Eisspaziergang

heidekind

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Hallo Ihr Lieben in Nah und Fern - viel Freude beim Lesen von "Eisspaziergang" - von Hanjo (veröffentl.1998)
Dieses ist meine Lieblingsgeschichte. Ich habe sie schon im 2. Winter. Immer wieder lese ich sie gerne. Vielen Dank an Hanjo, den ich auch ganz im Anfang meiner Online-Zeit bei AOL in einem netten Chatroom kennenlernte. Ich kenne einige Werke von ihm, aber immer wieder bin ich vom "Eisspaziergang" angetan. Danke Hanjo.....lieben Gruß in den hohen Norden, wünsche Dir alles erdenklich Gute, vorrangig Gesundheit.. Heidemarie


Eisspaziergang
(hs) Tiefstehende Sonne blitzt ins Auge, hellstes Blau des Winterhimmels harmoniert mit weißem Schnee, der das Eis des Sees bedeckt. Klirrende trockene Kälte rötet das Gesicht, die Feuchtigkeit in der ausgeatmeten Luft bildet Eiskristalle im Schnurrbart. Weit erscheint die Landschaft, hoch der fast wolkenlose Himmel, wenn ich genau hinsehe, fällt mir auf, das das Eis des Sees nicht völlig eben ist. Hier und da erheben sich ganz leicht gewölbte Hügel und Unebenhaiten, so als ob das Wasser in seiner Bewegung schlagartig schockgefrostet wurde. Risse ziehen sich durch das dunkle Eis, eingefrorene Luftblasen lassen die Dicke erahnen. Was machen jetzt eigentlich die Fische? Wo sind die Blesshühner und die Enten?
Die Menschen jedenfalls gehen eigenartigen Beschäftigungen nach. Manche haben sich Glitschen angelegt und gehen der wahren Bedeutung des Wortes "arschglatt" auf den Grund. Recht kleine Jungs und weniger Mädchen haben eine Fläche freigefegt und spielen Eishockey, manchmal sind die Schläger größer als die Spieler, was die Bewegungen im Spiel unbeholfen erscheinen läßt. Andere haben sich seltsame Schuhe mit Metallkufen angezogen und gleiten elegant über das gefrorene Wasser. Bei Anfängern ist von der zukünftigen Eleganz noch nicht viel zu sehen, auf zittrigen Beinen kommen sie daher, eher auf der Suche nach einer Haltestange als der perfekt gefahrenen Acht. Überlange Schals und kniebedeckende Mäntel erweisen sich hierbei als hinderlich. Wenn man es kann, ist es auch einem mittleren Schlachtschiff möglich, mit langsamen geschmeidigen Bewegungen und hoher Geschwindigkeit über das Eis gleitend, dem gutgelaunten Beobachter gazellenähnliche Eigenschaften zu suggerieren.
Irgendwo auf dem See muß eine kleine Feier mit Musik stattfinden, seltsam langgezogene Töne scheinen durch das Eis zu laufen, würden dem einsamen Spaziergänger Angst machen, das Eis möge brechen und er von den dann blitzschnell mit eisigem Wasser vollgesogenen Wintersachen auf den Grund des Sees hinabgezogen werden. Aber bei diesem herrlichen Wetter ist man ja nicht allein auf dem Eis.
Die Bootsanleger am Ufer wirken jetzt irgendwie deplaziert. Im Sommer noch hatte man schwimmend die gleichen Wassermoleküle durchteilt, die jetzt einen trittfesten Boden für den Spaziergang abgeben. Merkwürdig niedrig ist nun der Brettersteg, an dem man sich im Sommer nur mit Mühe hochziehen konnte. Da - wieder laufen die langgezogenen Töne durch das Eis. Ein schneller Rundblick beweist: da ist niemand mit einem musikerzeugenden Gerät, kein Ghetto-Blaster zu sehen, auch kein tragbarer CD-Spieler. Die Töne kommen doch aus dem Eis selbst. Ob es doch nicht hält?
Wenn jetzt alle, die auf dem Eis sind, gleichzeitig auf und ab springen würden? Na ja, werden sie schon nicht tun.
Zum Glück ist es fast windstill, sonst wäre die Kälte kaum auszuhalten, zumal auf dieser freien Fläche. So aber glaubt man wohl zu recht, daß sie gesund ist.
Wieder zuhause angekommen, brennt die Haut angenehm. Das Eis bürste ich aus dem Schnurrbart und wundere mich über die Wärme im Wohnzimmer.
Ich lege eine Platte mit Musik der australischen Ureinwohner auf; manche Leute würden dies allerdings für alles andere als Musik halten. Mit falscher, viel zu langsamer Geschwindigkeit abgespielt, erinnert sie stark an die Musik des Eises.
Wo der See liegt, wird nicht verraten. Das Hühnermoor ist es nicht, vielleicht der Hummelsee. Sehen Sie selbst nach.

Hanjo, erstmals veröffentlicht im Alster-Anzeiger, Hamburg, 1998

Ich hoffe, daß Euch der "Eisspaziergang" auch gut gefallen hat. Vielleicht gibt es dieses Jahr mal wieder einen richtig knackig kalten Winter, so daß die Alster zufriert und dort ein Fest stattfinden kann
und sicher würden sich unsere holländischen Nachbarn freuen, wenn sie endlich mal wieder einen Graachtenlauf machen können, ist schon einige Jahre her, daß diese Attraktion stattgefunden hat.
Bei mir ist es viele viele Jahre her, daß ich Schlittschuh gelaufen bin, nämlich 1978 im Rockefeller Center in meiner Traumstadt NYC....... Herzliche Grüße, wie immer auch zu meinem Freundeskreis in USA, von Eurer Heidemarie-Heidekind
 



 
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