Dieses Teufelsweib!

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seelenstimme

Mitglied
Zwei Studenten um die zwanzig
zum Mittagessen treffen sich.

Kommt der eine um die Ecke,
Ist gerannt die ganze Strecke.

"Mein Freund du wirst es nicht glauben!
Ich hab ein Rad, ohne zu rauben!

Ich war doch gestern da im Wald
und machte an einem Baum halt.

Da kam ein Mädchen mit 'nem Rad
angefahren über den Pfad.

Als sie mich sah, da hielt sie an.
Ich fragte wie ich helfen kann.

Das Mädel fackelte nicht lang,
geführt vom Abenteuerdrang,

All ihre Klamotten flogen
neben das Rad auf den Boden.

Mit rauer Stimme sprach sie dann,
dass ich ihr wirklich helfen kann:

"Komm jetzt und nimm dir was du willst,
damit du dir deinen Wunsch erfüllst."

Genau das hab ich auch gemacht,
hab gar nicht lange nachgedacht."

"Mein Freund, ich hätt' genau wie du,
das Rad genommen ganz im Nu.

Denn weißt du, dieses Teufelsweib,
wollt dich nutzen zum Zeitvertreib,

Es wollte eigentlich nur sehn,
wie dir ihre Kleider stehn!"
 
I

inken

Gast
das teil hat was - ich musste schmunzeln und ich denke, so blöd können eigentlich nur studierte sein :)

lg inken
 

MuusTri

Mitglied
Ja, der Witz schon...

Du solltest an der Form arbeiten, denn so wie es jetzt ist, passt es einfach nicht ins Forum "Lyrik".

Gruß,

Tristan
 

seelenstimme

Mitglied
Lieber Tristan!
Hättest du einen konkreten Vorschlag??
Mir wurde mal gesagt, bei Reimgedichten solle man darauf achten, dass alle Zeilen gleich viele Verse haben. Und reimen tut es sich ja... Ehrlich gesagt bin ich verwirrt :D
Erklährst du mir, was du meinst??
Liebe Grüße
Anna
 

MuusTri

Mitglied
Gerne, Anna,

ich muss mich ohnehin bei dir entschuldigen, denn es ist in dem Sinne ja nicht wirklich festgelegt, was Lyrik ist und was nicht.
Bei dem allgemeinen Verständnis von Lyrik kommt es jedoch nicht in erster Linie darauf an, dass sich das ganze reimt.
Aber das weißt du sicher.
Ich bin der Meinung, es kommt mehr auf den Sprachfluss an.
Bei deinem wirklich lustigen Werk läuft das aber genau andersherum, was mich auch gestört hat.
In der ersten Strophe stolpert man schon über die erste Verdrehung.
Treffen sich zum Mittagessen, müsste es ja eigentlich heißen.
Dadurch lässt sich das ganze schwer lesen.
Und zur Wirkung als Lyrik gehört für michg eindeutig noch Sprachspiel und das kann ich hier nicht finden.
Du spielst mehr mit der inhaltlichen Wirkung, was dir schon gut gelingt.
Mein Vorschlag wäre, länger nach Reimen suchen und wenn nichts gutes dabei ist, einfach die Strophe noch mal neu anfangen.
Ich hoffe, ich konnte die Verwirrung beseitigen ;)

Lieben Gruß,

Tristan
 

presque_rien

Mitglied
Hallo seelenstimme,

Mir wurde mal gesagt, bei Reimgedichten solle man darauf achten, dass alle Zeilen gleich viele Verse haben.
?!?!? Also ein "Vers" IST die "Zeile" eines Gedichts. Was du vielleicht meinst ist "Fuß" oder auch "Silbe" - aber auch dann stimmt die obige Aussage hinten und vorne nicht! Was Reimgedichte haben sollten ist ein durchgehendes Metrum, und dahingehend müsste man dein Gedicht einmal komplett überarbeiten. Es gibt viele sehr gute Einführungen ins Metrum, nicht zuletzt auch bei Wikipedia... (Übrigens sind auch bei deinen Reimen zwei bis drei unreine dabei.)

Inhaltlich finde ich es leider auch uninteressant, da ich den Witz schon kannte und er für mich in der Gedichtform auch nichts hinzugewinnt.

Lg presque
 

seelenstimme

Mitglied
Lieber Tristan!
Danke für dein Erklärung und du brauchst dich nicht zu entschuldigen! Ich war lediglich verwirrt :D
Aber ich verstehe deinen Standpunkt.
Wahrscheinlich kann man Lyrik gar nicht genau definieren...
Aber deine Aussagen, dass man lustige Gedichte flüssig lesen sollte, also ohne Wortdreher und so... da ist was dran, das werde ich mir merken, für nächste mal!
Danke dafür!

Hallo Presque!
[red]du vielleicht meinst ist "Fuß" oder auch "Silbe"[/red]
:O
Oh, ja natürlich meine ich Silbe!!
Also müssen aller Verse gar nicht gleich viele Silben haben, wenn das Metrum stimmt?? Oder kann das Metrum nur stimmen wenn überall gleich viele Silben sind??

