Eine Hommage

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Fritz

Du warst für mich der Regenbogen, der Silberstreif am Horizont, der ruhende Pol, ein Beispiel von Anmut und Eleganz. Jede deiner Bewegungen ließen mich hypnotisch für dich schwärmen.

Schwere und heitere Tage ließen uns zu einer Einheit verschmelzen...auch wenn wir uns selten berührten. Ich traute mich kaum, meine Finger über deinen Körper gleiten zu lassen, so zart, so sensibel und zerbrechlich schön warst du. Mir reichte es dich anzusehen, mit dir einfach nur da zu sitzen, manchmal mit einem Buch in der Hand, aus dem ich dir vorlas, oder mit meinem Klöppelkissen, um unser Zuhause durch ein wenig Zierrat ein bisschen gemütlicher zu gestalten. Nein, sage nichts, ich weiß, dass die Wärme unserer Herzen über die Wände hinaus strahlte. Doch die Wände. Weißt du eigentlich, wie oft ich mir wünschte, auf deiner Seite zu leben? Ich schaute dir in die Augen und mir kam es vor, als wäre unser Blick verwässert, als trennten uns Welten, als schaue ich durch Glas, dass sich je nach Befindlichkeit durch äußere oder innere Einflüsse eintrübte.

Immer wieder versuchte ich den Augenkontakt so klar wie möglich zu halten, unsere Lebensumstände, insbesondere deine, stressfrei und angenehm zu gestalten. Oft etwas übermütig, zugegeben. Und selbst wenn es nun zu spät ist, Fritz, möchte ich dir dennoch mit auf den Weg geben, dass es mir leid tut, alle zwei Wochen dein privates Reich renoviert zu haben. Vielleicht war es nicht nötig, jedesmal den Fußboden herauszureißen, über den du beinahe elfenleicht schwebtest, die Pflanzen zu entsorgen, hinter welchen du dich stets streichspielend verstecktest, die PanoramaTapete zu wechseln, weil mich der Blick auf Kraterlandschaften langweilte und die Fenster zu putzen, obwohl du es gerne selbst übernahmst. Aber habe ich dir nicht fortwährend ein noch schöneres Heim gestaltet? Was habe ich nicht alles gelesen und gefragt, um dir bestmöglich zu dienen, was habe ich nicht alles auf mich genommen, damit es dir gut geht.

Manchmal überraschten mich die Tücken der Technik. Fritz, weißt du noch, als ich unsere komplette Wohnung und die meiner Nachbarin unter Wasser setzte, nur damit du nicht krank wurdest? Wie anfällig warst du für Allergien und Hautkrankheiten, mein einziger Freund. Sauber musste es sein, ja, das liebtest du. Es machte mir nichts aus, fast wöchentlich dreihundert Liter verschmutztes Wasser von deinem Zimmer über den langen Flur ins Bad zu tragen, um die selbe Menge auf dem Rückweg wieder frisch anzufüllen. Wochenlang tüftelte ich an Konstruktionen, die mir die Schlepperei ersparen sollten; Schläuche und Pumpen in allen Variationen pflasterten die scheinbar unüberwindliche Entfernung zwischen unseren Wohlfühlwänden. Eines Tages schien mir die Lösung ganz nahe; ein unüberschaubares Geflecht von Schlauchstücken, mit hellen Schellen verknüpft, so fest wie unsere Bande und so hell, wie du, Fritz, sollte meinen mittlerweile krummen Rücken entlasten. Mit einem stolzen Lächeln drehte ich das Wasser auf, im Vorbeilaufen nahm ich wahr, wie sich die SchlauchHäute spannten, erreichte aufgeregt deine kuschelige Höhle, nahm das Schlauchende auf, um nun der EinspritzWasserDüse einer großen Firma das Signal zum erfrischenden Rausch zu geben. Doch, nichts passierte, nicht mal ein Tröpfchen verriet, dass die Konstruktion gedachte ihre Schuldigkeit zu verrichten. Statt eines Rauschens hörte ich ein peitschendes Ausschlagen, so, als wenn jemand einen Teppich klopfte, nur unkontrollierter und irgendwie bedrohlich. Als ich an meinem Körper herunter schaute, merkte ich, dass meine Pantoffeln bereits in einem See standen; als ich dann noch einen Blick über meine Schulter riskierte, sah ich das Ende eines Schlauchs? Ich Dummerchen, ich hatte doch tatsächlich ein SchlauchReststück in der Hand und das wahre Ende fuchtelte sich durch meinen Flur.
Aber Fritz, ich hatte Verständnis dafür, dass du deine eigene Badewanne beanspruchtest, auch wenn es mir nie vergönnt war, mit dir zusammen zu planschen. Einzig und allein meinen Träumen gehörte die Vorstellung eine Wegstrecke mit dir zu schnorcheln und nicht selten wachte ich auf und fand Wasser unter meinem Sofa.

