Ein Versager

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Retep

Mitglied
Ein Versager

Frank Bauer hatte immer Angst gehabt zu versagen. Das fing schon in der Schule an, seine Lehrer trauten ihm nicht viel zu. Er sich auch nicht.
Sein Vater, Hilfsarbeiter und begeisterter Zuschauer bei Sportveranstaltungen, nannte ihn immer "Versager", wenn er beim Fußballspiel keine Tore schoss.
In der Firma war es dann weiter gegangen, immer wieder musste er sich durchsetzen, befürchtete zu scheitern.
Rücksichtslos gegen sich, Arbeitskollegen und seiner Familie hatte er sich hoch- gearbeitet, war dann auch Chef der Buchhaltungsabteilung geworden.
Um seine attraktive Frau beneideten viele. Er glaubte, dass er es jetzt geschafft hätte.
Und jetzt stand er hier am Fenster, schaute auf den Nieselregen. Gelder aus der Lebensversicherung hatte er in das Haus gesteckt, nur die Unfallversicherung war ihm noch geblieben.

Sie kam aus der Küche.

„Ich sollte es dir am besten gleich sagen.“

Überrascht schaute sie ihn an.
„Was willst du mir gleich sagen?“

„Komm, lass uns erst mal was essen.“
Er setzte sich an den gedeckten Tisch.

„Nichts da, ich will wissen, was los ist. Du warst in letzter Zeit überhaupt so seltsam.“

„Ich bin arbeitslos geworden, die Firma ist Bankrott gegangen.“

„Und was heißt das jetzt?“

„Schon seit zwei Woche gehe ich morgens aus dem Haus, setze mich in den Park und füttere Vögel. Ich dachte, ich würde schnell eine andere Arbeit finden, habe viele Bewerbungen geschrieben, mich persönlich vorgestellt. Zu alt!
Unser Auto müssen wir auf jeden Fall verkaufen.“

Verständnislos schaute sie ihn an.
„Hast du schon mit deinem Vater darüber geredet?“

„Wir müssen schauen, dass wir irgendwie alleine zu Recht kommen.“

„Um wie arme Leute zu leben, habe ich dich nicht geheiratet.“

„Auch unser Haus ist viel zu groß. Die Raten der Abzahlung sind zu hoch.“

„Was? Das soll auch verkauft werden? Glaubst du, ich will in einer Sozialwohnung hausen?“

„Komm, trinken wir ein Glas Wein, reden wir morgen weiter.“
Er versuchte sie in den Arm zu nehmen, aber sie riss sich von ihm los stieß ihn von sich.
„Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, wir haben kein Geld.“

„Ja, den großen Mann markieren, das konntest du schon immer, viel Getue und nichts dahinter! Das hätte ich längst merken müssen.“

„Ich habe dich doch aus dem Elend herausgeholt, statt in einer Bruchbude zu wohnen, statt an der Kasse dir den Hintern acht Stunden wund zu sitzen, hast du bisher wie eine Prinzessin gelebt. Du konntest deine sportlichen Aktivitäten machen, zur Kosmetikerin gehen, während ich geschuftet habe. Du solltest wieder anfangen zu arbeiten.“

„Was glaubst du, warum ich gerade dich geheiratet habe, nicht aus Liebe!“
Sie schaute ihn an, erwartete wohl, dass er etwas sagen würde, aber er schwieg.

„Schau dich doch mal an, wie du aussiehst, eine dürre, lange Witzfigur, zwanzig Jahre älter als ich. Ich wollte gut leben, anders als meine Mutter.
Wir werden unsere Freunde verlieren und nicht mehr in Urlaub fahren können. Meine Tochter wird ihre Freundinnen vermissen, kann nicht mit der Klasse nach Texas gehen. Das mache ich nicht mit.“
Immer lauter wurde sie, zuletzt hatte sie geschrieen.

„Unsere Tochter dachte ich bis jetzt“, sagte er leise.

Sie schüttelte den Kopf.

Er sagte nichts, stand auf und ging aus dem Haus, ohne sich umzuschauen.
Die Versicherungspolice hatte er auf den Küchentisch gelegt.

Die Brücke überspannte das Tal, von hier oben sah alles klein aus. Er drückte das Gaspedal durch.
 

Retep

Mitglied
Ein Versager

Frank Bauer hatte schon immer Angst gehabt zu versagen. Das fing in der Schule an, seine Lehrer trauten ihm nichts zu. Er sich auch nicht.
Sein Vater, Hilfsarbeiter und begeisterter Zuschauer bei Sportveranstaltungen, nannte ihn immer "Versager.“ Nicht nur beim Fußballspiel, wenn er keine Tore schoss.
In der Firma war es weiter gegangen, immer wieder befürchtete er, zu scheitern.
Rücksichtslos gegen sich, seinen Arbeitskollegen und seiner Familie hatte er sich hoch gearbeitet. Später wurde er Chef des Vertriebs. Er glaubte, dass er es jetzt geschafft hätte.
Und jetzt stand er hier am Fenster, schaute auf den Nieselregen. Gelder aus der Lebensversicherung hatte er in das Haus gesteckt, nur die Unfallversicherung war ihm noch geblieben.

