Die vier himmlischen Gesellen

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August 2011


Die vier himmlischen Gesellen

Die vier himmlischen Gesellen saßen betrübt im Wirtshaus und ließen die Köpfe hängen. Sie hatten von den Menschen ihre Arbeitszeugnisse erhalten und sollten vor Gott treten und ihm Rechenschaft ablegen. Er wollte erfahren wie die Menschen über seine Diener dachten. Jetzt klagten sie einander beim Wein ihr Leid. „Ich habe versagt“, seufzte der Frühling, „ dabei gab ich mir solche Mühe. Den blauen Himmel breitete ich über die Lande aus, setzte kleine weiße Wolken darunter, Samen und Gräser ließ ich wachsen, die Blumen auf den Wiesen habe ich aufgeweckt, die Obstbäume mit weißen und rosafarbenen Blüten verziert, die Vögel zum morgendlichen Lobgesang vereint und deinen Dreck und Schmutz, lieber Freund Winter“, er zwinkerte seinem Tischgenossen zu, „habe ich auch weggeräumt. Aber man war nicht zufrieden mit mir. Sie haben sich beschwert. Last mich vorlesen, was sie mir ins Zeugnis schrieben: Den Heuschnupfen hat er uns gebracht, wir wurden mit Allergieen aller Art geplagt, die Sonne war entweder nicht warm genug oder sie schien zu warm. Er hat unsere Kräfte geraubt, wir waren nur noch matt, schlapp, müde, erschöpft. Viele von uns waren krank, Wir sind froh, wenn er weg ist und freuen uns auf den Sommer.“
Der Sommer nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas und begann: „Ja, in der Tat, sie haben sich auf mich gefreut und ich habe natürlich die Beschwerden über dich, lieber Frühling, gehört.“ Er streckte sich nach vorn um seiner Stimme mehr Gewicht zu verleihen. „Ich habe mich mächtig angestrengt, den Wolken erlaubte ich erst am späten Mittag über Land zu ziehen und zu regnen. Damit waren sie natürlich nicht einverstanden, sie schimpften oft und machten ordentlich Rabatz, Lärm, Blitze, Donner und manchmal sogar Sturzfluten. Ich ließ mich aber nicht umstimmen,denn ich wollte, dass mich die Menschen den grössten Teil der Tage genießen konnten. Ich lud sie ein, an Seen, Flüsse und ans Meer zu kommen und sich im kühlen Wasser zu vergnügen. Sie sollten ihre Speisen unter meinem endlosen, blauen Zeltdach genießen, abends und nachts sollten sie von Sternen und Mond berleuchtet, ihre Feste feiern. Den Bewohnern im Süden gab ich durch die Wärme Gelegenheit zu faulenzen und nicht arbeiten zu müssen. Das Wachstum der Früchte das du, Geselle Frühling, eingeleitet hast, trieb ich voran und bereitete es für dich, Geselle Herbst, vor. Die Bienen wies ich an fleissig zu sammeln, damit es viel Honig gibt, die Farben in Gottes Garten habe ich noch verstärkt, das Gras, welches die Bauern für ihr Vieh brauchen, ließ ich trocknen und verwandelte es in Heu, den Lavendel und die Rosen ließ ich wachsen sowie viele wohlriechende Kräuter. Die Menschen sollten mich auch durch ihre Nasen erkennen. Die vielen Beernfrüchte, Aprikosen, die prallen Pfirsiche, Melonen und das zahlreiche Gemüse will ich ja gar nicht weiter erwähnen, denn ich hab´s gern getan. Vor allem bescherte ich den Eisverkäufern große Gewinne. Aber all das war nicht gut genug.“ Er schluckte, rollte das Papier aus und las vor: Die Hitze war nicht auszuhalten. Tagsüber konnte man das Haus nicht verlassen, die Fensterläden mußten geschlossen bleiben, damit die Temperaturen in unseren Wohnungen erträglich blieben., die Klimaanlagen in unseren Büros und Einkaufszentren liefen auf Hochtouren, verursachten hohe Stromrechnungen und machten uns krank. Die Mücken, Bienen und Wespen waren eine Plage.“ Er blickte kurz auf: „Die schreibende Zunft hat sich ebenfalls über mich beschwert. Ich hätte sie in ein tiefes schwarzes Loch gerissen, aus dem sie sich nur mit übertriebenen Reportagen, erfundenen Skandalen und halbwahren Geschichten befreien konnten. Alle vermissten ihre Könige und erwarteten sehnlichst den Herbst.“
