Erster Beitrag in der Leselupe

sailor

Mitglied
Hallo zusammen,
ich bin seit ein paar Tagen registriert und ziemlich überwältigt von der Fülle der Beiträge hier. Hier kann man sich ja richtig satt lesen, und für Nachschub wird ständig gesorgt! Schön, gefällt mir gut.
Heute stelle ich Euch mal ein Gedicht von mir vor.

Viel Spaß
sailor

Manchmal bin ich Gott

Geboren bin ich Neunzehnfünfundfünfzig,
das ist jetzt eine ganze Weile her.
Und eigentlich bin ich ja ganz vernünftig,
doch ruhig zu bleiben fällt mir manchmal schwer.

Ich bin zwar nur ein kleiner Angestellter,
(im Hintergrund hör ich schon euren Spott -
ihr habt natürlich höhere Gehälter!)

doch wenn ich Verse schmiede, bin ich Gott!

Ich lasse Menschen leben oder sterben,
ich lasse Blumen blühn oder vergehn.
Ich hau, wenn’s mir gefällt, die Welt in Scherben.
Wenn ich es will, dann bleibt sie einfach stehn.

Ich mach aus Hosenscheißern große Helden,
die Mächtigen der Welt mach ich ganz klein.
Bei mir hat nur wer Mensch ist, was zu melden.
Ich kann ganz lieb sein, - oder ganz gemein.

Mich int’ressiert auch keine Anstandsregel,
nehm’ ich mal die Politiker auf’s Korn.
Ich nenne Kriecher, Spinner oder Flegel,
bläst irgendwer in’s erste beste Horn.

Wenn irgendwer sich als ein Unmensch outet,
dann schreib ich ihm ein fieses Spottgedicht.
Ich mach ihn fertig, die Devise lautet:
Unmenschen akzeptier ich einfach nicht!

Ich schreib auch über ganz banale Sachen.
Die Autobahn, den morgendlichen Stau,
die Apotheke und den Kinderdrachen,
den Schornsteinfeger und die Modenschau.

Doch meistens will mir das nicht recht gelingen,
ich bin nun mal kein Kästner oder Roth.
Mir liegt nicht viel an den banalen Dingen,
als Herrscher über Leben oder Tod.

Ich schlafe mit den allerschönsten Frauen,
und selbstverständlich beten sie mich an.
Ich platze fast vor lauter Selbstvertrauen.
In meinen Versen bin ich Supermann!

Das Verseschmieden ist mein großes Laster,
dabei kommt die Semantik oft zu kurz.
Ich lass sie schrei’n, die alten Kritikaster.
Die Reichs und die Ranitzkys sind mir schnurz.

Das Leben ist nicht leicht, schreibt man Gedichte,
die Themenvielfalt ist unendlich groß.
Was heut’ passiert, ist morgen schon Geschichte,
und Reime fallen mir nicht in den Schoß.

Ich sitz’ oft da und such’ in dicken Büchern.
Die Reime geben manchmal keinen Sinn.
Hab endlich einen Vers in ”trock’nen Tüchern”–
und schreib am Ende doch was and’res hin.

Ein Thema gibt’s, dass ich besonders hasse,
(an dieser Stelle wird der Leser bleich)
von dem ich lieber meinen Griffel lasse.
(habt doch Geduld, ich sag es euch ja gleich)

Das Thema, dass ich meide, ist die Liebe!
Da fällt mir um’s verrecken nichts zu ein.
Das ist ein Worte hin- und hergeschiebe.
Am Ende glaubt mir sowieso kein Schwein!

Selbst einen Gott plagt manchmal das Gewissen,
besonders wenn’s um Menschenrechte geht.
Auf die wird auf der Welt zu oft geschissen,
doch da kommt selbst ein Gott wie ich zu spät.

Ich werd nie aufhör’n, für das Recht zu streiten.
Ich kämpfe gegen Kriege, Macht und Gier.
Als Dichter hab ich tausend Möglichkeiten —
gewaltfrei, nur mit Bleistift und Papier.

