Ein Schuss

T

Tabasco

Gast
Ein Schuss


Ich spüre nichts als Abenteuer,
in einer Welt
ohne Ungeheuer,
in der ich selbst mein Leben steuer'.

Löwen kreuzen meinen Weg,
grüßen
und fragen,
wie es mir geht.

Genüsslich beiss ich ab vom Käse,
durchquere den Kuhdamm
während ich lese.
Vorbei an einer Rinderherde.
Stolz steh'n sie da.
Von weitem wie Pferde.
Ich danke ihnen für ihre Gaben
Und dafür,
dass sie keine Angst vor mir haben.

Am Alex,
quasi am Fernsehturm
seh' ich die Affen
hangeln und trurn'.
"Zeigt mir den Weg an die Spitze bitte!"
Sie nehmen mich in ihre Mitte.
Ich lass mir den Wind auf der Zunge zergeh'n.
Auch ich will in die Ferne seh'n.

Später steh' ich vor dem Reichstag.
So farbenreich.
So glänzend.
Er ist für diesen göttlichen Tag
So bereichernd,
so ergänzend.

Voller Erwartung stürm' ich hinein.
Das Äußere kann nicht alles sein.

"Guten Tag Herr Storch, altes Plappermaul!"
"Guten Tag auch Frau Kröte!"
und "Hallöchen Herr Gaul!"

Treppe für Treppe,
bis rauf auf's Dach.

"Tag auch Herr Faultier!"

Die Welt ist nicht flach!

Nie sah ich so wundervoll auf anderes herab.
Nie schnürte mir ein Anblick so sehr die Kehle ab.
Nie war ich so hoch auf einem doch so nied'ren Punkt.
Nie tat so viel Sprache doch so wenig kund.

Es brennen die Augen in der knallenden Sonne.
Es rauscht im Ohr.
Es beben die Gemüter.
Ich drehe mich,
schreiend,
die Arme weit offen.
Um mich herum:

Die Gesetzeshüter.

Ich drehe mich weiter, nehm' sie kaum wahr.
Pistolenläufe streifen mein zott'liges Haar.

Drohende Stimmen.

Sie sind nicht real.
Ich höre sie nicht.
Das war einmal.

Ich dreh' mich.
Ich lache.
Ich blinz'le sie an.
Meine Hand streift die Waffen.
Ich atme.

Und dann?


Tabasco © 2000
 
T

Tabasco

Gast
Hinweis:

Anmerkung des Autors: Bei "Ein Schuss" handelt es sich um den 3. Teil einer 5-teiligen zusammengehörenden Gedichtssammlung. Die anderen Teile werden, sobald wieder für mich verfügbar (ich habe sie momentan nicht auf dem Rechner), mit dem Hinweis, dass sie Werke dieses Bandes darstellen, veröffentlicht.

der Tab
 
S

Sanne Benz

Gast
auf Tabascos Spuren...bekannte Orte,die meine eigenen Spuren tragen..

Hallo Tab,
ist es WIRKLICH (so wie ich was las von DIR) eine Welt OHNE UNGEHEUER?
Möwen? Hm..:)) naja, die trifft man selten in der City(nun gibts ja zwei) von Berlin..
DURCHQUERE..wäre eher ÜBERQUERE..den Ku´damm..
Am Alex..da steht der Turm,unübersehbar.
WAS heisst TRURN?
(schöne Zeile,nie gehört:"Ich lass mir den Wind auf der Zunge zergehn".Der ist echt klasse,ehrlich,nie gelesen.Merk ich mir,wenn ich darf!!)
Rechstag: Aber ist nicht der höchste Punkt der Turm am Alex?

Nun denke ich über den Text nach.Möchte ihn verstehen.WAS er sagen soll?WIESO SCHUSS?
Ist egal..es sind Deine Empfindungen,die soll man nicht nehmen. Doch möchte ich gern etwas ..verstehen.
LG
Sanne
 
T

Tabasco

Gast
shalömchen Sanne

ach Sanne... da schreib ich ausnahmsweise mal ein Gedicht, bei dem ich mir wirklich was gedacht habe und du, außgerechnet du, stellst mir solche Fragen. ;-)
Aber ich erklär's dir gerne. Eigentlich sollte man ja als Autor seine eigenen Werke nicht interpretieren, aber ich tu's trotzdem. Rebellisch, oder? *gg*

Also... der Protagonist des Gedichtes ist ein gestörter Mensch, im Endeffekt. Er glaub in einer Scheinwelt zu leben. Er sieht die Dinge so wie er sie sehen mag.