„Oh warte“, wehrte Geselle Herbst ab. Er rückte sein Glas zur Seite und rollte sein Zeugnis aus.“ Tatsächlich sehnten sie mich herbei. Sofort nach Dienstantritt habe ich mich um die Sonne gekümmert und ihre Kraft um mindestens die Hälfte gedrosselt, vor allem habe ich dabei an die Winzer gedacht, die den ganzen Tag in den Weinbergen bei der Ernte sind. Vielen Dank übrigens, euch beiden Gesellen Frühling und Sommer, ihr habt in der Tat gute Vorarbeit geleistet. Ich ließ eine überreiche Ernte einfahren, füllte ihre Vorratskammern mit Äpfeln, Nüssen, Trauben, Quitten, Hagebutten und Kürbissen bis an den Rand. Wein, Most und Säfte aller Art konnten sie bei mir pressen. Für die Kinder ließ ich Kastanien von den Bäumen fallen aus denen sie Figuren basteln konnten. Der Natur zog ich ein goldgelbes Kleid an und die Ahornwälder ließ ich ganz ohne Feuer brennen. Die Kunst der Spinnen, deren Netze, verzierte ich mit meinem Tau. In den Wirtshäusern ließ ich Wildbret und Schlachtplatten auftischen um sie für deine Zeit, Freund Winter, vorzubereiten. Ein Teil meiner Zeit gehört der Melancholie, der Traurigkeit, dem Abschied, wenn ich dichte Nebel über die Erde rollen lasse, den Stürmen erlaube über Flure und durch Wälder zu tanzen und die letzten Blätter von den Bäumen zu schütteln und das hier ist mein Zeugnis Urteilt selbst: Stürme und Kälte hat er uns gebracht, die Sonne geraubt, Nässe, Husten, Schnupfen gebracht, die Tage hat er uns verkürzt, die Nächte verlängert. Ein übler Geselle ist er, eine grauenvolle Jahreszeit. Wir erwarten und freuen uns auf den Winter mit hoffentlich viel Schnee.“
Jetzt war der Geselle Winter an der Reihe. Er warf sein Zeugnis auf den Tisch und schüttelte ratlos den Kopf: „Ich verstehe noch immer nicht, was ich falsch gemacht habe. Du, Freund Herbst, hattest mir ja mitgeteilt, was sie sich wünschen und das habe ich ihnen über die Maßen geschenkt. Ich hoffte, sie dadurch wieder mit uns zu versöhnen. Nun, dazu war eine gewisse Vorarbeit nötig. Zuerst besprach ich mich mit der Sonne. Ich senkte ihre Arbeitsstunden und gab ihr viel Freizeit. Die Natur schickte ich in einen tiefen Schlaf. Ich ließ die Kälte mit Väterchen Frost über die Lande ziehen und packte anschließend mein Geschenk aus. Schnee soviel die Erde nur tragen konnte. Ich bedeckte die Natur und ihre Stätdte mit dem hellsten und reinsten Weiß das man sich vorstellen kann.
Im Schnee sollten sie spielen, Ski laufen oder mit dem Schlitten fahren. Ich freute mich an den Schneemännern mit ihren Karottennasen. Die armen Räuchermännchen, die das ganze Jahr in dunklen Schränken stehen mußten, rauchten wieder fröhlich ihre wohlduftenden Pfeiffen. Das große Fest der Gemeinde Christi sollte in weißem Kleid gefeiert werden und so ließ ich zu seinem Geburtstag eine extra Portion Schnee auf die Erde rieseln und ich prüfte selbst jede einzelne Flocke an diesem Tag bevor ich ihr den Weg hinab zur Erde erlaubte. Die geschmückten Bäume funkelten, einer prächtiger und glänzender als der andere und Geschenke gingen hin und her, über die Maßen. Vor dem Fest ließ ich Sankt Nikolaus durch die Welt reisen und den Kindern Süßigkeiten in ihre Schuhe stecken, auf Märten wurde der Wein mit Zimt, Piment, Orangen, Zitronen und Anis vermischt und erfreute alle Besucher und dem Jahr setzte ich ein grandioses Ende mit Feuerwerk, Blitz und Donner, fröhlichem Feiern und ich versprach ihnen, daß ihr drei alle wieder zurückkehren, alles wieder zum Blühen, alles mit frischen Farben und neuem Leben erwecken würdet. Und das war´s was sie mir ins Zeugnis schrieben: Es gibt keine schlimmere Jahreszeit. Kaum Sonne, nur Kälte, Schnee, Matsch. Tausende müssen früher aufstehen um rechtzeitig an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Die Scheeräumdienste waren rund um die Uhr beschäftigt, das verstreute Salz schadet der Umwelt. Auf den Straßen und in den Städten herrscht das nackte Chaos. Die Kaufhäuser werden zu Kriegsschauplätzen. Alles kämpft, schiebt, drückt, stößt, schimpft und flucht sich durch die Gänge, jeder hastet an den Regalen entlang um in letzter Minute doch noch das passende Geschenk zu finden. Immer mehr von uns Menschen leiden gerade in dieser Zeit an Depressionen und Erschöpfung. Die Einsamkeit sitzt jetzt bei vielen am Tisch und auf dem Sofa. Alles klagt über die Arbeit die mit dem Fest einher geht. Zwischen den Beschenkten geht der Neid um. Ärzte warnen. Alle stöhnen, ächzen und fragen: wann ist diese Zeit vorbei? Wenn nur schon der Frühling käme!

