Du und der Mond

ledsgo

Mitglied
Gott, war das seltsam, dich zu sehen...Ein Freund eines Freundes stellte uns vor, zufällig, ich kannte ihn nicht, und mit dir hätte ich schon gar nicht gerechnet.

„Ja, ich glaube, wir kennen uns“ sagtest du, mit einem apathischen Lächeln auf den Lippen, und einem dieser durchdringenden Blicke, wie sie früher schon durch deine mattblauen Augen drangen, wenn du etwas suchtest, dass dir vorerst verschlüsselt in deinem Gegenüber nur als Deut irgendwo hinter den Spiegeln der Seele verschmitzt winkte.

„Ja, wir kennen uns“, erwiderte ich, unsicher und ohne recht zu wissen, was nun geschehen sollte.
Der Dritte lachte, er war ein Studienkollege von wem? Ich wusste es nicht, du kanntest ihn wohl besser, war er dein Freund? War ich jemals dein Freund?

Deine Blicke – wieder diese suchenden, sanften und doch so gefährlichen blauen Blitze – zuckten durch den Rückspiegel seines Autos - er gab sich als Alex aus und ich musste dem glauben – und trafen mich an empfindlichen Stellen. Mein Herz wollten sie durchleuchten, und meine Gedanken suchten sie. Die Autofahrt schien endlos, Gesprächsstoff war nicht zu finden, in meinem Kopf immer wieder: Wie war noch dein Name? Und du dachtest, ich wäre traurig; hast es mir später erzählt, angetrunken, heiter vom Grillfleisch und der rötlichen Abendsonne, vielleicht auch von einem der Joints, die bei Grillgelagen dieser Art gelegentlich die Runde machten. Dass es keinen Grund zur Trauer gäbe, dass doch nichts gewesen wäre dieses eine Wochenende wiederholtest du, offensichtlich mit ehrlichem Schuldgefühl und der nostalgischen Sehnsucht einer längst vergangenen Zeit im Hinterkopf.
Du dachtest tatsächlich, du hättest eine Narbe hinterlassen, auf meiner ledrigen, verkerbten Haut der Liebeserinnerung, geschützt nur durch ein T- Shirts mit der Aufschrift „Verdrängen und Vergessen“; für dich allerdings reichte dieses T-Shirt, du warst nur ein kleiner Fleck darauf, warst nicht genug für einen Schnitt, geschweige denn einer Narbe.

Was wolltest du nur, immer wieder Blicke werfend, ein seltsames Lächeln andeutend, im mittlerweile silbrigen Samt des Mondes, der flache Wolken und den nebligen Dunst einer lauen Sommernacht in hellen Glanz verzauberte.

Ich stand immer abseits, beobachtete; du warst das Herz der Gruppe, ich nur ein Bein, eine Extremität. Ich kannte die Leute nicht, wollte sie nicht kennen lernen, und du warst nur auf der Suche nach mir, konntest aber nichts außer einer altbekannten Hülle finden.

Am Lagerfeuer neben mir hast du meine Hand genommen, ich hielt nur eine Zigarette, oder hielt die Zigarette gar mich? Unschuldig hob sich dein gesenkter Kopf zu meiner Schulter, deine Augen blinzelten verlegen in die Meinen. „Ob aus uns was geworden wäre?“, fragtest du, deinen Körper gegen mich drängend, eine Antwort erwartend.

Ich schwieg.

Dein Kopf glitt mehr und mehr aus seiner Senke, stand nun auf einer Höhe mit meinem Kopf, deine messerscharfen Augen starrten gebannt in meine abwesende Bläue; in deinen Pupillen erkannte ich Fragmente meines Gesichtes - war es deine Seele, in die ich zweifelnd äugte? Im Hintergrund grinste schelmisch der Mond zwischen Baumwipfeln hervor, wie das Lachen eines kleinen Kindes im Gitterbett grinste er hervor, als führte er etwas im Schilde; Und ich vertraute ihm nicht, er schien mir tatsächlich gefährlich zu sein an diesem Abend.