Um seine attraktive Frau beneideten ihn viele.
Sie kam aus der Küche.

„Ich sollte es dir am besten gleich sagen.“

Überrascht schaute sie ihn an.
„Was willst du mir sagen?“

„Komm, lass uns erst mal was essen.“
Er setzte sich an den gedeckten Tisch.

„Nichts da, ich will wissen, was los ist. Du warst in letzter Zeit überhaupt so seltsam.“

„Ich bin arbeitslos geworden, die Firma ist Bankrott gegangen.“

„Und was heißt das jetzt?“

„Ich dachte, ich würde schnell eine andere Arbeit finden, habe viele Bewerbungen geschrieben, mich persönlich vorgestellt. Zu alt! Jetzt sitze ich schon seit zwei Wochen im Park und füttere die Vögel.
Unser Auto müssen wir auf jeden Fall verkaufen.“

Verständnislos schaute sie ihn an.
„Hast du mit deinem Vater geredet?“

„Wir müssen schauen, dass wir alleine zu Recht kommen. Unser Haus ist viel zu groß. Die Raten der Abzahlung sind zu hoch.“

„Was? Das soll auch verkauft werden? Glaubst du, ich will in einer Sozialwohnung hausen? Um wie arme Leute zu leben, habe ich dich nicht geheiratet“, schrie sie wütend.

„Komm, trinken wir ein Glas Wein, reden wir morgen weiter.“
Er versuchte sie in den Arm zu nehmen, aber sie riss sich von ihm los stieß ihn von sich.

„Ja, den großen Max markieren, das konntest du schon immer, viel Getue und nichts dahinter.“

„Habe ich dich nicht aus der Bruchbude deiner Eltern herausgeholt? Du hast bisher wie eine Prinzessin gelebt, während deine ehemaligen Freundinnen sich ihren Hintern an der Kasse wund sitzen.
Während ich den ganzen Tag schufte, spielst du Tennis und lässt dich auf meine Kosten verschönern.
Wie wäre es, wenn du es mal mit Arbeiten probieren würdest?“

„Was glaubst du, warum ich gerade dich geheiratet habe?“
Sie schaute ihn an, erwartete wohl, dass er etwas sagen würde, aber er schwieg.

„Schau dich doch mal an, wie du aussiehst, eine dürre, lange Witzfigur, zwanzig Jahre älter als ich. Ich wollte gut leben, anders als meine Mutter.
Wir werden unsere Freunde verlieren und nicht mehr in Urlaub fahren können. Meine Tochter wird ihre Freundinnen vermissen, kann nicht mit der Klasse nach Texas fliegen. Das mache ich nicht mit.“
Immer lauter wurde sie, zuletzt hatte sie geschrieen.

„Unsere Tochter dachte ich bis jetzt“, sagte er leise.

Sie schüttelte den Kopf.

Er sagte nichts, stand auf und ging aus dem Haus, ohne sich umzuschauen.
Die Versicherungspolice hatte er auf den Küchentisch gelegt.

Die Brücke überspannte das Tal, von hier oben sah alles klein aus. Er drückte das Gaspedal durch.
 

Mäuschen

Mitglied
Hallo Retep,


Kurze Geschichte mit viel Inhalt, von dem aber nur ein kleiner Ausschnitt erwähnt wird. Lässt viel Platz für eigene Gedanken, um die Lücken zu füllen. Sehr schön =)

Was ich mich jedoch frage, ist, weshalb Frank Bauer seine Frau so abgöttisch liebt. Vielleicht tut er das auch gar nicht und sein Handeln, seiner Frau das Geld aus der Versicherung zu überlassen, ist einfach ein Lückenfüller, der ihm einfach egal ist, seiner Tochter aber noch im Nachhinein hilft? Allerdings weiß er es doch besser: Seine Frau würde das Geld einstecken und "seine" Tochter würde nicht viel davon sehen.
Was ist also seine Motivation für seinen Selbstmord? Sich einfach mit "Er ist eben ein Versager" herauszureden, damit wäre es nicht getan, denke ich. Dumm ist er schließlich nicht (aber sehr naiv anscheinend).

Würde gern wissen, was du zu meinen Gedanken sagst. Oder ob ich alles falsch verstanden habe, was natürlich immer möglich ist ^^

Liebe Grüße,
Christine
 

Retep

Mitglied
Hallo Christine,
du hast alles richtig verstanden, auch Schwierigkeiten in der Geschichte gesehen, die ich anfangs nicht bemerkt habe.

Muss den Text überarbeiten.

Warum er sie abgöttisch liebt, fragst du. Tut er das?

Ich denke, dass Liebe eine sehr merkwürdige Angelegenheit ist.
Wenn man jemanden liebt, hängt das nicht unbedingt vom Verhalten des anderen ab.

