Die allerbesten Freunde

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Die allerbesten Freunde


Luca und Leon waren . . .

Luca und Leon waren die allerbesten Freunde.
Das Haus indem Luca wohnte, stand genau neben dem Haus
indem Leon wohnte.
Sie gingen in die selbe Klasse und spielten in der selben
Fußballmannschaft.
Luca war klein und flink, Leon war groß und stark.
Wenn andere Kinder Luca ärgern wollten, dann ballte Leon seine
Faust, machte sein allerbösestes Gesicht und verjagte die Kinder.
Und wenn Leon seine Trinkflasche auf dem Sportplatz vergessen
hatte, dann rannte Luca in Turbogeschwindigkeit zurück und holte sie.
„Und das wird auch immer so bleiben“, sagte Luca.
Leon nickte und meinte: „Weil wir nämlich die besten Freunde sind!“
„Die allerbesten Freunde“, fügte Luca hinzu.

Doch eines Tages . . .

Doch eines Tages, es war ein schöner sonniger Nachmittag, saß Luca mit verweinten Augen vor Leons Haustür.
„Was hast du denn?“, wollte Leon erfahren.
Luca schaute ihn aus roten Augen an.
„Wir ziehen um!“, flüsterte er.
„Nein!“, flüsterte Leon zurück.
„Doch!“, meinte Luca und seufzte tief.
Leon mußte sich erst einmal setzen.
Ganz heiß war ihm geworden und in seinem Kopf purzelten die Gedanken wild durcheinander.
„Aber das geht doch gar nicht“, stammelte er nach einer Weile.
„Und ob das geht“, schluchzte Luca.
„In zwei Wochen ziehen wir um, das ist ganz sicher!“
„Nein!“, sagte Leon noch einmal.
„Doch!“, meinte Luca und seufzte noch tiefer.
„Wo zieht ihr denn hin?“ wollte Leon wissen.
„Nach Heidelberg!“, antwortete Luca und ließ seinen Kopf noch tiefer hängen.
„So weit weg...“, schrie Leon entsetzt und fuhr sich mit den Händen durch seinen dichten Haarschopf.
„Aber was wollt ihr denn bloß in Heidelberg? Das ist doch mindestens fünftausend Kilometer von hier entfernt!“
Leon war richtig verzweifelt.
„Es sind nur einhundertfünfzig Kilometer! Papa hat dort einen neuen Arbeitsplatz gefunden!“, erklärte Luca mit trauriger Stimme.
„Und nun, was machen wir nun?“ fragte Leon.
Luca zuckte hilflos mit den Schultern.
„Nun kann uns nur noch ein Wunder helfen!“

Der nächste Tag . . .

Der nächste Tag war ein Sonntag.
Eigentlich mochte Leon Sonntage, schließlich mußte man am Sonntag nicht in die Schule gehen und sein Papa hatte auch endlich mal Zeit für ihn.
Doch an diesem Sonntag war alles ganz anders.
Leon hatte die ganze Nacht kein Auge zugemacht.
Immer wieder mußte er daran denken, was Luca gesagt hatte.
„Nur ein Wunder kann uns noch helfen!“
Also hatte er am Fenster gestanden, in den Sternenhimmel gestarrt und auf eine Sternschnuppe gehofft.
Sein Papa hatte ihm nämlich vor einiger Zeit erzählt, was es mit den Sternschnuppen auf sich hatte.
„Wenn eine Sternschnuppe vom Himmel fällt und man sie sieht, dann darf man sich schnell etwas wünschen und mit etwas Glück, geht dieser Wunsch dann in Erfüllung!“
„Das war doch so etwas wie ein Wunder!“, hatte Leon sich gedacht und solange in den Himmel geblickt, bis es vor seinen Augen zu schwirren begann.
Eine Sternschnuppe hatte er aber trotzdem nicht gesehen.
Und deswegen saß er nun mit schlechter Laune und total übermüdet, seinen Eltern beim Frühstück gegenüber.
„Wir haben eine Überraschung für dich Leon.“, versuchte die Mutter ihn aufzumuntern.
„Nach dem Frühstück fahren wir in den Erlebnispark!“
„Keine Lust...“, brummelte Leon obwohl er den Erlebnispark
große Klasse fand.
„Die wird schon noch kommen“, meinte der Vater und lächelte Leon aufmunternd zu.
„Also keine Widerrede, die Sache ist bereits beschlossen!“, bestimmte die Mutter.

Im Erlebnispark . . .

