Eine Frau mit Charakter

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gox

Mitglied
Vier Monate lag die letzte Beziehung nun schon zurück. Zwar prahlte Andreas gern vor Freunden mit seinem unabhängigen Leben als einsamer Wolf, insgeheim wünschte er sich aber doch eine kleine Wölfin.

Seine bisherigen Freundinnen waren eher der Kategorie 'Dick, aber mit hübschem Gesicht und Herz am rechten Fleck' zuzuordnen gewesen. Andreas hielt sich für einen Ästheten und plante als nächste Eroberung eine echte Schönheit.
Er traf so eine Schönheit spät abends in der Künstlerkneipe 'Voltaire'. Sie saß an der kleinen Bar vor einem Longdrink, auf den freien Platz neben sie setzte sich Andreas und bestellte gut gelaunt ein Glas Chablis.
Als das serviert wurde, erhob sie ihr Glas und prostete ihm strahlend zu. Andreas nahm sein Glas ebenfalls in die Hand und lächelte mit angehaltenem Atem zurück – sie war wirklich eine Schönheit. Lange, schwarzgelockte Haare umrahmten ein schmales, ebenmäßiges Gesicht mit vollen Lippen und unglaublich glutvollen Augen. Ihre atemberaubende Figur wurde von einer schlichten, weißen Bluse und einem kurzen schwarzen, sehr engen Rock betont. Sie käme gerade vom Theaterbesuch, gurrte sie mit dunkler Stimme, eine beeindruckende Aufführung von Shakespeares 'Was ihr wollt' hätte sie gesehen.

Andreas hatte inzwischen Luft geholt und konnte sich unterhalten. Sie hieß Regine, war Tochter einer Photografin aus Hannover und eines Arztes aus Indien. Das erklärte die sanfte, gleichmäßige Brauntönung ihrer Haut und den schwachen Blauschimmer ihrer Haare. Regine berichtete von ihrer schwierigen Ehe mit einem Piloten, der immerzu auf Reisen und jetzt gerade in Bolivien sei. Andreas biss sich verärgert auf die Lippen. Er hätte sich denken können, dass ein so schönes Geschöpf nicht gerade auf ihn warten würde. Begeistert berichtete sie von ihrer vierjährigen Tochter, die vom Babysitter behütet zu Hause schlummerte.
Die Unterhaltung mit Regine fand er nett und warmherzig. Sie sprühte vor Charme und widerlegte das Vorurteil, dass gut aussehende Menschen immer charakterlos seien und nur hässliche besonders nett.

Nach zwei Stunden hielt Andreas es für eine gute Idee, Regine noch auf einen Kaffee zu sich nach Hause einzuladen. Sie sah ihn einen Moment nachdenklich an und stimmte dann versonnen zu. Andreas zahlte die Rechnung für beide.

Kaffee gab es dann doch nicht.
In seiner Wohnung angekommen, half Andreas ihr aus dem Mantel und umfasste vorsichtig Regines schmale Taille. Sie ließ es scheu lächelnd geschehen.
Er zog sie sanft an sich, sog ihren Duft ein und fühlte, wie in seinem Kopf eine Weiche von Verstand auf Verlangen umgelegt wurde. Zögernd gab Regine seinen Zudringlichkeiten nach, ließ ihre wunderbar zarte Haut streicheln, ihren schlanken Hals küssen. Dann wurde sie aktiver, fordernder. Nach zehn Minuten im Schlafzimmer angekommen, hatten beide keine Kleidungsstücke mehr am Leib.
Andreas registrierte völlig überrascht, dass er diese Frau mit Haut und Haaren wollte, wie er zuvor noch niemals eine Frau wollte. Sie war die personifizierte Verlockung, eine fleischgewordene Männerphantasie. Hätte Sie in diesem Moment noch 'nein' gesagt, wäre es sicher kein 'nein' mehr für ihn gewesen. Aber sie sagte nicht nein.