Mein Blick traf nun wieder dich. Hast du mich tatsächlich die ganze Zeit über angestarrt, in der ich empfindungslos über den Mond sinnierte, oder schien die Zeit länger zu sein, als sie war? Plötzlich durchdrang dich ein eigenartiges Zucken, als würdest du aus Gedanken erwachen, und dein Kopf näherte sich auf gefährliche Distanz;
ich dachte, du wolltest mich küssen, dabei verschwanden deine sanften Lippen - machten kurz vor den Meinen einen Satz zur Seite - langsam im toten Winkel meiner Augen, und ich spürte deinen Atem im Nacken, so dass die Nackenhärchen gespannt zur Standing- Ovation übergingen, und die Haut sich im Gänsemarsch bewegte.

“Ob das mit uns jemals angefangen hat," flüstertest du mir ins Ohr, dabei berührte deine Nase sanft mein Ohrläppchen, "und ob es so gesehen dann jemals hatte enden können?" Dabei kraulte deine freie Hand sanft mein blondes Haar, dass im Mond beinahe silbrig schimmern musste.

Ich befreite meine Hand aus deinem Griff – zurückhaltend, ganz langsam und sanft entschlüpfte ich deinen zarten Fingern – erhob mich langsam, hielt deinen Kopf, und küsste sanft deine Stirn. Stehend sah ich dir nocheinmal in die Augen. Sie wirkten so ehrlich, so treu, ich fand nichts in ihnen, das auf Lüge hätte deuten können. In Trance wandte ich mich ab und steuerte beharrlich auf den Waldrand zu, wo ich den Mond fragend anstarrte, dabei unsicher eine weitere Zigarette anmachte und die letzten Schlücke vom ohnehin schon warmem Bier austrank.

“Was wollte ich?“, fragte ich in die Bäume, in die Luft, in Richtung Mond.

Der Mond grinste immer noch gleich verschmitzt; ich warf die leere Bierdose nach ihm, da er mir mittlerweile auf die Nerven ging, er selbst und seine lästige Geheimniskrämerei. Danach wandte ich mich ab.
Als ich die Gruppe beobachtete sah ich dich vergnügt mit dem Fahrer vom Nachmittag – wie war sein Name noch, Alex (?) – tanzen. Immer wieder prallten seine Lippen auf die Deinen. Ich ging auf dich zu, dein Gesicht war abgewandt und auf Alex fokussiert; ich nahm dich sanft bei den Hüften, und flüsterte dir ins Ohr: „Woher wusste ich nur, dass das mit uns von dir ohnehin beendet würde, bevor es Zeit zum Anfangen gehabt hätte?“

Irgendwie war dein Blick traurig, als ich mich langsam von der tanzenden Gruppe verabschiedete. Über dir hatte der Mond sein Grinsen verloren. „Er hatte wie immer recht, der alte Beobachter“, dachte ich und musste lachen.
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo ledsgo,

dieser Text hat ganz hervorragende Ansätze! Gratulation. Es ist Dir gelungen, sehr viel Gefühl zu investieren. Vom Inhalt bin ich wirklich begeistert.

Die äußere Form ist in meinen Augen noch nicht so ganz gelungen. Die Absätze sind noch zu lang, zu verschachtelt.

Wenn Du das Ganze etwas mehr auseinander gezogen und "entschachtelt" hast, dann bekommst Du von mir sicher eine gute Bewertung.

Weiter so
rät
Haremsdame
 

ledsgo

Mitglied
Hallo Haremsdame,

danke für die netten Worte. Bin jetzt eine Zeitlang durch Kenia und Tansania getrampt, deshalb meine späte Antwort. Du meinst die rein optische Erscheinung des Textes, oder auch den Ausdruck? An ein paar Absätzen sollte es jedenfalls nicht scheitern ;-)

lg ledsgo
 
N

no-name

Gast
Hallo ledsgo,

ich schließe mich der Haremsdame an, es sind wirklich toll formulierte Passagen in deinem Text. Das Lesen wird allerdings teilweise durch zu lange, zu verschachtelte Sätze erschwert. Und - auch das hat Haremsdame schon angesprochen - du solltest unbedingt strukturierende Absätze in deinen text einfügen. Was hälst du von der folgenden, optisch leicht veränderten Version deines Textes?


