Ein fast perfekter Plan

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Ein fast perfekter Plan

von Marlene Geselle, 2005

Nein, die Sache war wirklich nicht gut gelaufen. Pannen waren passiert, die durften einfach nicht sein. Aber was half das jetzt noch? Nichts und aber nichts! Und dabei fing alles so gut an. - Und eigentlich hätte auch alles gut enden müssen ...


14.35 Uhr Kreissparkassenfiliale Untere Au

Die Automatiktüren öffneten sich, ließen die beiden jugendlich wirkenden Männer eintreten. Unförmige, viel zu große Jogginganzüge mit Werbeaufdruck, Wollmützen mit den obligatorischen Sehschlitzen, imposante Schusswaffen, da musste nicht lange nachgedacht werden. Herr Konradis, der Filialleiter, und seine beiden Mitarbeiter wahrten die Ruhe: keine hektischen Bewegungen, keine Provokationen. Glücklicherweile hielten sich gerade keine Kunden in der Filiale auf. Ohne ein Wort zu sprechen, deutete der größere der Bankräuber mit seiner Waffe zuerst auf Konradis, danach auf den Tresor. Der Filialleiter nickte verstehend, öffnete den Tresor, packte das Geld ordentlich in die Plastiktüte, die der kleinere der Männer ihm reichte. In weniger als drei Minuten war alles erledigt; die Bankangestellten konnten aufatmen.


14.40 Uhr Schließfachanlage Hauptbahnhof

Die beiden jungen Männer unterschieden sich in nichts von ihren Altersgenossen: leicht abgetragene Jeans, Sweatshirt, Markenturnschuhe, Rucksäcke. Ruhigen Schrittes verließen sie die Waschräume, durchquerten die Halle, packten ihre Rucksäcke in zwei der Schließfächer, warfen die Münzen ein. Alles erledigt. Einem gepflegten Stadtbummel mit anschließendem Kinobesuch stand nichts mehr im Wege. Und mit dem letzten Zug würde man nach Hause fahren.


15.07 Uhr, ebenda

Karl Wagenknecht machte seine tägliche Kontrollrunde. Mit geschultem Blick entdeckte er auf Anhieb nicht nur die kaputten Schlösser in der unteren Reihe, die beiden roten Warnlampen nahm er auch wahr. Entweder war die Zeit abgelaufen - oder die Münzen waren einfach durchgerutscht und lagen nun im Wechselgeldfach. Höchstwahrscheinlich letzteres. Und an die Gepäckstücke kamen die Gäste jetzt nicht mehr ran.
"Na, dann wollen wir mal", seufzte er, schaute zuerst ins Wechselgeldfach, wo er ein Fünzig-Cent-Stück fand. Anweisungsgemäß warf Wagenknecht die Münze in den Schlitz, um die Laufzeit wieder in Gang zu setzen. Das Geldstück rutschte durch, landete wieder im Wechselgeldfach. Beim zweiten Schließfach wiederholte sich alles. Der Mann hangelte nun den Generalschlüssel aus den Untiefen seiner Arbeitstasche. öffnete die Fächer, um den Inhalt sicherzustellen und abzugeben. Ansonsten gab es hier nichts mehr für Wagenknecht zu tun.


16.27 Uhr Kriminalpolizei Sigmaringen, Büro Müllerjahn

Mit einem erleichteren Seufzer legte Kommissar Müllerjahn den Hörer auf, um gleich danach lauthals loszulachen. Sein Kollege am Schreibtisch gegenüber, Kriminalassistent Torsten Kreenhein deutete den Heiterkeitsausbruch richtig.
"Und ich dachte schon, der Krawinkel von Droge II will uns auf den Arm nehmen, aber die Leute von der Spurensicherung haben die Kerle ja unabhängig davon überführt."
"Was soll's, Torsten", Müllerjahn nahm die Sache gelassen, "dann haben halt nicht wir den Fall gelöst, sondern Kommissar Zufall. Oder besser gesagt, Frau Krawinkel."
"Und was machen wir jetzt, Oberkollege Müllerjahn?", wollte der junge Mann wissen.
"Nur noch ein bisschen warten. Schließlich geht der letzte Zug schon um 22.27 Uhr."