Was dann geschah, hatte Andreas noch nie erlebt. Seine bisherigen Erlebnisse mit Frauen waren immer von einer ungelenken Tollpatschigkeit geprägt gewesen. Mit Regine aber hatte er das Gefühl, ein geübter Regisseur würde die Choreografie abstimmen, jede Bewegung war weich und schön wie in einem sanften Erotikfilm. Andreas wähnte sich im Himmel, Regine übernahm die Führung, er durfte sich nicht bewegen. Fest fühlte er sich umschlossen, wie von tausend rauen Bürstchen gleichzeitig gestreichelt. Viel zu früh, doch erfüllt und glücklich schwammen sie in einem gewaltigen Crescendo gleichzeitig davon.
Er kuschelte sich an, vergrub seine Nase in ihren Haaren und schlief zufrieden ein.


Als das Morgengrauen die Dunkelheit verabschiedete, wachte Regine mit einem Kater auf. Ohne Blick zurück zog sie sich leise an und ging hinaus in die Märzkälte. Graue Stadt und graue Gefühle, dachte sie. Mit der rechten Hand zog sie ihren Mantelkragen fester.

Zu viele Drinks führen zu Kopfschmerzen, zu viele Gefühle führen zu Chaos. Beides lähmte Schritte wie Gedanken.
Im Grunde meines Herzens, überlegte sie, bin ich eine anständige Frau. Anständige Frauen, besonders verheiratete mit Kind, tun so etwas nicht. Rosa Triebe und schwarze Gefühle.
Langsam kroch der Frühdunst aus den Kanälen der Stadt und verstärkte Regines Einsamkeit. Sie spürte innere Leere. Unzufriedene Gedanken belagerten ihren Verstand:
In der Nachtbar wollte ich nur einen Drink, wollte mich wirklich nur unterhalten. Als Andreas mir einen Kaffee anbot, stand mir der Sinn nur nach Kaffee. Eigentlich wollte ich den Rest nicht. Den schmutzigen Rest. Ich tue Dinge, die ich nicht wirklich will. Mit Männern, die ich nicht wirklich mag. Das gilt sogar für meinen eigenen Mann.

Diese Diskrepanz zwischen Wollen und Handeln hatte Regine schon eine teure Therapie beim Psychiater beschert.

Bei Licht betrachtet, schoss es ihr durch den Kopf, bin ich vergewaltigt worden. Wenn ich etwas nicht möchte und es passiert dennoch, dann ist das eindeutig eine Vergewaltigung. Nachdenklich nagte sie am Nagel ihres Mittelfingers. Angeknabberter Nagel und angeknabberte Seele.
Sie hatte sogar beim Liebesspiel die Führung übernehmen müssen, ein blauer Fleck vom Bettpfosten sprach eine deutliche Sprache. Von Andreas war sie förmlich zu Aktivitäten gezwungen worden. Regines Schädel hämmerte. Das war krank, einfach krank!
Ich will genommen werden, ich will mich mit gebrochenem Willen ausgeliefert fühlen, schließlich bin ich eine normale Frau!

Bewies nicht der blaue Fleck eine Vergewaltigung? Der blaue Fleck begann zu brennen. Bald würde sein Blau in Violett übergehen. Die Farbe der Demut und der Buße. Regine fürchtete ein violettes Gefühl.

Sie beschloss, dass Andreas büßen sollte. Seine Untat würde wie ein Fanal zum Himmel aufsteigen.
Ich bin vergewaltigt worden. Alle Menschen dieser Erde werden das so sehen und mir glauben. Schließlich steht mir als Frau und Mutter Respekt zu.
Bitteres Unrecht musste ich erdulden. Ich wollte diesen Schmutz nicht. Das Gericht wird mich verstehen, vor Gericht ist jeder Tag Muttertag. Mein Mann wird mich auch verstehen, ich bin die Mutter seines Kindes. Er wird Andreas abgrundtief hassen.

