Ein ganz normaler Sonntag

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Netbirdy

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Ein ganz normaler Sonntag...
...so dachte sie zumindest.

Es sollte ein ganz normaler Sonntag werden.

Sie schlug die Augen auf, blinzelte noch verschlafen in die Sonne und reckte und streckte sich...ja, der Sonntag würde gut werden...dachte sie.

Abends war Party mit ihren Freunden angesagt. Der ortsansässige Verein hatte 125jähriges Bestehen und es sollte DAS Megaevent überhaupt werden.
Abends setze sie ihre Maske "Fröhlichkeit" auf und stürzte sich ins Geschehen. Das riesige Zelt war liebevoll dekoriert, die Musik einfach gigantisch und die allgemeine Stimmung toll, es konnte nicht besser sein. Sie erregte Aufsehen mit ihrem Aussehen und flirtete kokett mit einigen Männern, die sie bewundernd anschauten. Das Bier floss in Strömen. Sie merkte gar nicht, daß sie mehr trank als für sie gut war, merkte nicht, daß sie sich mit dem Alkohol eine Scheinwelt aufbaute..sie wollte doch nur glücklich sein.
Plötzlich stand ein junger Mann vor ihr, reichte ihr seine Hand und zog sie auf die Tanzfläche. Er nahm sie in seine Arme, hielt sie eng umschlungen und führte sie im Takt über die Tanzfläche. Sie wusste, daß er viel zu jung war für sie, wusste, daß sie ihn nie wiedersehen würde und dennoch lies sie sich fallen, lies es zu, daß er sanft ihren Rücken streichelte und seinen Kopf an ihren lehnte, ihr zärtliche Worte ins Ohr flüsterte. Die Nebelmaschine tauchte sie Tanzfläche in ein fast schon gespenstisches Licht...es gab nur noch sie beide. Sie fing an zu träumen...dachte an IHN...was er jetzt wohl gerade machte? Dachte er jetzt auch gerade an sie?..wie gerne würde sie jetzt in seinen Armen liegen.... Sie seufzte laut auf und gab sich wieder ganz dem bezaubernden Tanz mit dem jungen Mann hin. Ihre Füße schwebten förmlich über die Tanzfläche und er zog sie noch etwas enger an sich. Sie lies sich gerne von ihm führen, spürte den Takt der Musik mit jeder Faser ihres Körpers. Er schaute ihr tief in die Augen und sein Blick sagte mehr als 1000 Worte. Es war ein Blick voller Zärtlichkeit. So etwas sei ihm noch nie passiert sagte er. Sie lächelte ihn nur stumm an...
Der Tanz war zu Ende und sie gingen Hand in Hand zu den anderen zurück. Er blieb wie selbstverständlich an ihrer Seite. Tanzen machte durstig, dachte sie, und leerte zwei Gläser Bier mit einem Zug...tanzen machte sehr durstig. Sie trank mehr als ihr gut tat, doch sie hatte Angst vor ihren Gedanken, hatte Angst, daß sie von ihnen überrannt werden könnte, daß sie wieder von ihr Besitz ergreifen könnten und so versuchte sie sich mit Alkohol zu betäuben...ein fataler Fehler wie sich später herausstellen sollte.
Ihr Freunde schauten sie und den jungen Mann lächelnd an und verwickelten sie beide in ein anregendes Gespräch...er hielt dabei sanft ihre Hand in seiner, spielte dabei mit ihren Fingern, ihren Ringen, hielt sie ganz fest.
Sie tranken weiter Bier, es schmeckte einfach zu gut, aber mit jedem weiteren Glas bekam ihre Maske immer größere Risse. Die aufgesetzte Fröhlichkeit wurde von einer Melancholie überdeckt, die sie immer weiter nach unten zog, so sehr sie sich auch dagegen wehrte.
Weit nach Mitternacht machten sie sich auf den Heimweg...ein letzter tiefer Blick in die Augen des jungen Mannes, ein letztes Lächeln...sie entzog ihre Hand ganz langsam seiner und ging auf den Ausgang zu.
An der frischen Luft merke sie erst den Alkohol...ihr Blick war längst nicht mehr klar, ihr Gang alles andere als sicher und sie schwankte leicht. Sie war sehr still geworden, hing ihren Gedanken nach und trottete hinter ihren Freunden her, die sich immer noch angeregt unterhielten und teilweise laut lachten. Keiner merkte was in ihr vorging, keiner merkte, daß sie immer langsamer wurde, irgendwann stehen blieb und sich laut schluchzend auf einen kleinen Mauervorsprung setzte. Sie versuchte verzweifelt ihre Tränen wegzuwischen, aber es waren einfach zu viele. Sie schrie ihren ganzen Kummer heraus und fiel immer mehr in ein tiefes, dunkles Loch, aus dem es kein Entrinnen zu geben schien.
Plötzlich spürte sie Arme, die sie umschlangen, fest hielten...eine Stimme, die ihr beruhigende Worte ins Ohr flüsterten, einen Körper der sie an sich zog. Sie hob langsam den Kopf, ihr Blick von den vielen Tränen verschleiert, die Augen rot und verquollen. Es war der junge Mann aus dem Zelt der sie ganz fest hielt, als ob er sie nie wieder los lassen wollte. Sie wollte etwas sagen, doch er legte ihr nur seinen Finger auf die Lippen und bedeutete ihr damit zu schweigen. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter und wieder liefen ihr die Tränen die Wangen hinunter, ihr Körper wurde regelrecht durchgeschüttelt von ihrem Schluchzen. Er lies sie weinen...streichelte dabei unaufhörlich ihren Rücken, hielt sie einfach nur fest umschlungen und wartete...

