gelungen, dafür haben mir die Zeilen davor wieder sehr gut gefallen. Es ist schön, dass die Auswirkungen des Morgens hier alle nochmals deutlich werden und auch die Szene mit dem Efeu ist sehr nett eingebracht.

Durch die viele Kohlensäure der Limonade, die jetzt in seinem Bauch war, entfuhr ihm ein Rülpser. Der Mann drehte sich sofort um und starrte Tim grimmig an. Dieser machte kehrt und lief in den Flur.
„Bleib sofort stehen“, befahl der Einbrecher, während er Tim folgte.
Öhm? Sorry, aber man muss sein Haar sehr lang tragen, um daran diesen Vorgang herbei ziehen zu können. :)
Zum einen glaube ich an alles mögliche, aber nicht an einen Rülpser in diesem Augenblick. Der Einbrecher hätte dann wohl auch eher erschreckt oder verblüfft geschaut, denn er kann ja nicht wissen, dass dort "nur der Junge" steht.
Anzunehmen wäre an sich auch, dass der Einbrecher ihn schon früher bemerkt, denn die haben in der Regel sehr gute Ohren und bekommen einen Raumwechsel, das Öffnen eines Kühlschrankes und einer Flasche wohl mit - aber das kann man wohl auch übergehen, man muss ja auch nicht päpstlicher sein als der Papst, wie man so schön sagt ;)

Als der Mann an der Palme vorbei lief, versetzte diese ihm mit einem ihrer langen spitzen Wedel...
Die Szene gehört wieder zu den wirklich nett und gut nachvollziehbar beschriebenen deiner Geschichte!

In dem Moment kamen Tims Eltern nach Hause. Mama schlug die Hände über dem Kopf zusammen, und nahm Tim erst mal ganz fest in die Arme. Papa rief sofort die Polizei an, die kurze Zeit später mit lauter Sirene angebraust kam. Die Beamten legten dem Einbrecher, der mittlerweile wieder aufgewacht war, Handschellen an und nahmen ihn mit auf die Polizeiwache.
Das geht mir wieder zu schnell. Kommen sie wirklich in genau DEM Moment zurück? Dann müssten sie das Jubeln und das heftige Rascheln von Zweigen usw. mitbekommen und irgendwie darauf reagieren.
Dass die Mutter ihr Kind erst einmal in die Arme nimmt, macht Sinn, aber warum sofort ein Anruf bei der Polizei? Zumindest ein Ausruf wie "Ist das etwa ein Einbrecher?" oder so ist hier angebracht - diese Stelle könntest du noch füllen.

Und nur Tim und Martin wussten, wem Tim in Wirklichkeit den ganzen Ruhm zu verdanken hatte. Er bedankte sich noch mal bei allen Pflanzen und versprach ihnen, immer gut für sie zu sorgen.
Zu dieser Stelle ist erst der Übergang etwas schwammig, dann bleibt die Frage offen, wie der Freund des Jungen reagiert. Verplappert er sich? Fühlt er sich zuwenig beachtet? Ist er eifersüchtig und erfindet vielleicht eine Geschichte, um auch in die Zeitung zu kommen?
Dann kommt ein weiterer schlechter Übergang - er = Tim, oder? Geht aber nicht klar hervor, da im Vorsatz beide Jungen erwähnt werden (sonst müsste der Satz mit den beiden Jungen geändert werden).
Auch hätte das Bedanken noch erzählt werden können, finde ich.

Wie du siehst, sehe ich einige wirklich gute Szenen in der Geschichte, ebenso aber einiges, das verbesserungswürdig ist. Um von einer weit verbreiteten und geläufigen Geschichte wegzukommen, würde ich noch einiges an Arbeit in diese Geschichte investieren, aber ich denke, es lohnt sich.

Liebe Grüße,
Tanja
 

Estrella

Mitglied
Hallo Tanja,

Vielen Dank fürs Lesen und Deine sehr ausführliche Kritik.
Schade, dass Dir meine Geschichte nicht gefallen hat, da sie in anderen Foren bereits sehr gute Kritiken bekommen hat. Ich werde sie aber auf jeden Fall noch mal durchgehen, und einige der von Dir angesprochenen Punkte (in manchen stimme ich nicht mit Dir überein) überarbeiten. Habe nur im Moment wenig Zeit.

Liebe Grüsse
Estrella
 
Hallo, Estrella!

Erlaube mir noch eine Anmerkung:
Ich schrieb, sie gefällt mir nicht so gut und ich schrieb

Wie du siehst, sehe ich einige wirklich gute Szenen in der Geschichte, ebenso aber einiges, das verbesserungswürdig ist ... würde ich noch einiges an Arbeit in diese Geschichte investieren, aber ich denke, es lohnt sich.
Dass sie mir also gar nicht zusagt, ist so nicht richtig. Bin gespannt auf eine irgendwann überarbeitete Fassung, die ich dann ebenso sicherlich lesen werde.

Und wenn dir selbst einige Punkte auffallen jetzt, dann hast du doch etwas bei der Kritik gewonnen (mir gefällt der versteckte Vorwurf nicht in "sehr guten Kritiken in anderen Foren"), nicht?

Dass du mir in einigem nicht zustimmst ist natürlich ok, ist ja deine Geschichte - interessieren würde mich allerdings, welche Punkte das sind, denn dann könnte man darüber noch diskutieren oder ich komme zu einem anderen Blickwinkel, wäre ja möglich. :)

Gruß,
Tanja
 

Estrella

Mitglied
Hallo Tanja,

ich habe im Moment nicht so viel Zeit, versuche aber so bald wie möglich noch mal was zu Deiner Kritik zu schreiben.

Bis dahin liebe Grüsse
Estrella
 



 
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