Welch' glückliche Fügung, dass Frauen automatisch als Opfer geboren werden. Das Täter-Gen findet sich nur bei den Männern. Und was für ein Glück, dass jeder um diesen Umstand weiß, freute sich Regine.

Einsetzender Sprühregen verwandelte ihre lockigen Haare in tote Spaghetti. Sie hatte nur noch achthundert Meter bis zur Polizeiwache zurückzulegen. Der Regen wusch ihre Haare und ihr Gesicht rein. Die Polizeiwache würde ihre Seele reinwaschen.
Schwarzes Handeln und rosige Gefühle.
 

Roni

Mitglied
hallo gox,

ich hab schon zuweilen bei dir reingesehen und ich denke, das kannst du besser. zumindest inhaltlich, formal sicher auch.
aber zum formalen komm ich gar nicht, weil mich schon der inhalt enorm kratzt.

und die moral von der geschicht,
vertraue fremden frauen nicht?

oder:
lieber doch dick, aber mit herz auf dem rechten fleck,
statt schoen und dann, trotz erstem warmherzigen eindruck und widerlegung des vorurteils, eine, die um taetergene weiss?
du hast versucht, aus zwei perspektiven zu schreiben, aber waehrend ich die erste gerade noch so schlucken kann, die aus der sicht des tollpatschigen wolfes, kann ich der dame nicht mehr folgen.

zu viele gefuehle fuehren zu chaos? welche gefuehle denn?
schuldgefuehle?
und sie tut dinge, die sie eigentlich nicht will, und zum psychiater geht sie auch und ueberhaupt, ... der mann ist schuld. oder bekommt er nur was er verdient, weil er haette ja, wenn sie nein gesagt haette ... aber hat sie ja nicht ...
sorry, ich versteh sie nicht, deine geschichte. klingt, als wolltest du etwas loswerden ... aber es kommt nicht an.
die idee, gefuehle mit farben zu belegen, gefaellt mir. aber auch das geht sicher etwas subtiler.

nix fuer ungut
roni
 

gox

Mitglied
Hello Roni,

ich danke Dir herzlich für Deine kritischen Worte. In der Tat ist dies keine 'Feel-Good-Geschichte' und sie soll es auch nicht sein.

Mir kam es darauf an, dieses Thema einmal anders zu beleuchten als gewohnt. Frauen werden oftmals dargestellt, als wären sie besonders edle Wesen und trotzdem immerzu Opfer.
Ich wollte aber Wankelmütigkeit, Widersrüchlichkeit und auch eine gewisse Boshaftigkeit zu zeigen, die zumindest in der Realität durchaus vorkommen - Falschanzeigen wegen Vergewaltigung gibt es ja. Und gewöhnlich wird den Frauen auch geglaubt, weil viele Fragen (wollte sie nicht vielleicht doch? hat sie ihn ermuntert? warum ist sie mitgegangen?) politisch korrekt nicht gestellt werden dürfen, um das 'Opfer' nicht weiter zu traumatisieren.

Dass man der Dame verstandesmässig nicht folgen kann, geht uns Männern ja öfter so ;-)

Im Ernst:
Gerade die von Dir gestellten Fragen wollte ich mit dieser Geschichte nicht beantworten, ich wollte sie aufwerfen. So aufwerfen, dass der Inhalt enorm kratzt ;-)

Viele Grüsse vom gox
 
S

Stoffel

Gast
Hallo,

also die Idee gefällt mir.
Vielleicht sollte man ihn etwas "ausgehungerter" sein lassen, den armen Wolf. Statt 4Monate letzte Beziehung..ein Jahr oder halbes?:)
ch persönlich würde es aus seiner Sichtweise beibehalten.
Ich hab mal meine Gedanken dazu integriert.

lG
Susanne

Vier Monate lag die letzte Beziehung nun schon zurück. Zwar prahlte Andreas seit dem gern vor Freunden mit seinem wieder erlangtem ,unabhängigen Leben als einsamer Wolf, aberinsgeheim wünschte er sich doch eine kleine Wölfin an seiner Seite.