1. und 2. Strophe: er glaubt in einer Welt ohne Ungeheuer zu leben. Löwen (nicht Möwen!!!) kreuzen seinen Weg. In jedem Mensch steckt ein Löwe. Seien es die "Großstadthaie" oder der einfache Bürger auf der Strasse. Jeder will nach außen hin, in der Öffentlichkeit, etwas aussagen, quasi den Löwen raushängen lassen. Eben diese Menschen grüßen ihn und fragen nach seinem Wohlbefinden.

3. Strophe: Genüsslich beisst er ab vom Käse (gemacht aus Kuhmilch versteht sich)...er durchquert den Kuhdamm und was sieht er? Rinder. (KUHdamm--> Rinder). Alles ist so beschrieben, wie der Name des jeweiligen Standpunktes in Berlin eigentlich verdeutlicht. Er dankt den Rindern für den Käse und zieht weiter. (Du solltest, wenn du das hier durchdenkst, nie vergessen, dass er die Dinge nur so sieht wie er sie sehen möchte. Die Rinder könnten also in der Realität beispielsweise Marktschreier sein, die ihre Waren anbieten)

4. Strophe: am Fernsehturm sieht er Affen hangeln und turn'(abgeleitet von turnen). (die affen könnten an dieser Stelle so etwas wie Arbeiter sein die Reperaturen am Turm vornehmen oder Fensterputzer). Er lässt sich von ihnen mir nach oben nehmen um ganz Berlin (sein Fantasieland) sehen zu können, um in die Ferne zu sehen. (FERNSEHturm-->Ferne sehen)

5. Strophe: Später steht er vor dem REICHstag. so farbenREICH ... so beREICHernd. Das REICH gibt in diesem Falle dem Reichstag seinen Namen wieder. er ist eben reich. Für ihn: reich an Farbe duch die sich spiegelnde Sonne und bereichernd für diesen wundervollen Tag. Es hat also nicht länger etwas mit dem deutschen REICH zu tun, sondern mit dem Adjektiv reich.

6. Strophe: er stürmt hinein. Er grüßt den Storch, die Kröte, den Gaul und das Faultier (na was für Menschen könnten das wohl sein, die diesen Tieren ähneln?) Er stürmt aufs Dach.

7. Strophe: Nie sah er so wundervoll auf anderes herab.
Nie war er so hoch auf einem doch so nied'ren Punkt. Klar ist der Turm am Alex höher aber in diesem Moment steht er auf dem Reichstag, über dem Gesetz! Über all diesen Spinnern, die Tag ein, Tag aus ihr bedeutungslose Dasein in diesem Gebäude fristen. Deswegen ist dieser Punkt in diesem Moment höher als die Spitze des Fernsehturms.

8. Strophe: Er breitet die Arme aus. Schreit. Fühlt Glück.
Dann...die Gesetzeshüter (klar, dass die auftauchen, wenn jemand in den Reichstag stürmt um auf dessen Dach in wahrloses Geschrei auszubrechen)

9. Strophe: Er dreht sich weiter. Er nimmt sie nicht wahr. Erhört sie nicht, das war einmal. (in seiner Welt gibt es keine Regeln, somit auch keine Bullen)

10. Strophe: Er dreht sich. Er lacht. er blinzelt sie an.
Seine Hand streift die Waffen. Er atmet. Und dann?

EIN SCHUSS!

Die Realität hat ihn eingeholt. Das Leben fand ein Ende. Der beschriebene Mensch hat sich aus lauter Verzweiflung über die bestehende Ordnung, in der er sich in keiner Weise zurecht fand, eine eigene Welt aufgebaut. Eine völlig eigene Anarchie eben, die sich in seinem Kopf abspielt. Doch selbst die wurde ihm genommen.


so... alle Klarheiten beseitigt, Sanne? *g*
Wenn du eine konkrete Bezeichnung für das Gedicht brauchst würde ich es abschließend als Fabel bezeichnen.