Nach einer Ewigkeit versiegten langsam ihre Tränen, sie wurde ruhiger, ihr Atem ging etwas langsamer und ihr Körper entspannte sich unter seinen Berührungen. Sie schaute auf, suchte seinen Blick, versuchte darin zu lesen. Über ihre Lippen kam nur ein schon fast gehauchtes "Warum?"...er lächelte sie an, nahm ihr Gesicht in beide Hände, gab ihr einen sanften Kuss auf den Mund und stand auf. Er lächelte sie an, zwinkerte ihr ein letztes Mal zu, drehte sich ganz langsam um und ging den Weg den er gekommen war wieder zurück. Als sie ihn fast nur noch schemenhaft erkennen konnte, schien es ihr als verwandle sich die Person in eine andere und plötzlich sah sie IHN dort stehen...den Mann den sie liebte, der ihr zuwinkte und plötzlich wusste sie was zu tun war und eine zuvor nie gekannte Ruhe durchströmte ihren Körper....sie hatte alle Zeit der Welt.

Den jungen Mann aus dem Zelt wird sie niemals vergessen...
 

Rainer

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hallo netbirdy,

eine hübsche kleine geschichte hast du da geschrieben. allerdings bleibt deine hauptperson etwas zwielichtig, oder ich bin zu blöd, die andeutungen zu verstehen. welche gedanken sind es denn, die die dame verfolgen, vor denen sie flüchtet, was ist mit IHM? welche intentionen verfolgt der junge mann, will er sich mit einer partylöwin amüsieren, tut sie ihm leid, macht er im laufe des abends eine veränderung durch?
das solltest du mehr herausarbeiten, sonst wirkt die ganze geschichte wie ein farbloser traum.
auf die schnelle ist mir ein rechtschreibfehler aufgefallen:
Sie lies sich gerne von ihm führen, spürte den Takt der Musik mit jeder Faser ihres Körpers.
sicherlich meinst du "ließ"

die formulierung mit den zwei-bieren-in-einem-zug-austrinken
finde ich etwas unglücklich. im wahrsten sinne des wortes geht das nämlich nicht. vielleicht besser: trank zwei bier schnell hintereinander oder trank schnell ein bier, bestellt sofort ein neues, welches sie wiederum in einem zug austrank oder so etwas in der art.

die sich ständig wiederholende bemerkung, daß sie mehr trank als ihr gut tat, würde ich komplett streichen, das kommt aus deinem text auch so gut raus.

fazit: aus der geschichte kann man etwas machen, momentan gefällt sie mir noch nicht so richtig.

gruß


rainer
 

Netbirdy

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Lieber Rainer,

zuerst einmal herzlichen Dank für Deinen Kommentar und vor allem für Deine Verbesserungsvorschläge.

Ich muß Dir zugegebenermassen recht geben, man kann als "fremder" Leser nicht eindeutig erkennen welche Beweggründe die Hauptperson hat. Die Hauptperson war ich selbst, es ist also eine wahre Geschichte und das ist auch der Grund, warum ich sie nicht so geschrieben habe, daß es andere Leser wirklich verstehen, was im Nachhinein betrachtet etwas unglücklich war, aber das habe ich beim Schreiben einfach nicht bedacht....wieder etwas gelernt und dafür danke ich Dir!

Liebe Grüße
Andi
 
Ich hab deine Geschichte jetzt schon zum zweiten Mal gelesen und ich finde sie genial. Sicher, jeder interpretiert eine Geschichte, die er liest auf seine Weise, aber ich finde nicht, dass der Geschichte etwas fehlt, im Gegenteil, würdest du sie weiter mit Details ausschmücken, würde sie ihren einzigartigen Charakter verlieren. Das Gefühl, dass sie jetzt überträgt ist fast überwältigend und ich kanns mit Worten kaum beschreiben. Auch die Wiederholungen finde ich angebracht. Es weiß zwar jeder, dass sie zu viel getrunken hat, aber die wiederholte Betonung schaft eine Stimmung der Gleichförmigkeit, die durch den jungen Mann doch irgendwie unterbrochen wird. Den jungen Mann will sie nicht. Er ist nur Mittel zum Zweck. ER ist es, den sie will - eine verlorene Liebe, ein Ehemann, der sie verletzt hat, der geschiedene Mann, das bleibt der Fantasie überlassen, und das finde ich gut so. Der Ring, an dem der junge Mann herumspielt, ist das ein Ehering? - Das ging mir durch den Kopf. Ich finde deine Geschichte toll, weil sie so viel den eigenen Gedanken und Erfahrungen überlässt. Dass es eine wahre Geschichte ist, oder zumindest auf wahren Begebenheiten beruht, ist nicht zu überlesen. Wer detailierte Ausführungen sucht, der ist im Genre Kurzgeschichten wohl am falschen Ort. Eine Bewertung mag ich nicht abgeben, weil jede Geschichte etwas an sich hat und nicht jeder versteht wohl jede Geschichte. Ich hab deine für mich selbst verstanden und fand sie ausgesprochen berührend.
 

Netbirdy

Mitglied
Hallo daughter :),

es freut mich, daß DU meine Geschichte richtig verstanden hast...mit jeder Zeile!

Zu Deiner Frage wegen dem Ring...es waren mehrere Ringe an denen der junge Mann an meiner Hand gespielt hat, allerdings waren beim Schreiben meine Gedanken bei einem einzigen Ring, einem Ehering, da hast Du völlig richtig gedacht :)

Ich danke Dir für Deine Worte und Dein Verständnis...

Viele Grüße an Dich

Andi
 



 
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