Seine bisherigen Freundinnen waren eher aus der Kategorie 'Dick, aber mit hübschem Gesicht und Herz am rechten Fleck' zuzuordnen gewesen. Andreas entwickelte sich zu einem Ästheten und plante als nächste Eroberung eine echte Schönheit.
Er traf eine solche dann schliesslich auch, spät abends in der Künstlerkneipe 'Voltaire'. Sie saß an der kleinen Bar vor einem Longdrink und er setzte sich auf den freien Platz neben sie.
Andreas bestellte gut gelaunt ein Glas Chablis und prostete der Schönheit strahlend zu. Sie lächelte und erhob ihr Glas ebenfalls. Kurz konnte er in ihre heissglütigen Augen dabei sehen. Lange, schwarzgelockte Haare umrahmten das schmale, ebenmäßige Gesicht mit den vollen Lippen . Ihre atemberaubende Figur wurde von einer schlichten, weißen Bluse und einem kurzen schwarzen, sehr engen Rock betont. [red]Hier müsste was rein, wie die beiden ins Gespräch erstmal kommen. Das sie sofort was vom Theater erzählt..hm..[/red]
Sie käme gerade vom Theaterbesuch, gurrte sie mit dunkler Stimme, eine beeindruckende Aufführung von Shakespeares 'Was ihr wollt' hätte sie gesehen.

[strike]Andreas hatte inzwischen Luft geholt und konnte sich unterhalten.[/strike] Sie hieß Regine, war Tochter einer Photografin aus Hannover und eines Arztes aus Indien. Das erklärte die sanfte, gleichmäßige Brauntönung ihrer Haut und den schwachen Blauschimmer ihrer Haare. Regine berichtete von ihrer schwierigen Ehe mit einem Piloten, der immerzu auf Reisen und jetzt gerade in Bolivien sei. Andreas biss sich verärgert auf die Lippen. Er hätte sich denken können, dass ein so schönes Geschöpf nicht gerade auf ihn warten würde und schon vergeben war. Begeistert berichtete sie von ihrer vierjährigen Tochter, die vom Babysitter behütet zu Hause schlummerte.
Die Unterhaltung mit Regine fand er nett und warmherzig. Sie sprühte vor Charme und widerlegte das Vorurteil, dass gut aussehende Menschen immer charakterlos und dumm seien. [strike] und nur hässliche besonders nett.[/strike]

Trotz allem wagte es Andreas, sie bei sich auf einen Kaffee einzuladen. Einen Moment lang sah sie ihn nachdenklich an, stimmt dann aber lächelnd zu. Andreas zahlte und sie verliessen das Lokal.

[strike]Kaffee gab es dann doch nicht.[/strike]
In seiner Wohnung angekommen, half Andreas ihr aus dem Mantel und umfasste vorsichtig Regines schmale Taille. Sie ließ es scheu lächelnd geschehen.
Er zog sie sanft an sich, sog ihren Duft ein und fühlte, wie in seinem Kopf eine Weiche von Verstand auf Verlangen umgelegt wurde. Zögernd gab Regine seinen Zudringlichkeiten nach, ließ ihre wunderbar zarte Haut streicheln, ihren schlanken Hals küssen. Es schien ihr zu gefallen und sie wurde zunehmends aktiver Nach zehn Minuten im Schlafzimmer angekommen,[red]Er muss aber ne grosse Wohnung haben*lach*[/red] hatten beide keine Kleidungsstücke mehr am Leib.
[blue]Der Kaffe war vergessen und als sie sich auf sein Bett fallen liessen, hatten sie kein Kleidungsstück mehr auf dem Leib[/blue]

Andreas wollte diese Frau mit Haut und Haare, sie war die Wölfin nach der er suchte[red]wieso sollte er völlig überrascht sein, denn er wollte sie doch schon in der Bar?[/red]
Sie war die personifizierte Verlockung, eine fleischgewordene Männerphantasie. Hätte Sie in diesem Moment noch 'nein' gesagt, wäre es sicher kein 'nein' mehr für ihn gewesen. Aber es kam kein Nein.