Liebe Grüße
Anna
 

presque_rien

Mitglied
Hi seelenstimme,

bei der Silbenanzahl muss bei der üblichen Reimlyrik eine gewisse Gleichmäßigkeit bestehen - wie diese genau aussieht, da hat der Dichter relativ viele Möglichkeiten.

Hier eins meiner Lieblingsgedichte von JoteS ("Abschied"):
Wer ist der Herr, von dem Du sprachst?
Hab keinen Schimmer.
Dein Haus steht grau an seinem Platz,
Genau wie immer.
Wie Wachs liegst Du nun aufgebahrt,
So muss es enden.
Man sagt, es läge nun der Rest
In Gottes Händen.
Zu selten hab ich Dich besucht,
Nun geht es nimmer.
Genau wie sonst fehlst Du mir nicht,
Nur heute schlimmer.
Das Gedicht hat eine sehr schöne Melodie, obwohl die Verse abwechselnd 8 und 5 Silben haben - und es ist formal stimmig, obwohl sich nicht alles reimt. Das liegt daran, dass die Unregelmäßigkeiten ein System haben, und dass ein einheitliches Metrum (= ein Abfolgemuster von betonten und unbetonten Silben) vorliegt, nämlich ein "Jambus": Jede zweite Silbe ist betont, immer angefangen mit der jeweils zweiten Silbe eines Verses. Man sieht also, die unterschiedliche Silbenanzahl und die fehlenden Reime stören nicht, sondern ganz im Gegenteil: Sie sorgen für die Melancholie in der Form, die so den Inhalt des Gedichts wiederspiegelt. Gute Form ist also viel mehr als bloße Formalität.

Ein anderes Beispiel, von viktor ("Grenzdebile Sommertunte"):
Grenzdebile Sommertunte,
riechst du nicht des Herbstes Lunte?
Für ein Fass gepanschten Wein
lädst du diesen Freier ein?

Für zwei Äpfel und ne Birne
schenkst du ihm die Sonne, Dirne!
Warum lässt du diesen Bock
unter deinen hellen Rock?

Siehst du nicht den Kerl dahinter,
seinen wahren Herrn, den Winter,
der die Hände reibt und lacht?
Troll dich Sommer, gute Nacht!
Hier haben die Verse wiederum unterschiedlich viele Silben: Die jeweils ersten beiden Verse jeder Strophe haben jeweils 8 Silben, die jeweils letzten beiden Verse jeder Strophe jeweils 7 Silben. Aber auch hier ist das Gedicht formal perfekt, weil die Unregelmäßigkeit System hat, und weil das Metrum durchgehend ist, ein "Trochäus": Jede zweite Silbe ist betont, immer angefangen mit der jeweils ersten Silbe eines Verses. Übrigens haben die Verse hier zwar unterschiedlich viele Silben, aber (im Unterschied zu JoteS' Gedicht) immer gleich viele Hebungen (= betonte Silben) - nämlich vier. Auch die Hebungen sind ein wichtiges Kriterium für die Regelmäßigkeit eines Reimgedichts, aber auch bei Hebungen heißt "Regelmäßigkeit" nicht automatisch "gleiche Anzahl" (wie JoteS' Gedicht zeigt).

Und noch ein Beispiel, von Walther ("[Fac.k.tum]"):
Grad erst klaren Geist beteuert
Schon bin ich total bescheuert
Wie vom Wahnsinn angeheuert
Und von Irrsinn angefeuert

Und ich schaue in den Spiegel
Geb mir selber Brief und Siegel
Oben fehln mir ein paar Ziegel
Denken sirrt so wie im Tiegel

Aus dem Scheiß statt Eisen fließt
Weil der Ofen Schwachsinn gießt
Aus dem Spundloch Dummheit schießt
Was den Eigner sehr verdrießt

Ich gehöre runderneuert
Doch selbst das wär überteuert
Wie mir etwas angesäuert
Wieder klarer Geist beteuert
Hier haben tatsächlich alle Verse jeder Strophe jeweils gleich viele Silben! Aber man merkt, dass eine solche Gleichförmigkeit relativ anstrengend ist, oder? Zu diesem Gedicht passt diese Form - gestützt durch das ungewöhnliche Reimschema - sehr gut: Es wirkt gehetzt, formal wie inhaltlich. Aber eine solche Form ist eben nicht DIE EINE perfekte Form.

Fazit: Ein regelmäßiges Metrum ist die Grundlage eines Reimgedichts. Die Anzahl der Silben und Hebungen muss hingegen nicht in jedem Vers gleich sein, sollte aber einem erkennbaren Muster folgen. Verse mit unterschiedlicher Silbenanzahl können dasselbe Grundmetrum haben. Die Bedeutung des Reims ist geringer als die des Rhytmus.