Mit traurigen Gesichtern machten sich die vier Gesellen zu Gott auf um ihm ihre Zeugnisse zu zeigen. Der las sie sich amüsiert durch und sprach:
„Geht zurück, arbeitet nun gemeisam und gebt den Menschen was sie wollen, sobald sie es aussprechen, denn, des Menschen Wille ist sein Himmelreich!“
So gingen sie zurück in die Welt und berieten sich. Sie kamen überein, daß sie sich während der Arbeitszeit des Frühlings, im Monat April, treffen wollten. Gesagt, getan! Während die drei anderen Geselle Frühling bei seiner Arbeit zusahen, hörten sie jemanden schimpfen: „Wenn´s doch nur wärmer wäre!“
Sofort setzte Geselle Sommer alle Hebel in Bewegung und brachte die Sonne zum Glühen. Kaum hatten sie diesen Wunsch erfüllt, hörten sie einen anderen stöhnen: „ Viel zu heiß für diese Jahreszeit.“ Gleich sprang Geselle Winter zu Hilfe und ließ die Temperaturen sinken, so daß alles gefror, anschließend schickte er einen eisigen Schneeschauer über´s Land.
„ So ein Mistwetter“, schrie einer in den Wind, „ich hab erst gesäht, jetzt wird alles erfrieren!“ Jetzt bemühte sich Geselle Herbst. Er schickte einen starken Wind um die Schneewolken von Geselle Winter zu vertreiben, ließ es donnern und blitzen, schickte schwere Regenwolken nach und wusch den Schnee weg. Anschließend kam ein schwerer, trockener Herbststurm um alles abzutrocknen. Zu guter Letzt tat die Sonne wie ihr geheißen und brachte den Erdboden mit ihren warmen Strahlen zum Dampfen.
Das tat einer alten Dame nicht gut, die sich hinlegen musste und stöhnte: Mein Kreislauf, mein Kreislauf!
Abermals traten die vier Gesellen ratlos vor Gott, beichteten ihm und erzählten, daß es ihnen wiederum nicht gelang die Menschen zufrieden zu machen. Der Ewige lachte herzlich: „Das schaffe nicht mal ich und ich bin euer aller Schöpfer! Aber gebt mir nun eure Zeugnisse, ich will sie zerreissen!

Ende
 
Nette (und vor allem treffende) Geschichte, die sich allerdings durch mehr Absätze (vor allem im langen Mittelteil) noch ein bisschen besser lesen lassen würde.
 
