Ehrfurcht

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Ralf Langer

Mitglied
Ehrfurcht

Hier bei diesem Haus
erschrak einst Nietzsche
über des Menschen unbekanntes Wesen.
Und dort auf einem dieser Berge
spürte Goethe wohl
kaum einen Hauch.
In diesem Zimmer
nahe einem Turm,
ersonn der Luther seine Thesen.
Alles gewesen, jetzt,
und längst vorbei,
die Zeit wo dies bewegte,
vergraben unter ewigem Zerfall.
Wen interessieren angefressene Menschen,
Berge und auch Thesen?
Das Jetzt entfacht, es schürt,
ein immer neues Feuer auf.
Doch alles was geschah, was bebte,
hatte Atem, hatte Hauch,
trug in sich eine Flamme,
hatte Größe,
entfachte, brannte, lohte, wehte
durch die Köpfe, durch die Zeit.
Auch wenn wir heute neue Feuer legen,
ist doch die Asche dieser Thesen
in diesem Feuer,
jenes einstmals, selbst gewesen.
 

atoun

Mitglied
das ist ein excellenter Part und steht schon als ein eigenes Gedicht:

Das Jetzt entfacht, es schürt,
ein immer neues Feuer auf.
Doch alles was geschah, was bebte,
hatte Atem, hatte Hauch,
trug in sich eine Flamme,
hatte Größe,
entfachte, brannte, lohte, wehte
durch die Köpfe, durch die Zeit.
Auch wenn wir heute neue Feuer legen,
ist doch die Asche [strike]dieser[/strike] alter Thesen
in diesem Feuer,
jenes einstmals, selbst gewesen.
viele Grüße
atoun
 

Ralf Langer

Mitglied
danke für die warmen worte
Ich glaube auch das dieses Gedicht am Ende
am stärksten ist

Hat was von Rilke oder Hölderlin glaube ich :)

Kann mich leider nicht mehr erinnern wann ich es geschrieben
habe. Müßte zehn oder fünfzehn Jahre her sein.

Lg
Ralf
 

brumbaer

Mitglied
hallo ralf

Auch wenn wir heute neue Feuer legen,
ist doch die Asche dieser Thesen
in diesem Feuer,
jenes einstmals, selbst gewesen.

wie wahr, das hast du sehr treffend formuliert
mir gefallen deine zeilen sehr gut.

lg
brumbär
 

MarenS

Mitglied
Ich stimme Atoun zu.

die Zeit wo dies bewegte,

Irgendwie passt das "wo" für mich da so gar nicht hin!
Die Zeit wo? Huch...

die Maren grüßt
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Ralf Langer,

mir gefällt das Gedicht auch nicht hundertprozentig.

Stilistisch kratzt es an einigen Stellen, ganz schlimm aber hier
"die Zeit wo dies bewegte,"
Das riecht nach Dialekt.

Das nächste Kratzen:
"Doch alles was geschah, was bebte,
hatte Atem, hatte Hauch,
trug in sich eine Flamme,
hatte Größe,"
Zuviel hatte. Ich finde, es wirkt mit richtigen Verben beser, siehe die Flamme.

Und der Schluss liest sich auch verquer:
"Auch wenn wir heute neue Feuer legen,
ist doch die Asche dieser Thesen
in diesem Feuer,
jenes einstmals, selbst gewesen."

Asche kommt eigentlich erst durch das Feuer.
Worauf bezieht sich "jenes einstmals"?
Der Satz wirkt ziemlich konfus und lenkt durch den Reim zusätzlich ab.
Überhaupt wiederholt sich zuviel.

Grundsätzlich fehlt mir in dem Gedicht eine nähere Erklärung, was denn nun der Erzähler unter dem Feuer versteht. Nietzsche Goethe und Luther zu nennen, offenbart ja nicht gleich eine Bedeutung. Welche Thesen sind denn da gemeint?
Bisher ist das alles nur eine schwammige Ode über den Werteverlust oder eine Belehrung, sich der selektierten Klassiker zu erinnern.

cu
lap
 

Ralf Langer

Mitglied
DAnk euch allen
für eure Anmerkungen

Ja da hatte ich großes im Sinn
" Die Thesen" sind natürlich dem Reim abgerungen.

