Ein Land, was es nie richtig gegeben hat

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helmut ganze

Mitglied
Ein Land, was es nie richtig gegeben hat

Dort, wo`s uns nie gegeben hat,
da fand bisher mein Leben statt.
Nicht, wie versprochen, mit `nem Sieg,
begann`s nach dem verlor`nen Krieg.
Nur Trümmern, Scherben, weit und breit,
wir hofften auf die neue Zeit.
Am Anfang war`n wir Zone pur,
von Orientierung keine Spur,
dann kam zu uns die SBZ,
ein Unwort war`s und auch nicht nett.
Sowjetische Besatzungszone,
klang auch nicht besser, war nicht ohne
und nach der Mauer kam, oh Herr,
die sogenannte DDR.
Als man uns endlich anerkannte
und einfach DDR uns nannte,
da kam ganz plötzlich schon die Wende
und mit ihr wiederum ihr Ende.
Rund vierzig Jahr in meinem Leben
hat`s dieses Sprachdiktat gegeben.
Jetzt heißt es, blickt man mal zurück
auf seine Welt ein kleines Stück,
nur wiederum, oh lieber Herr,
nur ehemalige DDR.
Mein Land, das mir gebrach zum Leben,
das hat es einfach nicht gegeben.

Heidenau, den 13. 04. 2012
 
F

Fettauge

Gast
Ein Land, das es nie richtig gegeben hat

Lieber Helmut Ganze, kann man es treffender sagen? Grüße aus der Ehemaligen! Fettauge
 

helmut ganze

Mitglied
Ein Land, was es nie richtig gegeben hat

Dort, wo`s uns nie gegeben hat,
da fand bisher mein Leben statt.
Nicht, wie versprochen, mit `nem Sieg,
begann`s nach dem verlor`nen Krieg.
Nur Trümmer, Scherben, weit und breit,
wir hofften auf die neue Zeit.
Am Anfang war`n wir Zone pur,
von Orientierung keine Spur,
dann kam zu uns die SBZ,
ein Unwort war`s und auch nicht nett.
Sowjetische Besatzungszone,
klang auch nicht besser, war nicht ohne
und nach der Mauer kam, oh Herr,
die sogenannte DDR.
Als man uns endlich anerkannte
und einfach DDR uns nannte,
da kam ganz plötzlich schon die Wende
und mit ihr wiederum das Ende.
Rund vierzig Jahr in meinem Leben
hat`s dieses Sprachgewirr gegeben.
Jetzt heißt es, blickt man mal zurück
auf seine Welt ein kleines Stück,
schon wiederum, oh lieber Herr,
nur ehemalige DDR.
Mein Land, das mir gebrach zum Leben,
das hat es einfach nicht gegeben.

Heidenau, den 13. 04. 2012
 

HajoBe

Mitglied
Hallo Helmut,
du triffst den Nagel auf den Kopf und wenn ich gestern im Fernsehen sehen musste, was Frau Honnecker dazu zu sagen haben glaubt, dann kotzt mich diese Frau an.
Wir dürfen diesen Deutschen diktatorischen Repressalienstaat (DDR)dennoch nicht aus den Augen verlieren als ständiges Menetekel.
Ein paar kleine Korrekturen würde ich noch vornehmen, dann ist der Beitrag super....
Lieben Gruß HajoBe
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber Fettauge,

ja, wir waren von Anfang an suspekt, aber keiner spricht vom ehemaligen Römischen Reich, wenn er diese Zeit meint.
Es bleibt das Römische Reich, auch wenn es dort Sklaven gab.

Liebe Grüße

Helmut
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Liebe Carina,

du hast vollkommen recht, aber die Siegermächte bestimmten nach dem verlorenen Krieg, wie sich das geteilte Deutschland entwickelt.
Beide Teile haben sich verändert, nichts ist mehr, wie es war.

Liebe Grüße

Helmut
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber HajoBe,

ich glaube, nur wer die DDR live erlebt hat, kann die 40 Jahre am besten beurteilen mit all ihren Widersprüchen und Zwängungen.

Liebe Grüße

Helmut
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Helmut,

es freut mich sehr, dass Du mit diesem Beitrag einen "Treffer" gelandet hast. Du hast auf Deine besondere Weise poetisch formuliert, was ich wunderbar nachempfunden habe.