Antwort auf Christa

Hallo, grüss dich Christa

Danke für den Tipp, wird "nachgeholt". Schöne Weihnachtstage und guten Rutsch-hoffentlich ohne Arm- und Beinbruch ...
Grüsse vom Thomas
 
August 2011


Die vier himmlischen Gesellen

Die vier himmlischen Gesellen saßen betrübt im Wirtshaus und ließen die Köpfe hängen. Sie hatten von den Menschen ihre Arbeitszeugnisse erhalten und sollten vor Gott treten und ihm Rechenschaft ablegen. Er wollte erfahren wie die Menschen über seine Diener dachten. Jetzt klagten sie einander beim Wein ihr Leid.
„Ich habe versagt“, seufzte der Frühling, „ dabei gab ich mir solche Mühe. Den blauen Himmel breitete ich über die Lande aus, setzte kleine weiße Wolken darunter, Samen und Gräser ließ ich wachsen, die Blumen auf den Wiesen habe ich aufgeweckt, die Obstbäume mit weißen und rosafarbenen Blüten verziert, die Vögel zum morgendlichen Lobgesang vereint und deinen Dreck und Schmutz, lieber Freund Winter“, er zwinkerte seinem Tischgenossen zu, „habe ich auch weggeräumt. Aber man war nicht zufrieden mit mir. Sie haben sich beschwert. Last mich vorlesen, was sie mir ins Zeugnis schrieben: Den Heuschnupfen hat er uns gebracht, wir wurden mit Allergieen aller Art geplagt, die Sonne war entweder nicht warm genug oder sie schien zu warm. Er hat unsere Kräfte geraubt, wir waren nur noch matt, schlapp, müde, erschöpft. Viele von uns waren krank, Wir sind froh, wenn er weg ist und freuen uns auf den Sommer.“

Der Sommer nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas und begann: „Ja, in der Tat, sie haben sich auf mich gefreut und ich habe natürlich die Beschwerden über dich, lieber Frühling, gehört.“ Er streckte sich nach vorn um seiner Stimme mehr Gewicht zu verleihen. „Ich habe mich mächtig angestrengt, den Wolken erlaubte ich erst am späten Mittag über Land zu ziehen und zu regnen. Damit waren sie natürlich nicht einverstanden, sie schimpften oft und machten ordentlich Rabatz, Lärm, Blitze, Donner und manchmal sogar Sturzfluten. Ich ließ mich aber nicht umstimmen,denn ich wollte, dass mich die Menschen den grössten Teil der Tage genießen konnten. Ich lud sie ein, an Seen, Flüsse und ans Meer zu kommen und sich im kühlen Wasser zu vergnügen. Sie sollten ihre Speisen unter meinem endlosen, blauen Zeltdach genießen, abends und nachts sollten sie von Sternen und Mond berleuchtet, ihre Feste feiern. Den Bewohnern im Süden gab ich durch die Wärme Gelegenheit zu faulenzen und nicht arbeiten zu müssen. Das Wachstum der Früchte das du, Geselle Frühling, eingeleitet hast, trieb ich voran und bereitete es für dich, Geselle Herbst, vor. Die Bienen wies ich an fleissig zu sammeln, damit es viel Honig gibt, die Farben in Gottes Garten habe ich noch verstärkt, das Gras, welches die Bauern für ihr Vieh brauchen, ließ ich trocknen und verwandelte es in Heu, den Lavendel und die Rosen ließ ich wachsen sowie viele wohlriechende Kräuter. Die Menschen sollten mich auch durch ihre Nasen erkennen. Die vielen Beernfrüchte, Aprikosen, die prallen Pfirsiche, Melonen und das zahlreiche Gemüse will ich ja gar nicht weiter erwähnen, denn ich hab´s gern getan. Vor allem bescherte ich den Eisverkäufern große Gewinne. Aber all das war nicht gut genug.“ Er schluckte, rollte das Papier aus und las vor: Die Hitze war nicht auszuhalten. Tagsüber konnte man das Haus nicht verlassen, die Fensterläden mußten geschlossen bleiben, damit die Temperaturen in unseren Wohnungen erträglich blieben., die Klimaanlagen in unseren Büros und Einkaufszentren liefen auf Hochtouren, verursachten hohe Stromrechnungen und machten uns krank. Die Mücken, Bienen und Wespen waren eine Plage.“ Er blickte kurz auf: „Die schreibende Zunft hat sich ebenfalls über mich beschwert. Ich hätte sie in ein tiefes schwarzes Loch gerissen, aus dem sie sich nur mit übertriebenen Reportagen, erfundenen Skandalen und halbwahren Geschichten befreien konnten. Alle vermissten ihre Könige und erwarteten sehnlichst den Herbst.“