Was dann geschah, hatte Andreas noch nie erlebt. Seine bisherigen Erlebnisse mit Frauen waren immer von einer ungelenken Tollpatschigkeit geprägt gewesen. Mit Regine aber hatte er das Gefühl, ein geübter Regisseur würde die Choreografie abstimmen, jede Bewegung war weich und schön wie in einem sanften Erotikfilm. Andreas wähnte sich im Himmel, Regine übernahm die Führung, er durfte sich nicht bewegen. Fest fühlte er sich umschlossen, wie von tausend [strike]rauen[/strike] warmen, weichen Bürstchen gleichzeitig gestreichelt. Viel zu früh, doch erfüllt und glücklich schwammen sie in einem gewaltigen Crescendo gleichzeitig davon.
Später kuschelte er sich an sie , vergrub seine Nase in ihren Haaren und schlief zufrieden ein.

Als das Morgengrauen die Dunkelheit verabschiedete, wachte Regine mit einem Kater auf. Ohne Blick zurück zog sie sich leise an und ging hinaus in die Märzkälte. Graue Stadt und graue Gefühle, dachte sie. Mit der rechten Hand zog sie ihren Mantelkragen fester.
[red]Hier erzählst du plötzlich aus IHRER Sicht. Ich weiss nicht, ob das gut ist? Eher wacht er doch mit nem Kater auf und sie ist weg.Und dann müsste kommen, was ER denkt und fühlt?[/red]
Zu viele Drinks führen zu Kopfschmerzen, zu viele Gefühle führen zu Chaos. Beides lähmte Schritte wie Gedanken.
Im Grunde meines Herzens, überlegte sie, bin ich eine anständige Frau. Anständige Frauen, besonders verheiratete mit Kind, tun so etwas nicht. Rosa Triebe und schwarze Gefühle.
Langsam kroch der Frühdunst aus den Kanälen der Stadt und verstärkte Regines Einsamkeit. Sie spürte innere Leere. Unzufriedene Gedanken belagerten ihren Verstand:
In der Nachtbar wollte ich nur einen Drink, wollte mich wirklich nur unterhalten. Als Andreas mir einen Kaffee anbot, stand mir der Sinn nur nach Kaffee. Eigentlich wollte ich den Rest nicht. Den schmutzigen Rest. Ich tue Dinge, die ich nicht wirklich will. Mit Männern, die ich nicht wirklich mag. Das gilt sogar für meinen eigenen Mann.

Diese Diskrepanz zwischen Wollen und Handeln hatte Regine schon eine teure Therapie beim Psychiater beschert.

Bei Licht betrachtet, schoss es ihr durch den Kopf, bin ich vergewaltigt worden. Wenn ich etwas nicht möchte und es passiert dennoch, dann ist das eindeutig eine Vergewaltigung. Nachdenklich nagte sie am Nagel ihres Mittelfingers. Angeknabberter Nagel und angeknabberte Seele.
Sie hatte sogar beim Liebesspiel die Führung übernehmen müssen, ein blauer Fleck vom Bettpfosten sprach eine deutliche Sprache. Von Andreas war sie förmlich zu Aktivitäten gezwungen worden. Regines Schädel hämmerte. Das war krank, einfach krank!
Ich will genommen werden, ich will mich mit gebrochenem Willen ausgeliefert fühlen, schließlich bin ich eine normale Frau!

Bewies nicht der blaue Fleck eine Vergewaltigung? Der blaue Fleck begann zu brennen. Bald würde sein Blau in Violett übergehen. Die Farbe der Demut und der Buße. Regine fürchtete ein violettes Gefühl.
Sie beschloss, dass Andreas büßen sollte. Seine Untat würde wie ein Fanal zum Himmel aufsteigen.
Ich bin vergewaltigt worden. Alle Menschen dieser Erde werden das so sehen und mir glauben. Schließlich steht mir als Frau und Mutter Respekt zu.
Bitteres Unrecht musste ich erdulden. Ich wollte diesen Schmutz nicht. Das Gericht wird mich verstehen, vor Gericht ist jeder Tag Muttertag. Mein Mann wird mich auch verstehen, ich bin die Mutter seines Kindes. Er wird Andreas abgrundtief hassen.