Ich hoffe das war 'ne einigermaßen gute Analyse. Schreib mir mal, wie du jetzt über das Gedicht denkst.

und wie ich schon sagte: es handelt sich um einen 6-Teiler. Dies hier ist der 3. Teil. Ich hab's also so gmeacht wie bei "Star Wars". Erst das Mittelstück. Dann die Nachgeschichte. Und letztendlich die Vorgeschichte. *gg*
Alles wietere Sachen aus diesem Band kommen bald.
Kann man bei der Leselupe eigentlich auch einen Gedichtsband komplett veröffentlichen oder muss man die alle einzeln, bzw. als Antwort auf das Ursprungsgedicht veröffentlichen?
Und ich hab gleich noch 'ne Frage: Wie macht man die Schrift dicker, wie setzt man Smilies und all das Zeug. Ich kenn nur die alte Leselupe von damals und da gab's das alles noch nicht.

also Sanne ...dann wünsch ich dir mal ein schönes erholsames Wochenende.

bis denn dann...

der Tab
 
S

Sanne Benz

Gast
Mensch Tab,
es hört sich fast so an (vielleicht weil augerechnet ICH es bin) als wäre es lästig,das man deinen Text liest...
Deine Erläuterung hört sich wiederrum an wie eine meiner Stories...Film..verstehst..
He..ist ja toll.dein Stil..den sollst Du Dir auch bewahren.
Ich hab da nix zu geschrieben um dich zu nerven..provozieren..nieder zu machen oder so..
Ich kenn mich halt auch aus in der Umgebung dessen..vielleicht interessierts mich darum?
Wieso schreibst Du dann nicht eher daraus,statt gedicht..eine Shortstory?
Weisst,wenn auch gealtert,gesetzter,etc..so sind die lieben Gesetzeshüter auch nicht meine Welt..die da in ihren kackigen Uniformen tun,als wären sie Rambos..
Sag mal..eine Frage drängt mir auf:
Hat denn nichts was Du schreibst etwas authentisches?
Ich dachte nämlich: doch??
lg
die
Sanne
 
T

Tabasco

Gast
..

Ich hab das überhaupt nicht so gemeint, dass es lästig wäre, dir die Sache zu erklären. Das doffe beim Schreiben ist halt, dass Ironie nicht richtig rüber kommt. Man sieht den Gesichtsausdruck des anderen nicht un dkann auch die Betonung der worte nicht hören. Also näxtes Mal wenn ich vergleichbares äußere schreib ich in Klammern Ironie dahinter. (ironie) *gg*
Ich dachte halt nur, du würdest es auf anhieb verstehen. Ich meine, als Autor merkt man ja sowas schlecht aber sag mal, ist es genrell auf den ersten Blick schwer zu verstehen? Ich hab's ja noch nicht allzu vielen Leuten gezeigt, daher weiss ich das nicht so genau. Auf jeden Fall find ich's immer schön, wenn du dich für meine Sachen interessierst.

Also daraus 'ne Kurzgeschichte zu machen...ich weiss nicht so recht. Ich find meinen gedichtsband recht schön und vielleicht würd ich's mit 'ner Kurzgeschichte versauen. Aber mal schauen. Vielleicht überkommt's mich ja mal irgendwann. :))
Ach ja...ich schreibe nie etwas authentisches. Mein Leben ist "doof". Das Leben anderer ist viel interessanter. Für mich und für die Leser. Klingt dämlich aber ist glaub ich so. Selbst wenn ich was authentisches schreiben würde, würde ich ziemlich übertreiben, denke ich. Ich neige des öfteren zu Übertreibungen und möchte alles so extrem wie möglich darstellen. Und bevor ich dann als Lügner gelte, denke ich mir lieber etwas neues aus, was nicht heissen soll, dass ich überhaupt keinen Bezug zu meinen Gedichten und Geschichten habe.

also ...nochmal schönes Wochenende Sanne
(wahrscheinlich trifft man sich im Wochenende eh noch mal hier...deshalb lass ich das "schönes wochenende-Gequatsche" jetzt erstmal weg *g*)

in diesem Sinne....

tschöö

der Tab
 
E

ElsaLaska

Gast
das mit dem reichstag,

farbenREICH usw. das hat mir gefallen.
ansonsten finde ich die diskussion zwischen sanne und dir nicht lästig oder unangenehm. wobei mich ja auch keiner gefragt hatte :D
ist doch schön, wenn man sich so austauschen kann...
aus anlass eines textes...
macht doch noch ein bisschen weiter so...
liebe grüsse
elsa
 



 
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