Die WG mit meiner Katze

Chris

Mitglied
Als vor einem halben Jahr mein Vater leider viel zu früh verstarb, habe ich mich sofort bereit erklärt, seine Katze, die übrigens Mizi heißt, in meine Wohnung aufzunehmen und mich liebevoll um sie zu kümmern; ihr also einen gemütlichen Lebensabend zu bieten, denn sie ist schließlich schon 11 Jahre alt, quasi eine alte Dame.
Wie bei jeder neuen Beziehung oder dem gründen eines gemeinsamen Hausstandes üblich, mussten auch Mizi und ich erst einmal ein paar grundsätzliche Dinge klären.
Es ist nämlich so, dass ich in einer kleinen, aber gemütlichen Stadtwohnung lebe, Mizi dagegen ein Einfamilienhaus mit Garten gewohnt ist.
Sie ist es daher auch gewöhnt, die ganze Nacht im Freien zu verbringen, Mäuse zu fangen und nur zum Fressen drinnen zu erscheinen, also alles Dinge, die in einer für sie unbekannten Stadt und einer kleinen Wohnung in derselben natürlich nicht möglich sind.
Hier können einfach keine Mause gefangen werden und der zweite Stock meiner Stadtwohnung in der für sie unbekannten Stadt macht Ausflüge für sie unmöglich; vor allem Nachts, da will ich nämlich meine Ruhe haben und schlafen.
Uns, und vor allem mir, blieb also nichts anderes übrig, als Kompromisse einzugehen und soweit wie möglich Ersatz für den nichtvorhandenen Garten, für Mäuse und ein großes Haus zu schaffen.
Nach endlosen Diskussionen mit Mizi ist es uns auch gelungen, einen entsprechenden Ersatz zu finden.
So darf sie jetzt im Treppenhaus bis in den ersten Stock hinunter spazieren gehen (tagsüber), darf in mein Bett (nachts), bekommt ständig ein Leckerlie zum Naschen (tagsüber) und könnte soweit also zufrieden sein.
Natürlich habe ich mir sofort Mühe gegeben, meiner neuen Mitbewohnerin den Umzug von einem Haus in eine kleine Wohnung so angenehm wie möglich zu machen.
Welcher Mann macht so was schon!
So bin ich am Tag, als Mizi kam, sofort in das nächste Zoogeschäft gegangen und habe eine spezielle Leine für Katzen besorgt, ihr diese umgeschnallt und Mizi vor die Tür geführt, damit sie ihre neue Umgebung kennen lernt.
Was die Nachbarn gedacht haben, als ich meine Katze an der Leine führte, weiß ich allerdings nicht.
Das sie aber doch nicht ganz so zufrieden ist mit unserer WG, zeigt sich in täglichen Meinungsverschiedenheiten, ich nenne sie Diskussionen zwischen uns beiden.
Diese Diskussionen sind zwar intensiv aber immer schnell erledigt, was wir mit einer ausgiebigen Streichelstunde im Anschluss daran besiegeln.
Der größte Streitpunkt zwischen uns beiden war bisher ein Stuhl, eigentlich ein ganz gewöhnlicher und eigentlich mein Stuhl.
Beim Einzug in meine Wohnung habe ich mir nämlich einen Korbstuhl mit Sitzkissen für Schreibtisch und Computer angeschafft, nichts außergewöhnliches zwar, ein ganz normales Möbel eben.
Diesen Stuhl hat Mizi ziemlich schnell für sich entdeckt, was ich Anfangs noch toleriert habe, weil sie nur dann auf dem Stuhl lag, wenn ich entweder nicht zu Hause war oder weder am Schreibtisch noch am Computer Arbeiten musste.
Als sie dann aber immer öfter, geradezu ständig auf diesem Stuhl schlief haben wir uns nach längeren Diskussionen auf folgenden Kompromiss geeinigt: Wir haben uns den begehrten Stuhl geteilt, nämlich so, dass Mizi ständig darauf liegen konnte und ich ihn in Absprache mit ihr ab und zu benutzen durfte.
Das hat einige Tage auch gut funktioniert, Mizi hat immer brav, nach ernsten Gesprächen zwar, den Stuhl freigemacht; bis die Angelegenheit vor ein paar Tagen beinahe eskalierte.
Ich wollte mich nämlich an meinen Computer und damit auf den begehrten Stuhl setzen und habe erst einmal versucht, Mizi die Notwendigkeit meines Vorhabens zu erklären, was aber in einer längeren Diskussion und damit endete, dass sich Mizi beleidigt in die Küche verzogen und geschlagene 2 Stunden geschmollt hat.
Da half auch kein Leckerli, kein Bürsten oder Schmusen, sie war einfach nicht umzustimmen.
Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass ich mir einen Stuhl aus der Küche hole und Mizi neben mir auf ihrem Stuhl aufpasst, was ich mache. Schließlich könnte ich ja mal ein Problem am Computer haben, bei dem sie mir helfen muss.
Jetzt bleibt eigentlich nur noch das Problem zu klären, dass es mich einfach stört, wenn sie auf dem Computertisch zwischen Tastatur und Monitor herumspaziert während ich am Computer sitze.
Aber ich bin guter Dinge, dass wir auch diese Sache ausdiskutieren und schließlich klären werden.
Ansonsten verstehen wir zwei uns aber sehr gut, hat doch jetzt jeder seinen eigenen Stuhl; trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass ich bei ihr Wohne und nicht umgekehrt.
Es stört mich noch nicht einmal, dass Mizi Schnarcht!
Als ich vor kurzem auf Kur war, habe ich die Leute immer belächelt, die Stundenlang darüber erzählen konnten, was ihre Katze macht, wie sie aussieht, was sie wann am liebsten frisst usw.
Irgendwie glaube ich, auf dem besten Weg zu sein, auch bald so zu werden.
Vielleicht werde ich Mizi bei meinem nächsten Versuch, eine Frau in meine Wohnung zu locken, einsetzen, und zu der Frau sagen: „Soll ich Dir meine Katze zeigen?“. Die Briefmarkensammlung ist out.
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soleil

Mitglied
Hallo Chris,

gefällt mir sehr gut. Leicht und heiter erzählt und vor allem treffend. Es erinnert mich an unsere zwei Damen, die unser Haus auch fest im Griff haben. ;-)

Viele Grüße
Soleil
 

chrissi

Mitglied
hallo chris,

hat mich sehr an mein leben mit meinen vier kleinen rackern erinnert. vor allem das herumspatzieren zwischen tastatur und monitor hat mein kater gizmo perfektioniert....besonders erbaulich sind die haarmassen auf den tasten und auf dem bildschirm allerdings nicht wirklich, oder ?

jedenfalls fand ich deine geschichte sehr schön und humorvoll geschrieben und hoffe, noch öfter von dir und mizi zu lesen !

liebe grüsse

chrissi
 



 
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