Welch' glückliche Fügung, dass Frauen automatisch als Opfer geboren werden. Das Täter-Gen findet sich nur bei den Männern. Und was für ein Glück, dass jeder um diesen Umstand weiß, freute sich Regine.

Einsetzender Sprühregen verwandelte ihre lockigen Haare in tote Spaghetti. Sie hatte nur noch achthundert Meter bis zur Polizeiwache zurückzulegen. Der Regen wusch ihre Haare und ihr Gesicht rein. Die Polizeiwache würde ihre Seele reinwaschen.
Schwarzes Handeln und rosige Gefühle.
[red]Ok, wie ich lese, ist er einer psychisch kranken Frau auf den Leim gegangen. Ich würde das Ende IHM überlassen, was um IHN rum geschieht. Das er eine Vorladung bekommt, wegen Vergewaltigung.[/red]
 

Roni

Mitglied
hallo gox,

natuerlich weiss ich um die thematik. weiss auch um die idee, die du da vermitteln willst.
aber sie kommt halt nicht an. nicht im text!
ich will mich nicht unbedingt in einer geschichte wohlfuehlen, eher das gegenteil. ich bin kein fan dieser 'alles-wird-gut-enden'. aber eine geschichte muss fuer mich eine innere logik aufweisen.


„ ... die zumindest in der Realität durchaus vorkommen ...“

wenn es dir um realitaeten geht, warum dann diese klischees von haesslich, aber gut?
von schoen, aber eben nicht ‚gut’?
die anfaengliche ueberzeugung von andreas, hier ein gegenbeispiel vom typ-denken gefunden zu haben, wird ja im verlauf der story widerlegt.
was hat das aussehen mit ‚falschaussage’ zu tun?
gerade bei einer solch sensiblen thematik sind klischees einfach toedlich.
was hat ein one-night-stand mit beziehung zu tun?
warum die erwaehnung des vier-monats-entzugs? haette er sie nach zwei oder sechs monaten nicht zum kaffee eingeladen?
wenn du falschaussagen auf wankelmuetigkeit, widerspruechlichkeit und auch boshaftigkeit zurueckfuehrst , warum dann der verweis auf psychiatrische behandlung? was denn nun?
und - wenn schon - dann: welche befriedigung erfolgt jetzt aus der falschaussage?
alles ist angeschnitten - nix wird klar.
sicher gibt es da viele motivationen. aber welche motivation hat regine???
ach ja. sie will all den schmutz eigentlich nicht. nicht mal mit dem eigenen mann. und sie ist eine ‚anstaendige’ frau. nein mehr. anstaendig und auch noch verheiratet mit kind. war es das?
ich lese deinen text nicht als zeitungsartikel, der mich ueber moegliche missstaende aufklaeren will, sondern als eine geschichte ueber andreas und regine.
und in dem sinne ueberzeugt sie mich noch nicht.
da haben die kratzenden fragen nichts mit der thematik zu tun, sondern mit deiner umsetzung.

mein vorschlag:
streich all diese typisierungen am anfang und konzentrier dich auf das profil von regine. der beruf ihres vaters ist mir eher egal, es sei denn, er haette irgendeine praegende bedeutung. aber was bringt sie dazu, zu tun, was sie tut? das wuesste ich gern in einer mehr nachvollziehbaren art.

nochmals: nix fuer ungut.
gruss
roni
 

gox

Mitglied
Ui,
da hab' ich ja viel zu tun;-)

@ Stoffel

ich danke Dir herzlich für die viele Arbeit, die Du Dir mit dem Text gemacht hast - einen Großteil werde ich sicher einarbeiten. Aber diesmal mache ich kein Buch draus! ;-) Schon am Anfang hast Du recht - nach 4 Monaten ist der Mann ja erst erholt und nicht ausgehungert ;-)

