Eine erotische Nacht

Jean-Claude

Mitglied
Die Gardine der Balkontüre bewegte sich ganz sacht im Wind. Ein leiser Hauch streifte mein Gesicht und trug mir die herben, satten Gerüche eines Sommergartens an die Nase. Tief sog ich den betörenden Duft ein, wie herrlich, so entspannt hier zu liegen und zu dösen. Täuschte ich mich, oder hatte ich eben noch gedacht, wie trostlos doch die Aussicht von zweiten Stock hinunter in den gepflasterten Hinterhof war? Von einem Garten hatte ich überhaupt nichts gesehen. Aber dieser wunderbaren, kühlen Brise merkte man an, daß sie unter abendfeuchten, blühenden Bäumen hindurchgestrichen war. Wieder bauschte sich der Vorhang vor der Balkontüre, und als ich meinen Blick zur Seite wandte, nahm ich schemenhaft eine Gestalt wahr, die zu mir hereinzuschauen schien. Wer war das? Mir lief ein eiskalter Schauer über, aber es war keine Angst, die mich erbeben ließ, denn eine seltsame Erregung hatte mich erfaßt wie die leise Vorahnung eines noch unbekannten Mysteriums. Ich setzte mich auf und versuchte angestrengt, hinter der durchscheinenden Stoffbahn etwas zu erkennen. Eine sanfte Böe schob den Schleier endgültig zur Seite, und dann sah ich ihn. Ich war bezaubert. Seine Erscheinung verschlug mir den Atem, denn ich hatte Angst, die kleinste Bewegung könnte ihn dorthin verschwinden lassen, wo er hergekommen war. Groß war er, seine Glieder vor Kraft strotzend, aber dennoch von einer raubtierhaften Geschmeidigkeit. Langsam glitt mein Blick an seinem Körper empor, um dann völlig fasziniert von seinen Gesichtszügen gefesselt zu werden. Seine kastanienbraunen Augen strahlten mich mit dieser erregenden Mischung aus männlicher Härte und verträumter Tiefsinnigkeit an, die mich nicht mehr losläßt. Sie ließen ein Meer aus Verheißung, Geschehenlassen-wollen und mysteriöser Bereitschaft zur Hingabe über mir zusammenschlagen, in dessen warmer Flut ich mich langsam aufzulösen begann. Ich konnte mich nicht sattsehen an seinen vollen Lippen, die ein einziges fleischgewordenes Versprechen waren. Jetzt öffneten sie sich leicht und ließen seine ebenmäßigen Zähne verlockend im Zwielicht schimmern. Anmutig hob er seine erstaunlich grazile Hand und bedeutete mir mit einladender Geste, ihm zu folgen. Wie in Trance erhob ich mich von meinem Bett und folgte ihm mit langsamen, schwebenden Schritten hinaus in das dunkle, geheimnisvolle Grün des unergründlichen Paradiesgartens, dessen Dickicht meine Blicke nicht bis zu seinen Grenzen durchdringen ließ. Kühles Gras umschmeichelte meine bloßen Füße, als er auf der mondbeschienenen Wiese innehielt und sich mir zuwandte. Er breitete die Arme aus, trunken vor aufwallender Leidenschaft ließ ich mich an seine Brust sinken. Seinem weit geöffneten Hemd entströmte ein wilder, animalischer Duft, der jedoch leise, zarte, fast blumige Untertöne führte und nicht von dieser Welt zu sein schien. Die Leidenschaft ließ mein Blut in den Adern pochen wie Lava, die einen noch geschlossenen Vulkan zum Ausbruch drängt. Ich war nicht in der Lage, meine Hände länger bei mir zu behalten, und so ließ ich sie erst langsam und genießerisch und dann immer fordernder auf seiner Haut entlanggleiten. Sie fuhren erst zart über seine Stirn, seine Brauen und Schläfen und dann mit sachtem Druck die kräftigen Muskeln seines Halses hinunter. Das Gefühl seiner dichten Brusthaare unter meinen Fingerspitzen, ließ mich meine noch mühsam gehaltene Selbstbeherrschung fast verlieren, und sie brach völlig zusammen, als ich mein Gesicht tief in den Ausschnitt seines Hemdes vergrub. Sein Geruch ließ einen Schauer nach dem anderen meinen Rücken hinauf laufen, die sich in meinem Gehirn wie unzählige kleine elektrische Blitze entluden. Meine Leidenschaft war wie ein durchgehendes Pferd nicht mehr zu zügeln. Gar nicht schnell genug konnte ich den leichten Baumwollstoff über seine Schultern schieben. Ich wollte in der Berührung seiner Haut baden, wollte jede einzelne der kleinen, köstlichen Schweißperlen, die im Mondlicht schimmerten wie ausgestreute Diamanten, mit den Lippen einsammeln und auf der Zunge zergehen lassen. Nur widerwillig löste ich mich von seiner Brust, doch ich wollte und mußte uns beide vollends entkleiden. Mit der ganzen Fläche meines Körper wollte ich den seinen spüren, jeden seiner samtweichen Zentimeter mit dem Mund erkunden. Es war die pure Geilheit, die mir dabei aus seinen Poren entgegenströmte, meinen Geist auf wunderbare Weise vernebelte und meinen Verstand gefesselt in einer Ecke meines Bewußtseins liegen ließ. Was für ein köstlicher Zustand der Schwäche und der Hingabe! Sein starker, athletischer Körper gab mir den Halt und die Sicherheit, mich einfach fallenzulassen. Mit allen meinen Sinnen wollte ich diesen herrlichen Mann in mich aufnehmen, seinen Eindruck für immer in meinem Hirn festhalten, ihn mir mit Augen, Händen und Mund einverleiben. Meine Finger umfaßten seine perfekten Oberschenkel während meine Lippen seine Leiste entlang glitten. Als sie sein vor Erregung zuckendes Glied fest umschlossen, ließ dessen pralle Härte meinen letzten Widerstand unter dem fordernden Ansturm seiner entfesselten Leidenschaft zusammenbrechen. Verschlingen, Verschmelzen, Einswerden! Keine Macht der Welt hätte mich jetzt noch zurückhalten können. Seiner Kehle entrang sich ein fast unmenschliches Stöhnen, das durch meine Ohren direkt in meine Lenden fuhr. Ich löste meinen Kopf aus seinem Schoß und richtete mich ungestüm atmend an seinem vollendeten Körper auf. Bereit, mich vollkommen aufzugeben, ließ ich mich in die Hitze seiner kraftvolle Umarmung fallen, deren verzehrende Feuerzungen von allen Seiten an meinem willenlosen Körper leckten. Er drang langsam in mich ein, als wolle er mich seine ganze Länge spüren lassen, und bewegte seine Hüften in einem hypnotisch kreisenden Rhythmus, der mich sofort in seinen Bann schlug und mit sich fortriß. Immer heftiger, immer schneller. Die Welt um mich herum verschwand, als ob sie nie existiert hätte. Ein Strudel erfaßte uns beide und schleuderte uns den explodierenden Sternen des gleißenden Nachthimmels entgegen.
 



 
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