Eine Schüssel voll Milchreis

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Axel B

Mitglied
Eine wichtige Erläuterung vorab:

Die ist eine von mehreren Fips Geschichten von mir (alle zu finden auf meiner HP, einige sind auch hier eingestellt). Aus dieser Geschichte geht nicht nicht expliziet hervor, das Fips und Fienchen zwei kleine Mäuse sind. Da es sich um die dritte von mehreren Geschichten handelt, war diese Klarstellung im Zusammenhang mit den anderen Geschichten nicht notwendig, hier aber angebracht.

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Eine Schüssel voll Milchreis

Von Axel Baumgart



Fips hatte endlich den langen Weg von seiner eigenen Wohnung durch das Wohnzimmer von Herrn Müller in dessen Küche hinter sich gebracht. Er hatte am Morgen noch nicht vorgehabt, diese Reise heute zu machen. Der Duft, der ihm mittags in die Nase gestiegen war, war aber einfach zu verlockend gewesen. Frischer warmer Milchreis.

Milchreis war nach Mausespeck die zweite Lieblingsspeise von Fips. Er hatte nicht widerstehen können und sich auf die Suche gemacht. Es war nicht schwer gewesen, den Weg zu finden. Dieser herrliche Duft und seine Nase hatten ihm den Weg gezeigt. Auch das Problem, über den Stuhl auf den Tisch zu kommen, war sehr schnell gelöst. Da stand sie vor ihm auf dem Küchentisch: Eine riesige Schüssel voll mit Milchreis. Und Fips stand vor einem genauso riesigen Problem. Die große, wunderbar duftende Schüssel stand direkt vor ihm. Fips hatte aber keine Idee, wie er an den köstlichen Milchreis kommen könnte. Die Schüssel war so groß, dass Fips nicht an den Rand kam.

Er reckte und streckte sich, machte sich so groß wie es nur eben ging – der Schüsselrand blieb außer Reichweite. Fips nahm Anlauf, sprang hoch, bekam den Rand nicht zu fassen, rutsche mit seinen kleinen Pfoten von der Schüssel ab, fiel auf den Küchentisch mit der rot karierten Decke und landete auf dem Rücken. Er versuchte es noch zweimal, ohne Erfolg. Er war dem Milchreis so nah, und er war trotzdem noch so weit weg. Fips war so wütend, dass er fast geweint hätte. Wenn nur Fienchen hier gewesen wäre, die hätte ganz bestimmt eine Idee gehabt.

Auf dem Tisch lag ein Bleistift, und Fips dachte: „Fienchen hätte bestimmt den Bleistift genommen und …“ Ja, warum eigentlich nicht. Fienchens Ideen waren doch immer gut. Er nahm den schweren Bleistift mit der Spitze nach hinten auf seine Schulter. Das Ende mit dem Radiergummi zeigte nach vorne. Vorsichtig ging er an den Rand des Tisches zurück und nahm Anlauf so schnell er konnte. Kurz vor der Schüssel stieß er das Radiergummi auf den Tisch und hielt sich Bleistift ganz fest. Durch den Schwung des Anlaufs und das plötzliche Aufsetzen des Bleistiftes auf den Tisch wurde Fips mit rasender Geschwindigkeit in die Höhe katapultiert. Er flog in einem hohen Bogen – über die Schüssel hinweg. Auf der anderen Seite der Schüssel landete er auf dem Tisch und lag wieder auf dem Rücken. So hatte er sich das nicht vorgestellt.

Fips fing gerade an, sich richtig zu ärgern, als er sah, dass der Bleistift mit dem spitzen Ende auf dem Schüsselrand liegen geblieben war. Wenn er jetzt den schräg an der Schüssel liegenden Stift wie eine Leiter benutzen würde? Fienchen hätte das wahrscheinlich sofort vorgeschlagen. Er rannte schnell um die Schüssel herum, nahm den Stift zwischen die Beine uns setzte sich auf den Stift. Vorsichtig zog er sich mit beiden Armen ein kleines Stück nach oben. Das ging ja prima. Er zog noch einmal. Seine Beine kamen schon nicht mehr auf den Boden. Ja, so ging es. Stück für Stück zog sich Fips näher an den Rand der Schüssel heran. Ein ganz kleines Stück musste er noch. Seine Arme taten ihm ganz schrecklich weh. Noch 2, 3 Anstrengungen, und er war da.