„Oh warte“, wehrte Geselle Herbst ab. Er rückte sein Glas zur Seite und rollte sein Zeugnis aus.“ Tatsächlich sehnten sie mich herbei. Sofort nach Dienstantritt habe ich mich um die Sonne gekümmert und ihre Kraft um mindestens die Hälfte gedrosselt, vor allem habe ich dabei an die Winzer gedacht, die den ganzen Tag in den Weinbergen bei der Ernte sind. Vielen Dank übrigens, euch beiden Gesellen Frühling und Sommer, ihr habt in der Tat gute Vorarbeit geleistet. Ich ließ eine überreiche Ernte einfahren, füllte ihre Vorratskammern mit Äpfeln, Nüssen, Trauben, Quitten, Hagebutten und Kürbissen bis an den Rand. Wein, Most und Säfte aller Art konnten sie bei mir pressen. Für die Kinder ließ ich Kastanien von den Bäumen fallen aus denen sie Figuren basteln konnten. Der Natur zog ich ein goldgelbes Kleid an und die Ahornwälder ließ ich ganz ohne Feuer brennen. Die Kunst der Spinnen, deren Netze, verzierte ich mit meinem Tau. In den Wirtshäusern ließ ich Wildbret und Schlachtplatten auftischen um sie für deine Zeit, Freund Winter, vorzubereiten. Ein Teil meiner Zeit gehört der Melancholie, der Traurigkeit, dem Abschied, wenn ich dichte Nebel über die Erde rollen lasse, den Stürmen erlaube über Flure und durch Wälder zu tanzen und die letzten Blätter von den Bäumen zu schütteln und das hier ist mein Zeugnis Urteilt selbst: Stürme und Kälte hat er uns gebracht, die Sonne geraubt, Nässe, Husten, Schnupfen gebracht, die Tage hat er uns verkürzt, die Nächte verlängert. Ein übler Geselle ist er, eine grauenvolle Jahreszeit. Wir erwarten und freuen uns auf den Winter mit hoffentlich viel Schnee.“