Du und der Mond

Gott, war das seltsam, dich zu sehen...Ein Freund eines Freundes stellte uns vor, zufällig, ich kannte ihn nicht, und mit dir hätte ich schon gar nicht gerechnet. „Ja, ich glaube, wir kennen uns“ sagtest du, mit einem apathischen Lächeln auf den Lippen, und einem dieser durchdringenden Blicke, wie sie früher schon durch deine mattblauen Augen drangen, wenn du etwas suchtest, dass dir vorerst verschlüsselt in deinem Gegenüber nur als Deut irgendwo hinter den Spiegeln der Seele verschmitzt winkte.
„Ja, wir kennen uns“, erwiderte ich, unsicher, und ohne recht zu wissen, was nun geschehen sollte.
Der Dritte lachte, er war ein Studienkollege von wem? Ich wusste es nicht, du kanntest ihn wohl besser, war er dein Freund? War ich jemals dein Freund?

Deine Blicke – wieder diese suchenden, sanften und doch so gefährlichen blauen Blitze – zuckten durch den Rückspiegel seines Autos – er gab sich als Alex aus und ich musste dem glauben – und trafen mich an empfindlichen Stellen. Mein Herz wollten sie durchleuchten, und meine Gedanken suchten sie. Die Autofahrt schien endlos, Gesprächsstoff war nicht zu finden, nur immer wieder dieser Gedanke: Wie war noch dein Name? [red]U[/red]nd du dachtest, ich wäre traurig; hast es mir später erzählt – angetrunken, heiter vom Grillfleisch und der rötlichen Abendsonne, vielleicht auch von einem der Joints, die bei Grillgelagen dieser Art gelegentlich die Runde machten – meintest du immer wieder, es gäbe keinen Grund zur Trauer, es wäre doch nichts gewesen, dieses eine Wochenende war doch nichts, wiederholtest du, offensichtlich mit ehrlichem Schuldgefühl und der nostalgischen Sehnsucht einer längst vergangenen Zeit im Hinterkopf. Du dachtest tatsächlich, du hättest eine Narbe hinterlassen, auf meiner so ledrigen, verkerbten Haut der Liebeserinnerung, die nur den leichten Schutz eines T- Shirts mit der Aufschrift „Verdrängen und Vergessen“ zur Verteidigung hatte, für dich allerdings reichte dieses T-Shirt, du warst nur ein kleiner Fleck darauf, warst nicht genug für einen Schnitt, geschweige denn einer Narbe.
Was wolltest du nur, immer wieder Blicke werfend, ein seltsames Lächeln [red]andeutend[/red] und, im mittlerweile silbrigen Samt des Mondes, der flache Wolken und den nebligen Dunst einer lauen Sommernacht in hellen Glanz verzauberte.
Ich stand immer abseits, beobachtete, du warst das Herz der Gruppe, ich nur ein Bein, eine Extremität. Ich kannte die Leute nicht, wollte sie nicht kennen lernen, und du warst nur auf der Suche nach mir, konntest aber nichts finden, außer meiner Hülle.