Grüße von Elke
 
A

AchterZwerg

Gast
Dem kann ich mich nur anschließen :). Habe neulich bereits ein anonymes 8erle hinterlegt, weil mir dein Gedicht auf Anhieb gefiel. Es spiegelt anrührend und trotzdem genau wieder, was mir von vielen DDRlern berichtet worden ist.
Manche sprechen gar von der kompletten "Eingemeindung" ihrer Heimat. Und zwar von einer sehr rücksichtslosen. -
Ich sehe das genauso.
Wie schön, dass du jetzt nochmal so richtig durchstartest, mein Lieber, und deine anfänglichen Schwierigkeiten überwunden hast. ;):)
Wer will, kann hier schon was lernen.
Herzliche Grüße
Der 8. Zwerg
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo helmut,

ein schwieriges thema,
mit einem hervorragenden bild:

Dort, wo`s uns nie gegeben hat,
da fand bisher mein Leben statt.

ein zeitzeuge, eines der wenigen
politischen gedichte, die mich berühren

dank dafür

ralf
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Liebe Elke,

vielen Dank für Deine ermutigenden Zeilen zu meinem Gedicht.
Ich freue mich sehr, dass es Dir gefällt und ich werde mich auch weiterhin bemühen.

Ganz liebe Grüße

Helmut
 

Gerd Geiser

Mitglied
Kompliment auch von mir.
Und siehe da, du hast mich derart angesprochen, dass es zu einem eigenen kleinen Gedicht gereicht hat.
Danke
und einen lieben Gruß dir,

Gerd
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber Achter Zwerg,

deine Zeilen machen mir Mut, weiter zu machen.
Was wir im Osten lernen mussten ist, dass Geld, und nur Geld, das Wichtigste im Leben ist, dass es nicht stinkt und dass man alles, ja alles tun kann und auch muss, um zu Geld zu kommen.
Ansonsten habe ich den politischen und gesellschaftlichen Wechsel als unvermeidbar angenommen, allerdings nicht unkritisch.

Liebe Grüße

Helmut
 

helmut ganze

Mitglied
s.o.

Lieber Ralf,

ich danke dir für dein Verständnis für das, wie du sagst, schwierige Thema. Ich schreibe ohne Nostalgie über meine halbe Lebenszeit, die man ja nicht ungelebt machen kann.

Liebe Grüße

Helmut
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
"Was wir im Osten lernen mussten ist, dass Geld, und nur Geld, das Wichtigste im Leben ist, dass es nicht stinkt und dass man alles, ja alles tun kann und auch muss, um zu Geld zu kommen."

Wer ist denn "wir"? Ich liebe diesen Vereinnahmungsbegriff nicht. Ich lebe in Görlitz und bin ich, nicht "wir".
Und wer "musste" von wem was denn "lernen"? Kann man Unsinn "lernen"? Kann man leere Behauptungen, inhaltlosen Mist wie "Geld ist das Wichtigste im Leben" lernen? Das ist so, als müßte man "lernen", daß zwei plus zwei fünf ist. "Lernen ist Wiedererinnerung" sagte Sokrates einst, und er meinte damit, daß nur Begreifliches und Sinnvolles, das mir als MEIN Eigenes, mir in mir selbst Nachvollziehbares einleuchtet, überhaupt lernbar ist. Aber Geld ist nicht das Wichtigste im Leben. Ich gehöre nicht zu den "wir", die das lernen mußten.

"Ich schreibe ohne Nostalgie über meine halbe Lebenszeit, die man ja nicht ungelebt machen kann."
Wo befindet sich der Beleg dafür, daß Du "Deine halbe Lebenszeit ungelebt machen" sollst? Wer verlangt das von Dir? Ohne Beleg und Zurechnung ist das eine hohle Unterstellung, eine Jammerossiphrase in Richtung Unsplattmachendewessis.
Nein, das ist inhaltlos, schlechte Prosa, Politkitsch. Vergangenheit ist nicht änderbar. Also kann sie auch nicht ungelebt gemacht werden. Sie ist gelebt, wie gut oder schlecht auch immer. Man kann sie vergessen, aber nicht ungelebt machen.
 

MIO

Mitglied
Ein Land

Ich verstehe den letzten Teil nicht. Bedeutet er ein Land das du gebraucht hättest... Ich wohnte auch mein halbes Leben
in der DDR und ich denke wenn ich mir andere Länder anschaue
können wir schon auch auf einiges stolz sein und dankdar.
Außerdem liegt es auch immer in unserer Hand, was jeder draus macht.
Liebe Grüße MIO
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Autsch! Ein Land, was? Sollte es nicht richtig "das" heißen?

Gruß Ciconia
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Mio mein Mio

"können wir schon auch auf einiges stolz sein"
klar, möglichst auf die Leistungen anderer Individuen, wie in dem Satz "Ich bin stolz auf dich, mein Sohn", oder "Es war nicht alles schlecht", oder "ich lasse mir meine Biographie nicht wegnehmen" ...
"wir" ...
 



 
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