Hallo Andrea!
Liebesgedichte sind in der Tat immer auch adressatenbezogen. Das hat Denschie schon gesagt. Für den geliebten Menschen ist eine solche Liebeserklärung immer ein Riesenkompliment, und wenn er oder sie nur ein wenig "zurückliebt", dann wird er oder sie in Zuneigung eher zerfließen als zu kritisieren.
Die ersten Gedichte, die die meisten Dichter schreiben, haben die Liebe und den Weltschmerz der Pubertät zum Inhalt. Letztlich sind Gedichte dieser Art frühe Selbsttherapie.
Gedichte, die man einem größeren Personenkreis zugänglich macht, sollten allerdings über das personale, das sog. Betroffenheitsgedicht hinausgehen. Der Text sollte dann etwas über den Anlass, den Tag, Hinausgehendes zum Inhalt haben. Das ist das, was Denschie mit dem Hinweis gemeint hat, dass ihn/sie der Text nicht berührt.
Nun unterscheidet gerade das auch das Gedicht für den privaten Gebrauch von dem für den öffentlichen. Hier findet also der Adressatenwechsel statt. Der Text will nicht nur den Geliebten "bezirzen", er will der Welt etwas Bedeutendes, etwas Grundlegendes darüber, "was die Welt im Innersten zusammenhält", mitteilen. Ich gebe unumwunden zu, dass auch ich nicht selten an dieser Hürde scheitere, das geht wohl jedem so, denn, selbst wenn der Dichter oder die Dichterin an Lebensjahren oder auch Erfahrung zunimmt, Selbsttherapie bleibt die Dichtung immer, und betroffen ist der Dichter immer auch, wenn er schreibt.
Dennoch gilt: Öffentlich machen sollte man nur das, was von allgemeiner Bedeutung und handwerklich überdurchschnittlich ist. Was nicht heißt, dass der Unterzeichner immer sein Ziel erreichen würde mit seinen Leselupe-Postings. Aber versuchen sollte man es schon.
Liebe Grüße
W.