Am Lagerfeuer neben mir hast du meine Hand genommen, ich hielt nur meine Zigarette. Unschuldig hob sich dein gesenkter Kopf zu meiner Schulter, deine Augen blinzelten verlegen in die Meinen.
„Ob aus uns was geworden wäre?“, fragtest du, deinen Körper gegen mich drängend, eine Antwort erwartend.
Ich schwieg.
Dein Kopf glitt mehr und mehr aus seiner Senke, stand nun auf einer Höhe mit meinem Kopf, deine messerscharfen Augen starrten gebannt in meine abwesende Bläue; in deinen Pupillen erkannte ich Fragmente meines Gesichtes; war es deine Seele, in die ich zweifelnd äugte? Im Hintergrund grinste schelmisch der Mond zwischen Baumwipfeln hervor, wie das Lachen eines kleinen Kindes im Gitterbett grinste er hervor, als führte er etwas im Schilde; Und ich vertraute ihm nicht, er schien mir tatsächlich gefährlich zu sein an diesem Abend.
Mein Blick traf nun wieder dich, hast du mich tatsächlich die ganze Zeit über angestarrt, in der ich empfindungslos über den Mond sinnierte, oder schien die Zeit länger zu sein, als sie war? Plötzlich durchdrang dich ein eigenartiges Zucken, als würdest du aus Gedanken erwachen, und dein Kopf näherte sich auf gefährliche Distanz; ich dachte, du wolltest mich küssen, dabei verschwanden deine sanften Lippen - machten kurz vor den Meinen einen Satz zur Seite - langsam im toten Winkel meiner Augen, und ich spürte deinen Atem im Nacken, [red]so dass[/red] die Nackenhärchen gespannt zur Standing- Ovation übergingen, und die Haut sich im Gänsemarsch bewegte.
[red]"[/red]Ob das mit uns jemals angefangen hat,[red]"[/red] flüstertest du mir ins Ohr, dabei berührte deine Nase sanft mein Ohrläppchen, [red]"[/red]und ob es so gesehen dann jemals hatte enden können?[red]"[/red] Dabei kraulte deine freie Hand sanft mein blondes Haar, dass im Mond beinahe silbrig schimmern musste.

Ich befreite meine Hand aus deinem Griff – zurückhaltend, ganz langsam und sanft entschlüpfte ich deiner zarten Hand – erhob mich langsam, hielt deinen Kopf, und küsste sanft deine Stirn. Stehend sah ich dir nocheinmal in die Augen – sie wirkten so ehrlich, so treu, ich fand nichts in ihnen, das auf Lüge deuten hätte können– und ging, langsam den Kopf abwendend zum Waldrand, wo ich den Mond fragend anstarrte, dabei unsicher eine weitere Zigarette anmachte und die letzten Schlücke vom ohnehin schon warmem Bier austrank.
Ich überlegte; Was wollte ich?

Der Mond grinste immer noch gleich verschmitzt; ich warf die leere Bierdose nach ihm, da er mir mittlerweile auf die Nerven ging. Danach wandte ich mich ab; als ich die Gruppe beobachtete sah ich dich, wie du vergnügt mit dem Fahrer vom Nachmittag – wie war sein Name noch, Alex (?) – tanzend immer wieder seine Lippen auf deine prallten. Ich ging auf dich zu, dein Gesicht war abgewandt und auf Alex fokussiert; ich nahm dich sanft bei den Hüften, und flüsterte dir ins Ohr: „Woher wusste ich nur, dass das mit uns von dir ohnehin beendet würde, bevor es Zeit zum Anfangen gehabt hätte?“

Irgendwie war dein Blick traurig, als ich mich langsam von der tanzenden Gruppe verabschiedete. Über dir hatte der Mond sein Grinsen verloren. „Er hatte wie immer recht, der alte Beobachter“, dachte ich und musste lachen.


Nach meinem Empfinden wirkt dein Text so strukturierter und lädt einen dadurch auch optisch eher zum Lesen ein.

Jetzt würde ich an deiner Stelle noch die teilweise zu langen Sätze aufsplitten. Ich kenne das auch von mir selbst: Man tendiert manchmal dazu, zu viele Informationen auf einmal in Form von aneinander gehängten Nebensätzen in ein großes Satzgefüge packen zu wollen. Mach' das nicht, denn es erschwert das Lesen ungemein, und man weiß als Leser am Ende dieses Satzungetüms dann oft nicht mehr, was am Anfang drinstand... ;-)

Freundliche Grüße von no-name.
 

ledsgo

Mitglied
Hallo no-name,
danke vielmals für deine mühen, der text sieht so wirklich angenehmer aus, ich denke ich werde die strukturierung so lassen und sehen, was sich an den sätzen noch basteln lässt ;-)

lg
 
N

no-name

Gast
Hey, das freut mich sehr, ledsgo. :)

Liebe Grüße von no-name.
 

Haremsdame

Mitglied
Super, dass Ihr ohne mich zurecht gekommen seid! Bin momentan mitten im Umzug und kann daher grad mal ab und zu lesen... In zwei, drei Wochen werde ich mich auch wieder aktiver beteiligen können...

