Ein freier Tag

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Franco

Mitglied
Hallo.
Ich bin neu in der Leselupe (zweite Story) und würde mich freuen,
wenn der eine oder andere mir seine Meinung zu dieser Story sagen würde.
Vielen Dank im voraus für Lob,Kritik und Anregungen.

Franco


Ein freier Tag

Es ist jetzt fast ein Jahr her, seit diese Sache passiert ist. Ich kann inzwischen offen darüber reden und einmal habe ich sogar gelächelt, als ich an die Geschichte dachte.
Meine Psychoanalytikerin meint, ich wäre schon ruhiger geworden und sollte versuchen zu vergessen, anstatt zu verdrängen.
Damals kam mein Chef zu mir, um mir mitzuteilen, das ich überraschenderweise den nächsten Tag freinehmen könnte. Mein Computer sollte neu vernetzt werden. Nachdem ich mich ausgiebig nach versteckten Kameras umgesehen hatte und ein Blick auf den Kalender mir zeigte, daß der Erste April seit mehr als drei Monaten vorüber war, stellte sich die erste Nervosität ein. Was würde ich mit einem ganzen Tag ohne rechte Aufgabe anfangen ?
Ich nahm mir also einen Block zur Hand um mir Notizen zu machen.
Der Garten könnte sicher etwas Pflege gebrauchen, doch da er das zweitliebste Kind meiner Frau ist, entschloss ich mich lieber die Hände von Beeten und Stauden zu lassen. Den Keller hatten wir eben erst streichen lassen und da ich absolut keine Ahnung habe, bei welchem Metzger ich die beste Wurst bekomme würde mich meine Frau sicher nicht einkaufen lassen. Nach einer Stunde war mein Block noch so leer wie vorher, dafür hatte ich jetzt starke Kopfschmerzen. Ich entschloss mich also an meinem freien Tag nichts zu tun !

So stand ich um sieben Uhr auf, um mit meiner Familie zu Frühstücken.
Das Gesicht meines achtjährigen Sohnes zeigte offene Missbilligung. Schließlich sah er nicht ein, dass er zur Schule gehen sollte, während ich zu Hause bleiben durfte.
Durch geschicktes ausfragen, fand er schnell heraus, dass ich mir für diesen Tag nichts vorgenommen hatte.
„Prima“, rief er „dann kannst du ja in die Stadt fahren und mir ein Jo – Jo kaufen.“
Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört.
Heutzutage, wo alle Kinderzimmer vollgestopft sind mit Gameboys, Videospielen und anderem, elektronischem Kram, konnte ich nicht glauben, dass mein Kind ein Jo-Jo verlangte.
Ich wurde jedoch gleich aufgeklärt, das die heutigen Jo-Jós mindestens vier Federlager haben müssen
Und selbstverständlich Freilauf.
Meine Frau, die sicher schon längst darüber nachgedacht hatte, wie sie mich an diesem Morgen beschäftigen könnte, stimmte dem Vorschlag unseres Sohnes eifrig zu.
Ich gab mich also geschlagen und versprach, das beste Jo-Jo zu kaufen, das aufzutreiben war.

Der erste Weg führte mich in das größte Kaufhaus am Platz.
Die junge Dame in der Spielwarenabteilung schien sich zu langweilen, also sprach ich sie an.
„Wissen sie was ich suche?“, begann ich meine Frage und bevor ich meinen Wunsch beschreiben konnte, antwortete sie: “Nein. Aber ich kann ja mal meine Kollegin fragen.“ Dann brüllte sie quer durch die ganze Abteilung: “He, Andrea, weißt du was der Kunde sucht?“
Andrea verneinte und so verließ ich das Geschäft ohne Jo-Jo.
Mein Weg führte mich diesmal in ein Fachgeschäft. Spielwaren, soweit das Auge reicht.
Hier würde ich ganz sicher finden, wonach ich suchte.
Bald entdeckte ich Jo-Jós in allen Farben, Jo-Jós aus Holz und Kunststoff und sogar Jo-Jós
mit Lagern.
Nur die blöden Dinger mit Freilauf, die waren ausverkauft. “Nächste Woche wieder“ ,versprach der ältere Herr hinter der Ladentheke.
Also machte ich mich wieder auf den Weg. Laden für Laden wurde von mir untersucht.
Hier kein Freilauf, da keine Lager. Langsam wurde ich nervös.
Ich hatte meinem Sohn ein Jo-Jo versprochen, also würde er auch eins bekommen.
Im nächsten Geschäft versuchte die Dame mir einzureden, dass die Holzexemplare, die sie vorrätig hatte genauso gut seien wie die Freilauf-Lager Jo-Jós.
“Hah,“schrie ich ihr entgegen,“das weiß ich aber besser.“
Da stand ich also wieder in der Fußgängerzone. Die Füße brannten mir und ich war längst nassgeschwitzt.

