Eine Weihnachtssatire, da schon jetzt wieder weihnachtlich aufgerüstet wird

Andreas

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Oh, du fröhliche

Es ist schon wieder einmal bald Dezember; für mich die schlimmste Zeit im ganzen Jahr;
das Weihnachtsfest steht wieder mit allen seinen Grausamkeiten vor meiner Tür.
Ich hasse dieses verlogene Getue der Menschen, die nicht einmal genau wissen, weshalb dieses Fest überhaupt gefeiert wird – naja, zumindest einige davon.

Der Gang durch die Straßen der Stadt gleicht einem Horrorkabinet.
Überall stehen fette Weihnachtsmänner in verfärbten, rotähnlichen Kostümen, einem weißen Bart und einer weißen, gelockten Perücke, an denen seitlich die echten Haare hindurchblinzeln.
Kinder stehen in einer Reihe hintereinander um dann auf dem Schoße eines Knastbruders zu sitzen, der mit diesem Job ein wenig Geld verdienen will und warten gespannt auf die alles bestimmende Frage:
„Warst du auch brav mein Kind“?
Nach getaner Arbeit macht Nikolaus eine kurze Pause, pafft eine halbe Schachtel Zigaretten an einem Stück, trinkt eine oder mehrere Flaschen Bier und knackt danach den nächsten Zigarettenautomaten auf.

Na dann, fröhliche Weihnachten.

Also wie gesagt, ich hasse Weihnachten.
Nicht ohne Grund.
Meine Mutter konnte es früher kaum abwarten, bis die Weihnachtszeit kam und sich der Abendhimmel rot färbte.
„Schau einmal mein Schatz, das Christkind backt Weihnachtsplätzchen“. Und ich Trottel, glaubte ihr natürlich in meiner kindlichen Unschuld und suchte wie blöde den Himmel ab.
Danach verschwand sie in der Küche, rührte Unmengen von Teig an, bestand darauf, daß ich den glibberigen, rohen Teig aus der Schüssel schleckte da das alle Kinder gerne machten und backte dann stundenlang wie von Sinnen.
Ich mußte jede einzelne Sorte probieren und ich haßte Weihnachtsgebäck – mir trat es fast aus den Ohren heraus.
Jeden Abend wurde eine frisch gefüllte Schale auf unseren Wohnzimmertisch gestellt – vier Wochen vor Weihnachten bis weit in den Februar hinein – jeden Abend Weihnachtsplätzchen. Schon alleine der penetrante Geruch nach Zimt, lies eine Übelkeit in mir aufsteigen, die ich kaum mehr verbergen konnte.
Mein Vater und ich schloßen einen Pakt und immer wenn Mutter schlief oder Plätzchen zu Freunden, Verwandten oder sonst irgendwo hinbrachte, verstauten wir immer einen Teil der übriggebliebenen „Köstlichkeiten“ im Keller, auf dem Dachboden oder vergruben es im Garten.
Der Versuch die süße Teigmasse in der Toilette verschwinden zu lassen, schlug leider fehl und der Installateur, der die Verstopfung bereinigte fragt sich wohl heute noch, was das für eine ekelerregende Masse war, die er da beseitigte.
Vater und ich schwiegen wohlweislich, da wir wußten was uns erwarten würde, käme die Schandtat ans Licht. Alleine der bloße Gedanke an dieses verflixte Naschwerk, treibt mir noch heute eine Gänsehaut den Rücken hoch.
Doch noch viel schlimmer als dieses süße Zeugs, ist der Gesang, welcher die Luft erfüllt.
Menschen, die vorher noch niemals einen Ton halten konnten, stehen nun gemeinsam, eventuell noch Arm in Arm geschlungen um einen zum Tode verurteilten Weihnachtsbaum und singen „Oh Tannenbaum, Oh Tannenbaum wir grün sind deine Blätter“.
Jeder halbwegs gebildete Mensch, zieht sich zu diesem Zeitpunkt kopfschüttelnd zurück und macht sich Gedanken über dieses Lied. „Wie grün sind deine Blätter“. Blätter – oh mein Gott.
Das wäre der erste Nadelbaum, der grüne Blätter hat.
Doch es geht noch weiter, will damit sagen, es kommt noch schlimmer.
Im ganzen Haus verteilt stehen Figuren. Weihnachtsmänner mit dicken Bäuchen und Rotweißen Kutten.
Kein Mensch weiß, daß dies ein Werbegag von Coca-Cola war. Wirklich. Die ersten Weihnachtsmänner hatten noch festliche, farbige Gewänder – kein rot-weiß.
Ja, daß ist natürlich keinem dieser Weihnachtsfanatikern bekannt.
Die armen Kinder werden in einer erfundenen Werbewelt großgezogen, die ihnen den Bezug zum wahren Leben raubt.
„Mama, sind alle Kühe lila?“.
Wo kommt das wohl her? Das arme Kind hat noch keine echte Kuh zu Gesicht bekommen und glaubt der schönen Schokoladenwerbung.
Wie groß muß die Enttäuschung sein, wenn die erste Kuh, die dem Kind über den Weg läuft ein verwaschenes Braun hat?