22.40 Uhr, ebenda

"Ihr Bullen nehmt uns auf den Arm! Ihr braucht 'nen Schuldigen für die Sache in der Kreissparkasse. Da habt ihr einfach die Erstbesten geschnappt!"
Auf dem Arbeitstisch lagen die Bänder aus den Überwachungskameras der Bank und der Schließfachanlage, zwei Rucksäcke, zwei fachmännisch ausgebesserte Jogginganzüge, die dazugehörigen Wollmützen, die beiden Revolver - und 10.755,- Euro in bar. Und auf fast allen Beweisstücken befanden sich, wie Kriminalassistent Kreenhein den Verhafteten versicherte, ihre Fingerabdrücke.
Lutz Stingelmeier und Jan Hansschmidt waren der Polizei nicht unbekannt, wie der Volksmund das so schön formuliert. Kommissar Krawinkel vom Drogendezernat II kannte die Beiden bestens, schließlich waren sie langjährige "Kunden" - und Lutz Stingelmeier nicht nur das.
"Sagen Sie mal, Stingelmeier", begann der Kommissar das eigentliche Verhör, "wie sind Sie bloß auf die Idee gekommen, ausgerechnet diese blöden Jogger zum Überfall anzuziehen? Mit dem Werbeaufdruck vom Polizeisportverein? Wo Frau Krawinkel ihre Tante ist, und ihr armer Onkel Sie alle naslang mit Joints erwischt? Noch nichts von Briefing gehört? Eine Stunde nach dem Überfall hatten alle Polizeibeamten in hundert Kilometer Umkreis die Bilder aus der Bank im Fax."
"Was?!" Jan Hansschmidt wäre seinem Kumpel liebend gerne an die Gurgel gegangen, nur Müllerjahns warnender Blick hielt ihn davon ab. "Du hast mir erzählt, die Teile wären vom Flohmarkt, kein Mensch würde die Dinger identifizieren können! Ausrangierte Jogginganzüge von Bullen! Und jetzt kommt der Obergrüne - mit dem Daumen wies er auf Kommissar Müllerjahn - da an und erzählt, dass du die Teile von Tantchen hast. Und was ist mit der Knete, die ich dir gegeben hab, damit du die Jogger kaufen kannst? Was hast du Penner mit dem Geld gemacht?"
"Ich brauchte dringend was zum Rauchen. Und 'ne Monatskarte für die Bahn musste ich mir auch kaufen."
"Du Torfnase!", Hansschmidt konnte kaum fassen, was da passiert war. Sein schöner Plan! Und dann so eine Pleite! "Mit der Story sind wir die dümmsten Diebe im Knast, weißt du das?!"
Kriminalassistent Kreenhein schaute zu den Beweisstücken auf dem Arbeitstisch: "Jungs, da will ich euch nicht widersprechen."
 

Zinndorfer

Mitglied
Hallo Marlene, das ist ein unterhaltsamer Text. Und die Aufteilung in die verschiedenen Tageszeiten-Absätze schön windschnittig.

Ein paar Anmerkungen unten!

Gruß Zinndorfer


Ein fast perfekter Plan

von Marlene Geselle, 2005

Nein, die Sache war wirklich nicht gut gelaufen. Pannen waren passiert, die durften einfach nicht sein. Aber was half das jetzt noch? Nichts und aber nichts! Und dabei fing alles so gut an. - Und eigentlich hätte auch alles gut enden müssen ...


14.35 Uhr Kreissparkassenfiliale Untere Au

Die Automatiktüren öffneten sich, ließen die beiden jugendlich wirkenden Männer eintreten. Unförmige, viel zu große Jogginganzüge mit Werbeaufdruck, genauer, z.B. "Entdecke die Möglichkeiten"-Aufdruck, Wollmützen mit den obligatorischen Sehschlitzen, imposante Schusswaffen, da musste nicht lange nachgedacht werden. Herr Konradis, der Filialleiter, und seine beiden Mitarbeiter wahrten die Ruhe: keine hektischen Bewegungen, keine Provokationen. Glücklicherweile hielten sich gerade keine Kunden in der Filiale auf. Ohne ein Wort[strike] zu sprechen, [/strike]deutete der größere der Bankräuber mit seiner Waffe zuerst auf Konradis, danach auf den Tresor. Der Filialleiter nickte[strike] verstehend[/strike], öffnete den Tresor, packte das Geld ordentlich in die Plastiktüte, die der kleinere der Männer ihm reichte. In weniger als drei Minuten war alles erledigt; die Bankangestellten konnten aufatmen.