Grüße von der Haremsdame
 

ledsgo

Mitglied
so hab jetzt nochmal rumgebastelt, und geändert, was mir an veränderung möglich schien.
danke nochmal für die formatierung, an der ich auch noch ein wenig getüftelt habe.
lg
 

Haremsdame

Mitglied
Hallo Ledsgo,

jetzt sieht Dein Text schon viel gefälliger aus! Allerdings hast Du viele - oder alle? - der Bandwurmsätze beibehalten. Ich finde, dass sich so lange Sätze schwer lesen lassen. Nur mal ein Beispiel, mitten aus dem Text genommen:

Plötzlich durchdrang dich ein eigenartiges Zucken, als würdest du aus Gedanken erwachen, und dein Kopf näherte sich auf gefährliche Distanz;
ich dachte, du wolltest mich küssen, dabei verschwanden deine sanften Lippen - machten kurz vor den Meinen einen Satz zur Seite - langsam im toten Winkel meiner Augen, und ich spürte deinen Atem im Nacken, so dass die Nackenhärchen gespannt zur Standing- Ovation übergingen, und die Haut sich im Gänsemarsch bewegte.
Warum machst Du nicht mehrere Sätze draus? Zum Beispiel:

Plötzlich durchdrang dich ein eigenartiges Zucken, als würdest du aus Gedanken erwachen. Dein dein Kopf näherte sich auf gefährliche Distanz. Ich dachte, du wolltest mich küssen. Dabei verschwanden deine sanften Lippen - machten kurz vor den meinen einen Satz zur Seite. Ich spürte deinen Atem im Nacken, so dass die Nackenhärchen gespannt zur Standing- Ovation übergingen und die Haut sich im Gänsemarsch bewegte.

Das ist Dein Text mit mehr Punkten... Aber vielleicht ist es nun nicht mehr Deine Stil?

Versuchs doch nochmal. Ich bin der Meinung, dass es sich lohnen würde!

Grüße
 

mugwump

Mitglied
Rettet den langen Satz!

[ 4]Sätze die kurz sind, sind nicht automatisch gut. Sätze die lang sind, sind nicht automatisch schlecht. Aber in diesen vom Fernsehen elektrisch-blauen Zeiten stehen lange Sätze im Generalverdacht der Unverständlichkeit. Man wird hier durch die eigene verkürzte Aufmerksamkeitsspanne zum Vorwurf der Unverständlichkeit verleitet - gerade wenn man mit dem Schreiben anfängt, würde ich mir hier eine präzisere Stilkritik wünschen. Sowas kann es ja geben: Die meisten Langsätze sind ja auch wirklich anfällig für verlorene Fäden und falsche oder unklare Bezüge. Aber ebenso sind kurze Sätze für Monotonie und fehlenden Rhythmus anfällig.

[ 4]Aber man sollte doch bitte einmal zur Kenntnis nehmen, das es gelungene Sätze mit mehr als Subjekt, Prädikat, Objekt geben kann. Und vor allem: Dass diese Sätze ihre eigenen Regeln haben, an denen man sie messen muss. Mit einem einfachen "Zu lang=Zu unverständlich" ist es da nicht getan.
 
N

no-name

Gast
Hallo mugwump,

ich glaube, du hast hier etwas missverstanden: Niemand hat hier pauschal behauptet, dass "Sätze die kurz sind, automatisch gut und Sätze die lang sind, automatisch schlecht" wären.
Haremsdame und ich haben nur (hoffentlich konstuktiv) angemerkt, dass im vorliegenden Text von ledsgo, einige Bandwurmsätze vorhanden sind, die uns das Lesen und damit auch das Verständnis erschwert haben. Bitte nicht unzulässig verallgemeinern.

Freundliche Grüße von no-name.
 

mugwump

Mitglied
Liebe Haremsdame,

sorry, sollte kein Rundumschlag werden. Ich reagier da nur empfindlich drauf, weil ich dieses Unverständlichkeits-Argument auch immer um die Ohren gehauen kriege. Mal zu recht, mal aber auch zu Unrecht. Es kostet einfach viel Kraft, seinen eigenen Stil gegenüber diesem Pauschalverdacht zu behaupten.

