Ene mene muh - raus bist du

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La Luna

Mitglied
Ene mene muh – raus bist du


Messer, Gabel, Schere, Licht
Und auch böse Onkel nicht…
Kindchen hübsch, Kindchen fein,
musst doch stets gehorsam sein.

Eine kleine Micky Maus…
zieht ihr fix das Kleidchen aus.
Hände öffnen Reißverschluss.
Onkel stiehlt sich einen Kuss.

Ich und du, Müllers Kuh…
Kindchen presst die Augen zu.
Lieber Gott, mach mich rein,
will auch immer artig sein.

Eins – Zwei – Drei
Bin bald frei…
Frei bist du noch lange nicht.
Erst wenn Onkels Glut erlischt.

Kätzchen tritt die Treppe krumm…
Kleine Engel weinen stumm.
Während schwarzer Mann sich paart,
Kindchen aus dem Fenster starrt.

Alice sucht ihr Wunderland,
doch's Kinderland ist abgebrannt.
Schwarz, grau, rot…
Äuglein leer - Kaninchen tot.


_________________
© Julia Nietzsche
 

george

Mitglied
Bedrückend, aber leider halt manchmal wahr.
Schwer zu bewerten. In der Aussage nur beschreibend, kein Zeigefinger. Die Diskrepanz zwischen der kindlichen Unschuld und der Tat reicht Dir.

Technisch gut. Ein paar kleine Hinweise, Empfindungen, Vorschläge:

1. vierte Strophe, zweite Zeile: Das erste Wort "ich" könntest Du streichen. Passt von den Hebungen her besser.

2. In der letzten Strophe könntest Du bei doch's das "s" einfach weglassen. Artikel kann man öfter weglassen, als man denkt...

3. Die zweitletzte Zeile passt noch nicht richtig im Rhythmus zur letzten Zeile...

wie wär's mit
"schwarz und grau, grün und rot"

Liebe Grüsse
 

La Luna

Mitglied
Hallo George,

der Zeigefinger schien mir in diesem Gedicht, aus genau dem von dir genannten Grund, überflüssig.
Punkt 1 und 2 habe ich gemäß deinen Vorschlägen geändert. Du hast Recht, so klingt es wirklich gefälliger.
Punkt 3 allerdings möchte ich nicht ändern, da das Grün und auch keine weitere Farbe dort hineingehört.
Ist mehr so'ne Gefühlssache, aber ich denke, dass ein Kind, das so etwas erleiden musste, zumindest anfangs nicht mehr in der Lage sein dürfte, die Welt so wahrzunehmen, wie sie ist. Ich bin der Meinung, dass die Wahrnehmung eng gekoppelt mit dem seelischen Befinden ist und für ein Grün ist da eben kein Platz mehr.
Wenn ich es lese, pausiere ich kurz bei den Kommata. Dann passt es rhythmisch wieder. :eek:)
Vielen Dank, dass du dich mit meinem Text auseinander gesetzt hast. Deine Tips waren sehr hilfreich für mich.




Hallo Shibo no Tenshi,

auch dir möchte ich für deine freundlichen Worte danken.
Ich habe mich sehr darüber gefreut. :eek:)


Liebe Grüße an euch beide
Julia
 
H

Holger

Gast
Liebe La Luna,
zu george brauche ich in diesem Maße nichts hinzuzufügen.
Das Thema ist äußerst schwer zu behandeln. dem wird man nicht gerecht. Du hast meine vollen respekt dafür.

Sehr gut gewählt ist dieses sprachliche Mittel eines Kinderreimes, der ja auch in seiner Ursprungsform zur Vorsicht mahnt.

Alle Achtung
Holger
 

sekers

Mitglied
Mondlicht verdüstert

Hallo Julia,
so unschuldig wie ein dahergesagter Kinderreim schleicht sich der böse Onkel an, und so grausam wie's nach der Reim weitergeht macht der Onkel weiter. Erschreckend, wie einfach und kindlich das Bösesein funktioniert. Kein Wort des Zorns findet sich im Gedicht, es erscheint wertfrei, beschreibend. Mit dieser Technik transportierst Du das Abscheuliche effektiv und weckst mehr Gefühle und Abscheu als jeder noch so (zurecht) emotionelle Aufruf das könnte.
Schade zwar, daß die Kinderreime dabei auch ihre Unschuld verlieren, aber das ist bei diesem Thema wohl das kleinere Problem.
Liebe Grüße
G.
 
M

margot

Gast
luna

tut mir leid, ich kann dem sinngehalt dieses
gedichtes nicht folgen. am besten ist das plagiat
des titels. alles darunter sorgt bei mir für müdigkeit.
und warum taucht dauernd der "onkel" auf? wofür steht
der eigentlich? und wie sich "paart" auf "starrt" reimt,
solltest du mir erklären - lieber gar kein reim als
schlecht gereimt.

netten gruß
ralph
 

ANaKOnDA

Mitglied
ich finds auch sehr schön, gerade dass es so "neutral" ist, passt meiner meinung nach gut, weil jeder wahrscheinlic sowieso die gleibe meinung über so etwas hat!!
 

La Luna

Mitglied
Baff ist gut, lieber Kai, ich werte es als Kompliment. :)
Und du Anakonda hast Recht: Jeder weiß was Gut und Böse ist, wozu dann noch einen Fingerzeig.
Sehr gut!

Ich danke euch beiden für die Kommentare.


Liebe Grüße
Julia
 
I

inken

Gast
Liebe Luna

Gefällt mir gut, dein Gedicht,
es ist genau die Herangehensweise,
die ich für angemessen halte bei
diesem Thema, denn Kinder retten sich
ins Spiel oder in den Traum,
wenns zu heftig wird.

Wenn du magst, schau doch bitte mal
in mein Gedicht "Warum Papa" (Poesie Seite 13)
Mich würde mal deine Meinung interessieren.

Liebe Grüße inken
 

Josi

Mitglied
Liebe La Luna,
ich musste vor Betroffenheit erst einmal tief durchatmen!
Besser konnte man der allgegenwärtigen Wirklichkeit kein Gedicht geben!

Ich würde mich sehr freuen wenn du wieder schreiben würdest!

Liebe Grüße
von Josi
 

Rhea_Gift

Mitglied
Das ist perfekt - durch die Kinderreimform verdeutlich sich die Unschuld, die hier gestohlen wird, um so deutlicher - und mit unschuldig scheinenden Worten wird das Kind leider auch oft in diese Falle gelockt... die dadurch undurchschaubar wird. Gut getroffen.

Hut ab von Rhea
 
Hallo La Luna,

das ist bedrückend, immer aktuell. Du hast dieses Thema ganz großartig in Worte/Reime gefasst. Besser geht es einfach nicht. Was für eine geniale Idee, einen Kinderreim dafür zu nehmen!

Lieben Gruß,
Estrella
 



 
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