Gruß

Peter
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Retep,

ich hab den Text nun schon ein paar Mal gelesen und immer mal wieder angefangen, eine passende Antwort oder vielleicht Hinweise zu geben, doch ich tue mich damit wirklich schwer. Kurz gesagt: Ich glaube den Plot nicht. Das Thema "Versager" verarbeitest du m.M.n. einfach zu schnell (und relativ lieblos)

Frank Bauer hatte schon immer Angst gehabt zu versagen. Das fing in der Schule an, seine Lehrer trauten ihm nichts zu. Er sich auch nicht.
Sein Vater, Hilfsarbeiter und begeisterter Zuschauer bei Sportveranstaltungen, nannte ihn immer "Versager.“ Nicht nur beim Fußballspiel, wenn er keine Tore schoss.
In der Firma war es weiter gegangen, immer wieder befürchtete er, zu scheitern.
und dann der radikale Schnitt:

Rücksichtslos gegen sich, seinen Arbeitskollegen und seiner Familie hatte er sich hoch gearbeitet. Später wurde er Chef des Vertriebs.
DAS passt m.M.n. nicht. Wenn der Prot. unter den o.g. Versagensängsten litt, dann wäre er IMHO unfähig zu Rücksichtslosigkeit, eher entscheidungsgehemmt, ein Mitläufer, stiller Schatten ohne eigene Meinung. Der hätte nie die Kraft und den Mut gehabt, sich hochzuarbeiten oder letztendlich sogar Chef zu sein (Ist natürlich Ansichtssache).

Auch der Dialog mit seiner "schönen" Frau ist m.M.n. unglaubwürdig. Immerhin leben die schon einige (etliche?) Jahre zusammen. Selbst wenn die Frau es anfänglich aus Geldgier tat, so kommt doch (eigentlich) immer eine Art Routine ins Leben, eine gewisse Akzeptanz, grundsätzliche Lebensgewohnheiten etc. und da sagt sie dennoch spontan:

„Schau dich doch mal an, wie du aussiehst, eine dürre, lange Witzfigur, zwanzig Jahre älter als ich. Ich wollte gut leben, anders als meine Mutter.
DAS glaube ich nicht. Klar mag sie verbittert sein, ihn meinetwegen auch in plötzlicher Wut "Loser" schimpfen usw., aber o.g. Monolog würde voraussetzen, dass diese "Witzfigur" steinreich war - und das wird er nicht gewesen sein (nur) als Chef vom Vertrieb.
Besser wäre es womöglich, dass sie still reagiert, sich seine Probleme mit verschränkten Armen anhört, überlegt, ihr eigenes Kalkül zieht - und dann kommt der Dreh mit "ihrer" Tochter.

"Ich dachte, es wäre unsere Tochter ..."

DAS ist eine gute und kritische Pointe für den Text (meiner Meinung nach)


Die Versicherungspolice hatte er auf den Küchentisch gelegt.

Die Brücke überspannte das Tal, von hier oben sah alles klein aus. Er drückte das Gaspedal durch.
Da ja nur noch (laut Text) die Unfallversicherung existiert, macht die "un"-geliebte Beauty-Lady ja eigentlich keinen Reibach, weil in derartigen Versicherungen die Todesfallsumme in der Regel sehr niedrig ist (es geht schließlich um die Absicherung der Unfallfolgen im Erlebensfall, d.h. Versorgung bei Rollstuhlfolge oder Lähmung etc. ...) Wenn das SO nicht gewollt ist, wäre ein entsprechender Hinweis bezüglich der Auszahlung im Todesfall gut.

Lass den Prot. bitte nicht sterben. DAS würde das (die) Klischee(s) vollends bedienen.
ODER:
Übertreib den Plot noch (viel) mehr!!!! Wenn der Prot. schon ein Versager ist, dann immer und überall. So einer stürzt sich (im Glauben an das eigene Versagen, an die daraufhin gescheiterte Liebe etc.) beim geringsten Problem in der Firma tatsächlich aus dem Fenster (obwohl die liebende hübsche Frau gerade ein finanzielles Lösungskonzept in den Händen hält - meinetwegen das Erbe seines verstorbenen und gehassten Vaters oder so ähnlich)

Naja, hab viel gequakt - mal gespannt, was du mit dem Text machst :)

LG
 

Retep

Mitglied
Morgen KaGeb,

inzwischen sehe ich vieles wie du, werde den Text gründlich überarbeiten müssen, um etwas Brauchbares daraus zu machen.

Ich danke dir für deinen konstruktiven Kommentar.

Gruß

Retep
 
D

Donkys Freund

Gast
Das ging mir zu schnell und mit zu viel Klischees im -wie ich finde- hölzernen Dialog. Solche Sinneswandel und Entscheidungen kenne ich sonst nur aus Vorabendserien im ZDF. Außerdem wird die Geschichte mit dem Hinweis auf die Unfallversicherung vorhersehbar. Sorry, das hat mich leider nicht überzeugt.

LG
Don
 



 
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