Die Vergeltung

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lesespass

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Es mag so um das Jahr 1800 gewesen sein, als vom Böhmischen her ins Bayerische ein recht abenteuerlich aussehender Vagabund gezogen kam. In seinem Bauchladen führte er Knöpfe, Senkel und anderen Kleinkram mit sich. Doch in seinem Schulterkorb waren Spielsachen für die Kleinen, und für die Großen einige Büchlein sowie Amulette für das abergläubische Weibervolk.
So kam er auch nach dem Bezirk Bergenland. An der örtlichen Station der Gendamerie wies er sich aus als ein gewisser Solomon Leybusch, gebürtig zu Prag, beschäftigt sei er mit dem An- und Verkauf von Artikeln aller Art en gros und en detail. Mit Stempel und Siegel war dies polizeilich genehmigt.
So zog nun dieser Vagabund umher und verkaufte seine Waren auf Schusters Rappen. Viele Neuigkeiten brachte er mit, so war er überall ein gern gesehener Gast und verdiente sein täglich Brot redlich.
Am Dienstag gegen Mittag erreichte er den Einödhof unweit Furtleithen. Dort sesshaft war die Familie und das Gesinde des Bauern Hohlfell. Die Hohlfellschen Kinder spielten im Hof, der Bauer arbeitete mit seinen Knechten auf den Feldern, und die Mutter war mit den Mägden im Stall beschäftigt.
Gutmütig, wie der Hausierer Solomon Leybusch war, gab er leihweise den Kindlein Spielsachen aus seinem Korbe. Alsdann wartete er dienlich auf den Bauern.
Als jener gegen Abend kam, bedeutete Leybusch den Kindern, die Spielsachen wieder in den Korb zu legen. Allein die Kinder weigerten sich und sprachen: „Das sind unsere Sachen. Die gehören uns schon lange!“ Der Hausierer schalt die Kinder ungezogene Bengels.
Da mengte sich der Bauer ein und bedeutete ihm, dass er sich auf der Stelle und schnell fort machen solle, seinen Kram solle er nur ja aufhocken, sonst lasse er die Hunde los.
Solomon Leybusch bestand nun seinerseits auf der Herausgabe der verliehenen Sachen, er war ja im Recht. Wütend holte nun der Bauer die Hunde und - „Fass!“
Der Alte wurde von den Hofhunden arg gebissen und gekratzt, während ihn die Kinder höhnisch auslachten. Der Bauer stand auch dabei und hielt sich die Wampe und rief: „Das ist mal ein Spaß!“
Der Hausierer Solomon Leybusch aber schlich gedemütigt von dannen.

Es mag so um das Jahr 1810 herum gewesen sein, als vom Böhmischen her ins Bayerische ein Haufen recht abenteuerlich aussehender Vagabunden gezogen kam. Sie kamen auf Schleichwegen, gingen nur im Wald und hatten außer einiger Wegzehrung jeder nur ein Kännchen Öl und Zunder dabei. Ihr Weg führte sie zu einem Einödhof unweit von Furtleithen.
Nacht war´s, als sie kamen, fünfzig Mann mit Öllampen!
Die Hohlfellschen Bauernleut samt Gesinde und Kindern schliefen. Ringsum auf Dach, Türen und Fenster floss nun das Öl. Ein Pfiff, und es brannte. Die Meute verschwand wieder ungesehen im Wald!

Als dies bekannter wurde, untersuchte man den Fall genauer. Man fragte sich, warum die Hunde nicht angeschlagen hätten. Ja, denen hatte man fein sauber die Gurgeln abgedreht. Außer dem Bauern war keiner mehr übrig. Alle waren verbrannt, der Bauer selbst redete irre und konnte nicht befragt werden. So schickte man ihn ins Sanatorium nach Regensburg. Die Felder wurden verkauft und das Geld zu seiner Pflege verwandt.
Und über allem schwieg der Wald, verwischten sich die Spuren, Gras deckte seinen Mantel darüber. Heute ist an dem Platz, wo der Hof stand, eine Pferdekoppel. Nur halb versunkene angekohlte Mauerreste erinnern noch an die Vergangenheit.

Es mag so um das Jahr 1817 gewesen sein, als aus dem fernen Amerika ein gewisser Herr gereist kam. Er erkundigte sich, wo ein Bauer Hohlfell wohne. Sodann reiste nun der fremde Herr nach Regensburg ins Sanatorium. Dort wurde er vorstellig als ein gewisser Mr Lee J. Bush. Er hielt sich jedoch nicht lange auf, schenkte nur dem irren Bauern eine Kiste voll Spielzeug und reiste dann ab.
Der Bauer Hohlfell aber kicherte wirr vor sich hin und strich über die Spielsachen. Sein Blick ging in die Vergangenheit. Im passenden Moment steckte er sein Zimmer in Brand, er verwendete dazu das geschenkte Spielzeug – es brannte wie Zunder.
Im Geprassel der Flammen fand er seinen Frieden.
 

Haremsdame

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Hallo Lesespass,

ein gelungener Einstieg ist Dir hier gelungen! Bin gespannt, was ich noch von Dir zu lesen bekomme!

LG Haremsdame
 

Ralf Langer

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hallo lesespass,
sprachlich treffend, auch und vor allem, der gewissen altdeutsche Klang. Stringend erzählt, mit einem funktionierendem Plot.
lg
Ralf
 



 
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