Ein Tor

Haget

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Ein Tor
Haget 2/97 Nr. 318

Vor Jahren traf ich - wieder mal -
nur mit dem Herzen meine Wahl.
Weil sie so schwungvoll, sauber, schön
- grad richtig groß und sauber anzusehn,
griff schnell ich zu bei der Gelegenheit,
und sie „ziert“ mein Haus noch heut.

Doch wie muß ich diese Wahl bereun!
Anstatt still zu dienen, mir das Haus betreun,
macht sie Lärm, wenn ihren Dienst ich brauch’,
stört mir die Ruhe - und die der Nachbarn auch!
Was einst so lieblich klang und gerne ich gehört -
klingt heut’ nach Kreischen mir, das heftig stört

Dabei lehnte sie, als ich sie damals fand,
ganz alleine abseits, bescheiden an ‘ner Wand.
Kein andrer sie wollte - nicht einer sah sie an,
ich tat, was ich nicht sollte und macht’ mich an sie ran;
keiner und nichts hielt damals mich zurück,
daß so schnell es klappte, hielt ich sogar für Glück!

Doch kürzlich ist’s um mich geschehen,
ich sah eine andre gehen,
ganz schwungvoll, ruhig, leicht
- wie’s meine nie erreicht!
So grad und formvollendet die Kontur,
nicht aufgequollen rund, ohn’ Linie und Figur!

Seh’ nun zu Haus genau ich hin,
erkenn’ ich gleich: Der Wurm ist drin!
Was unverfälscht war und Natur,
davon sieht man nicht eine Spur,
Kosmetika ist Trumpf, schon lange ist sie koloriert,
Natürlichkeit vorbei - alles mit Farben zugeschmiert!

Ich glaub ich brech’ die Treue
- ich schnapp mir diese Neue,
so ist es nun mal auf der Welt,
dass manches Glück nicht ewig hält.
Das ew’ge Auf und Ab im Leben,
kann immer tiefe Risse geben!
Entscheidung ist gefallen - ich gehe hin und hol’ sie mir,
die schönste ist’s von allen - - die hellblaue Garagentür!
 



 
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