Jetzt aber nochmal zu deinem Gedicht:
Ich habe nicht alles nachgezählt, aber bei dir haben nicht alle Verse die gleiche Silbenanzahl von 8 Silben: Vers sechs hat 9, der letzte Vers 7. Aber viel schlimmer ist, dass kein durchgehendes Metrum - also kein Muster von betonten und unbetonten Silben - erkennbar ist. Du hast zwar an einigen Stellen einen klaren Rhytmus, hier z.B. Trochäus:
Kommt der eine um die Ecke,
Ist gerannt die ganze Strecke.
Und hier Jambus:
"Mein Freund, ich hätt' genau wie du,
das Rad genommen ganz im Nu.
Aber es gibt eben keine Regelmäßigkeit. Über die einzelnen Metren - da gibts neben Jambus und Trochäus natürlich noch mehr - kannst du dich, wie gesagt, am besten bei Wikipedia oder auf anderen Seiten informieren. Da muss man sich ganz in Ruhe einarbeiten, und ich kann das Ganze hier auch nur in Grundzügen und vielleicht auch nicht gänzlich richtig erklären.

Lg presque
 

seelenstimme

Mitglied
Hallo presque!
Vielen vielen Dank!!!
Du hast dir wirklich Mühe gemacht, und es hat was genützt!! ich dachte bis jetzt immer, das wichtigste wären die Siben, aber wie ich gerade feststelle, stimmt das gar nicht. :)
Ich gebe zu ich habe bis jetzt nie auf ein Metrum geachtet, das wird sich jetzt ändern :)
Eine Frage noch: Gild das mit dem Metrum auch für Gedichte, die sich nicht reimen???

Vielen Dank noch mal!
Liebe Grüße
Anna
 

Walther

Mitglied
Hallo Seelenstimme,

die Sache ist wirklich sehr kompliziert, leider. Ich möchte einmal Deine Fragen wie folgt beantworten:

(1) Versmaße und Reime haben erst einmal nichts mit einander zu tun; wenn Du einmal beispielsweise Hölderlin nimmst, der griechische Metren in die deutsche Lyrik übertragen hat, wirst Du sehen, was ich damit meine.

(2) Nun ist es in der Tat so, daß gereimte Lyrik in der Regel ein festes Versmaß hat.

(3) Des Weiteren gibt es Dichter, die ungereimte Texte quasi "metriklos" formulieren. Viele nennen das Vers libre, den freien Vers, ohne oft wirklich zu wissen, wovon sie sprechen.

Als Hinweis zum Nachlesen hier Literatur für Dich:

Martina Weber et al.: Lyrik schreiben und veröffentlichen - Zwischen Handwerk und Inspiration, Uschtrin-Verlag, München 2008. 2. und völlig überarbeitete Auflage, 236 Seiten, ISBN 978-3-932522-09-3

Raoul Schrott, Die Erfindung der Poesie, Gedichte aus den ersten viertausend Jahren, Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), München, 1999, 2. Auflage 2003,
ISBN 3-423-13144-6

Andreas Thalmayr, Lyrik nervt! - Erste Hilfe für gestresste Leser, Carl-Hanser-Verlag, München/Wien 2004, gebunden, ISBN 3-446-20448-2

Wolfgang Kayser, Kleine deutsche Versschule, 26. Auflage 1999, A. Francke Verlag, Tübingen und Basel, ISBN 3-7720-1426-7

Dieter Breuer, Deutsche Metrik und Versgeschichte, 4. Auflage 1999, Wilhelm Fink Verlag, München, ISBN 3.7705-2711-9

Literaturzeitschrift Asphaltspuren, http://www.asphaltspuren.de (eine unter vielen, da mache ich mit :))

Mehr Literatur auch hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Verslehre

Ich rege an, Du fängst mit Martina Weber an, gräbst Dich dann durch Herrn Thalmayer durch (sehr spaßig) - hinter dem übrigens ein bekannter deutscher Lyriker steckt, das ist nur ein Pseudonym, ich verrat's aber nicht, wer :D -, um über Raoul Schrott, danach bist Du endgültig in die Lyrik verliebt, garantiert, zur richtigen "Verskunde" zu kommen.

Viel Spaß und Glück auf!!!

Gruß der W.
 

Leise Wege

Mitglied
Hallo Seelenstimme,

den Inhalt finde ich lustig, die Form eher wie einen Rohbau. Lyrik ist nicht nur Reimwortsätzchen finden, das allein ergibt leider keinen Klang und erstickt gute Ideen. Oben von meinen Mitkommentatoren prima Vorschläge, wie man sich ins Reich der Lyrik hineinfinden kann. Viel Spaß dabei!

Lieben Gruß
Moni
 

seelenstimme

Mitglied
Lieber Walter!
Vielen Dank für die Links und Anmerkungen!
Es wird wohl eine Weile dauern, bis ich mich durchgewühlt haben ;)

Hallo leise Wege!
Danke auch dir für deine Antwort und Kritik!

Lieben Gruß
Anna
 



 
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