Wenn hundert Leute meine Zeilen lesen
und neunundneunzig fühlen sich gequält,
dann buch’ ich neunundneunzig ab - als Spesen.
Der eine Leser ist’s, der für mich zählt!

Als Angestellter/Dichter hab ich Tage
da brennt vor lauter Stress die Tastatur.
An solchen Tagen stellt mein Chef die Frage:
”Herrgott, was machen Sie denn heute nur?”

Dann sag ich: ”Chef, ich bin heut sehr in Eile.”
Den ”Herrgott” nehm ich absolut nicht krumm.
Ich widme meinem Chef die nächste Zeile.
Ich glaube, er ist gar nicht mal so dumm.

Und da ich grad von meiner Arbeit rede:
Hier macht das Verseschmieden wirklich Spaß!
Ich schau die Leute an und stantepede
schreib ich für jeden einen Vers nach Maß.

Da gibt’s zum Beispiel den Kollegen Berger,
der trieb’s mal mit der Sekretärin Sand.
Jetzt macht die Sand dem Berger mächtig Ärger
und Berger macht es nur noch mit der Hand.

Der Blonde an der Rezeption heißt Schröder.
Blondinenwitze sind ja wohlbekannnt, —
der blonde Schröder ist noch sehr viel blöder.
Man kennt die »Schröders« ja in diesem Land.

Am Morgen drei Stück Schokoladenkuchen,
bis Nachmittags die dritte Flasche Wein.
Nur fressen, saufen, auf Diäten fluchen:
Herr Mager ist ein fettes, faules Schwein.

Am liebsten schreib ich über Herrn Johannsen,
ein ungewaschenes Konglomerat
aus Deo-Roller und Geruch von Pansen.
Für den Mann hab ich stets ‘nen Vers parat.

Ich könnt’ noch stundenlang so weiterschreiben,
doch dieses Thema war heut’ gar nicht dran.
Der Dichter in mir lässt sich manchmal treiben,
ein Verseschmied, der nicht mehr anders kann.

Doch irgendwann schreib ich die letzte Zeile,
dann gehe ich nach Haus zu Frau und Hund.
Dort leb’ ich in gepflegter Langeweile.
Bei mir zu Hause heißt es: "Halt den Mund!"

Zusammenfassend möchte ich bemerken:
Als Mensch bin ich ein ganz normaler Mann.
Ich bin nur Gott in meinen kleinen Werken.
Ich hoffe, dass ER mir verzeihen kann.

© UweSt. 10/00
 
S

Sansibar

Gast
Erster

Guten Tag Sailor,
willkommen auf der Lupe. Du scheinst ja den richtigen Weg gefunden zu haben. Mir gefällt was du geschrieben hast denn ein bischen ist es doch wie Kästner oder Roth.Mir hat dein Gedicht gefallen und ich habe es sogar ausgedruckt, weil man das ruhig mal in aller Ruhe lesen kann.
Du hast mich nicht nach einem Rat gefrgt, dennoch erteile ich ihn dir: Stell, auch wenn es schwer fällt nicht zu viele Texte auf einmal ein!!!!!!In jeder Rubrik höchstens einen und als Anfänger schafft man locker jeden Tag welche, denn man hat ja auch schon "vorgetextet". Die Begeisterung über das eigene Werk, gelesen, beachtet und im Internet weltweite Beachtung zu finden, das kann schon atemlos machen.
2. Poste viel!!!Das setzt voraus, das du die Werke der anderen lesen mußt.Du wirst bald Kritiker oder Bewunderer haben, je nach Text, Wetterlage und Laune der einzelnen Lupis.
3. Erlaube dir und anderen die Wahrheit
4. Unbedingt Humor in den Laden bringen, denn big ist fort.
5. Niiiiiiiie provozieren lassen, ignorieren!
6. Immer hhöflich bleiben, auch in schwierigen Situationen
7. Viele schöne Texte, am besten für jeden registrierten Lupi eine spezielle Version
8. Liebesgedichte brauchst du nicht schreiben. dafür ist Feder zuständig. Die kann das einfach unglaublich gut.
9. Jedes Posting bearbeiten, sprich beantworten( Liste führen, sonst verlierst du den Überblick
10.jeden Tag in der Lupe sein, rund um die Uhr ist da immer jemand.
So, das sind meine nicht ganz ernst gemeinten Vorschläge und nun viel Spaß beim veröffentlichen wünscht dir
Sansibar aus Sansibar
 
Lieber Sailor,

wie schon Sansibar sagte, es ist ein bischen was von Roth, Kästner u.ä. in deinem Gedicht drin - vielleicht die sich selbst widersprechende "Leichtigkeit".