Ich hatte mich gerade entschlossen, zu dem großen, amerikanischen Spielwarensupermarkt am anderen Ende der Stadt zu fahren, als ich ihn sah.
Ein kleiner Junge stand knapp fünf Meter von mir entfernt und spielte mit einem Jo-Jo.
Das Ding lief rauf und runter und rauf und runter und plötzlich blieb es unten.
Mit einem kleinen Ruck schoss es wieder nach oben und verschwand in der Hand des Kindes.
FREILAUF!!! schoss es mir durch den Kopf.
Langsam ging ich näher. Der Junge versuchte gerade das Jo-Jo über den Boden laufen zu lassen – eine Kunst die nur Profis mit Profi Jo-Jós gelang, wie mir mein Sohn am Morgen erklärte.
Es klappte nicht ganz. Die Schnur war vollkommen abgewickelt und das Objekt meiner Begierde hing für einen Augenblick regungslos am Ende seiner Schnur. Da sah ich sie. Vier Federlager die in der Sonne glänzten.
An die folgenden Abläufe kann ich mich nicht mehr erinnern.
Der Polizist erklärte mir später ich hätte mich auf das Kind gestürzt und versucht ihm das Spielzeug zu entreißen. Vier Männer waren nötig, um mich festzuhalten. Dabei soll ich immer wieder „Freilauf“ und „Lager“ geschrien haben. Eigentlich dürfte ich gar nicht frei laufen, sondern gehöre ins Lager meinte er lächelnd. Ich fand das gar nicht komisch.
Der Richter, der meinen Fall bearbeitete ließ Gnade walten. Er hatte wohl ebenfalls Kinder.
Von ihm habe ich auch die Adresse meiner Therapeutin.
 
A

Arno1808

Gast
Hallo Franco,

ich sage dir gerne meine Meinung zu der Story:
Sie ist gut!
Dein Schreibstil ist flüssig und gut lesbar. Hat mir Spaß gemacht!

Nachfolgend einige kleine Anmerkungen.

Gruß

Arno



Ursprünglich veröffentlicht von Franco

Hallo.
Ich bin neu in der Leselupe (zweite Story) und würde mich freuen,
wenn der eine oder andere mir seine Meinung zu dieser Story sagen würde.
Vielen Dank im voraus für Lob,Kritik und Anregungen.

Franco


Ein freier Tag

Es ist jetzt fast ein Jahr her, seit diese Sache passiert ist. Ich kann inzwischen offen darüber reden und einmal habe ich sogar gelächelt, als ich an die Geschichte dachte.
Meine Psychoanalytikerin meint, ich wäre schon ruhiger geworden und sollte versuchen zu vergessen, anstatt zu verdrängen.
Damals kam mein Chef zu mir, um mir mitzuteilen, das [blue] entweder dass (neue Rechtschreibung) oder daß[/blue]
ich überraschenderweise den nächsten Tag freinehmen könnte. Mein Computer sollte neu vernetzt werden. Nachdem ich mich ausgiebig nach versteckten Kameras umgesehen hatte und ein Blick auf den Kalender mir zeigte, daß der [strike][red]E[/strike] e[/red]rste April seit mehr als drei Monaten vorüber war, stellte sich die erste [blue] Wiederholung (erste) [/blue] Nervosität ein. Was würde ich mit einem ganzen Tag ohne rechte Aufgabe anfangen ?
Ich nahm mir also einen Block zur Hand um mir Notizen zu machen.
Der Garten könnte sicher etwas Pflege gebrauchen, doch da er das zweitliebste Kind meiner Frau ist, entschloss [blue] du schreibst weiter oben daß mit ß (alte Rechtschreibung) hier jedoch verwendest du die Neue!![/blue] ich mich lieber die Hände von Beeten und Stauden zu lassen. Den Keller hatten wir eben erst streichen lassen und da ich absolut keine Ahnung habe, bei welchem Metzger ich die beste Wurst bekomme [red],[/red] würde mich meine Frau sicher nicht einkaufen lassen. Nach einer Stunde war mein Block noch so leer wie vorher, dafür hatte ich jetzt starke Kopfschmerzen. Ich entschloss mich also an meinem freien Tag nichts zu tun !

So stand ich um sieben Uhr auf, um mit meiner Familie zu Frühstücken.
Das Gesicht meines achtjährigen Sohnes zeigte offene Missbilligung. Schließlich sah er nicht ein, dass er zur Schule gehen sollte, während ich zu Hause bleiben durfte.
Durch geschicktes [strike][red]a[/strike] A[/red]usfragen[strike][red],[/strike][/red] fand er schnell heraus, dass ich mir für diesen Tag nichts vorgenommen hatte.
„Prima“, rief er „dann kannst du ja in die Stadt fahren und mir ein Jo – Jo kaufen.“
Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört.
Heutzutage, wo alle Kinderzimmer vollgestopft sind mit Gameboys, Videospielen und anderem, elektronischem Kram, konnte ich nicht glauben, dass mein Kind ein Jo-Jo verlangte.
Ich wurde jedoch gleich aufgeklärt, das[red]s[/red] die heutigen Jo-Jós mindestens vier Federlager haben müssen[red].[/red]
Und selbstverständlich Freilauf.
Meine Frau, die sicher schon längst darüber nachgedacht hatte, wie sie mich an diesem Morgen beschäftigen könnte, stimmte dem Vorschlag unseres Sohnes eifrig zu.
Ich gab mich also geschlagen und versprach, das beste Jo-Jo zu kaufen, das aufzutreiben war.