Ansonsten hast Du mich erwischt, denn die ursprüngliche Fassung entsprach exakt Deinem Vorschlag: Andreas wanderte in den Knast, verstand die Welt nicht mehr und schwor sich, künftig nur noch häßliche Frauen mit Herz anzusprechen ;-)

Irgendwie war das aber zu glatt, zu bekannt und vor allem zu weinerlich. Denn Andreas' Gedanken hätte jeder Leser sofort verstanden und nachvollziehen können - eine Geschichte ohne Reiz. Ich habe einfach versucht, mich in eine Frau hineinzufühlen, die zwar dem Ruf der Natur ganz freudig gefolgt ist, in ihrem Inneren aber damit nicht zurechtkommt und die Sache bereinigen möchte.


@ Roni

'nichts für ungut' schreibst Du unter Deine Kritiken - das ist nicht nötig, ich bin Dir doch ausgesprochen dankbar für Deine Kritik. Würde ich die nicht wollen und brauchen, würde ich doch hier nichts veröffentlichen. Dann wäre ich braungebrannt, könnte die Welt erklären, hätte zwei Bestseller geschrieben, würde Joghurt-Reklame machen und hiesse Dieter Bohlen;-)

Ich finde das Spiel mit Klischees ausgesprochen reizvoll - dazu gehört auch, dass sich mal eines bestätigt, denn es gibt ja durchaus schöne Menschen mit miesem Charakter. Und häßliche mit miesem Charakter.

Wir können uns sicher nicht einig werden, denn er Punkt, der Dich wohl am meisten stört, war durchaus von mir gewollt: 'alles ist angeschnitten - nix wird klar'. Ich bin keine Frau und habe versucht zu ergründen, was in dieser Situation in so einem Wesen wohl vorgehen könnte - wäre alles logisch oder einfach zu verstehen, hätte ich keine Geschichte. Oder die Story wäre banal.

Mit dem Beruf des Vaters wollte ich wie mit ihrem Theaterbesuch andeuten, dass Regine nicht den untersten sozialen, bildungsfernen Schichten angehört und von daher ihr Verhalten nicht mit 'ist sowieso blöd und wer sich auf die einlässt hat selbst schuld' erklärt werden kann.

Das wird mich nicht hindern, bei der Überarbeitung des Textes Deine Kritikpunkte zu berücksichtigen - ich freue mich ja wirklich darüber, dass Du Dich so damit auseinander gesetzt hast! Dank nochmal!

Viele Grüsse vom gox
 
S

Stoffel

Gast
moin gox,

naja, er muss ja nicht in den Knast wandern. Dazu müsste er ja verurteilt werden. Es könnte ja einiges von der Frau ans Tageslicht kommen, bei der Verhandlung, auch..dass sie solche Dinger eben schon öfter versuchte, abzuziehn. Und es ist dann nur eine bittere Erfahrung, und er kommt noch mal heil davon?

lG
Stoffel
 

gox

Mitglied
Hello Stoffel,

neinneinnein, so einfach darf es nicht sein: Diese Geschichte soll schon weibliche Schlechtigkeit in all' ihren Facetten aufzeigen ;-)

Natürlich wird Andreas verurteilt, ohne Bewährung, weil der Richter ohne Zweifel ihrem Engelsgesicht glaubt. Sie ist eine ehrbare Frau mit Trauschein und kleinem Kind.
Und weil bohrende Fragen nach ihrer Motivation - Kafffee? Warum mitgegangen? Vielleicht doch gewollt? - natürlich unzulässig und für das gepeinigte Opfer unzumutbar wären ;-)

Da bekennt er sich lieber gleich schuldig, um der armen Frau die erneuten Qualen vor Gericht zu ersparen und um vielleicht mildernde Umschläge zu bekommen...

Viele Grüsse vom gox
 



 
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