Ein Euro dreißig

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helmut ganze

Mitglied
Ein Euro dreißig

Das höchste Ziel in heut`ger Zeit,
das ist und bleibt Gerechtigkeit,
doch wo das Geld die Welt regiert,
da fehlt sie, sag` ich ungeniert.
Wer sie vertritt, ist unbenommen
oft hierzulande nicht willkommen.
Das alles geht nicht aus dem Sinn
der Supermarktkassiererin.
Ihr Schicksal ging uns an die Nieren,
was muss denn alles noch passieren,
damit sich offenbart gezielt,
wie ungerecht das Leben spielt.
Sie soll sich, glaubt man diesen Knaben,
an Kundengeld bereichert haben.
An einem Euro, dreißig Cent,
und dazu noch aus second hand,
nicht auszuhalten, welche Schande
und das auch noch beim Flaschenpfande.
Sie hat veruntreut, unerhört
und das Vertrauen dreist zerstört,
da ist es klar, dass unbedingt,
den Dieb man vor den Kadi bringt
und Grund genug, um sozusagen
mit aller Härte zuzuschlagen.
Und ist der Schaden noch so klein,
denn was nicht sein darf, kann nicht sein.
Drum wird sie auch, man kann`s kaum fassen,
vom Arbeitgeber prompt entlassen
und quasi praktisch über Nacht
um ihre Existenz gebracht
und dreißig Jahre Dienst am Kunden
wird nicht als Würdigung empfunden.
Ein Schelm, der Arges dabei denkt,
dem Störenfried wird nichts geschenkt.
Doch wer dagegen was verbockte
und fremde Gelder dreist verzockte,
an Bank und Börse spekulierte,
was zu Milliarden Schaden führte,
der hat das Recht noch, sozusagen
dreist seine Boni einzuklagen.
Selbst Politik ist außerstande
und das ist eine Affenschande,
Gerechtigkeit, wie wir sie schätzen
auch wirklich einmal durchzusetzen.
Der Rechtsstaat hat, Gott sei`s geklagt,
auf ganzer Linie versagt.

Heidenau, den 28. 02. 2009
 
H

Heidrun D.

Gast
Mir gefällt es auch.

Du hast das Augenmerk eigentlich ausschließlich auf diesen "lächerlichen" Betrag gelenkt und doch (en passant) das rattige Gehabe mancher Betriebsherren deutlich gemacht.

Liebe Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Liebe Leute!

(1) Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.
(2) Angestellte/r ist Angestellte/r.
(3) Diebstahl ist Diebstahl. Wieviel geklaut wird, ist - auch juristisch - völlig unerheblich.
(4) Unfähigkeit ist weder ein Entlassungsgrund noch ein Grund, Gehaltsansprüche zu verlieren.
(5) Alles das ist deutsches Straf- und Arbeitsrecht. Und entspricht der Agenda der Menschenrechte sowie dem Rechtsstaatsprinzip.

Hier die Moralisten- und Mitleidströte zu bedienen, ist wohlfeil und schafft Beifall. Der Sache gerecht wird man damit nicht.

Gruß W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Lieber Walther,

der "Diebstahl" ist meines Wissens nicht zweifelsfrei bewiesen worden (die Endabrechnung hat nur einen Fehlbetrag aufgewiesen).

Leider ist es nicht ungewöhnlich, einem älteren Mitarbeiter etwas dieser Art unterzujubeln, dafür gibt es 1000 und 1 Beispiele, gerade im Handel.

Heidrun
 

Walther

Mitglied
Hallo Gerd,

wie der gesunde Menschenverstand hier tickt, ist durchaus interessant. Die Mehrheit, wenn auch eine knappe, ist für die Entlassung und gegen Diebstahl.

Nachdem wir das sog. "gesunde Volksempfinden" auch bei der Kopf-ab-Strafe nicht gelten lassen wollen - wofür ich übrigens sehr engagiert eintrete, sonst hätten wir sie nämlich längst -, sollten wir es bei einem Grundinstitut unserer aktuellen Rechtsordnung, dem Schutz des Eigentums, ebenfalls nicht befragen. Ich muß daher leider bei meiner abweichenden Ansicht bleiben.

Rechtsordnung ist Rechtsordnung. Und daran würde ich, wenn ich der Rest der Welt wäre, besser nicht rühren, der Dammbruch könnte ein ungeheurer sein. Denn wo wollen wir die Grenze zur Petitesse bitte verbindlich ziehen?

Hallo Heidrun,

das ist sicher richtig. Nachdem dem Arbeitgeber sonst nichts mehr bleibt, greift er zu diesem Mittel und anderen "kleinen" Schandtaten (Tanken auf seine Kosten, "geschönte" Reisekostenabrechnungen etc.). Wer will, daß das anders wird, muß das dänische Arbeits- und Sozialrecht einführen. Es waren übrigens Sozialdemokraten, die das taten.

Dann hören diese "Schiebereien" auf.

Grüßend W.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Ja aber die Rechtschreibung oder besser die Rechtsprechung ist ja nicht vom Himmel gefallen, sie wurde und muss auch in Zukunft weiter entwickelt werden. Und das Wort "gesunde" habe ich extra vermieden.
Gutes Gesetz: Die 90%ige Strafsteuer auf Bonuszahlungen an die Zocker des amerikanischen Versicherungskonzerns (Name?), die laut "Arbeitsvertrag" einen Anspruch darauf haben.
 

Walther

Mitglied
Das halte ich auch für eine gute Idee, weil ich keinen Bonus kriege. Ich kriege immer den einen Malus, den es gibt. Irgendwie ziehe ich sowas magisch an. :D
 

helmut ganze

Mitglied
Ich freue mich über die rege Diskussion über meinen Text,in dem ich auf die tiefe soziale Spaltung unserer Gesellschaft hinweisen und die doch sehr auseinandergehende Ahndung von Straftaten darstellen wollte. Steuerhinterziehung per Liechtenstein ist Vorsatz
und schließlich auch eine Straftat, nur hat unsere Kassiererin keine Lobby.
Meiner Ansicht nach missbrauchen bestimmte Arbeitgeber die Justiz, um unbequeme Mitarbeiter
ohne Abfindung los zu werden.
 
H

Heidrun D.

Gast
So ist es. - Insbesondere, wenn es sich um Mitglieder des Betriebsrats handelt, die der AG ansonsten (fast) überhaupt nicht "loswerden" kann ...

Liebe Grüße
Heidrun
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Ich muss mich für mein Gedicht entschuldigen,Emely darf doch wieder an der Kasse sitzen, sicherlich zum Mindestlohn.
Die Gerechtigkeit hat gesiegt. Deutschland ist doch ein Rechtsstaat im Gegnsatz zur DDR, da gab es nicht einmal Kassenbons, wie ich zu wissen glaube.

Liebe Grüße an den Rechtsstaat

Helmut
 
H

Heidrun D.

Gast
:D

Ich habe das auch im Fernsehen verfolgt; sie schien überglücklich. - Obwohl es sich bei der Kassiererei doch um einen unterbezahlten Knochenjob handelt, der Bandscheiben und Hirn der Dauerschädigung preisgibt. - Auch abends werden oft noch die typischen Handbewegungen ausgeführt ...

Tja.
Heidrun
 



 
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