Im Erlebnispark war es echt Spitze.
Leon war schon dreimal mit der Achterbahn gefahren und stand jetzt zum vierten Mal bei der Wildwasserbahn an.
Fast hatte er seinen Kummer über Lucas Wegzug vergessen.
Doch plötzlich blieb sein Blick an einem kleinen bunten Zelt hängen.
Ein großes Schild baumelte über dem Eingang.
„Willst du wissen was die Zukunft bringt? Die Wahrsagerin Wanja verrät es dir!“
Leon bekam vor Aufregung eine Gänsehaut.
Sollte er reingehen? Er trat ein Stück näher und lauschte.
Im Zelt war es mucksmäuschenstill.
„Ganz schön unheimlich“, dachte Leon und wollte gerade wieder zu seinen Eltern laufen, als eine Frau hinausschaute.
„Komm nur herein!“
Ihre Stimme klang heiser.
„Ach ... ich weiß nicht“, stotterte Leon und hatte Gummiknie.
Doch dann fiel ihm die Sache mit dem Wunder wieder ein und er nahm seinen ganzen Mut zusammen.
„Sind Sie auch für Wunder zuständig?“ fragte er die Wahrsagerin Wanja mit brüchiger Stimme.
Wanjas Lachen klang wie tausend Reibeisen.
„Das kommt ganz darauf an“, antwortete Sie und strich sich mit den Fingern eine lange knallrote Haarsträhne aus dem Gesicht.
Leon lief ein Schauer über den Rücken, noch nie zuvor hatte er solange Fingernägel gesehen.
Pechschwarz waren sie!
„Was für ein Wunder brauchst du denn?“, fragte die Reibeisenstimme und verzog die blutroten Lippen zu einem freundlichen Lächeln.
„Es geht um meinen Freund... meinen allerbesten Freund“, sagte Leon.
Und dann erzählte er der Wahrsagerin Wanja die ganze Geschichte.
Zehn Minuten später stand er wieder neben seinen Eltern und mußte eine mächtige Standpauke über sich ergehen lassen, denn sie hatten ihn schon überall gesucht.
Doch Leon war´s egal.
Das rote Zettelchen, dass sich fest zusammengedrückt in seiner Hand befand, war die Schimpfe allemal wert.


In dieser Nacht . . .

In dieser Nacht konnte Leon wieder nicht schlafen.
Doch diesmal war ein kleiner roter Zettel für die Schlaflosigkeit verantwortlich - und nicht die fehlenden Sternschnuppen.
Am liebsten hätte er Luca den Zettel sofort gezeigt - gleich als sie aus dem Erlebnispark wieder zurück gekommen waren.
Aber der Vater hatte es ihm nicht erlaubt.
„Kommt überhaupt nicht in Frage!“ , meinte er und war noch immer ziemlich ärgerlich wegen dem Vorfall im Erlebnispark.
Zumal Leon nicht mit einem Wörtchen verraten wollte, wo er überhaupt gewesen war.
Das hatte er der Wahrsagerin Wanja fest versprechen müssen.
„Niemand außer dir und deinem allerbesten Freund Luca, darf etwas von dem Zettel erfahren“, hatte sie mit dunkler geheimnisvoller Stimme zum Abschied gesagt.
Ihre schwarz geschminkten Augen hatten dabei ganz grün und unheimlich gefunkelt.
„Wie bei einer Katze“, hatte Leon für einen Moment gedacht und wäre am liebsten aus dem Zelt gestürmt.
Was natürlich ziemlich dumm und obendrein ziemlich peinlich gewesen wäre.
Die Wahrsagerin Wanja sah zwar wirklich unheimlich aus, aber sie war echt nett.
Sogar extrem nett!
Und außerdem wurde Leon in drei Wochen neun Jahre alt und da fürchtete man sich doch nicht mehr vor einer Wahrsagerin mit schwarzen Fingernägeln und grünen funkelnden Augen.


Am nächsten Morgen . . .

