Ein Gang

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Khalidah

Mitglied
winters pirscht er ins revier
oder wagt sich oder irrt

rascheln muss die klinge
unter samt
und knacken die blicke
aus dem unterholz
hier, hier
und da

legt sich die spur lautlos in den schnee
könnte es geschmeidig sein

wenn aber der wind sich
nun um die letzten blätter windet
wendet, sie tuscheln lässt
sollte jäh er ahnen
sieht er? schnurrt er? flieht er?

schießt er aber und schießt er
nicht schneller als ich springen
kann und dreht er sich dann

so
ist's geschehen um ihn
nicht schade

dann wieder nur ich
friedlich, matt
vielleicht sogar satt
und wir
nicht älter als eine mahlzeit geworden
 

Mara Krovecs

Mitglied
Hallo Khalidha,

..............Dein Text ist auf jeden Fall so etwas wie ein "Fänger", zieht mich immer wieder zu sich um sich lachend und mich sehr neugierig machend schnell wieder zu drehen, und mich dann auf eine andere Spur zu locken.

Ich hab ihn noch nicht so ganz...........aber spurte schon eine ganze Weile hinter ihm her, weil er einfach "irgendwie" spannend ist.

Der letzte Satz:" Und wir nicht älter als eine Mahlzeit geworden" klingt nebenbei noch so märchengemütlich.

Toller Text, finde ich.

Alles Liebe
Mara
 

Zeder

Administrator
Teammitglied
Ein Gang

winters pirscht er ins revier
oder wagt sich oder irrt

rascheln muss die klinge
unter samt
und knacken die blicke
aus dem unterholz
hier, hier
und da

legt sich die spur lautlos in den schnee
könnte es geschmeidig sein

wenn aber der wind sich
nun um blätter windet
wendet, sie tuscheln lässt
sollte jäh er ahnen
sieht er? schnurrt er? flieht er?

schießt er aber und schießt er
nicht schneller als ich springen
kann und dreht er sich dann

so
ist's geschehen um ihn
nicht schade

dann wieder nur ich
friedlich, matt
vielleicht sogar satt
und wir
nicht älter als eine mahlzeit geworden



Hallo Khalidah,

ich schleiche um den Text wie deine Katze. Er ist, wie alle deine Texte, nicht beim dritten Lesen zu erfassen und ich weiß auch immer noch nicht, ob ich ihn für mich 'habe', denn ich stolpere immer wieder über folgende Zeilen:


winters pirscht er ins revier
[blue]oder wagt sich oder irrt[/blue]

Er pirscht. Bedeutet das Wagen und Irren seine versuchten Beutejagden?

rascheln muss die klinge
unter samt
[blue]und knacken die blicke[/blue]

Die Klinge ist Singular - müsste es dann nicht heißen: "und knacken müssen die blicke"?

wenn aber der wind sich
nun [blue]um blätter windet[/blue]

Es ist Winter, sagst du einleitend. Wie viele Blätter sind noch für den Wind da?

--
Das sind meine Stolpersteine, das "schießen" finde ich grandios ebenso wie das gesamte gemalte Bild - und den Titel genial!

Viele Grüße von Zeder
 

Khalidah

Mitglied
Hallo zusammen,

danke für jede Blume! Ich freue mich jedesmal wie ein Schnitzel, noch nicht ganz eingerostet zu sein ! :)

Kommen wir zur Textarbeit:


[blue]@Zeder:[/blue]

winters pirscht er ins revier
oder wagt sich oder irrt

Er pirscht. Bedeutet das Wagen und Irren seine versuchten Beutejagden?
Yepp. Die beiden Eingangssätze sollen andeuten, dass es schon viele "er" gab, die auf unterschiedlichste Weise ins das Revier gekommen sind. Mit oder ohne Jagdabsichten, manchmal zufällig, manchmal mit Pauken und Trompeten, manchmal etwas geschickter. Die Art und Weise wie dieser Gegenspieler nun das Bild betritt, ist jedoch ziemlich beliebig, da die eigentliche Handlung ja erst danach beginnt.
Nämlich die vielen (Heraus-)Forderungen/Bedingungen/Wünsche, die sich durch die folgenden Strophen ziehen.


rascheln muss die klinge
unter samt
und knacken die blicke

Die Klinge ist Singular - müsste es dann nicht heißen: "und knacken müssen die blicke"?
Ja, müsste es. Ich hätte dann aber zweimal das "muss/müssen" kurz hintereinander, habe es darum in der dritten Zeile hier weggelassen. Außerdem ist es so auch etwas lautmalerisch, da beide "ck"-Laute recht kurz aufeinander "knacken".

Wow! Was mir erst jetzt auffällt: durch das weggelassene "müssen" entsteht eine Doppeldeutigkeit, wenn man die folgenden Zeilen mit einbezieht:

rascheln muss die klinge
unter samt
und knacken die blicke
aus dem unterholz
hier, hier
und da

Man könnte das "knacken" auch auf die Klinge beziehen, die die Blicke knacken muss. Die "hier, hier und da" auftauchen. Oder die "hier, hier und da" zu knacken sind.
Diese Lesvariante würde gar nicht mal stören, obwohl sie nicht beabsichtigt ist. Ich werde mir auf jeden Fall überlegen, das "müssen" wieder einzufügen, damit die Bezüge klar werden.


wenn aber der wind sich
nun um blätter windet

Es ist Winter, sagst du einleitend. Wie viele Blätter sind noch für den Wind da?
Das ist wahr, das passt nicht ganz. Kleine Unachtsamkeit von mir. Danke für den Hinweis - das habe ich gar nicht bedacht! Die Strophe mit dem Wind ist älter als die beiden, wo das Winterbild ins Spiel kommt. Zuerst hatte ich einen schönen grünen Laubwald im Sinn, dann fand ich Winter einen guten Schauplatz und habe die Strophe ungeprüft übernommen.
Ich habe oben den Text editiert und daraus "die letzten Blätter" gemacht. Das müsste schlüssiger sein. Die sind schon schön morsch und wenn da ein Windstoß durchfegt, tuscheln sie auch miteinander. :)


[blue]@Mara :[/blue]

Der letzte Satz:" Und wir nicht älter als eine Mahlzeit geworden" klingt nebenbei noch so märchengemütlich.
Das war keine Absicht, an Märchen dachte ich dabei nicht, wirklich! *grins* Aber jetzt, wo du es erwähnt hast, muss ich bei meinem Text jetzt immer an einen Ritter denken, der auszieht, um einen Drachen zu erlegen...LOL


LG
Khalidah
 



 
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