Die genannten Köpfe der Geschichte nur ein Beispiel
für Ideen die Menschen hervorbringen und
eine Zeit lang die Welt bzw. die Menschen in ihr bewegen
Diese sind sozusagen ausgebrannt, während das Feuer der Ideen
weiterhin lodert

Ich werd wohl noch mal darüber nachdenken

Lg
Ralf
 

Perry

Mitglied
Hallo Ralf,
in dem Text steckt einiges Potential, aber ich muss lapismont Recht geben, durch die teilweise etwas verquere Ausdrucksweise und das vage Bemühen von Geistesgrößen verliert es an Aussagekraft. Ich würde in dieser Richtung noch Arbeit investieren und vor allem auch die Wiederholungen (z.B. "entfacht/entfachte") vermeiden.
LG
Manfred
 

Ofterdingen

Mitglied
Hallo Ralf Langer,

lapismont hat einige Dinge angesprochen, die auch mir Unbehagen verursachen. Dazu gehören vor allem der Sprechgestus und die vielen knirschenden und kratzenden Stellen, beispielsweise auch diese:

"ersonn der Luther seine Thesen"

`Ersonn´ ist schlicht falsch. Es muss ersann heißen. Der Artikel wirkt unpassend, wurde wohl aus metrischen Gründen eingefügt, ohne an die Wirkung zu denken; besser wäre hier ein dreisilbiges Verb wie z.B. `erdachte´, damit könnte `der´ wegfallen.

"Alles gewesen, jetzt,
und längst vorbei,"

Die Zeitangabe `jetzt´ beißt sich mit dem vorausgehenden `Alles gewesen´und dem folgenden `längst vorbei´. Der Satz ist banal formuliert, wirkt phrasenhaft.

`die Zeit wo dies bewegte´ Der Grammatik-Duden zitiert zwar Schiller, der `wo´ in ähnlicher Weise benutzte, aber ebenso wie Goethes Götz-Zitat passt eine solche quasi klassische Ausdrucksweise nicht überall hin.

`vergraben unter ewigem Zerfall´: schiefe Metapher, unerträglich schwülstige Sprache.

Insgesamt: Man merkt, dass du etwas sagen willst über deine thüringische Heimat, aber du schaffst es weder inhaltlich noch sprachlich, Lesenswertes zu Papier zu bringen. Schade eigentlich!

Übrigens, lapismont. Das epidemische "lg" am Briefende verstehe ich ja inzwischen. Aber was zum Kuckuck heißt "cu"? Tut mir leid, ich komm nicht drauf: "charismatisch urteilend", "chinesisch unverständlich", "christlich unbedarft", "chronisch ungemütlich", "cineastisch uferlos","computerisch umständlich"?

Immer noch rätselnd,
Ofterdingen
 

Ralf Langer

Mitglied
Huch,
ich werde wohl wieder etwas ohne Reime
schreiben
da drückt der Wortstiefel nicht so
sehr....
Immer noch freundliche Grüße an alle
Ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Was ich noch zu sagen hätte...

Hallo ihr Lieben

Lieber Ofterdingen, Perry, Lapismond

„Alles gewesen, jetzt,
und längst vorbei“

Das sollte auch banal klingen und der Ton sollte natürlich an ein klassisches Gedicht erinnern;
an eine Form die gewesen ist sozusagen.
Ich hatte die Idee eine „moderner Aussage“ – modern in sofern als das „das Ich“ Jetzt lebt-
in eine klassische Form zu kleiden um darin einen Widerspruch offen zulegen.
Deswegen auch „ Ehrfurcht“ als Titel mit einem unsichtbaren Fragezeichen,
das ich wohl noch setzen muss!
Deswegen auch das „wo“ und kein „da“, wie es Schiller benutzte
„Vergraben unter ewigem Zerfall“
Ist Nietzsche und den Postromantikern des ausgehenden 19.Jahrhunderts geschuldet
( Cooper, Poe, Melville etc)

Apropos ich komme aus Gelsenkirchen!
Die genannten Menschen waren insofern willkürlich!

