Ein verregneter Nachmittag

Protachion

Mitglied
EIN VERREGNETER NACHMITTAG

Momentan regnet es zwar nicht, aber draußen ist die triefende Nässe noch sichtbar, und hier im Zimmer dumpfe Feuchtigkeit.

Er sieht keine Möglichkeit, diesem ihn krank machenden Stimmungsbild zu entfliehen. Für ihn bietet sich einzig die Gelegenheit, das Fenster weit aufzureißen, einmal richtig zu lüften, um diesen Übelkeit erregenden Zimmerdunst zu beseitigen; ein dürftiger Versuch, sich von dieser bedrückenden, dieser unerträglichen Atmosphäre zu befreien und von den letzten Spuren einer kurzen Begebenheit; Worte, die im Raume schweben, Blicke, die auf ihn einwirken, Gerüche, die gleich Bildern an den Wänden haften.

Eben, als er noch nicht allein war, regnete es gerade. Es goß aus schwarzen, tief hängenden Wolken, die Tropfen prasselten gegen die Fensterscheibe, das Wasser floß in Strömen daran herunter, versperrte die Aussicht, verdüsterte das Zimmer. Der Regen strömte, der Niederschlag erreichte seinen Höhepunkt, und dann war das Schauer vorübergezogen, der Regen ließ nach, hörte auf.

Nun ist er allein in seinem Zimmer, das Fenster weit geöffnet.
Ein Blick nach draußen führt ihm die an diesem Nachmittag herrschende Stimmung vor Augen. Vom Dach fallende und in einem monotonen Rhythmus in einer Wasserlache aufklatschende Tropfen erscheinen ihm als trübe, ungenutzte, langsam aber unaufhaltsam dahinrinnende Sekunden.

Obwohl es augenblicklich nicht regnet, besteht doch keine Aussicht auf eine eventuelle Wetterbesserung; es ist kalt und windig; ein unangenehmes Wetter, das kaum jemanden zu einem Spaziergang verleiten kann. Die Straße ist leer, nirgendwo ein Mensch.

Er will auch niemanden sehen, wünscht nicht, von einem Eindringling gestört zu werden. Etwas Drohendes liegt in der Luft, macht ihn allergisch gegenüber anderen Menschen, läßt nichts Befreiendes oder gar Ermunterndes zu.

Er schließt das Fenster, starrt hinaus; was soll er sonst tun in dieser Atmosphäre, die trotz des Lüftens nicht gewichen ist, die ihn lustlos und untätig werden läßt.

Eine empfindliche Kälte macht sich bemerkbar, überkommt ihn, bewirkt ein Erstarren seiner schon beeinträchtigten Empfindungen zur Gleichgültigkeit. Und allmählich setzt auch wieder der Regen ein. Von vereinzelt fallenden angekündigt, zerschlagen die Tropfen in immer größer werdenden Mengen an der Fensterscheibe, bilden zunächst einen dünnen Schleier, der ihn der Umwelt entrückt, dann einen herniederrauschenden Vorhang.
 



 
Oben Unten