Einblick

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D

Dnreb

Gast
Liebe Sylke,

ein schöner Dreizeiler, doch würde ich mutiger in die Zukunft schauen und die "Seelen" ändern...


meine Augen sehen dich
vor der Zeit
unsere Blicke lächeln​


Herzliche Grüße
Bernd Sommer
 

Schrissi

Mitglied
Lieber Bernd,

Danke fürs Lesen.

In der Tat macht Deine Version aus meinem zugegebenermaßen düsteren Dreizeiler einen Positiv-in-die Zukunft-Blicker.
Es ist jedoch ein sehr persönlicher Text, dem ich es (vorläufig) schuldig bin, ihn so zu lassen.

"Unsere Blicke lächeln"

finde ich eigentlich zu abgedroschen, um ein emotional hochwertiges Ereignis zu beschreiben.
und

"vor der Zeit"

ergibt für mich in diesem Zusammenhang keinen Sinn.

Viele Grüße

Sylke
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
"persönlich" - ?

Es ist jedoch ein sehr persönlicher Text
- damit trittst Du bei drneb ins Fettnäpchen, denn private und persönliche Texte sind ihm abgrundtief verhaßt. Er ist davon abgesehen ein ausgezeichneter, staubtrockener Minimalist, insofern hat er ein Auge auf Dein Kurzding. Aber bei "Seele" wird ihm garantiert übel, und bei "persönlich" wird er zum Psychologen, zum Gutachter, zum Erzieher.
 

Label

Mitglied
Liebe Schrissi

deinen Text empfinde ich als eine zeitlose Aussage, eben hinter der Zeit, mit Anklang zu einem hinduistischen Gedanken.
Die Vorstellung dort ist: Die männliche und die weibliche, ich sage jetzt mal Seele, waren vorzeiten eine und wurden durch bestimmte Ereignisse entzwei gerissen. Daher sucht in jedem Leben die eine Hälfte die andere.

Dein Gedicht hat mich an diese sehr schöne Vorstellung erinnert.

Dnreb's Vorschlag ist viel mehr im hier und Jetzt.
vor der Zeit - vorzeitig - könnte sowohl als premature als auch als precognition/clairvoyance gesehen werden, ist daher nach meinem Empfinden erdverbundener und nicht so spirituell.

dir einen lieben Gruß
Label
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo schrissi,

frei nach oscar wilde: „sind die kritiker uneins, dann ist der künstler mit sich im reinen“
so in etwa erinnere ich einen ausspruch wildes zm thema öffentliche wahrnehmung von kunst.

und hier scheint er mal wieder zu passen.

mir will scheinen, je kürzer ein text ist, dest präziser hat er im ausdruck zu sein.

ausnahmen können hier alle asiatischen formen von lyrik sein, zu denen ich aber persönlich keinen zugang-bisher- gefunden habe.

das erste was mir „unangenehm auffällt ist der titel, nicht der titel als solcher, das wortspiel hat seinen reiz, dem auch ich schon erlegen war.

aber – meine meinung – es tut keine not, das metaphorische dieser formulierung explizit darzustellen, so wie du es gemacht hast.
der leser weiß durchaus wie die les - und verständnisarten zu deuten sind.

hinzu kommt , auch nur meine meinung, das der autor, sich zu entscheiden hat, welche formulierung, die hier durch die schreibweise getrennt oder zusammen sichergestellt würde, die eigentliche blaupause des textes zu sein hat. iIch halte das für einen gewichtigen punkt, bei der ausarbeitung von gedichten. denn du hast durch die formulierungen und schreibweisen als autor die deutungshoheit, wie soll ich sagen – vielleicht – ersten grades.
danach entscheidet der rezipient, indem er seine „welt“ mit deinen worten abgleicht.

hier denke ich also wäre präzision gefordert.

wenn ich mir beim schreiben selbst nicht zu sicher bin, welche lesart die entschedende ist, versuche ich im gedicht beide unterzubringen.

vielleicht magst du einmal darüber nachdenken in deinem gedicht sowohl
„einblick“ als auch „ein blick“ einzupflegen:

z.,b.