14.40 Uhr Schließfachanlage Hauptbahnhof

Die beiden jungen Männer unterschieden sich in nichts von ihren Altersgenossen: leicht abgetragene Jeans, Sweatshirt, Markenturnschuhe s.o. Adidasturnschuhe, Rucksäcke. Ruhigen Schrittes verließen sie die Waschräume, durchquerten die Halle, packten ihre Rucksäcke in zwei der Schließfächer, warfen die Münzen ein. [strike]Alles erledigt. [/strike] Whg. Einem gepflegten Stadtbummel mit anschließendem Kinobesuch stand nichts mehr im Wege. Und mit dem letzten Zug würde man nach Hause fahren.


15.07 Uhr, ebenda das gefällt mir! originell

Karl Wagenknecht machte seine tägliche Kontrollrunde. Mit geschultem Blick entdeckte er [strike]auf Anhieb [/strike]nicht nur die kaputten Schlösser in der unteren Reihe, die beiden roten Warnlampen nahm er auch wahr. Entweder war die Zeit abgelaufen - oder die Münzen [strike]waren [/strike]einfach durchgerutscht und lagen nun im Wechselgeldfach. Höchstwahrscheinlich letzteres. Und an die Gepäckstücke kamen die Gäste, schief, Besitzer? jetzt nicht mehr ran.
"Na, dann wollen wir mal", seufzte er, schaute [strike]zuerst [/strike]ins Wechselgeldfach, wo er ein Fünzig-Cent-Stück fand. Wo-Konstruktionen unschön: und fand ein 50-Cent-Stück [strike]An[/strike]Weisungsgemäß warf Wagenknecht die Münze in den Schlitz, um die Laufzeit wieder in Gang zu setzen. Das Geldstück rutschte durch, landete wieder im Wechselgeldfach. Beim zweiten Schließfach wiederholte sich alles. Der Mann hangelte nun den Generalschlüssel aus den Untiefen seiner Arbeitstas[red]che. öff[/red]nete die Fächer, um den Inhalt sicherzustellen und abzugeben. Ansonsten gab es hier nichts mehr für Wagenknecht zu tun.


16.27 Uhr Kriminalpolizei Sigmaringen, Büro Müllerjahn

Mit einem erleichteren Seufzer legte Kommissar Müllerjahn den Hörer auf, um gleich danach lauthals loszulachen. Sein Kollege am Schreibtisch gegenüber, Kriminalassistent Torsten Kreenhein deutete den Heiterkeitsausbruch richtig.
"Und ich dachte schon, der Krawinkel von Droge II will uns auf den Arm nehmen, aber die Leute von der Spurensicherung haben die Kerle ja unabhängig davon überführt."
"Was soll's, Torsten", Müllerjahn nahm die Sache gelassen, "dann haben halt nicht wir den Fall gelöst, sondern Kommissar Zufall. Oder besser gesagt, Frau Krawinkel."
"Und was machen wir jetzt, Oberkollege Müllerjahn?", wollte der junge Mann wissen.
"Nur noch ein bisschen warten. Schließlich geht der letzte Zug schon um 22.27 Uhr."


