Eine Party im Garten muss sein

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hwg

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Das erst kürzlich ansässig gewordene Ehepaar, durch Erbschaft zu einem ansehnlichen Besitz gekommen, will in der kleinstädtischen Gesellschaft etwas zählen. Deshalb muss es unbedingt eine Party geben. Eine „Housewarming-Party“, die früher ganz schlicht „Einstandsfeier“ hieß, oder auch nur eine „Garden-Party“.

Was ein routinierter Partygänger ist, der bringt als Gastgeschenk in keinem Falle Blumen oder Konfekt mit, sondern meistens einen leeren Magen. Den nimmt er manchmal, allerdings auch etwas verkatert, wieder mit nach Hause. Auf dem frisch rasierten Gartenrasen empfängt die Dame des Hauses den Party-Gast und bittet zum Cocktail. Aus rätselhaften Gründen wird der Drink grundsätzlich nur im Stehen eingenommen, obwohl natürlich überall Hollywood-Schaukeln, Korbstühle und Polsterbänke auf ihre Inbetriebnahme warten.

Weil aber die Geladenen in der einen Hand meistens das Glas und in der anderen das Sandwich haben, können sie sich gegenüber dem hinzugekommen Hausherren nur verbeugen, wie die Lipizzaner bei einer Vorführung in der Hofreitschule. Dann geht’s hinüber ans kalte Buffet, das unter dem Holunderbusch aufgebaut ist. Während des Schmatzens stoßen die Leute immer wieder kleine, spitze Schreie des Entzückens aus. Und überschlagen sich nach jedem verspeisten Salamiradel in lächerlichen Superlativen.

Indes hat sich hinten am Holzkohlengrill, an dem ein Schaschlik brutzelt, eine kichernde Gesellschaft von Dreiviertel-Ladies um den Sohn des Hauses, der den Modeseiten einer Jugendillustrierten entsprungen zu sein scheint, versammelt. Soeben ist dem Fräulein Mona, deren Vater seinen Reichtum dem unermüdlichen Einsammeln von Gallenblasen im nahe gelegenen Krankenhaus verdankt, ein abspringender Funke ins Dekolleté gefallen. Worauf der erst kürzlich der Pubertät entwachsene Sprössling der Erröteten sofort ein paar Tropfen Martini trocken in die Busenschlucht nachschüttet in der Absicht, diese danach wieder trocken zu legen.

Später folgt dann noch eine Lampion-Polonäse. Und die Damen treten flugs Tausende von tiefen Absatzlöchern in den englisch getrimmten Rasen, von dem sonst jeder krabbelnde Rosskäfer mit einem Elektroschock verjagt wird. Auch als die Dame des Hauses laut lachend rückwärts in die Rosen fällt, macht das fast gar nichts. Juhu, juhu!

Allerdings gibt es auch eine bestimmte Sorte von Party-Gästen, die sich vor jeder Einladung den Magen auspumpen lassen und die Anzugtaschen innen mit Wachstuch gefüttert haben zum Heimtransport der Überbleibsel. Diese Mitesser dürfen nirgends fehlen und gehören zur Society wie der Henkel zum Bierkrug. Im Party-Slang heißt man sie deshalb auch „Party-Partisanen“.

Eine Woche später die Einstandsfeier in der Heimatzeitung als das glänzendes Jahresereignis beschrieben.
 
Ich würde diese Thematik anders versuchen aufzuziehen:
1) Zuerst mal nicht so neutral nur mit einer Aufzählung der Charaktere auf einer Gartenparty. Das macht das zu anonym, zu sehr gegen ein Stereotyp gerichtet.
2) Auch bedeutet diese Art, dass man sich nur über andere mokiert, also Finger zeigt, und das wirkt mit der Zeit auf den Leser unsympathisch
3) Bringe das Ganze aus der Sicht einer Person (Du z.B.). Siehe Dir dazu Peter Seller in "Der Partyschreck" an. Wir erleben die Partygesellschaft aus den Augen von Peter Sellers Charakter, aber auch ihn selber. Das macht den Film so sympatisch, wir können uns mit ihm identifizieren, zugleich aber auch seine Makken erkennen
4) Metaphern: Du hast zumindest eine Metapher darin versucht
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[..] können sie sich gegenüber dem hinzugekommen Hausherren nur verbeugen, wie die Lipizzaner bei einer Vorführung in der Hofreitschule[..]
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Mach die stärker, bring eine abstrusere Metapher rein. Die Lippizaner sind zu elegant, beschreib das in einer lächerlicheren Form
5) "Das erst kürzlich ansässig gewordene Ehepaar": benamse die, lass sie lebendig werden.

Marius
 

hwg

Mitglied
Guten Morgen Marius!

Besten Dank für Deine ausführliche und konstruktive Stellungnahme. Ich werde mir Deine Vorschläge hinsichtlich künftiger Texte durch den Kopf gehen lassen. Auch der Link könnte hilfreich sein.

Gruß aus der Steiermark!
 
P

Pete

Gast
Sehr schöne Satire. Auch mit der Erzählform habe ich keine Probleme.

Nur der Schluss wird dem Text nicht gerecht. Nach dem gelungenen Hauptteil habe ich etwas mehr erwartet, eine Pointe, oder sogar eine Pointe mit Überhöhung, wie in einem guten Witz. Das könnte auch eine abstruse These sein, die zuanfangs zitiert und am Ende bestätigt wird (z.B. "Dinnerparties machen impotent!", ist aber nur ein Beispiel).

Nach diesem vielversprechenden Werk werde ich mir aber sofort Deine anderen Texte ansehen.
 



 
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