Einblick

meine Augen sahen dich
hinter der Zeit
reichte ein blick:
unsere Seelen lächelten

naja, nur mal so aus der hüfte geschossen.


zum inhalt:

der text weiß leider nicht mich wirklich zu berüheren, das mag an mir liegen und so ist es mit der kunst.

dir einen lieben gruß
ralf
 

Schrissi

Mitglied
Lieber Ralf,

danke fürs Lesen und Deinen konstruktiven Vorschlag zum Titel.
Du hast vollkommen recht. Ich werde ihn ändern in einfach nur "Einblick". In Verbindung mit dem in der ersten Zeile folgenden "Blick" ergeben sich ja dann, am Ende angekommen, beide Sichtweisen von ganz alleine.

Deinen Vorschlag der zusätzlichen Zeile

"reichte ein Blick"


halte ich jedoch für unpassend (da der "Blick" ja eigentlich vor dem "Einblick" sattfindet bzw. einsetzt) und zu dramatisch. Außerdem wäre es überflüssig, den "Blick" noch einmal zu erwähnen, da er ja schon in der ersten Zeile vorkommt.

Viele Grüße

Sylke
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
meine Augen sahen dich
hinter der Zeit
unsere Seelen lächelten
Ich finde den Text zumindest inhaltlich gar nicht uninteressant. Und da es ja bereits etliche Kommentare gab, sehen das wohl auch andere so.

Nun bringe ich auch noch eine Variante ins Spiel. ;) Ich würde die Diskussion um "vor" oder "nach" der Zeit gar nicht aufkommen lassen. Für mich käme hier bei diesem Text nur "fern der Zeit", "ohne Zeit" oder gar "zeitlos" in Frage. Und ob es jetzt die lächelnden Blicke oder Seelen sind? Beides und nichts davon, mit einem "wir".

Mein Favorit:

wir sahen uns
fern der Zeit
und lächelten
Zu minimalistisch? Es sind noch etliche andere Varianten möglich. Aber wenn schon Kurztext, dann nach meinem Dafürhalten auch wirklich knapp und nur das Notwendigste. Ein Kürzesttext darf nicht plappern! ;) Und da ist "Blicke lächelten" zu viel, was sonst wohl soll lächeln? Und dass es die Seelen sein müssen, ist auch klar, wenn von "vor", "nach" oder "fern" der Zeit gesprochen wird.

Meine Meinung zum Text, den ich interessant finde.

LG
Beba
 

Schrissi

Mitglied
Hallo Cellist,

Danke für Dein Interesse am Text.

Ich muss aber sagen, das ich es wichtig finde, dass es "nur" die Augen sind, die sahen, und auch dass die beiden, von denen die Rede ist, separat bleiben. Das würden sie durch ein "wir sahen uns" und ein "und lächelten" nicht mehr sein, sie wären schon zu einer Einheit verschmolzen, bevor der Text zu Ende ist.
Das möchte ich vermeiden, da diese durch den "Einblick" gewährte Sicht auf die Verschmelzung den eigentlichen Kern für mich darstellt.

Außerdem sagen die Augen aus, dass das alles in einem Blick geschehen sein muss. Sie sind also doppelt nützlich.(Der Titel soll eigentlich nur noch "Einblick" sein)
Dass das alles "hinter" der Zeit stattfindet, ist auch wichtig. Es geht ja um die Bewusstseinsebene, auf der wir uns normalerweise befinden, wo Zeit existiert. Diese Zeit ist ein Gegebenes, hinter das man erst blicken muss, um den Kontakt von Seelen wahrzunehmen.

Viele Grüße

Sylke
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
zum [strike]"wir"[/strike]

danke für die Erklärung, liebe Sylke, und dank der Maschine, die die ausgeblendeten Beiträge godthanks noch lesen läßt.
 



 
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