Ein Kind

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Walther

Mitglied
Ein Kind


Deine Blicke ließt Du schweifen.
Das Leben ist dem Sterben nah.
Nach den Herzen willst Du greifen.
Du warst für die Menschen da.

Völkern eine Hoffnung geben.
Welten auf die Liebe bauen.
Welcher lebt ein solches Leben,
Auf das alle immer schauen.

Am Ende heißt es zu begreifen,
Wie eng die eignen Grenzen sind.
Auch wenn wir viele Mauern schleifen,
Im Innern bleiben wir: ein Kind.

Zum Tod von Johannes Paul II
 

dulcamara

Mitglied
lieber walther!

mir gefällt die letzte strophe deines gedichtes -
die umsetzung insgesamt leider nicht so. insbesondere die uneinheitlichkeit des tempus in der ersten strophe stört (mich):

"Deine Blicke [blue]ließt[/blue] Du schweifen.
Das Leben ist dem Sterben nah.
Nach den Herzen [blue]willst[/blue] Du greifen.
Du [blue]warst[/blue] für die Menschen da.

Völkern eine Hoffnung geben.
Welten auf die Liebe bauen.
[blue]Welcher[/blue] lebt ein solches Leben,
Auf das alle immer schauen.

Am Ende heißt es zu begreifen,
Wie eng die eignen Grenzen sind.
Auch wenn wir viele Mauern schleifen,
Im Innern bleiben wir: ein Kind."

ich würde es in:

"Du liessest deine Blicke schweifen.
Dein Leben war dem Sterben nah.
Du wolltest nach den Herzen greifen.
Du warst für die Menschen da.

Völkern eine Hoffnung geben.
Welten auf die Liebe bauen.
Wer sonst lebt ein solches Leben,
Auf das alle immer schauen?

Am Ende heißt es zu begreifen,
Wie eng die eignen Grenzen sind.
Auch wenn wir viele Mauern schleifen,
Im Innern bleiben wir: ein Kind."

ändern.

oder die ersten beiden strophen noch einmal umarbeiten - weniger platitüden! (sorry...)

lieber gruss von
dulcamara
 

Walther

Mitglied
Guten Abend, liebe Mitdichterin,

für Deine Hinweise herzlichen Dank. Es ist immer schön, wenn sich andere, qualifizierte LeserInnen mit den Texten beschäftigen und so viele bedenkenswerte Vorschläge machen.

Ich möchte zu meinem Gedicht eine paar kleine Bemerkungen machen, die auch Deine Tips aufgreifen:

(1) Platitüden:

Nun: Der Tod ist normal. Er ist etwas Triviales, fast Banales, bis er einen selbst trifft. Das Gedicht ist bewußt klein und leicht. Ich habe später ein weiteres mit dem Titel "Er" geschrieben. Da hatte ich das Thema bereits besser verarbeitet.
Manchmal liegen mir diese weit hergeholten Metaphern, dieser schwer zugängliche Sprache moderner Lyrik recht quer im Magen. Ich bin gerade in einer Phase, in der ich die Kindlichkeit des Liedes dem manchmal zu gewollt und zu konstruiert wirkenden Sprachautismus der Jetztzeit entgegenstelle. Mit Absicht.

(2) Die verschiedenen Tempi in der ersten Strophe:
Sie wurden bewußt gewählt. Der angesprochene IST tot. Also LIESS er seinen Blick schweifen. Sein Vermächtnis, nach den Herzen zu greifen, dauert aber an, also Präsenz. Ditto: Es ist eine Tatsache, daß das Leben dem Sterben nah IST. Wir verdrängen sie nur gerne. Und in der Tat WAR der Verstorbene für die Menschen da. Jetzt kann er es, da tot, nicht mehr sein. Dises dialogisch Umgreifende der beiden Klammerverse ist bewußt gewählt worden. Die Vergeblichkeit UMKLAMMERT uns alle.
Eine Nebenbemerkung sei mir hier gestattet, ohne daß ich das jetzt arrogant meine: Ich arbeite immer mit einer ersten und einer zweiten Ebene der Sprache (mindestens! :D). Und ich gehe durchaus sehr gezielt mit ihr um. Ich bitte um Nachsicht für diesen Hinweis. Er hat nichts mit Überheblichkeit zu tun, denn mir sind meine Grenzen als Lyrikdillettant durchaus - manchmal schmerzlich - klar.

(3) Zweite Strophe, dritter Vers:
Welcher vs. wer sonst: Das ist eine Frage des Metrums und des Rhythmus der Sprache, zum Einen. Zum Anderen ist die alte Form "Welcher" ein Widerhaken, der dort so steht, weil er einer sein sollte. Wer leicht über so Schweres dahinschreibt, der sollte in seinen Text Angeln und Fallen einbauen, damit die anderen Ebenen erkannt werden. Und kann man leichter auf den Pop Papst verweisen als so? Es tut sich mit einem kleinen Wort eine Welt auf!

(4) Letzte Strophe:
Schön, daß Du es gemerkt hast, wo die Sprengkraft liegt, ich danke Dir. Ich dachte schon, das sei untergegangen in dem Trubel und der Lautstärke der anderen Texte. Gottes Kinder, ja, das wären und sind wir, wenn wir es wollten. Und dieser Papst, er hat das gelebt. Ein Kind, welch eine Auszeichnung, Gottes Kind. Welch ein Vertrauen!

Liebe Grüße

W.
 



 
Oben Unten