Du, jetzt

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jon

Mitglied
Teammitglied
Es trug sich zu,
dass Stille in dich zog.
Dass der Vulkan
sich begrünte und Bäume zu dulden begann.
Dass der See sich öffnete
und Schlund und Zenit
spiegelnd zusammenführte
auf Augenhöhe.
Dass das Heute nicht mehr nur
das zwischen gestern und morgen ist,
sondern dauert.
Bis zu dem Tag,
an den ich nicht denken will.

Zeit ist endlich geworden.
 

revilo

Mitglied
Hallo jon,
Deine Zeilen sind voller Zärtlichkeit.Kraftvolle, aber nicht überladene Bilder. Erinnert mich an Nachdenken über Christa T.
( " wann, wenn nicht jetzt " ). Klasse! Genüsslich Friedenspfeife rauchend revilo
 
H

Heidrun D.

Gast
Da hat sich

hinter der Science Fiction eine Lyrikerin verborgen gehalten ... und was für eine!

Ein wunderbarer Text mit den schönstmöglichen Bildern
(Ach, der Schlund und das Zenit ...).

Liebe Grüße
Heidrun
 

atoun

Mitglied
Hallo jon,

das ist wirklich wunderschön. Und je öfter man dein Gedicht liest, umso mehr Feinheiten kann man in Bildern und Sprache entdecken.
Ich lese und lese es und lese es... und es macht süchtig, es zu lesen.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Ich bin ganz überrascht (und freu mich wie Bolle) - so "groß" sollte es gar nicht werden.
 
H

Heidrun D.

Gast
Für mich ist es (auch) interessant zu bemerken, dass ein Konstrukt wie:

"Dass das Heute ..."

welches eigentlich wegen seiner Doppelung ("dass das") als absolut verpönt gilt, in diesem Falle schön & stimmig klingt. Vermutlich weil du vorher 2 mal "Dass der" verwendet und so - beim dritten Mal - die optimale Verstärkung erreicht hast ...

Sozusagen: ein natürliches Talent zur Finesse. ;)

Heidrun
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
:D
Nach den ganzen Dass hab ich ja ein Bis(s) erwartet.

Wunderschön romantisches Gedicht, der Schlussvers aber ist noch nicht optimal. Zum einen wiederholt er ja teilweise die vorhergehende persönlichere Feststellung und nimmt mit seiner lapidaren Phrasenhaftigkeit etwas von der Wirkung.

Ich versteh es so, dass Du hier eine Art Unbekümmertheit beendet sehen willst. Bisher war Zeit unwichtig, immer da. Nun kommt aus dem Glück heraus die Angst, das etwas enden kann.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Schluchz! Mein schöner "Idee-Satz", mit dem das Ganze eigentlich anfing!

Ich meine nicht die Angst, dass es enden kann, sondern das Wissen, dass es enden wird. Und zwar erstens nicht irgendwann sondern in einer durchaus überschaubaren Zeitspanne (für mich sind 35 Jahre grad noch "überschaubar", da wär er 95 Jahre) und zweitens in so einem Moment (nicht als Augenblick gemeint, sondern als Zustand {des Angekommenseins}), von dem Faust sagen würde "Verweile doch, du bist so schön". Als (mitfühlender) Beobachter macht mir das nicht nur die Endlichkeit seiner Zeit fühlbar, oder meiner Zeit, sondern die Endlichkeit der Zeit von allem. Weil: Dass ich mal ende, damit kann ich leben, aber jemand wie er, auf den ich immer zurückkommen kann, weil er zuverlässiger als Atemluft immer "da" ist …

-------

Mal 'ne andere Frage: Wie ändert sich der Text, wenn ich statt "Stille" "Frieden" schreiben würde?
 
H

Heidrun D.

Gast
Mach das lieber nicht!

Der Klang verändert sich, die Anhäufung stark betonter Silben ruft bei mir das Gegenteil hervor, nicht Stille / Frieden, sondern angespannte Erwartung.

Weine auch nicht länger. ;) Ich lese dein Gedicht genauso wie von dir gemeint; es scheint mir perfekt & in keiner Weise reparaturbedürftig ...

Grüßle
Heidrun
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich rede ja auch nicht von Reparaturen.

An sich gefällt mir das Gedankenspiel um die endliche Zeit schon, nur der Vers nicht.
:)

Beim Brainstormen kam ich so in die Richtung
sterbliche Zeit
Zeitmesser
Zeitraum zu Kammer

Aber Stille muss bleiben

Zeitstillstand ist kein Ende, oder?


cu
lap
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Lieber lapismont,

ich hab deine Zeit-Worte lange durch mein Hirn kreisen lassen und mir ist allerei eingefallen (interessante Sachen dabei). Aber nichts, was vergleichbar "handlich" wäre und/oder besser zum dem Text bzw. meiner Idee davon passt ... Trotzdem danke.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
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jon

Mitglied
Teammitglied
Es trug sich zu,
dass Stille in dich zog.
Dass der Vulkan
sich begrünte und Bäume zu dulden begann.
Dass der See sich öffnete
und Schlund und Zenit
spiegelnd zusammenführte
auf Augenhöhe.
Dass das Heute nicht mehr nur
das zwischen gestern und morgen ist,
sondern dauert.
Bis zu dem Tag,
an den ich nicht denken will.

Zeit ist endlich geworden.
 

jon

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Du, jetzt

Es trug sich zu,
dass Stille in dich zog.
Dass der Vulkan
sich begrünte und Bäume zu dulden begann.
Dass der See sich öffnete
und Schlund und Zenit
spiegelnd zusammenführte
auf Augenhöhe.
Dass das Heute nicht mehr nur
das zwischen gestern und morgen ist,
sondern dauert.
Bis zu dem Tag,
an den ich nicht denken will.

Zeit ist endlich geworden.
 

revilo

Mitglied
Ich musste das Ding unbedingt wieder aus der Klamottenkiste holen........das ist ungeheuer zärtlich und voller Poesie......LG revilo
 



 
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