Pah, Weihnachten.

Kommen wir zur Nächstenliebe.
Das ist eines meiner Lieblingsthemen.
Alle Leute finden sich in der Kirche ein und werden von einem Mann in schwarz darüber aufgeklärt, was irgendwelche Apostel früher taten. Einige sitzen in der Bankreihe und schlafen, während sie andere Dinge im Kopfe haben, die in der Kirche fehl am Platze sind.
(Da fällt mir spontan die Frage ein, weshalb sind alle Kirchendiener schwarz gekleidet?)
Nach einer Stunde der Besinnung, lässt der Pfarrer sein Körbchen durch die Menge wandern und bittet um eine kleine Spende für die Bedürftigen der Welt – das er damit sich gemeint hat, wird natürlich wissentlich verschwiegen ( könnte das schon die Antwort auf meine Frage sein?) – jeder gibt mit einem Lächeln im Gesicht einige Münzen und mit zusammengebissenen Zähnen, schluckt man die Frage hinunter, weshalb man eigentlich das ganze Jahr über Kirchensteuer bezahlt und niemand weiß, wohin dieses Geld verschwindet.
Ich habe so meine Ahnung – doch ich schweige und hoffe, daß es wirklich eine Hölle gibt.
Ha, wird das eine Freude sein, wenn sich dort die gesamte Kirche wiederfindet.

Aber gut, lassen wir das.

Habe ich bereits erwähnt, daß ich Weihnachten hasse?

Kommen wir zum Fernsehen.
Wie in jedem Jahr genau das gleiche Programm. Seit Jahren werden eine Woche vor Weihnachten die alten Fernsehhefte einfach kopiert und als neu verkauft.
Bisher hat es niemand gemerkt. Achten Sie im nächsten Jahr einmal darauf.


Kennen Sie „Scrooge“ ? „Abenezer Scrooge“? Natürlich, jeder kennt den armen Kerl,
der an Weihnachten von drei Geistern heimgesucht wird.
Der Geist der Vergangenheit, der Geist der Gegenwart und der Geist der Zukunft.

Pah.

Und dann ändert sich dieser krankhafte Geizhals innerhalb von drei Stunden und wirft mit seinem wohlverdienten Geld nur so um sich?
Hätte er wirklich Geld gehabt, dann hätte er sich eine Killerbrigade gekauft, die den drei Geistern den Geist ausgemacht hätten – oder?

Doch gut; Sie merken ich bin etwas erzürnt. Normalerweise bin ich gar nicht so –
nur an Weihnachten.

Hier, das finde ich toll. Vor mir ein großes Kaufhaus, die Auslage voll mit Tannenbaumschmuck zum Supersonderpreis.
Hah.
Diese ollen Dinger liegen schon seit zehn Jahren in einem Regal, werden in jedem Jahr abgestaubt und als Neuware zum Sonderpreis an dumme Weihnachtsblindgänger verkauft.
Und die denken noch sie hätten ein super Schnäppchen gemacht.
Ja, das ist Weihnachten, das Fest der Liebe.