22.40 Uhr, ebenda

"Ihr Bullen nehmt uns auf den Arm! Ihr braucht 'nen Schuldigen für die Sache in der Kreissparkasse. Da habt ihr einfach die Erstbesten geschnappt!"
Auf dem Arbeitstisch lagen die Bänder aus den Überwachungskameras der Bank und der Schließfachanlage, zwei Rucksäcke, zwei fachmännisch ausgebesserte Jogginganzüge, die [strike]dazugehörigen [/strike]Wollmützen, die beiden Revolver - und 10.755,- Euro in bar. Und auf fast allen Beweisstücken befanden sich, wie Kriminalassistent Kreenhein den Verhafteten versicherte, ihre Fingerabdrücke.
Lutz Stingelmeier und Jan Hansschmidt waren der Polizei nicht unbekannt, wie der Volksmund [strike]das [/strike]so schön formuliert. Kommissar Krawinkel vom Drogendezernat II kannte die Beiden bestens, schließlich waren sie langjährige "Kunden" - und Lutz Stingelmeier nicht nur das.
"Sagen Sie mal, Stingelmeier", begann der Kommissar das eigentliche Verhör, "wie sind Sie bloß auf die Idee gekommen, ausgerechnet diese blöden Jogger zum Überfall anzuziehen? Mit dem Werbeaufdruck vom Polizeisportverein? Aha. Dann halt einen Spruch von denen! Wo Frau Krawinkel ihre Tante ist, und ihr armer Onkel Sie alle naslang mit Joints erwischt? Noch nichts von Briefing gehört? Eine Stunde nach dem Überfall hatten alle Polizeibeamten in hundert Kilometer Umkreis die Bilder aus der Bank im Fax."
"Was?!" Jan Hansschmidt wäre seinem Kumpel liebend gerne an die Gurgel gegangen, nur Müllerjahns warnender Blick hielt ihn davon ab. "Du hast mir erzählt, die Teile wären vom Flohmarkt, kein Mensch würde die Dinger, besser: sie identifizieren können! Ausrangierte Jogginganzüge von Bullen! Und jetzt kommt der Obergrüne - mit dem Daumen wies er auf Kommissar Müllerjahn - [strike]da [/strike]an und erzählt, dass du die Teile von Tantchen hast. Und was ist mit der Knete, die ich dir gegeben hab, damit du die Jogger kaufen kannst? Was hast du Penner mit dem Geld gemacht?"
"Ich brauchte dringend was zum Rauchen. Und 'ne Monatskarte für die Bahn musste ich mir auch kaufen."
"Du Torfnase!", schön Hansschmidt konnte kaum fassen, was da passiert war. Sein schöner Plan! Und dann so eine Pleite! "Mit der Story sind wir die dümmsten Diebe im Knast, weißt du das?!"
Kriminalassistent Kreenhein schaute zu den Beweisstücken auf dem Arbeitstisch: "Jungs, da will ich euch nicht widersprechen."
 
rekordverdächtig

Hallo Zinndorfer,

da weiß ich wirklich nicht, was mehr rekordverdächtig ist, die Dummheit meiner Diebe - oder das Tempo, mit dem du den Text gelesen und kommentiert hast.

Was die sprachliche Überarbeitung angeht, da muss ich mal gucken. Ich möchte umgangssprachlich bleiben, damit alles zueinander passt. In reinem Hochdeutsch kann ich die Leutchen nicht agieren lassen.

Mal sehen, was mir da in den nächsten Tagen einfällt. Dir erst einmal meinen Dank fürs Gegenlesen.

Grüße von der Alb
Marlene
 
G

Gelöschtes Mitglied 8146

Gast
Hallo Marlene,
ich finde den ersten Absatz nicht gut, weil er die Spannung aus dem Text nimmt. Vielleicht solltest Du eine andere Einleitung schreiben, oder ihn ganz weg lassen.

Dein Text hat einen schlechten Rhythmus. Du beginnst viele Sätze mit "und", einen sogar mit "oder". Versuche die Sätze miteinander zu verbinden!
Ich habe vier Sätze gefunden, die kein Prädikat haben. Das ist eine verbreitete Unsitte, die ich nicht als schweren Grammatikfehler sehe, sondern eher als künstlerische Freiheit. Sie gibt den Text aber einen schlechten Rhythmus.

Aber was half das jetzt noch? Nichts und aber nichts (half es)!

Unförmige (waren sie), viel zu große Jogginganzüge mit...

Ruhigen Schrittes verließen sie die Waschräume, durchquerten die Halle, packten ihre Rucksäcke in zwei der Schließfächer, warfen die Münzen ein. Alles (war) erledigt.

...und lagen nun im Wechselgeldfach. Höchstwahrscheinlich
(war es) letzteres.

Viele Grüße,
Dein Tigerauge
 

F Fuller

Mitglied
Ich finde die Story und vor allem die Art, wie sie geschrieben ist, sehr originell. Und die umgangsprachliche Schreibe gibt der Sache etwas Authetisches. Da übersieht man gern mal den einen oder anderen kleinen Fehler.

Verwirrend finde ich allerdings das mit den Krawinkels. Man muss da schon zweimal lesen um durchzusteigen, warum Krawinkel mal als
der Krawinkel von Droge II
und dann wieder als "Frau Krawinkel". Reicht es nicht, wenn nur einer der Bullen mit dem Räuber verwandt ist?

Schade finde ich, dass die Korrekturvorschläge (noch?) nicht umgesetzt wurden.

Gruß
Fuller
 



 
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