Langsam beugte er sich über den Schüsselrand, noch ein kleines Stück, und noch eines, bis er schließlich in die Schüssel hinein fiel. Er fiel nicht tief und landete – natürlich – auf dem Rücken. Aber diesmal lag er nicht auf der Tischdecke, sondern mitten im Milchreis. Er hatte es geschafft. Beim Aufbruch hatte Fips vergessen, einen Löffel mitzunehmen, so griff er jetzt mit seiner Pfote tief in den Milchreis und begann mit großem Hunger zu essen. Lecker, Milchreis. Die ganzen Mühen hatten sich gelohnt. Der Milchreis war phantastisch. Eine Handvoll und noch eine.

Fips merkte, wie sein kleines Bäuchlein immer dicker und runder wurde. Der Milchreis war einfach zu gut, um aufzuhören. Noch ein paar handvoll, und Fips lag in der Schüssel und konnte sich nicht mehr bewegen. Nicht einmal „Pips“ konnte er mehr sagen. Soviel hatte er gegessen. Er lag auf dem kleinen Rest Milchreis in der großen Schüssel und schaute hinauf zum Rand.

Er fühlte, dass ihn etwas im Bauch drückte. Und das war mehr, als nur der viele Milchreis. Ganz da oben war der Schüsselrand. Ganz hier unten war Fips. Das war es, dieses Problem kannte er. Warum hatte er nicht vorher daran gedacht? Er war unten in der Schüssel und kam nicht an den Rand heran. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und machte sich wieder ganz groß. Es half nicht, es reichte nicht. Er kam nicht an den rettenden Rand. Rund um ihn herum waren die Wände der Schüssel rutschig und klebrig vom Milchreis, er saß in der Mitte der Schüssel auf dem mickrigen Rest und war verzweifelt. Er saß in der Falle. Lange überlegte er hin und her und ihm fiel einfach keine Lösung ein.

Aus lauter Verzweiflung rannte er kreuz und quer über den Schüsselboden und warf sich mit aller Kraft gegen eine Wand. Hatte er sich das nur eingebildet, oder hatte die Schüssel tatsächlich etwas gewackelt? Fips versuchte es sofort noch einmal. In der Tat, die Schüssel wackelte. Immer und immer wieder warf sich Fips gegen die Wand, und jedes Mal wackelte die Schüssel etwas stärker. Endlich, nach vielen Versuchen, kippte die Schüssel ganz um. Fips war der Falle entkommen.

Mit dickem Bäuchlein machte er sich auf den Heimweg in seine Wohnung. Dort angekommen legte er sich sofort auf sein Sofa. Seine Arme taten ihm weh vom Klettern in die hohe Schüssel, seine Schultern und sein Rücken taten ihm weh vom Anrennen gegen die Schüsselwand und sein Bauch tat ihm weh vom vielen Milchreis. Das war alles aber nicht mehr schlimm, wenn er an seinen Pfoten roch und daran dachte, wie herrlich der Milchreis geschmeckte hatte. Mit diesem Gedanken schlief Fips ein und träumte von einem riesigen Bett aus -- Milchreis!





AB, Frankfurt a.M. 24.12.04
 
B

Barbarella

Gast
Ganz schön viele Mäuse hier im Forum *g*

Halli-Hallo,

gefällt mir die Geschichte, war ich auch schon in Sorge, der Kleine könnte sogleich mit vollem Schwung in zu heißem Milchreis landen (kalter schmeckt ja bekanntlich auch nicht so gut ;). Ich habe mir auch vorstellt, wie "Fienchen" auftauchen würde, die Arme vor der Brust verschränkt und nur den Kopf schütteln würde, was er wieder angestellt haben könnte ... aber die Verlockung des Milchreis bleibt ungebrochen :).

Werde sicher mal Deine Homepage besuchen :).

Viele Grüße
Barbarella
 



 
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