Liebe, das ist mein Stichwort.
Maria, die Mutter von Jesus – na, wir erinnern uns, wurde schwanger, obwohl sie keinen geschlechtlichen Akt hatte – in Fachkreisen auch als unbefleckte Empfängnis bekannt.
Ja, das soll es wirklich geben.
Nur bin ich mir nicht sicher, ob im alten Israel wirklich schon mit Retortenbabys experimentiert wurde. Also was nun?
Alles ein klein wenig gelogen oder nur vom Sinn her falsch verstanden?
Vielleicht gab es ja nur keine Flecken beim ... – aber nun schweifen wir etwas vom Thema ab.

Zurück zu Weihnachten.
Es gibt natürlich auch schöne Dinge, man soll ja nicht alles so negativ sehen.
Weihnachtsgeld.
Dieses Stichwort in die Menge geworfen, läßt jeden Zahnarzt sofort erbleichen, wenn er die strahlenden Gesichter sieht. Wobei wir hier ja auch wieder ganz schön Blechen müssen.
Da bekommt man etwas für seiner Arbeit Mühe „geschenkt“ und Vater Staat hält tüchtig die Taschen auf – und das sogar zu Weihnachten.

Apropos Geschenke.
Ich schenke in jedem Jahr das Gleiche.
Jeder bekommt ein Buch – ich achte hierbei darauf, dass es sich um mehrere in sich abgeschlossene Bände handelt, die die Beschenkten dann untereinander noch austauschen oder verleihen können. Da hält die Freude über das Geschenk fast über ein ganzes Jahr – glaube ich zumindest.
Ich bekomme ja immer Parfum. Einmal habe ich mich vor Jahren geäußert und gesagt ich hätte gerne ein Fläschchen „Davidoff – Cool Wather“. Mittlerweile könnte ich den Hersteller damit beliefern, falls er einen Engpaß bekommen sollte.
Ich freue mich schon auf die Fläschchen – äh Geschenke, die ich in diesem Jahr bekommen werde.
Ja, Weihnachten ...

Doch nun fällt mir gerade noch das Schärfste ein – kennen Sie Nicola?
Eine emanzipierte, blondgelockte in rot-weiß gestreiftem Minikleidchen
zu vernaschende Schokoladen-Weihnachtsfrau.
Stand im Regal – ich schwöre es Ihnen.
Wird der Weihnachtsmann verdrängt, kommt eine kleine Weihnachtsfrau mit einer
langen Rute? Sozusagen eine kleine Domina?

Weihnachten wird mir von Jahr zu Jahr unheimlicher.

Haben Sie eigentlich bemerkt, daß Weihnachten jedes Jahr früher beginnt?
Kaum hat sich der Bauch nach dem Verzehr, der wohlschmeckenden, bereits zum achten Male, eingeschmolzenen Osterhasen wieder etwas entspannt,
erscheinen urplötzlich einige Wochen später die ersten Frühweihnachtsmänner, die meist Oktober nicht überleben.
Die Kinder freuen sich – Weihnachten fast das ganze Jahr.
Tollllll. Ein großes Dankeschön an alle Großhandelsketten, die unseren Kindern diese Freude bereiten.

Weihnachten...

Ja, was soll man zu Weihnachten viel sagen?
Ohweh, schon so spät. Jetzt muß ich mich aber sputen, da meine Freunde schon auf dem Weihnachtsmarkt auf mich warten.
Jedes Jahr treffen wir uns dort am selben Stand und trinken warmen Glühwein, essen Steaks vom Grill und holen uns als Nachtisch einige Kalorienbomben beim Süßwarenhändler um die Ecke. Das ist schon Tradition und um nichts in der Welt wollte ich diese Stunden verpassen.
Ups...
Na gut, jetzt habe ich mich verraten – insgeheim bin ich natürlich auch ein Freund der Weihnacht – wenn auch ein heimlicher.
Was ich in meiner Tasche habe?
Äh, das übliche.
Eine Ente, Lametta, Räucherstäbchen, Lebkuchen, einen Christstollen und etwas äh... Weihnachtsgebäck.
Was lachen Sie den jetzt so blöde?
Ist doch schließlich Weihnachten – oder?
 



 
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