Am nächsten Morgen rannte Leon sofort zu Luca rüber.
Fürs Frühstück nahm er sich keine Zeit.
Außerdem war er so aufgeregt, dass er sowieso keinen Bissen hinunter bekommen hätte.
„Luca, los du mußt sofort mitkommen“, schrie Leon seinem allerbesten Freund entgegen, als der ihm die Haustür öffnete.
„Aber ich habe noch nicht einmal mein Frühstück gegessen“, erwiderte Luca erstaunt.
„Vergiss das Frühstück und komm. Ich muss dir was zeigen und zwar sofort!“
Leon sprang vor lauter Ungeduld von einem Bein auf das andere.
Luca schnappte seinen Ranzen und schoss los.
„Luca!Wo willst du denn hin?“, rief Leon.
„Zum Geheimversteck“, brüllte Luca ohne sich umzudrehen.
„Du willst mir doch was zeigen. Was unglaublich wichtiges...“
Und schon war er um die Ecke verschwunden.
Leon rannte ihm nach.
Im Geheimversteck ließen sich die beiden allerbesten Freunde
nebeneinander auf die Bank plumpsen.
Leon holte den roten Knitterzettel aus seiner Hosentasche und
gab ihm Luca.
„Was ist das?“, wollte Luca wissen.
„Ein Wunder“, antwortete Leon und strahlte wie
tausend Weihnachtskerzen.
„Quatsch!“, meinte Luca und betrachtete das Knitterpapier in seiner Hand.
„Wetten?“, sagte Leon


„Gutschein für ein . . .

„Gutschein für ein Wunder!“ las Luca laut.
„Den hab ich von Wanja“, erklärte Leon und kratzte sich vor Aufregung am Kopf.
„Wer ist Wanja?“
Luca bekam Augen, groß wie Untertassen.
„Wanja ist Wahrsagerin und Wundermacherin...aber nur in ganz
dringenden Fällen!“
„Und woher kennst du die?“, wollte Luca wissen.
„Aus dem Erlebnispark. Du weißt doch, da war ich gestern mit meinen Eltern!“
Leon tat so, als ob es das normalste von der Welt wäre, eine
Wundermacherin zu kennen.
„Und was machen wir nun damit?“
„Blöde Frage“, antwortete Leon
„Stimmt gar nicht“, zischte Luca und war ein kleines bißchen beleidigt.
„Na, dann denk doch mal scharf nach. Du hast doch gesagt uns kann nur noch ein Wunder helfen. Hier ist es!“
Leon platzte fast vor Freude.
Aber Luca schien es noch immer nicht zu kapieren.
„Und was für ein Wunder sollen wir uns jetzt wünschen?“, überlegte er laut.
„Ich wüsste schon was“, meinte Leon.
Er flüsterte es Luca ins Ohr.
„Prima Idee!“, lachte Luca und schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
„Nee, bin ich ein Depp. Hab´s echt nicht verstanden!“
Dann wünschen sich die beiden allerbesten Freunde das ein Wunder geschehen würde, spukten sich in die Hände und verrieben sie miteinander.
So was tun nur die allerbesten Freunde.

Die Schule . . .

Die Schule zog sich wie Kaugummi.
Leon war so aufgeregt, dass er sich schon vier Mal verrechnet hatte.
Aufgeregt sein, konnte nämlich manchmal dumm machen.
Als es endlich zum Schulschluß klingelte, schnappten sich die beiden Freunde ihre Tornister und rannten los.
Luca schellte und klopfte zugleich an der Haustür, aber seine Mutter öffnetet nicht.
„So´n Ärger! Wo ist die denn?“, schimpfte er.
„Weiß auch nicht!“
Leon war enttäuscht.
Scheinbar hatte Wanja gelogen.
Kein Wunder – weit und breit!
Doch da kam Lucas Mutter mit zwei großen Tüten bepackt aus der
Garage.
„Ach, ihr seid aber früh da!“, wunderte sie sich.
„Wir haben uns beeilt.“
Lucas Stimme war nur ein Krächzen.
„Von wegen Wunder“, zischte er Leon leise zu.
Darauf wußte Leon nichts zu sagen.
Er drehte sich um und wollte mit gesenkten Kopf davon schleichen.
„Halt!“, rief Lucas Mutter.
„Ich habe ganz vergessen euch etwas zu sagen“, meinte sie geheimnisvoll.
„Was denn?“ Luca wurde es ganz heiß.
„Wir ziehen nicht um. Papa behält seinen alten Arbeitsplatz“, sagte sie fröhlich.
Leon drehte sich blitzschnell um und zwinkerte Luca zu.
„Und das wird auch immer so bleiben“, rief er erleichtert.
Luca nickte und meinte: „Weil wir nämlich die besten Freunde sind!“
„Die allerbesten Freunde“, fügte Leon lachend hinzu, „ von der ganzen großen Welt.“

©Antje Szillat
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
eine

recht nette geschichte. mich irritierte nur der name der wahrsagerin. wanja ist die koseform von iwan. warja ist die russische koseform von barbara. wie wäre es damit?
lg
 



 
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