Einsicht

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G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Mistralgitter,

liegt hier nicht ein Tempusfehler vor? Gibt es einen Grund, warum Du in Z4 das Perfekt verwendest, aber sonst alles ins Präteritum setzt?

Gruß Ciconia
 
A

aligaga

Gast
Es kommt damit zum Ausdruck, dass der beschriebene Gutmensch immer noch bei den Unglücklichen sitzt: Consecutio temporum ...

Gruß

aligaga
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Die Autorin schrieb dieses Gedicht aber nicht in Latein, @aligaga, sondern in deutscher Sprache. Und somit ist hier das Perfekt, auch wenn der Gebrauch so beabsichtigt war, grammatikalisch falsch, denn es geht ja anschließend im Präteritum weiter.

Ciconia
 
A

aligaga

Gast
Den Lateinunterricht bekommt man immer nur von denen vorgeworfen, die darunter leiden, keinen gehabt zu haben.

Wer das Textlein sorgfältig liest und mit der consecutio temporum etwas anfangen kann, @Ciconia, erkennt im angewandten Perfekt den Wunsch des Lyrichs, einen Entschluss als zuvor schon getroffen und endgültig darzustellen: eine "Rückblende".

Ich freue mich, dass nicht nur die lateinische (und die italienische), sondern auch die deutsche Sprache Raum für solche Feinheiten bietet. Wie bedauerlich, wenn jemand blind dafür ist! Tipp: Mal wieder in die deutsche Grammatik gucken ...

Übrigens, wenn du die "Häuser am Fluss" weiter verfolgtest, @Ciconia (gib zu, dass du's heimlich tust!) - demnächst kriegt "Kipper" einen Italienischkurs von seiner Süßen verpasst. Sie erklärt ihm dabei unter anderem, was ein "indicativo trapassato remoto" ist - den gibt's im Deutschen gar nicht. Consecutio temporum auf höchster Stufe!

Viel Spaß damit

aligaga
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Auch der allwissende, mehrsprachige Dr. Gaga kann mal irren: Durch die Konjunktion und handelt es sich hier nach meinem Verständnis um eine Gleichzeitigkeit der Geschehnisse, also müsste im selben Tempus fortgefahren werden - ganz unabhängig vom Wunsch des Lyrichs, eine Rückblende darzustellen. Aber vielleicht muss man dies in der Lyrik nicht so genau nehmen.

Ciconia
 

Mistralgitter

Mitglied
@ Ciconia Käme es deinem Empfinden näher, wenn ich den Text so verfasst hätte

1.
durchs Fenster
habe ich in die Häuser der Glücklichen geschaut
und bin wieder gegangen

durch einen Türspalt
wagte ich einen scheuen Blick in die Zimmer der Unglücklichen
und blieb
oder vielleicht eher so?
2.
durchs Fenster
schaute ich
in die Häuser der Glücklichen
und ging

durch einen Türspalt
wagte ich einen scheuen Blick
in die Zimmer der Unglücklichen
und blieb
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Mistralgitter,

nach meinem Sprachempfinden wäre einzig die Version 2 grammatikalisch korrekt - aber wie ich schon sagte: Vielleicht muss man das in der Lyrik nicht so genau nehmen. Letztlich entscheidest Du, was Du ausdrücken willst.

Gruß Ciconia
 
A

aligaga

Gast
Wer mehr als eine Sprache sprechen kann, muss nicht unbedingt allwissend sein, @Ciconia. Warum so hasserfüllt?

Im vorliegenden Falle wird uns ein Lyrich präsentiert, das auf der Suche war (Imperfekt). Beim ersten Mal hat es nichts gefunden (Perfekt) und suchte deshalb weiter (Imperfekt), bis es das fand, was es wollte. Am Ende heißt es "blieb" (Imperfekt), womit klar gesagt ist, dass dieser Zustand (im gewählten Zeithorizont) noch nicht beendet war.

Und genau das macht den Unterschied in den beiden hübschen "Strophen" aus. Ganz egal, ob die Autorin die Zeitenfolge gezielt eingesetzt hat oder vermöge ihres guten Sprachgefühls nur "fand", darf dahinstehen.

Ihr Kunstgriff hilft, das Stückerl als etwas Wohlgelungenes zu erkennen. Du solltest der Autorin das gönnen, @Ciconia. Vielleicht sagt sie ja selber nochmal irgendwas dazu?