Was das Feuer angeht, so sind natürlich die Menschen und ihre Ideen zur Welterklärung gemeint.
Denn diese Ideen sollen hier das Feuer sein, das uns wärmt, an dem wir uns versammeln, bis andere neue Menschen
Neue "Scheite-Ideen" auflegen, weil die "Anderen –Alten" uns nicht mehr wärmen.
Aber es ist nur ein Feuer das brennt und die alten Ideen-Weltbilder sind sozusagen die Asche in ihm.

Mir scheint das sehr einleuchtend und auch nicht verquer gedacht.

Wie mir scheint bin ich aber sprachlich an dieser meiner Idee gescheitert.
Und in so fern scheint mir dieser lyrische Versuch ein Stück nasses Holz, im Feuer der Ideen, gewesen zu sein .

Gehe mit mir und meiner Idee nochmals in Klausur!

Eins noch, ganz allgemein:

Ich bin der festen Überzeugung das unsere Zeitalter durch die Kunst, durch die Kultur und eben die Ideen , bestimmt werden.
Insofern sind die „Kriege“ die „Politik“ und „historische Größen“ nur Marginalien auf der Landkarte der Ideengeschichte.
Nicht Jesus ist geblieben aber seine Werte.( das mein ich ohne an den "Sohn Gottes" zu denken sondern historisch)
Und so sind in diesem Jahrhundert viel Ideen verloschen:
Die Philosophie ist ein Trümmerfeld von Einzeldiszilpinen.
Für mich hat Nietzsche sie zu Grabe getragen, bis womöglich
ein neuer Weltenerklärer kommt!

Und die Dichter?

Für mich sind sie keineswegs Ausdruck der Zeit, sondern deren Schöpfer.
Ein Krieg zum Beispiel ändert nichts. Er hört nach unsäglichen Zerstörungen auf, er schöpft nichts, er verheert nur, und endet wenn`s schlimm ist am Stammtisch einer bierseligen Runde,
oder in politischen Reden( Was ganz schlimm ist).

Geschichtsbildend sind nicht die Kriege, sondern die Kunst!
Sie gibt, wie wir mit einem einfachen Blick zurück sehen, auch den Zeiten ihren Namen!

Puh, das war eigentlich auch das was ich mit meinem Gedicht sagen wollte.
Wohl nicht gelungen!

Lg
An alle
 

Ralf Langer

Mitglied
Ehrfurcht?

Hier bei diesem Haus
erschrak einst Nietzsche
über des Menschen unbekanntes Wesen.
Und dort auf einem dieser Berge
spürte Goethe wohl
kaum einen Hauch.
In diesem Zimmer
nahe einem Turm,
ersannte Luther seine Thesen.
Alles gewesen, jetzt,
und längst vorbei,
die Zeit wo dies bewegte,
vergraben unter ewigem Zerfall.
Wen interessieren angefressene Menschen,
Berge und auch Thesen?
Das Jetzt entfacht, es schürt,
ein immer neues Feuer auf.
Doch alles was geschah, was bebte,
hatte Atem, hatte Hauch,
trug in sich eine Flamme,
hatte Größe,
entfachte, brannte, lohte, wehte
durch die Köpfe, durch die Zeit.
Auch wenn wir heute neue Feuer legen,
ist doch die Asche dieser Thesen
in diesem Feuer,
einstmals lodernd Scheit gewesen.
 

Ralf Langer

Mitglied
Ehrfurcht?

Hier bei diesem Haus
erschrak einst Nietzsche
über des Menschen unbekanntes Wesen.
Und dort auf einem dieser Berge
spürte Goethe wohl
kaum einen Hauch.
In diesem Zimmer
nahe einem Turm,
erdachte Luther seine Thesen.
Alles gewesen, jetzt,
und längst vorbei,
die Zeit da dies bewegte,
vergraben unter ewigem Zerfall.
Wen interessieren angefressene Menschen,
Berge und auch Thesen?
Das Jetzt entfacht, es schürt,
ein immer neues Feuer auf.
Doch alles was geschah, was bebte,
hatte Atem, hatte Hauch,
trug in sich eine Flamme,
hatte Größe,
entfachte, brannte, lohte, wehte
durch die Köpfe, durch die Zeit.
Auch wenn wir heute neue Feuer legen,
ist doch die Asche dieser Thesen
in diesem Feuer,
einstmals lodernd Scheit gewesen.
 



 
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