Erschlagen, geköpft und erschossen...

erzählt von Sir Charles Blackwood

Anfang 2000 waren meine Frau und ich mit Freunden unterwegs in den Fjorden Norwegens. Der Sommer war sehr schön, um nicht zusagen zauberhaft und die Fische bissen wie verrückt. Wir hatten richtig erholsame Tage. Bis, ja bis wir dann eines Abends nach einem erfolgreichem Angeltörn am Lagerfeuer saßen, Geschichten erzählten und von dem kargen Rest, ins Land mitgenommenen Alkohol tranken. Da wir dort schon 10 Tage campten, hatten wir schnell Freundschaften mit der ansässigen Bevölkerung geschlossen. Und so hatte sich eine illustre Runde zusammen gefunden. Nachdem wir von komischen Geräuschen des Nachts sprachen, meinte Ole so nebenbei: „Es wird doch nicht schon wieder geschehen?“ Auf meine Frage hin, was er denn da meinte, druckste er erst herum, erzählte aber dann die Geschichte, die sich vor einem Jahr in der Gegend abgespielt haben sollte…

Kristian und Tuva, beide 24 Jahre alt, hatten in vorigen Frühjahr geheiratet. Nicht weiter verwunderlich, daß sie jede freie Minute zusammen verbrachten. So auch letzten Sommer, als sie am Wochenende zum Geburtstag von Kristians Opa Eirik waren. Ein großes Fest, wo sich die ganze Familie zusammenfand und es richtig krachen ließ. Spät in der Nacht machten sie sich mit ihrem Volvo auf den Heimweg. Sie fuhren die Abkürzung durch den Wald, sparte es doch fast ½ Stunde Zeit ein. Mittendrin stockte der Motor. Ein Blick auf die Tankuhr zeigte Kristian, daß es manchmal gar nicht schlecht ist, das Auto zu füttern: sprich zu tanken. Seufzend drehte er mit den Augen, stieg aus und öffnete den Kofferraum. Aber auch der Reservekanister war leer. Und so verabschiedete er sich von Tuva mit einem langen Kuß und versprach, schnell Benzin zu besorgen. Es würde sicher nicht lange dauern. Sie solle es sich doch im Auto bequem machen und eine Runde schlafen. Gesagt, getan. Kristian meinte, vor einigen Hundert Metern sogar ein Schild gesehen zu haben, das den Weg zu der privaten Nervenheilanstalt wies. Und so machte er sich dorthin auf den Weg.
Just in dieser Nacht war es aber einem dort in Sicherheitsverwahrung sitzenden geisteskranken, gefährlichen Mörder gelungen zu fliehen. Auf der Flucht hatte er einem Wärter praktisch mit der bloßen Faust den Schädel eingeschlagen. Im Hof fand er noch ein großes Holzfällerbeil, mit dem er noch den laut bellenden Wachhund erschlug und eilte dann in den Wald.
Kurz darauf mußte es zu dem folgenschweren Umstand gekommen sein, daß Kristian nichtsahnend auf die Lichtung trat, wohl schon von weitem das Licht der inzwischen voll erleuchteten Klinik sah, und schneller werdend darauf zuging. Filip Yitterdal, so hieß der ausgebrochene Mörder, der ebenfalls auf der Lichtung weilte, muß sich wohl bedroht gefühlt haben. Ehe Kristian richtig wußte, was los war, war der Mörder schon heran, schwang das riesige Beil und schlug ihm den Kopf ab.
Von all dem nichts ahnend, war Tuva zwischenzeitlich leicht eingeschlafen. Jedoch kam sie nicht richtig zur Ruhe. Hier ein Knistern, dort ein Knacken, alleine im Auto. Alles Dinge, die sie immer wieder aufschrecken ließen. Um so erfreuter war sie, als sie dann auf einmal nahende Schritte hörte. Doch nicht Kristian war es, sondern Filip Yitterdal. Er hielt den abgeschlagenen Kopf vor sein Gesicht und kam auf das Auto zu. Tuva meinte, Kristian vor sich zu haben und war schon im Begriff, die Autotür zu öffnen, als mit einem dämonischen Lachen der Mörder Kristians Kopf mitten auf die Motorhaube setzte. Tuva war starr vor Schreck, schrie aus Leibeskräften. Der Mörder lachte und ging um das Auto herum. Ein letzter klarer Gedanke ließ sie die Türen von innen verriegeln und auf die Hupe drücken.
Verschreckt ließ der Mörder von ihr ab und floh in den Wald. Da zur Zeit aber auch eine Jagdveranstaltung war, sie hätten sich, würden sie die Schilder beachtet haben, gar nicht im Wald aufgehalten haben dürfen, passierte es, daß der flüchtende Filip Yitterdal für ein Wild gehalten wurde. Minuten nach seiner Flucht wurde er mit einem sauberen Blattschuß erledigt.

„Tja, ihr Lieben, so war das im letzten Jahr..“ Ole nahm einen kräftigen Schluck Brandy und ließ die Pfeife dampfen, während wir enger zusammenkuschelten und die nächsten Nächte nicht mehr richtig schlafen konnten.


So, und jetzt entscheiden Sie selber:
Kann es sein, das diese Geschichte, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag, der reinen Wahrheit entspricht? Oder habe ich Sie einfach nur geschickt hinters Licht geführt? Vieles ist doch bei näherer Betrachtung anders, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Ist es ein moderner Mythos, der selbst Fachleute in die Irre führt?
 



 
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