Der erste Weg führte mich in das größte Kaufhaus am Platz.
Die junge Dame in der Spielwarenabteilung schien sich zu langweilen, also sprach ich sie an.
„Wissen sie was ich suche?“, begann ich meine Frage und bevor ich meinen Wunsch beschreiben konnte, antwortete sie: “Nein. Aber ich kann ja mal meine Kollegin fragen.“ Dann brüllte sie quer durch die ganze Abteilung: “He, Andrea, weißt du was der Kunde sucht?“
Andrea verneinte und so verließ ich das Geschäft ohne Jo-Jo.
Mein Weg führte mich diesmal in ein Fachgeschäft.

Welches Mal?
Vorschlag: Mein nächster Anlauf führte mich in ein Fachgeschäft.


Spielwaren, soweit das Auge reicht.
Hier würde ich ganz sicher finden, wonach ich suchte.
Bald entdeckte ich Jo-Jós in allen Farben, Jo-Jós aus Holz und Kunststoff und sogar Jo-Jós
mit Lagern.
Nur die blöden Dinger mit Freilauf, die waren ausverkauft. “Nächste Woche wieder“ ,versprach der ältere Herr hinter der Ladentheke.
Also machte ich mich wieder auf den Weg. Laden für Laden wurde von mir untersucht.
Hier kein Freilauf, da keine Lager. Langsam wurde ich nervös.
Ich hatte meinem Sohn ein Jo-Jo versprochen, also würde er auch eins bekommen.
Im nächsten Geschäft versuchte die Dame mir einzureden, dass die Holzexemplare, die sie vorrätig hatte genauso gut seien wie die Freilauf-Lager Jo-Jós.
“Hah,“schrie ich ihr entgegen,“das weiß ich aber besser.“
Da stand ich also wieder in der Fußgängerzone. Die Füße brannten mir und ich war längst nassgeschwitzt.

Ich hatte mich gerade entschlossen, zu dem großen, amerikanischen Spielwarensupermarkt am anderen Ende der Stadt zu fahren, als ich ihn sah.
Ein kleiner Junge stand knapp fünf Meter von mir entfernt und spielte mit einem Jo-Jo.
Das Ding lief rauf und runter und rauf und runter und plötzlich blieb es unten.
Mit einem kleinen Ruck schoss es wieder nach oben und verschwand in der Hand des Kindes.
FREILAUF!!! schoss es mir durch den Kopf.
Langsam ging ich näher. Der Junge versuchte gerade das Jo-Jo über den Boden laufen zu lassen – eine Kunst die nur Profis mit Profi Jo-Jós gelang, wie mir mein Sohn am Morgen erklärte.

Am nächsten Morgen? Oder an welchem?
Vorschlag: wie mir mein Sohn am Morgen erklärt hatte.


Es klappte nicht ganz. Die Schnur war vollkommen abgewickelt und das Objekt meiner Begierde hing für einen Augenblick regungslos am Ende seiner Schnur. Da sah ich sie. Vier Federlager die in der Sonne glänzten.
An die folgenden Abläufe kann ich mich nicht mehr erinnern.
Der Polizist erklärte mir später ich hätte mich auf das Kind gestürzt und versucht ihm das Spielzeug zu entreißen. Vier Männer waren nötig, um mich festzuhalten. Dabei soll ich immer wieder „Freilauf“ und „Lager“ geschrien haben. Eigentlich dürfte ich gar nicht frei laufen, sondern gehöre ins Lager meinte er lächelnd. Ich fand das gar nicht komisch.
Der Richter, der meinen Fall bearbeitete ließ Gnade walten. Er hatte wohl ebenfalls Kinder.
Von ihm habe ich auch die Adresse meiner Therapeutin.
 

Franco

Mitglied
Hallo Arno.

Vielen Dank für Deine Meinung und Deine Tipps.
Manchmal habe ich den Kopf so voll mit Stories, das ich kaum Zeit finde, die einmal getippte Geschichte nachzubessern. (Wahrscheinlich kennst Du das auch.)
Da ich mit der Leselupentechnik noch nicht ganz vertraut bin, konnte ich nach dem Abschicken leider nichts mehr ändern.
Nochmals Danke !

Franco
 

Wolfsbane

Mitglied
Klasse!

Die Geschichte hat mir wirklich sehr gut gefallen. Seit ich als Kind Kishon las, hatte ich kein solches Vergnügen mehr an einer Kurzgeschichte!

MEHR!!

;)
 



 
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