Gruß

aligaga
 
O

orlando

Gast
Hallo Mistral,
auch ich bin eine Befürworterin, ja, ein Fan des Zeitenwechsels in der Lyrik, kann mir aber hier eine andere, leicht verkürzte Lösung vorstellen:

Einsicht

durchs Fenster
schaute ich
in die Häuser der Glücklichen
[strike]und bin wieder gegangen
[/strike]
durch einen Türspalt
wagte ich einen scheuen Blick
in die Zimmer der Unglücklichen

und [blue]bleibe[/blue]
Was hältst du davon?

LG, orlando
 

Mistralgitter

Mitglied
@Ciconia,
einen Zeitenwechsel zwischen Perfekt und Imperfekt/Präteritum kann man im Deutschen eher unternehmen als im Lateinischen ohne dass dies "grammatikalisch falsch" wäre. Meine beiden nachgereichten Varianten gefallen mir nicht so sehr, sie wirken starr.

@ aligaga,
deine Vermutung stimmt - ich habe aus stilistischen Gründen diese Zeile ins Perfekt gesetzt. Fein finde ich deinen Interpretationsansatz. Danke.

Ich meine, den Text allein auf seine Grammatik hin zu untersuchen, ist doch recht mager.

LG
Mistralgitter
 

Label

Mitglied
Hallo Mistralgitter

mir gefällt dein Gedicht gerade wegen des Tempuswechsel.

da nur V1 mit einer abgeschlossenen Vergangenheit ausgedrückt wird, ist demzufolge V8 etwas Vorläufiges, nicht Endgültiges.
Für mich transportiert hier die Verwendung des Präteritum eine Suche.

Daher entstand für mich eine unausgesprochene Fortsetzung, die in etwa so aussehen könnte

ich trat in das Haus
der Zufriedenen
und bin geblieben

liebe Grüße
Label
 

Mistralgitter

Mitglied
Hallo orlando,

Danke für deine Beschäftigung mit meinem Text und für den Änderungsvorschlag. Ich bin eigentlich nie die "Änderungsverweigerin"- in diesem Fall aber schon, denn durch die Änderung gingen andere Stilelemente unter. Das fände ich schade.
LG
Mistralgitter
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Ich meine, den Text allein auf seine Grammatik hin zu untersuchen, ist doch recht mager.
Hallo Mistralgitter,

ich glaube, da urteilst Du ein wenig zu schnell. Bevor ich einen Text "untersuchen" kann, muss ich doch erst einmal wissen, ob der "Fehler", den ich zu erkennen meine, so gewollt war. Erst dann kann ich über den Inhalt nachdenken.

Gruß Ciconia
 

Mistralgitter

Mitglied
Hallo Label,

würdest du deine Zeilen als 3. Strophe anhängen wollen?
Das geht aber über die Aussage dieses Kurztextes hinaus und setzt einen ganz anderen Akzent, der vom Ursprungs-Text her nicht gedeckt wird.
Tut mir Leid.
Aber Danke für deine Beschäftigung mit meinem Text.

LG
Mistralgitter
 

Mistralgitter

Mitglied
@ Ciconia
Wenn der grammatikalische Fehler derart gravierend ist, dass er den Inhalt entstellt oder unkenntlich macht, dann gebe ich dir recht. Ist es diesem Fall nicht eher eine stilistische Frage, die man so oder anders handhaben kann?
LG
Mistralgitter
 

Label

Mitglied
würdest du deine Zeilen als 3. Strophe anhängen wollen?
nein, nein, nein
das würde ich absolut nicht machen wollen

Die Frage, die dein Gedicht bei mir aufwirft, habe ich mir so beantwortet.

ich finde das macht den Reiz dieses Gedichtes aus, dass es die Antwort dem Leser überlässt

lieber Gruß
Label
 

HerbertH

Mitglied
hi mistralgitter

die botschaft ist ein wenig ansprechender als die Umsetzung.
Ich habe aber derzeit keine Verbesserungsvorschläge - wäre natürlich besser :)

Liebe Grüße

Herbert
 

Mistralgitter

Mitglied
Hallo HerbertH,

Tja, das ist nun schwierig - ich weiß nicht so recht, was als Botschaft ankommt, noch weiß ich, warum es an der Umsetzung hapert - außer dem bisher geäußerten Unbehagen.

Natürlich könnte man auch alles ganz anders schreiben, nicht so schlicht, nicht so knapp oder noch knapper, mit ganz anderen Stilmitteln, vielleicht eher gereimt und rhythmischer usw.

Ich dachte aber, durch diese Wortwahl und mit dieser Art zu schreiben, könnte meine Botschaft pointiert weitergegeben werden.

LG
Mistralgitter
 



 
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