Es war schön zu lesen bis zu der Stelle, wo du deine Kollegen auf die Schippe nimmst, da kam ich mir dann plötzlich wie auf einer dieser schrecklichen Betriebsfeiern vor, in denen ein sich zum Dichter Berufener endlich verausgaben kann.

Ansonsten läge hier sicher in der Kürze die Würze.

Besten Gruß

Birgit Kachel
 
Guten Morgen, Beisswenger,

daß du in Sailors Gedicht nichts von Käster u.dgl. sehen magst/kannst, ist ok - aber anmaßend wie auch oberflächlich finde ich deinen eigenen Auftritt (deine Selbstdarstellung) im "Herzlich willkommen und tschüß!" - zu welchem Literaturgott hast du dich auserkoren? Wie das Leben so erfordert auch das Schreiben ständiges lernen, erfahren, erkennen, umsetzen, eben die Weiterentwicklung, und anstelle jemanden aus der Leselupe herausdrängen zu wollen, solltest du dich selbst einmal hierin, z.B. in konstruktiver Kritik, üben; aber ein Schreibermacho wie du wohl gerne sein willst, so wie du Feder als Schreibermaus titulierst (sag mal, sind wir wieder in das "Sozialistische Büro" zurückgefallen??), hat das ja nie und nimmer nötig.

Wenn ich falsch liegen sollte (und du dich nicht dabei an dem "liegen" aufhängst) - ruhig heraus damit.

Gruß

Birgit
 

Lola

Mitglied
Nur Mut

Hallo Sailor,

Lasse dich nicht entmutigen von einigen sehr bissigen Kommentaren hier.
Ein wenig lang finde ich das Gedicht allerdings auch. Du solltest vielleicht versuchen, etwas sparsamer mit den Worten umzugehen.
Mast- und Schotbruch
Lola
 

Fredy Daxboeck

Mitglied
Hallo alter Seemann

Würde mich interessieren wie du das feedback auf dein erstes posting findest. :D
Du schreibst einen ziemlich gelungenen, aber etwas langen Vers hier rein (die Lupis sehen meist, ob der kurzen Zeit und der vielen Beiträge überall nur kurz rein) und schon entbrennt eine lustige Diskussion um gut und böse :rolleyes:
ist doch köstlich, nicht?
und ein guter Einstieg allemal

lass dich nicht irritieren und manipulieren,
höchstens motivieren

viel Spaß im Kreis der Familie

wünscht fredy
 

sailor

Mitglied
Erster Eindruck

Hallo zusammen,
erstmal Danke für den freundlichen Empfang und die vielen Tipps.
Mit so einer Resonanz hatte ich eigentlich gar nicht gerechnet.

@fangor: Wird ER schon, musst halt schön lieb sein!

@Sanne Benz: keep on smiling

@Sansibar: Wow! Dank Dir für die guten Ratschläge. Ich werd versuchen, mich einigermaßen danach zu richten. Obwohl...jeden Tag einen Text? Das schaff ich nicht, so viel Zeit zum schreiben hab ich gar nicht. Ich bin schon froh, wenn ich mal Zeit zum lesen finde. Deshalb wird es wohl auch nicht viel werden mit Ratschlag Nr.2, viel zu posten. Ich bin nicht so spontan in meinen Äußerungen, lasse Dinge lieber etwas auf mich wirken, bevor ich meinen Senf dazu aus der Tube drücke. Ich kann z.B. nicht verstehen, wie jemand ein paar Minuten nachdem ein Text vorgestellt wird sich schon dazu äußern kann, es sei denn mit so geist- oder hilfreichenSprüchen wie „Was will uns der Dichter damit sagen?“, „Toll“, „Mist“ oder ähnlichem Quark. Darauf kann man, gerade als Neuling, ganz gut verzichten, finde ich.
Zu 3.: sowieso
Zu 4.: Kann ich auch, wirst schon noch sehen.Wer ist (war) big?
Zu 5. u. 6.: Kein Problem
Zu 7.: Schaun mer mal
Zu 8.: Kann ich eh nicht
Zu 9.: Werd’s versuchen
Zu 10.: Die Zeit ist mein Problem, und dass ich am Wochenende oftmals keinen Zugang zum Netz habe (kein eigener PC), ich kann also oft nur während der Pausen auf der Arbeit in’s Netz.