Und dann muss ich auch sagen, dass sich ein Satz wie: "Ich finde, dass sich so lange Sätze schwer lesen lassen." schon recht allgemein anhört. Die Lösung für Bandwurmsätze sind dann zumeist auch nicht gute, lange Sätze, sondern halt eben: Kurze Sätze, in denen der Rhythmus zu Gunsten von einigen Satzenden aufgegeben wird. So leicht ist es dann eben nicht: Ein Punkt ist ein schwerwiegender Eingriff in den zerbrechlichen Körper eines Absatzes...

Ich finde nicht, dass das dem Text gut tut, der durch die langen Sätze, die Semikolon usw. etwas Schwebendes, Atemloses hat. Ich fand das eigentlich der Situation (was die Beiden miteinander haben oder hatten, bleibt ja auch in der Schwebe) sehr angemessen, und das Stakkato der Punkte machen diesen Eindruck nur kaputt. Ich würde den Satz ja eher noch länger machen, und das Schwebende noch verstärken...

Gestolpert bin ich in dem Satz eher über einige Worthülsen (sanfte Lippen...) und das etwas bemühte Bild mit den Standing-Ovations, das vom Ton her so gar nicht zu dem Rest passt: Wenn man jedes zweite Adjektiv rausstreicht, wird der Text schon von alleine kürzer und prägnanter...

Aber auch das ist - natürlich - auch schon wieder eher persönlicher Stil als fundierte Kritik...

Grüße
stf
 
N

no-name

Gast
Hallo mugwump,

gilt dein letztes Posting mir oder wirklich der Haremsdame?

Fragt etwas verwirrt

no-name.
 

ledsgo

Mitglied
@ haremsdame:

ich bin wirklich der meinung, dass - so objektiv ich nun beide vorschläge als autor des textes nur betrachten kann - der lange satz ganz einfach flüssiger und rhytmischer ist, und vor allem denke ich nicht, dass er schwierig zu lesen ist, im gegenteil ist er strukturiert, die Hauptsätze u GS stehen in abfolge und zusammenhang und stimmen überein...
außerdem bezeichnet der satz eine einzige kurze handlung, die sich schnell vollzieht und ein wenig spannung verursachen will, die mit dem gepunkte mMn komplett verloren geht.

ich denke (subjektiver eindruck meiner lese-lupe-lese-erfahren) ganz einfach, dass hier alles sehr schnell sehr kompliziert wirkt, weil man oder zumindest ich, nicht eindringlich genug liest, was nun meinethalben auf erwartungshaltung od. dergleichen rückzuführen ist. der grund dafür ist egal, aber es werden die texte sehr gern überflogen. natürlich bedarf ein längeres satzgebilde einer gewissen anstrengung, aber ich diese wird auch belohnt, zumindest in meiner leseerfahrung.

Wie auch immer, mir persönlich gefällt der text so wie er jetzt ist, und ich denke, dass er auch so bleibt. natürlich bin ich für vorschläge offen, und ich bedanke mich auch für deine mühen, aber ich werde zumindest diesen satz so stehen lassen, wie er ist.

---

Zur Diskussion langer/ kurzer Satz:

Im Prinzip geht es doch nur um die linguistische Qualität des Autors, Günther Grass zB schreibt ""Wurstsätze" in einer Wurst", wenn man so will. Trotzdem ist er eine literarische Größe in Deutschland. Warum? Weil es seine Qualität zulässt. Soll heißen: Lange Sätze sind gut, solange man sie qualitativ als Autor verwerten kann, man sie also verständlich, künstlerisch (meinetwegen ästhetisch), und vor allem sprachlich konsequent und stringent umsetzen kann.
Dazu kann man noch behaupten, dass es in den beschriebenen Situationen eines Textes liegt, ob nun lange Satzgebilde oder aber kurzes Wortgeplänkel angebracht ist, was mit sicherheit seine Richtigkeit besitzt.

Die Diskussion ließe sich natürlich noch weiterführen, dafür allerdings drückt die Zeit, die man noch hat, einem in form eines Stuhls gegen das Gesäß ;-)

...

es grüßt dankend

ledsgo
 



 
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