Selbst unsere Mahlzeiten teilten wir, wenn auch versehentlich oder notgedrungen. Wie pingelig du mit deinem Essen warst; trotz deiner zierlichen Erscheinung, mussten es große Flocken sein, große Flocken, die ich nur in großen Dosen einer großen, teuren Firma bekam. Während ich mich mit TütenSuppen und heißen Tassen begnügte, war für dich Nahrung aus dem TetraTrockenPack schon eine Zumutung. Und wehe ich schüttelte die Flocken mal aus Langeweile durch; kleine zerflockte Flocken waren ein Graus für dich und völlig inakzeptabel. Mittlerweile füllte sich schon ein ganzer Vorratsschrank mit zerflockten FlockenDosen, aber "Selbst Schuld", blubbertest du mit einem verschmitzten Grinsen, wer schüttelt, muss den Schaden tragen oder notfalls selbst essen. Recht hattest du. Ich liebte dich, Fritz, und böse konnte ich dir nie sein. Nicht mal dann, wenn ich dein bevorzugtes Essen aus der Tiefkühltruhe in der Tasse auflöste, in der kurz darauf meine Tütensuppe landen sollte. Schon lange war es mir finanziell nicht mehr möglich, Wasser für luxuriöse Annehmlichkeiten , wie Spülen, Blumen gießen oder Waschen zu verplempern. Nur deiner Lebenserhaltung und Zufriedenheit galt mein Interesse und da du nicht eine aufgetaute, frischlebendige Mahlzeit aus einer Tasse bekommen konntest, in der bereits eine meiner Nudeln schwamm, nahm ich die Mückenlarven in Kauf.

Ach Fritz, was hatten wir für eine herrliche Zeit und nun stehe ich vor deinem leeren Zimmer; das einzig existierende Nass unserer Wohnidylle kullert mir gerade die Wangen herunter und jede Träne bewahre ich sorgfältig in unserer Tasse auf. Du bist nicht fort, nur deine Hülle ist gegangen. Und so wandere ich von deinem ehemaligen Bade, über den langen Flur in meine einst einsame Feuchtzelle. Für eine kleine WandVitrine war noch Platz; sie ist gerade so groß, wie die Urne, in der ich dich beisetzen ließ. Was sind schon Euros gegen das Gefühl, sich endlich vereint in der Badewanne zu tummeln, wenn auch auf dem Trockendock. Weißt du, Fritz, es macht mir nichts aus, dass sie mir das Wasser abstellten, ich die Rechnungen nicht mehr bezahlen konnte und nun die Tütensuppen mit meinen Tränen aufkoche.

Danke Fritz...du wirst immer in und mit mir wohnen.

Möge deine Seele im FischHimmel unter einer Wurzel Frieden finden.
 
S

Stoffel

Gast
Hallo Miss,

eine sehr gut und anrührend geschriebene Geschichte,die trotz der Traurigkeit doch etwas schmunzeln lässt.
"die Tütensuppe mit Tränen kochen"
eine der Zeilen,die mir sehr gut gefallen haben!

Stoffel
 
Ursprünglich veröffentlicht von Stoffel
Hallo Miss,

eine sehr gut und anrührend geschriebene Geschichte,die trotz der Traurigkeit doch etwas schmunzeln lässt.
"die Tütensuppe mit Tränen kochen"
eine der Zeilen,die mir sehr gut gefallen haben!

Stoffel
Hallo Stoffel,

Danke für die Blumen !

Die Motive, diese Trivial/Realsatire zu schreiben, war ein Sülzpropellerartikel in einem anderen Forum. Er ist im Grunde eine Persiflage auf einen verstorbenen Schäferhund; Gott möge seiner Hundeseele gnädig sein. Ich war und bin mir nach wie vor nicht ganz sicher, dass es als Realsatire durchgeht, aber ich stelle mir laufend vor, ich hätte ihn unter Kurzgeschichten gepostet.
Unter dem "Fritz" gab es noch eine lebhafte Diskussion, die ihresgleichen sucht und ich fühle mich beinahe genötigt, sie ebenfalls zu veröffentlichen. Wirklich genial!
 



 
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