Die Zeit

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Jean-Claude

Mitglied
Die Zeit

Bei Anbruch der Dunkelheit ist die Zeit ausgebrochen!
Sie konnte ihren Käfig verlassen, ohne dass sie jemand gesehen hätte.
Sie lief in die Stadt.
Alle haben sie gesucht und niemand hat sie gefunden.
Der Wärter. Die Aufseher. Sogar der Zirkusdirektor hat nach ihr gesucht.
Seither streift sie durch die Stadt.

Jetzt lebt sie unter uns und niemand kann sie sehen.
Niemand kann sie fassen
wohin wir auch gehen.
Wir können sie nicht fühlen, noch riechen weder hören.
Sie ist unsichtbar und doch ist sie da!

Seit Ausbruch der Zeit gehen alle Menschen vorsichtig durch die Strassen der Stadt.
Sie wenden sich und suchen.
Die Zeit ist überall. Sie ist unteilbar.
Und doch ist sie nirgends!
Manchmal steht sie auf den Nachttischen, neben den Menschen
und wartet bis sie aufwachen, dann setzt sie ihnen zu.

Die Menschen rennen, hasten aus ihren Häusern.
Sie schuften wie die Tiere und schultern Gewichte.
Sie sind uhr-hörig!
Die Zeit kann kommen, kann reifen und gehen.
Stets läuft sie davon ist flüchtig, ohne Wiederkehr.
Und doch ist sie da!

Manchmal steht sie still
und manchmal will sie nicht vergehen.
Aber die Zeit ist auch gütig!
Sie heilt Wunden, tröstet und bringt Rat.
Und doch kann sie niemand sehen!

Wie die Menschen aus ihren Fabrikhallen strömen
mahnt sie zur Hast und Eile und übt Druck aus.
Rennen, hasten in Warenhäuser, rempeln und schubsen.
Füllen Taschen und Körbe, blicken auf Uhren
und gehen nach Hause.

Hinter verschlossenen Türen lauert die Zeit.
Menschen lehnen sich zurück, nippen an Gläsern
und wippen mit Füssen.
Sie glauben an Ruhe und gemütliche Zeit. Wie naiv sie sind!
Doch tickt sie und pocht und zottelt und zuckt und …
Doch tickt sie und pocht und zottelt und zuckt und ...
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Jean-Claude,


die Idee ist hervorragend. Die Zeit als Entlaufende - fantastisch. In der Mitte ( Strophe 4, 5 und 6) aber beschreibst Du die Zeit nur, zwar recht schön, aber gerade die Idee mit dem Ausbruch reicht schon. Beschreib doch lieber nur die Jagd nach ihr.

cu
lap
 

Jongleur

Mitglied
Ausbruch der Zeit

Hi Jean-Claude,
ja, find ich auch eine super Idee, der Ausbruch!
Die Auswirkungen auf die Menschen, das ist spannend - die Erklärungen, was und wie die Zeit ist, sind mir zu direkt für ein Gedicht.
Aber allein diese Menschen in ihrem Suchen, in Unsicherheit, Irrtümern - da stecken Ideen für mehrere Gedichte!
- der Ausbruch
- ... gehen alle Menschen vorsichtiger durch die Strassen ... Sie wenden sich und suchen.
- steht sie auf den Nachttischen, ... wartet bis die Menschen aufwachen, dann setzt sie ihnen zu.
- Menschen lehnen sich zurück, nippen an Gläsern und wippen mit Füssen ... doch hinter den verschlossenen Türen lauert die Zeit ...
- Auch dass die Zeit "zuckt" wie ein schlagendes Herz! Toll!
jongleur
 



 
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