@caspar: Was ist gegen fast food einzuwenden? Ist doch mittlerweile fester Bestandteil unserer schnelllebigen (ich hasse Wörter mit drei gleichen Konsonanten hintereinander, sch..Rechtschreibreform) Gesellschaft.

@Jutta2: Vielen Dank, wird schon noch mehr kommen. :)

@Birgit Kachel: Stimmt, für den Einstand war es vielleicht etwas zu lang, aber ich hab auch ein paar kürzere Texte. Ich würde mich aber niemals mit den Klassikern (Roth, Kästner,etc.) vergleichen wollen, nenne mich selber nur einen Verseschmied.

@beisswenger: Ich kann auch Kritik vertragen. Redundanz? ok, geb ich ja zu ist ein bisschen ausführlich geworden, der Text. Harmonie und Versmaß? Meines Erachtens nix gegen einzuwenden, wo hakt es denn Deiner erlauchten Meinung nach? Fantasie braucht es in diesem Text nicht, ist halt Gebrauchslyrik, steht doch alles im Text.
Semantik? Siehe Strophe 10:
Das Verseschmieden ist mein großes Laster,
dabei kommt die Semantik oft zu kurz.
Ich lass sie schrei’n, die alten Kritikaster.
Die Reichs und die Ranitzkys sind mir schnurz

@Birgit Kachel: nochmals Danke

@Lola und Fredy Daxboeck: Dank Euch vielmals. Es gibt auch kürzere Texte von mir. Entmutigen lass ich mich nicht, manipulieren auch nicht.Irritiert bin ich höchstens ob der großen Resonz hier, damit hätte ich nicht gerechnet.

Also wird beschlossen und verkündet: Ich bleibe!

Gruß an alle
sailor
 
S

Sansibar

Gast
Beitrag

guten Morgen Sailor,
na, sagte ich es nicht. Du wirst auf der Lupe alles finden, die totale Ablehnung und Begeisterung. Lasse dich nicht beirren. Aus Erfahrung weiß ich, wie negative Kritik auf einen Neulilng wirkt. Ermutigen statt spalten ist meine Devise und wie ich einmal sagte: Der Autor muß auch das Recht haben sich"freizuschreiben". Das wollen aber manche nicht und meinen, jeder Beitrag muß gleich Nobelpreißverdächtig sein. Auch berühmtere Leute wie die Lupis haben nicht nur "Perlen" hinterlassen. Nicht jeder Text kann ein Meisterwerk sein. Durch das Aufschreiben und durch Distanz lernt man mehr oder weniger schnell dazu. Das sollte genügen und dir nicht die Freude am Schreiben nehmen.
Big war ein "Vielschreiber. Er hat eine Art Themen aufzuschreiben, die ich persönlich schon als einmalig bezeichnen möchte. Unerreicht und nicht nachzuäffen, daher angegriffen und manchesmal angepöbelt. Zum Schluß ging ihm das alles zu weit und er ist, sehr zu meinem Bedauern auch vieler anderer Lupis samt Jutta2 ausgestiegen.(Schwester). Jutta ist zurückgekommen, aber big wird diesmal wohl konsequent bleiben, leider. Er hatte die Gabe, vile zum Lachen zu bringen, mit traurigen, makaberen und nachdenklilchen Worten.
Also noch einmal: Mach weiter!!!!! Und ich wünsche dir bald einen eigenen PC!
Gruß Sansibar aus Sansibar
 



 
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