Jetzt war der Geselle Winter an der Reihe. Er warf sein Zeugnis auf den Tisch und schüttelte ratlos den Kopf: „Ich verstehe noch immer nicht, was ich falsch gemacht habe. Du, Freund Herbst, hattest mir ja mitgeteilt, was sie sich wünschen und das habe ich ihnen über die Maßen geschenkt. Ich hoffte, sie dadurch wieder mit uns zu versöhnen. Nun, dazu war eine gewisse Vorarbeit nötig. Zuerst besprach ich mich mit der Sonne. Ich senkte ihre Arbeitsstunden und gab ihr viel Freizeit. Die Natur schickte ich in einen tiefen Schlaf. Ich ließ die Kälte mit Väterchen Frost über die Lande ziehen und packte anschließend mein Geschenk aus. Schnee soviel die Erde nur tragen konnte. Ich bedeckte die Natur und ihre Stätdte mit dem hellsten und reinsten Weiß das man sich vorstellen kann.
Im Schnee sollten sie spielen, Ski laufen oder mit dem Schlitten fahren. Ich freute mich an den Schneemännern mit ihren Karottennasen. Die armen Räuchermännchen, die das ganze Jahr in dunklen Schränken stehen mußten, rauchten wieder fröhlich ihre wohlduftenden Pfeiffen. Das große Fest der Gemeinde Christi sollte in weißem Kleid gefeiert werden und so ließ ich zu seinem Geburtstag eine extra Portion Schnee auf die Erde rieseln und ich prüfte selbst jede einzelne Flocke an diesem Tag bevor ich ihr den Weg hinab zur Erde erlaubte. Die geschmückten Bäume funkelten, einer prächtiger und glänzender als der andere und Geschenke gingen hin und her, über die Maßen. Vor dem Fest ließ ich Sankt Nikolaus durch die Welt reisen und den Kindern Süßigkeiten in ihre Schuhe stecken, auf Märten wurde der Wein mit Zimt, Piment, Orangen, Zitronen und Anis vermischt und erfreute alle Besucher und dem Jahr setzte ich ein grandioses Ende mit Feuerwerk, Blitz und Donner, fröhlichem Feiern und ich versprach ihnen, daß ihr drei alle wieder zurückkehren, alles wieder zum Blühen, alles mit frischen Farben und neuem Leben erwecken würdet. Und das war´s was sie mir ins Zeugnis schrieben: Es gibt keine schlimmere Jahreszeit. Kaum Sonne, nur Kälte, Schnee, Matsch. Tausende müssen früher aufstehen um rechtzeitig an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Die Scheeräumdienste waren rund um die Uhr beschäftigt, das verstreute Salz schadet der Umwelt. Auf den Straßen und in den Städten herrscht das nackte Chaos. Die Kaufhäuser werden zu Kriegsschauplätzen. Alles kämpft, schiebt, drückt, stößt, schimpft und flucht sich durch die Gänge, jeder hastet an den Regalen entlang um in letzter Minute doch noch das passende Geschenk zu finden. Immer mehr von uns Menschen leiden gerade in dieser Zeit an Depressionen und Erschöpfung. Die Einsamkeit sitzt jetzt bei vielen am Tisch und auf dem Sofa. Alles klagt über die Arbeit die mit dem Fest einher geht. Zwischen den Beschenkten geht der Neid um. Ärzte warnen. Alle stöhnen, ächzen und fragen: wann ist diese Zeit vorbei? Wenn nur schon der Frühling käme!

Mit traurigen Gesichtern machten sich die vier Gesellen zu Gott auf um ihm ihre Zeugnisse zu zeigen. Der las sie sich amüsiert durch und sprach:
„Geht zurück, arbeitet nun gemeisam und gebt den Menschen was sie wollen, sobald sie es aussprechen, denn, des Menschen Wille ist sein Himmelreich!“

So gingen sie zurück in die Welt und berieten sich. Sie kamen überein, daß sie sich während der Arbeitszeit des Frühlings, im Monat April, treffen wollten. Gesagt, getan! Während die drei anderen Geselle Frühling bei seiner Arbeit zusahen, hörten sie jemanden schimpfen: „Wenn´s doch nur wärmer wäre!“
Sofort setzte Geselle Sommer alle Hebel in Bewegung und brachte die Sonne zum Glühen. Kaum hatten sie diesen Wunsch erfüllt, hörten sie einen anderen stöhnen: „ Viel zu heiß für diese Jahreszeit.“ Gleich sprang Geselle Winter zu Hilfe und ließ die Temperaturen sinken, so daß alles gefror, anschließend schickte er einen eisigen Schneeschauer über´s Land.
„ So ein Mistwetter“, schrie einer in den Wind, „ich hab erst gesäht, jetzt wird alles erfrieren!“ Jetzt bemühte sich Geselle Herbst. Er schickte einen starken Wind um die Schneewolken von Geselle Winter zu vertreiben, ließ es donnern und blitzen, schickte schwere Regenwolken nach und wusch den Schnee weg. Anschließend kam ein schwerer, trockener Herbststurm um alles abzutrocknen. Zu guter Letzt tat die Sonne wie ihr geheißen und brachte den Erdboden mit ihren warmen Strahlen zum Dampfen.
Das tat einer alten Dame nicht gut, die sich hinlegen musste und stöhnte: Mein Kreislauf, mein Kreislauf!

Abermals traten die vier Gesellen ratlos vor Gott, beichteten ihm und erzählten, daß es ihnen wiederum nicht gelang die Menschen zufrieden zu machen. Der Ewige lachte herzlich: „Das schaffe nicht mal ich und ich bin euer aller Schöpfer! Aber gebt mir nun eure Zeugnisse, ich will sie zerreissen!

Ende
 



 
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